VwGH vom 23.02.2012, 2012/17/0033

VwGH vom 23.02.2012, 2012/17/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der O GmbH in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien vom , Zl. UVS- 06/10/5905/2011-21, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.1. Anlässlich einer Kontrolle in einem Cafe in Wien wurde ein Gerät der Marke World Games ACT - Dreamline mit näher genannter Seriennummer, welches im Eigentum der Beschwerdeführerin steht, vorläufig beschlagnahmt.

1.2. Mit Bescheid vom sprach die Bundespolizeidirektion Wien die Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz aus.

1.3. Auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde den Spruch des Beschlagnahmebescheides neu fasste, die Berufung jedoch abwies und die Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 GSpG bestätigte.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, dass das beschlagnahmte Gerät seit dem zur Vergnügungssteuer angemeldet gewesen sei und sich seit dem in den Räumlichkeiten des Cafes, in dem die Kontrolle durchgeführt worden war, befunden habe. Bei dem Gerät handle es sich um ein Internet-Terminal mit einer Geldeinzugsvorrichtung bzw. Geldeinwurfsvorrichtung. Die Spielentscheidung finde nicht in diesem Gerät, sondern in einem Automaten, der vom Terminal disloziert aufgestellt sei, mit letzterem aber vernetzt sei, statt und das Spielergebnis werde an den Internet-Terminal übermittelt und zeitnah nach dem Spielende am Bildschirm des Internet-Terminals dargestellt. Auf dem Spielgerät hätten mehrere Spiele abgerufen werden können, ein Probespiel sei mit dem virtuellen Walzenspiel "Joker Queen" durchgeführt worden. Das Spiel habe nur nach Eingabe von Geld durchgeführt werden können, wobei über den Banknoteneinzug EUR 15,-

- eingeführt worden seien. Für jedes Spiel sei ein Mindesteinsatz von 25 Cent bedungen, der jedoch durch Tastenbetätigung bis zu einem Höchsteinsatz von EUR 9,50 habe gesteigert werden können. In dem am oberen Bildschirm des Gerätes dargestellten Gewinnplan sei mit gesteigertem Einsatz ein gestiegener Gewinnplan in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen in Aussicht gestellt worden. Durch Betätigen der Starttaste sei das virtuelle Walzenspiel ausgelöst und der gewählte Einsatz vom Spielguthaben abgezogen worden. Die am Bildschirm dargestellten Symbole seien ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert worden. Die am Bildschirm dargestellte neue Symbolkombination habe dann zu einem Gewinn geführt, wenn die Kombination einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprochen habe. Nach Betätigen der Starttaste habe vom Spieler nicht mehr aktiv in das Spiel eingegriffen werden können. Das Spiel sei rein programmgesteuert gewesen. Ein allfälliger Gewinn sei in dem Lokal, in dem das Gerät aufgestellt gewesen sei, ausbezahlt worden. Eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz sei für das gegenständliche Gerät nicht vorgelegen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der §§ 1 bis 5, des § 12a und der §§ 50 und 52 sowie 53 ff Glücksspielgesetz aus, dass der begründete Verdacht auf einen fortgesetzten Verstoß gegen das Glücksspielgesetz zum Zeitpunkt der vorläufigen Beschlagnahme, zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides und zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vorgelegen sei. Dies deshalb, da mit dem Gerät Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG hätten durchgeführt werden können. Das durchgeführte Probespiel habe gezeigt, dass die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhänge.

