VwGH vom 11.09.2015, 2012/17/0020
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag.a Dr. Zehetner als Richterin und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des Mag. C S in B, vertreten durch Rechtsanwälte Steflitsch OG in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl OW-02-04-99- 2, betreffend Gebühr für die Benützung der Abfallsammelstelle (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Bad Tatzmannsdorf), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde schrieb dem Beschwerdeführer im Instanzenzug als Miteigentümer eines Grundstücks in der mitbeteiligten Gemeinde eine Gebühr für die Benützung der Abfallsammelstelle gemäß § 66 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz 1993 (AWG) in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom in der Höhe von EUR 20,-- jährlich vor. In diesem Betrag war die gesetzliche Umsatzsteuer enthalten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen diesen Bescheid als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die Vorschreibung der Abgabe entgegen dem Berufungsvorbringen nicht die tatsächliche Inanspruchnahme der Anlage voraussetze, sondern die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Anlage für die Vorschreibung ausreichend sei.
Die Argumente des Beschwerdeführers richteten sich in Wahrheit nicht gegen eine Rechtswidrigkeit der Vorschreibung, sondern gegen die Gesetzmäßigkeit der angewendeten Verordnung des Gemeinderates vom . Dadurch vermöge er die Rechtmäßigkeit des Bescheides des Gemeinderates nicht zu erschüttern.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , B 615/11-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab.
Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Gebühren für die Bereitstellung öffentlicher Einrichtungen unabhängig von der konkreten Inanspruchnahme eingehoben werden dürfen (Hinweis auf die Erkenntnisse VfSlg 8998/1980 und 10.733/1985) und dass sich die Verpflichtung zur Entrichtung von Umsatzsteuer bei Leistungen wie der vorliegenden aus dem UStG 1994 selbst ergebe. Weiters sei nach Einsicht in das Sitzungsprotokoll des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom nicht erkennbar, dass die konkrete Gebühr die finanzausgleichsrechtlich gezogenen Grenzen überschreite. Angesichts dessen lasse das Beschwerdevorbringen die behaupteten Rechtsverletzungen, aber auch die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Über nachträglichen Antrag trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde sodann mit Beschluss vom , B 615/11- 5, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 144 Abs 3 B-VG zur Entscheidung ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
In der ergänzten Beschwerde wird die Verletzung in dem aus § 66 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz 1993 in Verbindung mit § 15 Abs 3 Z 4 Finanzausgleichsgesetz 2008 erfließenden Recht, eine "Gebühr" für die Benützung einer Abfallsammelstelle der Gemeinde nur auf der Grundlage eines Beschlusses der Gemeindevertretung leisten zu müssen, geltend gemacht.
Zu diesem Vorbringen ist darauf zu verweisen, dass nicht nur der Beschwerdeführer selbst in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, sondern auch der Verfassungsgerichtshof im Verfahren zu B 615/11 davon ausgegangen ist, dass die laut Protokoll der Sitzung des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom beschlossene Verordnung auch ordnungsgemäß kundgemacht wurde und somit dem Rechtsbestand angehört. Die Beschwerdeergänzung enthält keinerlei Hinweise, inwiefern Bedenken gegen das Entstehen der Verordnung bestehen sollten.
Die Verordnung vom ist daher der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu Grunde zu legen.
§ 66 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl Nr 10/1994 in der Fassung LGBl Nr 40/2000, lautet:
"§ 66
Gebühren und Entgelte für die Benützung der Abfallsammelstelle
und der Abfallbehandlungsanlage
Für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen gemäß §§ 20 und 37 können die Gemeinden ein (privatrechtliches) Entgelt einheben oder Gebühren auf Grund der gemäß § 7 Abs. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 erteilten bundesgesetzlichen Ermächtigung ausschreiben. Das Entgelt darf jenes Ausmaß nicht übersteigen, welches bundesgesetzlich als Höchstgrenze für die Bemessung der Gebühr gilt."
