VwGH 05.11.2010, 2010/09/0006
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Aus § 70 Abs 1 AVG ergibt sich, daß die zur Entscheidung über die Wiederaufnahme berufene Behörde nicht notwendigerweise auch zur Entscheidung des wiederaufgenommenen Verfahrens berufen ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 95/09/0342 E VwSlg 14632 A/1997 RS 2 |
Norm | AVG §70 Abs3; |
RS 2 | Der Instanzenzug gemäß § 70 Abs 3 AVG hat wie in der Hauptsache zu verlaufen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 95/09/0342 E VwSlg 14632 A/1997 RS 3 |
Normen | |
RS 3 | Hat der UVS im Verfahren betreffend den Wiederaufnahmeantrag funktionell als erste, letzte und damit einzige Instanz einzuschreiten, ist der pauschalierte Kostenbeitrag (sinngemäß) nach § 64 Abs 2 VStG mit 10 vH der verhängten Geldstrafen zu bemessen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 95/09/0342 E VwSlg 14632 A/1997 RS 4
(Hier: Antrag auf Wiederaufnahme in Angelegenheit Bestrafung nach
dem AuslBG; Der UVS war im Hinblick auf seine Sachentscheidung im
wiederaufzunehmenden Verfahren zur Entscheidung über den
Wiederaufnahmeantrag zuständig. Im Falle der Ablehnung des
Wiederaufnahmeantrages war aber ein weiterer Instanzenzug
ausgeschlossen. Hinsichtlich des Kostenbeitrages ist daher nicht
der für ein Berufungsverfahren vorgesehene Prozentsatz
anzuwenden.) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des DB in K, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/11.082/2-2009, betreffend Antrag auf Wiederaufnahme in Angelegenheit Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Anfechtung, das ist in seinem Kostenausspruch, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe in K als Arbeitgeber in acht Fällen von bis , in einem weiteren Fall von bis , jeweils dem Namen und dem Geburtsdatum nach bezeichnete rumänische Staatsangehörige mit Hilfsarbeiten beim Umbau der ehemaligen Pension L beschäftigt, obwohl weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG) ausgestellt worden sei.
Er habe dadurch jeweils eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG begangen. Es wurde jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.000,-- (im Nichteinbringungsfall jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden) verhängt. Zusätzlich wurde dem Beschwerdeführer der Ersatz von Barauslagen (Dolmetschergebühren) auferlegt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/09/0074, abgewiesen.
Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme dieses Verwaltungsstrafverfahrens. Die belangte Behörde gab dem Antrag mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und verpflichtete den Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 6 iVm Abs. 2 VStG zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von EUR 5.400,--.
Gegen den Kostenausspruch dieses Bescheides richtet sich die vorliegende, nach Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof (Beschluss vom , B 817/09) und Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof verbesserte, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde; der Beschwerdeführer erachtet sich ausschließlich in seinem Recht auf Verhängung "eines korrekt, dem Gesetz entsprechenden Kostenbeitrages verletzt".
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit dem zu Grunde liegenden Strafbescheid wurden über den Beschwerdeführer Verwaltungsstrafen von insgesamt EUR 27.000,-- verhängt. Der von der belangten Behörde auferlegte Kostenbeitrag beträgt demnach 20 % dieser Strafen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich hinsichtlich seines Kostenausspruches aus folgenden Erwägungen als rechtswidrig:
Die belangte Behörde argumentiert in der Gegenschrift damit, dass es sich um einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Strafverfahrens handle. Dies stelle einen Annex zum Verwaltungsstrafverfahren dar, in welchem ein Unabhängiger Verwaltungssenat (in der Folge: UVS) nur als Berufungsbehörde agiere; darauf gründe sich die Auferlegung eines Kostenbeitrages in Höhe von 20 % der verhängten Strafen. Diese Auffassung ist rechtswidrig.
Wird einem Antrag des Bestraften auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens nicht stattgegeben, so gelten zufolge § 64 Abs. 6 VStG hinsichtlich der Verpflichtung zur Tragung der Verfahrenskosten sinngemäß die vorhergehenden Bestimmungen (das sind die Abs. 1 bis 5 der genannten Gesetzesbestimmung). Gemäß § 64 Abs. 1 leg. cit. ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je EUR 1,50 zu bemessen.
Nach § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem. Aus § 70 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass die zur Entscheidung über die Wiederaufnahme berufene Behörde nicht notwendigerweise auch zur Entscheidung des wiederaufgenommenen Verfahrens berufen ist.
Gegen die Ablehnung seines Wiederaufnahmeantrages steht dem Antragsteller gemäß § 70 Abs. 3 AVG das Recht der Berufung an die im Instanzenzug übergeordnete Behörde, wenn aber in der Sache eine Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat vorgesehen ist, an diesen zu. Der Instanzenzug hat - im Falle der Ablehnung eines Wiederaufnahmeantrages - demnach wie in der Hauptsache (dem wiederaufzunehmenden Verfahren) zu verlaufen.
Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass die belangte Behörde - im Hinblick auf ihre Sachentscheidung im wiederaufzunehmenden Verfahren - zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zuständig war, im Falle der Ablehnung des Wiederaufnahmeantrages aber ein weiterer Instanzenzug im Sinne des § 70 Abs. 3 AVG ausgeschlossen war. Die belangte Behörde (unabhängiger Verwaltungssenat) hatte daher im Verfahren betreffend den Wiederaufnahmeantrag funktionell als erste, letzte und damit einzige Instanz einzuschreiten. Bei dieser Fallkonstellation vermag der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde hinsichtlich der über den Kostenbeitrag getroffenen Entscheidung jedoch darin nicht zu folgen, dass auch in diesem Fall der für ein Berufungsverfahren vorgesehene Prozentsatz anzuwenden sei. Vielmehr hätte die belangte Behörde im vorliegenden Fall den pauschalierten Kostenbeitrag (sinngemäß) nach § 64 Abs. 2 VStG mit 10 % der verhängten Geldstrafen bemessen müssen.
Dies hat der Verwaltungsgerichtshof zum Fall der beantragten Wiederaufnahme eines durch Berufungsbescheid abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens vor einem UVS bereits erkannt (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0342).
Der angefochtene Bescheid war daher im angefochtenen Umfang, das ist hinsichtlich seines Kostenausspruches, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Besondere Rechtsgebiete |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:2010090006.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAE-75450