Bei dem Glücksspiel handle es sich auch um eine Ausspielung im Sinn des § 2 Abs. 1 GSpG, da es von einem Unternehmen angeboten und zugänglich gemacht worden sei, der Spieler am Glücksspiel nur durch Erbringung eines Einsatzes teilnehmen könne und dem Spieler ein Gewinn in Aussicht gestellt worden sei. Es handle sich jedenfalls um ein Spielgerät (Internet-Terminal), bei dem der Spieler erst nach Erbringung eines Einsatzes das virtuelle Walzenspiel auslösen könne und im Anschluss daran ein allfälliger Gewinn sofort am Bildschirm dargestellt werde. Es liege der Verdacht nahe, dass die Ausspielung in Form einer elektronischen Lotterie nach § 12a Glücksspielgesetz durchgeführt worden sei, weil nach den Angaben des Vertreters der Beschwerdeführerin mit dem gegenständlichen Gerät nur auf ein genehmigtes Glücksspielgerät in der Steiermark zugegriffen werden könne, welches die Spielentscheidung herbeiführe. Damit bestehe aber der begründete Verdacht, dass über Gewinn und Verlust zentralseitig entschieden werde, weil diese Entscheidung nicht in dem vom Spielteilnehmer bedienten Apparat mit Hilfe einer elektronischen oder mechanischen Vorrichtung selbst herbeigeführt werde, sondern in einem Automaten, der vom Terminal disloziert aufgestellt, mit letzterem aber vernetzt, das Spielergebnis ermittle und an das Endgerät übermittle. Der Spielteilnehmer könne jedenfalls das Spielergebnis zeitnah zum Spielende durch eine Anzeige am Terminal zur Kenntnis nehmen. Eine genaue Analyse, wie der technische Vorgang ablaufe, sei im Beschlagnahmeverfahren nicht notwendig und es erübrige sich daher auch, auf die vom Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Gutachten, die sich hauptsächlich mit dem technischen Ablauf eines DET-Systems (Dezentrales Eingabe-Terminal) beschäftigen, einzugehen. Der Verdacht, dass mit dem Internet-Terminal eine verbotene Ausspielung durchgeführt worden sei, liege jedenfalls vor. Auf Grund der betriebsbereiten Aufstellung des zur Vergnügungssteuer aufrecht angemeldeten Gerätes seit Jänner 2009 liege auch der begründete Verdacht vor, dass mit dem Gerät durch verbotene Ausspielungen fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmung(en) des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde.

Unbestritten sei geblieben, dass für das gegenständliche Gerät eine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz bzw. eine Konzession nach den Wiener Rechtsvorschriften nicht vorgelegen sei. Dass es sich bei dem "Muttergerät" um ein möglicherweise in der Steiermark genehmigtes Glücksspielgerät handle, stehe dem Verdacht einer verbotenen Ausspielung mit dem gegenständlichen Gerät in Wien nicht entgegen, da mit diesem Gerät Ausspielungen in Wien durchgeführt würden. Das Gerät sei in Wien betriebsbereit zur Verfügung gestellt, der Spieler leiste hier seinen Einsatz, er treffe an diesem Gerät seine Entscheidung, welches Spiel er spielen wolle, und starte dieses Spiel durch Betätigung der Starttaste des in Wien aufgestellten Gerätes. Ein allfälliger Gewinn sei am Aufstellungsort in Wien auszuzahlen. Die vorgelegte Verständigung des Referates Gewerbeverfahren Graz über die Genehmigung von Spielapparaten am Standort 8020 Graz, K-Straße 35, vom sei im vorliegenden Verfahren nicht von Relevanz, ebenso wenig wie die vorgelegte Stellungnahme des Herrn P als allgemein gerichtlich beeideter Sachverständiger in einem Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Vorarlberg, wonach es sich bei dem dort zu beurteilenden "Würfelsymbolspiel" um eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol handle, weil dieses Würfelspiel im gegenständlichen Fall nicht verfahrensrelevant gewesen sei.

Zum Einwand, dass ein von einem Dritten angestrengtes Verfahren bei der Bundesfinanzverwaltung abzuwarten sei, wurde ausgeführt, dass es sich vorliegendenfalls um eine Beschlagnahme durch die Bundespolizeidirektion Wien handle und auch die Organe des Finanzamtes Wien 6/7/15 als Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 GSpG eingeschritten seien und deren Handeln nicht der Bundesfinanzverwaltung zuzurechnen sei. Es kämen daher auch nicht die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung zur Anwendung, weshalb auch die in § 156 Abs. 2 BAO festgesetzte Frist nicht habe versäumt werden können.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin insbesondere gegen die Schlussfolgerung der belangten Behörde wendet, das gegenständliche Gerät sei ein Video-Lotterie-Terminal. Es liege keine zentralseitige Ausspielung vor. Die Beschwerdeführerin beruft sich insbesondere darauf, dass ein reiner "Fernbedienungs-Terminal" gegeben sei, mit dem es nicht möglich sei, Glücksspiele durchzuführen. Man verbinde sich mit dem Gerät mit einem in der Steiermark bewilligten Glücksspielautomaten, weshalb die Ausspielung nicht verboten sein könne. Auf Grund der analog anzuwendenden "E-Commerz-Richtlinie" finde eine Ausspielung dort statt, wo die wirtschaftliche Tätigkeit stattfinde (gemeint offenbar die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr")).

