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VwGH vom 26.01.2011, 2008/07/0214

VwGH vom 26.01.2011, 2008/07/0214

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Bundesamtes für Ernährungssicherheit p.A. Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH in 1220 Wien, Spargelfeldstraße 191, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-200329/8/Gf/Mu/Ga, betreffend Übertretung des PMG (mitbeteiligte Partei: Mag. K F in H, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a; weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der F. GmbH (F-GmbH).

Mit Straferkenntnis vom legte die Bezirkshauptmannschaft L. (BH) dem Mitbeteiligten folgende Verwaltungsübertretung zur Last:

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der F-GmbH in H. , und somit als Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Firma F-GmbH in H. , zu vertreten, dass am - wie von einem Organ des Bundesamtes für Ernährungssicherheit am festgestellt wurde - 6 x 1 Liter des Präparates Ethofumesat 500 unter Angabe der deutschen Zulassungsnummer 3998-00, welches nicht nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz zugelassen ist, im

Lagerraum/LKW-Werkstätte ... am Standort der F-GmbH in H.

zum Verkauf vorrätiggehalten wurde und ... nicht zugelassen ist

und somit in verbotener Weise in Verkehr gebracht wurde."

Der Mitbeteiligte wurde wegen Übertretung des § 34 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 PMG bestraft und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.

Der dagegen erhobenen Berufung des Mitbeteiligten gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom Folge, behob das Straferkenntnis und stellte das Verfahren gemäß §§ 24 und 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde des Bundesamtes für Ernährungssicherheit.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie der Mitbeteiligte - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht sowohl hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage als auch hinsichtlich der Beurteilung der Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Amtsbeschwerde jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0027, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zu Grunde lag.

Die Beschwerde ist somit zulässig.

In dem gegenständlichen Fall ist die Stellung des Erstmitbeteiligten als strafrechtlich Verantwortlicher der F-GmbH im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG unstrittig.

Die belangte Behörde wich von der Beurteilung der erstinstanzlichen Behörde, es seien die verfahrensgegenständlichen Pflanzenschutzmittel entgegen den Bestimmungen des PMG "zum Verkauf vorrätig gehalten" worden, ohne Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens ab und vertrat die Auffassung, dass im Hinblick auf die Ermittlungsergebnisse der erstinstanzlichen Behörde der Erstmitbeteiligte die näher bezeichneten Pflanzenschutzmittel bloß gelagert habe und der objektive Tatbestand des Inverkehrbringens im Sinne des § 2 Abs. 10 PMG nicht erfüllt worden sei und darüber hinaus die Tat im Spruch des bekämpften Bescheides mangelhaft angelastet worden sei, weshalb das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen gewesen sei.

Die Beschwerde ist begründet.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 2 Abs. 10 PMG in seiner Stammfassung BGBl. I Nr. 60/1997 ist unter dem Begriff des Vorrätighaltens zum Verkauf das Lagern von Pflanzenschutzmitteln, soweit sie dem (späteren) Verkauf (in einen anderen EU-Mitgliedsstaat oder Drittstaat) zugeführt werden sollen, zu verstehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zlen. 2007/07/0038, 0136, sowie vom , Zl. 2006/07/0033).

Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0027, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, bekräftigt und ausgeführt, dass das bloße Lagern kein Inverkehrbringen im Sinne des § 2 Abs. 10 PMG darstellt.

Insoweit die belangte Behörde der Ansicht ist, der objektive Tatbestand des Inverkehrbringens im Sinne des § 2 Abs. 10 PMG sei nicht erfüllt worden, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie sich nicht weiter mit der entscheidungswesentlichen Frage des Zwecks der Lagerung der vorgefundenen Pflanzenschutzmittel auseinandergesetzt hat.

Der Mitbeteiligte gab zwar im Rahmen der Beschuldigteneinvernahme vor der BH an, das verfahrensgegenständliche in Deutschland zugelassene Pflanzenschutzmittel sei nicht für den Verkauf vorgesehen. Weitere Anhaltspunkte, wofür es vorgesehen sei, lassen sich aber weder dem Vorbringen des Mitbeteiligten noch dem Akteninhalt entnehmen. Ganz im Gegenteil hat der Mitbeteiligte in seiner Berufung gegen den erstangefochtenen Bescheid ausgeführt, dass das Pflanzenschutzmittel in Deutschland zugelassen sei und nach Deutschland verkauft werden könne. Darüber hinaus liegen den Verwaltungsakten ein Lieferschein vom sowie eine Rechnung vom bei, aus der hervorgeht, dass die F-GmbH 38 Liter Ethofumesat 500 nach Deutschland verkauft habe. Angesichts dessen bestehen begründete Bedenken dagegen, dass von einem bloßen Lagern auszugehen sei.

Die belangte Behörde hat es unterlassen, eigene Ermittlungen in dieser Richtung durchzuführen, sodass sie zu Unrecht gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG die Einstellung des in Rede stehenden gegen den Erstmitbeteiligten geführten Verwaltungsstrafverfahrens verfügte, weil ihrer Auffassung nach auf Grund der von der Erstbehörde geführten Ermittlungstätigkeiten der objektive Tatbestand der zur Last gelegten Tat nicht vorgelegen sei.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Insoweit die belangte Behörde der Ansicht ist, es liege eine unzureichende und somit rechtswidrige Tatanlastung vor, weil die Tat in der Aufforderung zur Rechtfertigung als auch im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides nur mangelhaft angelastet worden sei und dies zu einer Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs. 1 VStG geführt habe, so trifft dies nicht zu und erweist sich die auf § 45 Abs. 1 Z 2 VStG gegründete Verfahrenseinstellung als rechtswidrig.

Der Beschwerdefall gleicht diesbezüglich in den wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Verfahrensgangs als auch des maßgeblichen Sachverhalts und der anzuwendenden Rechtslage - den Fällen, die dem hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2008/07/00209, 0210, zu Grunde liegen. Auf diese Entscheidung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Der angefochtene Bescheid ist aber noch in einem weiteren Punkt rechtswidrig. Die belangte Behörde ging in Verkennung der Rechtslage von einem Fall des § 51e Abs. 2 Z 1 VStG aus und belastete, indem sie keine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs. 1 VStG durchführte, den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Für das fortzuführende Verfahren wird darauf hingewiesen, dass der Zweck der Lagerung zu prüfen sein wird (vgl. weiterführend das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0033).

Auf Grund dieses Ergebnisses erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen prävalierender Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Wien, am

Fundstelle(n):
SAAAE-75440