Die Verordnung des Gemeinderats der mitbeteiligten Gemeinde vom über die Ausschreibung einer Gebühr für die Benützung der Abfallsammelstelle lautet:
"§ 1
Für die Benützung der Abfallsammelstelle der Gemeinde B
(mitbeteiligte Gemeinde) wird eine Gebühr erhoben.
§ 2
(1) Zur Entrichtung der Gebühr für die Benützung der Abfallsammelstelle sind die Eigentümer der im Pflichtbereich gemäß dem Bgld. Abfallwirtschaftsgesetz liegenden Anschlussgrundflächen verpflichtet.
(2) Miteigentümer schulden die Gebühr zur ungeteilten Hand. Dies gilt nicht für Wohnungseigentum. In diesen Fällen kann aber, sofern ein gemeinsamer Verwalter bestellt ist, die Zustellung des Abgabenbescheides an diesen erfolgen.
(3) Ist die im Pflichtbereich gelegene Anschlussgrundfläche vermietet, verpachtet oder sonst zum Gebrauch überlassen, ist die Gebühr für die Benützung der Abfallsammelstelle dem Inhaber (Mieter, Pächter, Fruchtnießer) vorzuschreiben. Der Eigentümer haftet persönlich für die Abgabenschuld.
(4) Der Abgabenanspruch entsteht mit Beginn des Monats, in dem erstmalig die Benützung der Abfallsammelstelle möglich ist.
§ 3
(1) Bemessungsgrundlage ist die Anzahl der Haushalte bzw. Betriebsobjekte, die am Stichtag mit der Adresse auf einem im Pflichtbereich gelegenen Grundstück vorhanden sind.
(2) Der Stichtag ist der 01.01. des Jahres der Abgabenvorschreibung.
§ 4
(1) Der Einheitssatz wird mit 18,18 Euro pro vorhandenem Haushalt bzw. Betriebsobjekt festgesetzt. Pro Haushalt und Betriebsobjekt dürfen Großmengen von max. 3 m3 pro Monat abgeliefert werden.
(2) Die Höhe der Abgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes mit der Anzahl der vorhandenen Baulichkeiten nach § 3. Die gesetzliche Umsatzsteuer ist gesondert hinzuzurechnen.
§ 5
Die Gebühr für die Benützung der Abfallsammelstelle ist jeweils am 15. Feber, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages fällig."
In der Beschwerde wird geltend gemacht, dass eine Gebühr nach § 66 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz 1993 nur für die tatsächliche Benützung der Abfallsammelstelle zu entrichten sei. Hiezu ist darauf zu verweisen, dass § 66 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz nicht die gesetzliche Grundlage einer Durchführungsverordnung der Gemeinden ist. Die Verordnung beruht vielmehr auf der in § 15 Abs 3 Z 4 FAG 2008, BGBl I Nr 103/2007 in der Fassung BGBl I Nr 73/2010, den Gemeinden gemäß § 7 Abs 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948 erteilten Ermächtigung durch den Bundesgesetzgeber, Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen auszuschreiben.
Die Verordnung vom bezeichnet zwar die Abgabe als "Gebühr für die Benützung der Abfallsammelstelle", normiert damit aber - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht den Abgabentatbestand derart, dass die Abgabe nur im Falle einer tatsächlichen Benützung der Abfallsammelstelle zu entrichten wäre.
Gemäß § 2 der Verordnung sind zur Entrichtung der Gebühr vielmehr "die Eigentümer der im Pflichtbereich gemäß dem Bgld Abfallwirtschaftsgesetz liegenden Anschlussgrundflächen verpflichtet". Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 2 Abs 4 der Verordnung "mit Beginn des Monats, in dem erstmalig die Benützung der Abfallsammelstelle möglich ist." Daraus erhellt, dass - was auch der Beschwerdeführer entgegen seinem nunmehrigen Vorbringen in der Beschwerdeergänzung in seiner Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu Grunde gelegt hat - als Voraussetzungen für die Abgabenpflicht einerseits die Lage eines Grundstücks im Pflichtbereich gemäß Abfallwirtschaftsgesetz, andererseits die Möglichkeit der Benützung der Sammelstelle normiert sind.
Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss ausgeführt hat, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Vorschreibung der Gebühr gegenüber den Eigentümern von Grundstücken im Pflichtbereich ohne weitere Prüfung, ob es zu einer tatsächlichen Inanspruchnahme der Anlage kommt.
Daran ändert auch der Umstand nichts, dass § 66 Bgld Abfallwirtschaftsgesetz den Gemeinden die Alternative der Einhebung eines privatrechtlichen Entgelts eröffnet.
Die belangte Behörde konnte daher zutreffend davon ausgehen, dass die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Abgabe vorlagen. Der in der Beschwerdeergänzung behauptete Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
Soweit in der Beschwerde neuerlich Bedenken gegen die Berechnung der Höhe der Gebühr auf Grund der für die Abfallsammelstelle der Gemeinde erforderlichen Aufwendungen geltend gemacht werden, ist auf dieses Vorbringen nicht näher einzugehen, da es die finanzverfassungsrechtliche Frage der Zulässigkeit der Höhe der Festsetzung der Gebühr im Beschluss der Gemeindevertretung betrifft. Diese Frage ist als Frage der Übereinstimmung der Verordnung der Gemeinde mit dem Finanzausgleichsgesetz vom Verfassungsgerichtshof zu beurteilen. Es ist auch in diesem Zusammenhang auf den oben genannten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen.
Die Beschwerde wendet sich auch gegen die bescheidmäßige Festsetzung der Gebühr "bis zur Erlassung eines neuen Abgabenbescheides". Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung im Bgld Abfallwirtschaftsgesetz hinsichtlich der näheren Modalitäten für die Festsetzung der Abgabe nicht erforderlich, da es sich bei der in Rede stehenden Gebühr um eine Gebühr für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen im Sinne des § 15 Abs 3 Z 4 FAG 2008 in Verbindung mit § 14 Abs 1 Z 14 FAG 2008 handelt. Gemäß § 14 Abs 2 FAG 2008 sind die Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen ausschließliche Gemeindeabgaben, sodass eine Ermächtigung der Gemeinde zur Ausschreibung der Abgabe nach freiem Beschlussrecht gemäß § 7 Abs 5 F-VG vorliegt. Da die im Beschwerdefall maßgebliche Verordnung des Gemeinderats der mitbeteiligten Marktgemeinde vom eine Jahresgebühr vorsieht, die jeweils am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel zu entrichten ist (§ 5 der Verordnung), steht einer Vorschreibung der Abgabe auch für Folgejahre nichts entgegen.
Schließlich wendet sich die Beschwerde gegen die Einbeziehung von Umsatzsteuer in die vorgeschriebene Abgabe. Die belangte Behörde hätte erkennen müssen, dass "der Gebühr nach § 66 Bgld AWG für die Benützung der Abfallsammelstelle keine Umsatzsteuer hinzugeschlagen werden" dürfe.
Zu diesem Vorbringen ist auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Ablehnungsbeschluss vom betreffend die Umsatzsteuerpflicht von Leistungen wie jene, die der gegenständlichen Abgabenvorschreibung zu Grunde liegen, sowie auf das hg. Erkenntnis vom , 2008/17/0192, hinzuweisen. Wie sich aus dieser Rechtsprechung ergibt, sind Gebühren und Beiträge, da sie nicht in gleicher Weise wie Steuern der Deckung der allgemeinen Haushaltserfordernisse dienen, wirtschaftlich gesehen als Entgelt für die von der Gemeinde erbrachten Leistungen zu verstehen. Dementsprechend fällt bei der Vorschreibung von Gebühren und Interessentenbeiträgen auch Umsatzsteuer an. Auch die vorliegende Beschwerde enthält keine Gesichtspunkte, die ein Abgehen von dieser Rechtsprechung erforderten.
Aus den vorstehenden Überlegungen folgt, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013, in der Fassung BGBl II Nr 8/2014.
Wien, am
Fundstelle(n):
ZAAAE-75374