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VwGH vom 26.01.2011, 2008/07/0221

VwGH vom 26.01.2011, 2008/07/0221

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/07/0222

2008/07/0224

2008/07/0223

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerden des Bundesamtes für Ernährungssicherheit p.A. Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH in 1220 Wien, Spargelfeldstraße 191, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 1.) Zl. VwSen- 200313/7/WEI/Mu/Ga, 2.) Zl. VwSen-200295/7/SR/Mu/Sta,

3.) Zl. VwSen-200297/7/SR/Mu/Sta und 4.) Zl. VwSen- 200299/7/SR/Mu/Sta, betreffend Übertretung des PMG (mitbeteiligte Partei: Mag. K F in H, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a; weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH (F-GmbH).

Mit Straferkenntnis vom legte die Bezirkshauptmannschaft L. (BH) dem Mitbeteiligten folgende Verwaltungsübertretung zur Last:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der F-GmbH in H. , und somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Firma F-GmbH in H. , zu vertreten, dass am - wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am festgestellt wurde - 1 x 5 Liter des Präparates Bamper Star mit der Pfl.Reg.Nr. 2723, dessen Zulassung mit aufgehoben wurde und dessen Abverkaufrist mit endete, im PSM-Lager/LKW-Werkstätte am Standort der F-GmbH in H. zum

Verkauf vorrätiggehalten wurde, und somit ... in verbotener Weise

in Verkehr gebracht wurde."

Der Mitbeteiligte wurde wegen Übertretung des § 34 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 PMG bestraft und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe:

1 Tag) verhängt.

Mit Straferkenntnis vom legte die BH dem

Mitbeteiligten folgende Verwaltungsübertretung zur Last:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener

handelsrechtlicher Geschäftsführer der F-GmbH in H. , und

somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Firma F-

GmbH in H. , zu vertreten, dass am - wie von einem

Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am

festgestellt wurde - 1 x 10 kg des französischen Präparates,

Zulassungsnummer 2000341, mit der Produktbezeichnung Roundup Energy,

1. welches nicht nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz

zugelassen ist; und

2. mit französischer Sprache gekennzeichnet war und somit

entgegen den Kennzeichnungsvorschriften des § 20 Abs. 1

Pflanzenschutzmittelgesetz 1997

im Lagerraum/LKW-Werkstätte ... am Standort der F-GmbH in

H. zum Verkauf vorrätiggehalten wurde, und somit ... in

verbotener Weise in Verkehr gebracht wurde."

Der Mitbeteiligte wurde 1. wegen Übertretung des § 34 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 PMG und 2. wegen Übertretung des § 34 Abs. 1 Z 1 lit. c in Verbindung mit § 20 Abs. 1 PMG bestraft und über ihn jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt.

Mit weiterem Straferkenntnis vom legte die BH dem Mitbeteiligten folgende Verwaltungsübertretung zur Last:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener

handelsrechtlicher Geschäftsführer der F-GmbH in H. , und

somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Firma F-

GmbH in H. , zu vertreten, dass am - wie von einem

Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am

festgestellt wurde - 8 x 10 kg des französischen Präparates,

Zulassungsnummer 8900630, mit der Produktbezeichnung Espadon 5G,

1. welches nicht nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz

zugelassen ist; und

2. nicht in deutscher Sprache gekennzeichnet war und somit

entgegen den Kennzeichnungsvorschriften des § 20 Abs. 1

Pflanzenschutzmittelgesetz 1997

im Lagerraum/LKW-Werkstätte ... am Standort der F-GmbH in

H. zum Verkauf vorrätiggehalten wurde, und somit ... in

verbotener Weise in Verkehr gebracht wurde."

Der Mitbeteiligte wurde 1. wegen Übertretung des § 34 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 PMG und 2. wegen Übertretung des § 34 Abs. 1 Z 1 lit. c in Verbindung mit § 20 Abs. 1 PMG bestraft und über ihn jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt.

Mit Straferkenntnis vom legte die BH dem Mitbeteiligten folgende Verwaltungsübertretung zur Last:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der F-GmbH in H. , und somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Firma F-GmbH in H. , zu vertreten, dass am - wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am festgestellt wurde - 14 x 1 kg des Präparates Artist mit der Pfl.

Reg. Nr. 2776, dessen Zulassung mit aufgehoben wurde

und dessen Abverkaufrist mit endete, im Lagerraum/LKW-

Werkstätte ... am Standort der F-GmbH in H. zum Verkauf

vorrätiggehalten wurde, und somit ... in verbotener Weise in

Verkehr gebracht wurde."

Der Mitbeteiligte wurde wegen Übertretung des § 34 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 PMG bestraft und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 365,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden) verhängt.

Den dagegen erhobenen Berufungen des Mitbeteiligten gab die belangte Behörde mit den vier - im Wesentlichen gleichlautenden - angefochtenen Bescheiden vom Folge, behob die Straferkenntnisse und stellte das Verfahren gemäß den §§ 24, 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden - im Wesentlichen gleichlautenden - Amtsbeschwerden des Bundesamtes für Ernährungssicherheit.