Die wirtschaftliche Tätigkeit finde in der Steiermark statt und in Wien finde keine verbotene Ausspielung statt. Auch was § 12a GSpG anlange, sei die Gesetzeslage eindeutig. Zentralseitig könne nur bedeuten, dass alle aufgestellten Terminals sich zentralseitig, also mit einer Zentrale verbinden. Dies sei bei den Österreichischen Lotterien in den Win-Win-Casinos der Fall, nicht jedoch im vorliegenden Fall.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt. Demnach konnte mit dem gemäß § 53 GSpG beschlagnahmten Gerät durch die Verbindung mit einem Rechner, der sich in der Steiermark befand, ein Glücksspiel im Sinne des GSpG gespielt werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0155, für einen vergleichbaren Fall ausgesprochen hat, findet bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation eine Ausspielung dort statt, wo sich das Terminal, welches vom Spieler bedient wird, befindet (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/17/0246 und 2011/17/0247). Es ist für das Vorliegen eines Verdachtes auf einen fortgesetzten Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes nicht ausschlaggebend, ob das vorliegende Gerät nach der Begrifflichkeit des GSpG ein Glücksspielautomat oder ein Video-Lotterie-Terminal oder aber keines der beiden ist, da eine Zulässigkeit der Ausspielung sich nur aus den §§ 4 und 5 GSpG ergeben könnte. Es liegt jedenfalls ein Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes vor, gleichgültig ob man das Gerät zusätzlich als Video-Lotterie-Terminal im Sinn des § 12a GSpG ansehen kann oder nicht. Handelt es sich bei dem vorliegenden Gerät um ein solches, für welches nicht explizit durch das GSpG eine Ausnahme vorgesehen ist, ergibt sich daraus jedenfalls, dass das Betreiben eines solchen Gerätes ohne Konzession nach dem GSpG unzulässig ist.

Zu dem Hinweis auf eine behauptete Notwendigkeit der analogen Anwendung der "E-Commerz Richtlinie" (angesichts des Art. 1 Abs. 5 lit. d der oben zitierten Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, der den Bereich des Glücksspiels vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausnimmt, geht die Beschwerdeführerin offenbar selbst nicht von der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie aus) genügt die Feststellung, dass weder ein Anhaltspunkt für eine solche Notwendigkeit besteht, noch dargetan wird, welche Vorschrift(en) der Richtlinie analog anzuwenden wäre(n) und welche Auswirkungen dies auf die Auslegung des GSpG (insbesondere der §§ 4 und 5 GSpG) haben sollte (zu den völkerrechtlichen Aspekten der Anknüpfung durch einen Gesetzgeber an Sachverhalte, die sich außerhalb des räumlichen Geltungsbereiches der von ihm zu erlassenden Normen ereignen vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0045).

2.2. Soweit in der Beschwerde moniert wird, dass im Spruch des angefochtenen Bescheides der Verdacht einer verbotenen Ausspielung nicht angeführt sei, ist darauf zu verweisen, dass es keine ausdrückliche Vorschrift gibt, derzufolge der Spruch eines Beschlagnahmebescheids gemäß § 53 GSpG über die Anordnung der Beschlagnahme hinaus weitere inhaltliche Voraussetzungen erfüllen müsste (vgl. auch für die Beschlagnahme nach § 39 VStG etwa Kneihs in: Raschauer/Wessely (Hrsg.), VStG, § 44a Rz 1; auch im VStG fehlt eine ausdrückliche Regelung betreffend bestimmte inhaltliche Anforderungen an einen Beschlagnahmebescheid). Nach der hg. Rechtsprechung muss auch der in § 53 Abs. 1 GSpG vorausgesetzte "Verdacht" hinreichend substanziiert sein und - gestützt auf Tatsachenfeststellungen - im Beschlagnahmebescheid schlüssig begründet werden, wenngleich eine abschließende, einer juristischen "Feinprüfung" standhaltende Qualifikation eines Spieles als Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel im Beschlagnahmebescheid noch nicht erforderlich ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/17/0223 und Zl. 2008/17/0009). Diese Anforderungen beziehen sich auf die Begründung der Beschlagnahmebescheide nach § 53 GSpG. Spezielle Anforderungen an die Gestaltung des Spruches wurden jedoch in der hg. Rechtsprechung nicht gestellt.

2.3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am