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VwGH vom 12.09.2012, 2010/08/0236

VwGH vom 12.09.2012, 2010/08/0236

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des RG in B, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSG-222094/0002- II/A/3/2006, betreffend Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0160, verwiesen.

Mit Ersatzbescheid vom stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer vom bis der Pensions- und Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlegen ist.

Er sei als bildender Künstler bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt von 1979 bis 1997 in der Pensionsversicherung pflichtversichert gewesen. Vom bis zum sei er Angestellter der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung gewesen, seit dem sei er Beamter. Er habe mit Schreiben vom mitgeteilt, dass seine Tätigkeit als bildender Künstler seit nicht mehr die Haupteinnahmequelle darstelle. Mit sei die Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG beendet worden.

Am sei bei der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt eine vom Steuerberater des Beschwerdeführers ausgefüllte Versicherungserklärung eingegangen, wonach der Beschwerdeführer eine selbständige Tätigkeit als "Architekt bzw. Baukünstler" ausübe und seine Einkünfte die Versicherungsgrenze iSd § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG übersteigen würden. Er sei nicht Mitglied der Kammer der Architekten. Der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - habe in den Jahren 2001 bis 2007 den rechtskräftigen Einkommensteuerbescheiden zufolge Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, die jeweils über der maßgeblichen Versicherungsgrenze gelegen seien.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben. Dieser hat mit Beschluss vom , B 1320/09-8, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers mit Beschluss vom , B 1320/09- 10, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt - von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Einen gemäß § 63 Abs. 1 VwGG erlassenen Ersatzbescheid kann der Verwaltungsgerichtshof (über neuerliche Beschwerde) nur dahin prüfen, ob er der im vorangegangenen aufhebenden Erkenntnis geäußerten Rechtsanschauung entspricht. Die Bindung der Behörde (und des Verwaltungsgerichtshofes) erstreckt sich auf die im vorausgegangenen Erkenntnis ausdrücklich niedergelegte Rechtsauffassung und auf solche Fragen, die notwendige Voraussetzung für den Inhalt des aufhebenden Erkenntnisses darstellen. Der von der Behörde im Ersatzbescheid eingenommene Rechtsstandpunkt darf sich - soweit nicht zwischenzeitig Änderungen der Sachlage und Rechtslage erfolgten - nämlich nicht als mit dem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes unvereinbar erweisen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2001/08/0016, und vom , Zl. 2007/09/0336).

Im Vorerkenntnis Zl. 2003/08/0160 hat der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf das Bestehen der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG im Zeitraum vom bis zum ausgeführt, dass bei der gleichzeitigen Beschäftigung als Beamter und "neuer Selbständiger" im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG der Grundsatz der Mehrfachversicherung in der Krankenversicherung gilt. Der Beschwerdeführer habe deshalb Sozialversicherungsbeiträge in der Krankenversicherung für jede seiner beiden Tätigkeiten als selbständiger Künstler und als Universitätslehrer (nach GSVG und B-KUVG) zu entrichten. Da der Beschwerdeführer als Beamter keiner Pensionsversicherung, sondern einer eigenen Pensionsversorgung unterliegt, ist neben dem Pensionsbeitrag zusätzlich noch der Pensionsversicherungsbeitrag nach dem GSVG bis zur Höchstbeitragsgrundlage zu entrichten. Im Prinzip stehen dem Beschwerdeführer daher auch zwei Pensionen zu, falls die jeweiligen Voraussetzungen hiefür erfüllt sein sollten. Dass der Beschwerdeführer im konkreten Fall die Voraussetzungen für eine Pension nach dem GSVG nicht erfüllen könnte, liegt seinem Vorbringen zu Folge an dem (nicht verfahrensgegenständlichen) Umstand, dass der Pensionsversicherungsträger nach dem GSVG dem öffentlichen Dienstgeber des Beschwerdeführers auf Antrag gemäß § 172 Abs. 1 GSVG einen Überweisungsbetrag bezahlt hat, womit alle Ansprüche aus der Pensionsversicherung nach dem GSVG erloschen sind (§ 174 GSVG). Die früheren Versicherungszeiten nach dem GSVG wären dem Beschwerdeführer demnach insofern nicht verloren gegangen, als sie vom öffentlichen Dienstgeber nach den für ihn geltenden dienstrechtlichen Vorschriften (§ 172 Abs. 1 GSVG) für die Begründung des Anspruches auf einen Ruhe(versorgungs)genuss bedingt oder unbedingt angerechnet worden sind. Die Ursache für die nunmehr geringen Versicherungszeiten des Beschwerdeführers nach dem GSVG liegt sohin nicht in einem "Zickzackkurs" des Gesetzgebers, sondern in der freien Entscheidung des Beschwerdeführers, in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis einzutreten. Soweit der Beschwerdeführer die Unsachlichkeit der Mehrfachversicherung (in der Krankenversicherung) für den hier vorliegenden Fall einer gleichzeitigen Beschäftigung als Beamter und Selbständiger behauptet, sei er auf die Begründung des Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 579/03-4, zu verweisen, wonach das Vorbringen des Beschwerdeführers § 24b B-KUVG und § 36 GSVG (Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen) und § 57 B-KUVG und § 87 GSVG (Leistungsanspruch bei mehrfacher Krankenversicherung) nicht berücksichtigt habe.

Der Beschwerdeführer thematisiert in seiner Beschwerde lediglich Rechtsfragen, die bereits in dem genannten Vorerkenntnis Zl. 2003/08/0160 beantwortet und dieser Entscheidung tragend zu Grunde gelegt worden sind. Die übrigen Voraussetzungen für die Feststellung der Pflichtversicherung, insbesondere das Überschreiten der maßgeblichen Versicherungsgrenzen und die Höhe der Einkünfte bestreitet die Beschwerde nicht.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war jedoch aus folgenden Gründen nicht erforderlich:

Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK dem entgegensteht. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner Entscheidung vom , Zl. 8/1997/792/993 (Fall Jacobsson; ÖJZ 1998, 41), unter Hinweis auf seine Vorjudikatur das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung dann als mit der EMRK vereinbar erklärt, wenn besondere Umstände ein Absehen von einer solchen Verhandlung rechtfertigen. Solche besonderen Umstände erblickte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte darin, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers im Fall Jacobsson vor dem Obersten Schwedischen Verwaltungsgericht nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte. Dieser Umstand liegt aber auch im gegenständlichen Fall vor, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die wesentlichen Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung, insbesondere durch ein den Verwaltungsgerichtshof bindendes Vorerkenntnis in einem Verfahren, in welchem dem Beschwerdeführer rechtliches Gehör zustand, beantwortet sind. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher abgesehen werden.

Wien, am