Suchen Hilfe
VwGH vom 15.12.2008, 2005/10/0186

VwGH vom 15.12.2008, 2005/10/0186

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft mbH in Graz, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 27/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , GZ. FA11A-32.1-147/2005-7, betreffend Rückersatz von Sozialhilfekosten, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Abspruches über den Ersatz der ab aufgelaufenen Kosten der Betreuung der psychiatrischen Familienpflege wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei vom , die im Zeitraum von 2000 bis 2002 aufgelaufenen und nicht durch Eigenmittel gedeckten Kosten für die Betreuung des E.K. durch die Landesnervenklinik Graz im Rahmen der psychiatrischen Familienpflege zu übernehmen, ab.

Begründend wurde ausgeführt, Herr E.K. werde vom Team der psychiatrischen Familienpflege der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz seit 1988 regelmäßig betreut und habe seit bei der Familie I.L. gewohnt. Die Kosten seien bis 1997 durch Eigenleistung von Herrn E.K. getragen worden.

Die beschwerdeführende Partei habe am einen Antrag auf Kostenrefundierung an den Sozialhilfeverband Feldbach gestellt, mit dem Hinweis, dass ursprünglich der Magistrat Graz, Sozialamt, um Übernahme der Kosten angesprochen worden sei und die Behörde mit Schreiben vom festgehalten habe, dass Herr E.K. als Selbstzahler zu deklarieren sei. Von der Sachwalterin sei am ein Betrag in der Höhe von EUR 2.906,91 als Akkontierung auf die Betreuungskosten zur Einzahlung gebracht worden. Weitere Zahlungen seien nicht geleistet worden. Im Zuge einer Besprechung mit dem zuständigen Pflegschaftsrichter am sei festgehalten worden, dass kein Vermögen zur Abdeckung der Betreuungskosten vorhanden sei. Der Beginn der Hilfeleistung sei im Jahr 2000 gelegen. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Rückersatz der Kosten für den Zeitraum 2000 bis 2002 sei sohin nicht innerhalb von sechs Monaten, sondern erstmals am an die Bezirkshauptmannschaft Feldbach gestellt worden (Originalrechnung datiere vom ). Somit liege eine Versäumung der Fallfrist von sechs Monaten vor. Ungeachtet dieses schon als Abweisungsgrund ausreichenden Sachverhaltes wäre es der Sachwalterin nach Ausschöpfung aller Eigenmittel des Herrn E.K. zumutbar gewesen, rechtzeitig einen Antrag an die Sozialhilfebehörde zu stellen. Ein solcher sei jedoch erst am in der Marktgemeinde P. gestellt worden und sei am bei der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde eingelangt, sodass auch die Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 lit. b Stmk SHG nicht vorgelegen sei. Die Frage, ob der Dritte die Kosten der Hilfe selbst zu tragen gehabt hätte, werde verneint. Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 Stmk SHG sei daher der Antrag der beschwerdeführenden Partei abzuweisen gewesen.