Die belangte Behörde legte jeweils die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie der Mitbeteiligte - Gegenschriften mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres inhaltlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden und hat darüber erwogen:

Die vorliegenden Beschwerdefälle gleichen sowohl hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage als auch hinsichtlich der Beurteilung der Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Amtsbeschwerden jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0027, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu Grunde lag.

Die Beschwerden sind somit zulässig.

In den gegenständlichen Fällen ist die Stellung des Erstmitbeteiligten als strafrechtlich Verantwortlicher der F-GmbH im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG unstrittig.

Die belangte Behörde wich von der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde, es seien die verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel entgegen den Bestimmungen des PMG "zum Verkauf vorrätig gehalten" worden, ohne Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens ab und vertrat die Auffassung, dass im Hinblick auf die Ermittlungsergebnisse der erstinstanzlichen Behörde der Erstmitbeteiligte die näher bezeichneten Pflanzenschutzmittel bloß gelagert habe und der objektive Tatbestand des Inverkehrbringens im Sinne des § 2 Abs. 10 PMG nicht erfüllt worden sei und darüber hinaus die Tat im Spruch des bekämpften Bescheides mangelhaft angelastet worden sei, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen gewesen sei.

Die Beschwerden sind begründet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Abs. 10 PMG in seiner Stammfassung BGBl. I Nr. 60/1998 ist unter dem Begriff des Vorrätighaltens zum Verkauf das Lagern von Pflanzenschutzmitteln, soweit sie dem (späteren) Verkauf (in einen anderen EU-Mitgliedsstaat oder Drittstaat) zugeführt werden sollen, zu verstehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2007/07/0038, 0136, sowie vom , Zl. 2006/07/0033).

Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0027, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, bekräftigt und ausgeführt, dass das bloße Lagern kein Inverkehrbringen im Sinne des § 2 Abs. 10 PMG darstellt.

Insoweit die belangte Behörde der Ansicht ist, der objektive Tatbestand des Inverkehrbringens im Sinne des § 2 Abs. 10 PMG sei nicht erfüllt worden, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie sich nicht weiter mit der entscheidungswesentlichen Frage des Zwecks der Lagerung der vorgefundenen Pflanzenschutzmittel auseinandergesetzt hat. Es wären Feststellungen, zu welchem Zweck die Lagerung erfolgt ist, zu treffen gewesen.

Der Mitbeteiligte gab zwar im Rahmen der Beschuldigteneinvernahme vor der BH im Erst- und Viertbeschwerdeverfahren an, er wolle die darin verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel "an den Hersteller

... retournieren", sowie im Zweit- und Drittbeschwerdeverfahren,

er wolle die darin verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel nicht in Österreich verkaufen. Weitere Anhaltspunkte für ein derartiges Retournieren lassen sich dem Akteninhalt aber nicht entnehmen. Ganz im Gegenteil hat der Mitbeteiligte in seinen - im Wesentlichen gleichlautenden - Berufungen gegen die angefochtenen Bescheide u.a. ausgeführt, dass die verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel in näher bezeichneten EU-Mitgliedstaaten zugelassen seien und dorthin verkauft werden könnten.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, eigene Ermittlungen in dieser Richtung durchzuführen, sodass sie zu Unrecht gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG die Einstellung der in Rede stehenden gegen den Erstmitbeteiligten geführten Verwaltungsstrafverfahren verfügte, weil ihrer Auffassung nach auf Grund der von der Erstbehörde geführten Ermittlungstätigkeiten der objektive Tatbestand der jeweils zur Last gelegten Tat nicht vorgelegen sei.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Insoweit die belangte Behörde der Ansicht ist, es liege eine unzureichende und somit rechtswidrige Tatanlastung vor, weil die Tat in der jeweiligen Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im jeweiligen Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nur mangelhaft angelastet worden sei und dies zwischenzeitlich zu einer Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 VStG geführt habe, so trifft dies nicht zu und erweist sich die auf § 45 Abs. 1 Z 2 VStG gegründete Verfahrenseinstellung als rechtswidrig.

Die Beschwerdefälle gleichen diesbezüglich in den wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Verfahrensgangs als auch des maßgeblichen Sachverhalts und der anzuwendenden Rechtslage - den Fällen, die dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2008/07/00209, 0210, zu Grunde liegen. Auf diese Entscheidung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Die angefochtenen Bescheide sind aber noch in einem weiteren Punkt rechtswidrig. Die belangte Behörde ging in Verkennung der Rechtslage von einem Fall des § 51e Abs. 2 Z 1 VStG aus und belastete, indem sie keine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 1 VStG durchführte, die angefochtenen Bescheide mit einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Für das fortzuführende Verfahren wird darauf hingewiesen, dass der Zweck der Lagerung sowie die allfällig ins Treffen geführte Ausnahme von der Verpflichtung zur Zulassung im Sinne des § 3 Abs. 2 Z 2 PMG zu prüfen sein wird (vgl. weiterführend das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0033).

Auf Grund dieses Ergebnisses erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.

Aus den dargelegten Gründen waren die angefochtenen Bescheide wegen prävalierender Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

Fundstelle(n):
TAAAE-75457