Gegen die Abweisung des Antrages auf Kostenrückersatz richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 31 Abs. 1 des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 29/1998 (Stmk SHG), hat der Sozialhilfeträger demjenigen, der einem Hilfsbedürftigen Hilfe geleistet hat, Rückersatz zu leisten, wenn:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
eine Gefährdung des Lebensbedarfes (§ 7) gegeben war;
b)
die Hilfe des Sozialhilfeträgers nicht rechtzeitig gewährt
werden konnte;
c) der Dritte nicht die Kosten der Hilfe zu tragen hatte.
Nach Abs. 2 leg. cit. muss der Rückersatz spätestens sechs Monate nach Beginn der Hilfeleistung bei sonstigem Anspruchsverlust beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger beantragt werden. Im Antrag ist die finanzielle Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers durch schlüssiges Vorbringen glaubhaft zu machen.
Der angefochtene Bescheid geht von der Annahme aus, der Beginn der Hilfeleistung für Herrn E.K. sei im Jahr 2000 gelegen. Da der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenrückersatz nicht innerhalb von sechs Monaten gestellt worden sei, liege ein Versäumen der Fallfrist vor, sodass kein Anspruch auf Kostenrückersatz bestehe.
In der Beschwerde wird der Standpunkt vertreten, bereits mit Schreiben vom , , , , etc. seien ausreichende Anträge im Sinne des Stmk SHG gestellt worden. Es hätte der beschwerdeführenden Partei auch die Möglichkeit eingeräumt werden müssen, ein entsprechendes Vorbringen im Verwaltungsverfahren zu erstatten.
Notwendiger Inhalt eines Antrages im Sinne des § 31 Abs. 2 erster Satz Stmk SHG ist die an den Sozialhilfeträger gerichtete Aufforderung des Dritten, der Hilfe geleistet hat, ihm Kosten der Hilfeleistung zu ersetzen (und ferner - soweit dies dem Sozialhilfeträger, insbesondere in Hinblick auf die gemäß § 31 Abs. 1 lit. b Stmk SHG erforderliche Verständigung, nicht bereits bekannt ist - die schlüssige Behauptung der finanziellen Hilfsbedürftigkeit des Hilfeempfängers und die Bekanntgabe der aufgewendeten und ungedeckt gebliebenen Kosten).
Nach Ausweis der Verwaltungsakten wurde mit dem Schreiben vom die Bankverbindung der betreuenden Familie bekannt gegeben, Kostenrückersatz wurde damit nicht beantragt, auch keine Höhe allfälliger Kosten bekannt gegeben. Im Schreiben vom wurde lediglich bekannt gegeben, dass E.K. in der Landesnervenklinik Graz stationär aufgenommen worden sei. Beim Schreiben vom handelt es sich um eine an die Sachwalterin gerichtete Zahlungsaufforderung. Der - in der Beschwerde ebenfalls angeführte - Antrag vom ist ohnehin jener, den die belangte Behörde ihrer Entscheidung zu Grunde legte; ein allfälliger Antrag vom könnte die Rechtsposition der beschwerdeführenden Partei nicht verbessern. In der Beschwerde wird somit kein früher gestellter Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Kostenrückersatz aufgezeigt als jener, den die belangte Behörde ihrer Entscheidung ohnehin zu Grunde legte.
Gemäß § 31 Abs. 2 erster Satz Stmk SHG muss der Rückersatz spätestens sechs Monate nach Beginn der Hilfeleistung bei sonstigem Anspruchsverlust beim örtlich zuständigen Sozialhilfeträger beantragt werden. Die belangte Behörde meint offenbar, der in der zitierten Vorschrift angesprochene "Anspruchsverlust" erfasse auch innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung begründete Rückersatzansprüche. Dies kann dem Gesetz jedoch nicht entnommen werden. Vielmehr bezieht sich der Begriff "Beginn der Hilfeleistung" auf jene dem Hilfeempfänger erbrachten Leistungen des Dritten, auf die dieser seinen Kostenersatzanspruch gründet. § 31 Abs. 2 erster Satz Stmk SHG bedeutet somit, dass dem Dritten nur für solche Hilfe Ersatz gebührt, die er innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung an den Sozialhilfeträger erbracht hat (vgl. hiezu Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht (1989), 542). Da der Antrag auf Kostenrückersatz am bei der zuständigen Sozialhilfebehörde erster Instanz einlangte, kann dem Anspruch der beschwerdeführenden Partei für jenen Zeitraum, der innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung liegt (somit ab ) der Anspruchsverlust gemäß § 31 Abs. 2 erster Satz Stmk SHG nicht entgegengehalten werden.
Die belangte Behörde ist auch nicht im Recht mit ihrer Auffassung, dass "die Voraussetzung nach § 31 Abs. 1 lit. b Stmk SHG" nicht vorliege, weil es der Sachwalterin zumutbar gewesen wäre, rechtzeitig einen Antrag an die Sozialhilfebehörde zu stellen. Zu § 31 Abs. 1 lit. b Stmk SHG hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass den Dritten - auch Krankenanstalten, die medizinische Hilfe leisten - bei sonstigem Verlust des Rückersatzanspruches die Pflicht zur Verständigung des Sozialhilfeträgers vor Gewährung der Hilfe trifft, es sei denn, der Rechtsträger der Krankenanstalt wusste nichts von der Notlage der Person, der Krankenhilfe gewährt werden muss, oder die Verständigung des Sozialhilfeträgers vor Gewährung der Hilfeleistung war wegen der Dringlichkeit nicht möglich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0200, mwN).
Die oben wiedergegebene, eine Verständigungspflicht der Sachwalterin als Voraussetzung des Ersatzanspruches der beschwerdeführenden Partei unterstellende Auffassung der belangten Behörde ist verfehlt. Die zitierte Vorschrift begründet eine Verständigungspflicht des Dritten, der die Hilfeleistungen erbringt. Dies war im vorliegenden Fall die beschwerdeführende Partei und nicht die Sachwalterin; dass aber die Sachwalterin (namens des Hilfeempfängers) die Gewährung von Sozialhilfeleistungen hätte beantragen sollen, kann dem Anspruch der beschwerdeführenden Partei nicht entgegengehalten werden.
Im Beschwerdefall wäre der "Verlust" des geltend gemachten Rückersatzanspruches im Sinne des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk SHG eingetreten, wenn die Beschwerdeführerin vor der Erbringung der in Rede stehenden Leistungen von der Hilfsbedürftigkeit des Empfängers gewusst hätte (für eine "Dringlichkeit" im Sinne des oben Gesagten liegt hier kein Anhaltspunkt vor). Insoweit ist dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen, dass der Hilfeempfänger ursprünglich "Selbstzahler" gewesen sei; (erst) im Zuge einer Besprechung mit dem Pflegschaftsrichter am sei festgehalten worden, dass Mittel zur Bedeckung der Betreuungskosten nicht vorhanden seien. Dem angefochtenen Bescheid kann nicht entnommen werden, dass der beschwerdeführenden Partei schon zu einem früheren Zeitpunkt die Hilfsbedürftigkeit des Empfängers der Leistungen bekannt gewesen wäre; davon ausgehend könnte der Antrag vom noch als "rechtzeitig" im Sinne des § 31 Abs. 1 lit. b Stmk SHG aufgefasst werden. Feststellungen, auf deren Grundlage die belangte Behörde ihren Bescheid auf § 31 Abs. 1 Stmk SHG hätte gründen können, liegen somit nicht vor.
Soweit der angefochtene Bescheid über den Kostenersatzanspruch der beschwerdeführenden Partei für den Zeitraum vom bis und das Jahr 2002 - und somit den Zeitraum innerhalb von sechs Monaten vor dem Einlangen des Antrages der beschwerdeführenden Partei bei der Behörde - abspricht, war er aus den genannten Gründen wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Im Übrigen, nämlich soweit der Abspruch Ansprüche auf Grund von vor dem erbrachten Betreuungsleistungen erfasst, konnte die belangte Behörde ihren Bescheid zu Recht auf § 31 Abs. 2 erster Satz Stmk SHG stützen. Insoweit war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am

Fundstelle(n):
ZAAAE-75416