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VwGH vom 22.12.2011, 2008/07/0159

VwGH vom 22.12.2011, 2008/07/0159

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Ing. PU in Al, vertreten durch Dr. Werner Hetsch und Dr. Werner Paulinz, Rechtsanwaltspartnerschaft in 3430 Tulln, Albrechtsgasse 12, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. RU4-B-127/001-2005, betreffend einen Auftrag nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Auf Grund einer Mitteilung der Marktgemeinde A als Baubehörde, wonach auf dem Grst. Nr. 148/9 KG Al eine Stützwand (sog. Krainerwand) unter Verwendung von Eisenbahnschwellen errichtet worden sei, führte die Bezirkshauptmannschaft T (im Folgenden: BH) am eine mündliche Verhandlung durch. Im Zeitpunkt der Errichtung der Stützwand im Jahr 2003 befand sich das Grst. Nr. 148/9 im Eigentum von P.U., dem Sohn des Beschwerdeführers; seit ist T.U. Eigentümer des Grundstückes.

In der unter Beiziehung eines abfalltechnischen Amtssachverständigen durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde u. a. festgestellt, dass die Krainerwand aus ca. 90 Stück ganzen Eisenbahnschwellen hergestellt worden sei. Die ca. 20 m lange Wand sei an der höchsten Stelle ca. 2,50 m hoch und in der Mitte, entsprechend dem Hangverlauf, abgewinkelt. Die Wand sei zur Sicherung mit Eisenbahnschwellen, die mittels Stahlklammern verbunden seien und ins Innere des Hanges ragten, abgesichert und mit Erdreich verfüllt worden. Nach Aussage des Beschwerdeführers seien die zuerst vorhandenen Altreifen entfernt worden. Auf den obersten Eisenbahnschwellen sei eine Absturzsicherung angebracht worden.

Gemäß der Abfallverzeichnisverordnung - so der Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung - gälten Eisenbahnschwellen seit als gefährlicher Abfall. Die Gefährlichkeit ergebe sich auf Grund des Vorhandenseins von Steinkohleteerölimprägnierungen (sogenanntes Kreosot), welches in die Hölzer eingebracht worden sei. Durch diese Imprägnierung sei eine Boden- und Grundwasserverunreinigung nicht auszuschließen.

Eine unmittelbare Gefahr in Verzug sei durch die errichtete Krainerwand nicht gegeben, weil der Beschwerdeführer einen von der P GmbH im Bauverfahren am erstellten Untersuchungsbericht vorgelegt habe, aus dem hervorgehe, dass in den Bodenproben unmittelbar unterhalb der Krainerwand spezifische Verunreinigungen nur in sehr geringen Konzentrationen festzustellen gewesen seien, die jedoch nicht löslich gewesen seien und daher keine Grundwasserverunreinigung hervorrufen könnten.

Unabhängig von einer Verwendung der Eisenbahnschwellen zur Herstellung eines Bauwerkes sei eine Entsorgung aus Sicht der öffentlichen Interessen erforderlich, weil die Eisenbahnschwellen nicht bestimmungsgemäß verwendet worden seien.

Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung an, dass die Bahnschwellen, die er bereits vor rund 20 Jahren erworben habe, aus den 1950er Jahren stammten. Sie seien auf dem Nebengrundstück des Grst. Nr. 148/9 gelagert worden. Im Jahr 2003 habe er mit seinem Sohn P.U. die Bahnschwellen für die Errichtung der Stützmauer verwendet.

Mit Bescheid der BH vom wurden der Beschwerdeführer und sein Sohn P.U. gemäß § 73 Abs. 1 und Abs. 7, § 1 Abs. 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) zur gesamten Hand verpflichtet, die auf dem Grst. Nr. 148/9 für die Errichtung einer Stützwand verwendeten Eisenbahnschwellen (ca. 90 Stück für die Krainerwand ca. 20 m lang und 2,5 m hoch) bis spätestens nachweislich und ordnungsgemäß entsorgen zu lassen. Zusätzlich wurde vorgeschrieben, beim Abtrag der Krainerwand die Auflagen der Baubehörde im Hinblick auf die Hangsicherung zu berücksichtigen und die Entsorgungsnachweise bis der BH vorzulegen.

Begründend führte die erstinstanzliche Behörde im Wesentlichen aus, dass es sich bei den gegenständlichen Bahnschwellen um gefährlichen Abfall handle, ihr Einbau sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zulässig. Die Abfalleigenschaft ende nicht, wenn der neue Besitzer aus der Sache Nutzen ziehen wolle und ihr eine neue Verwendungsbestimmung gebe. Gefahren für den Boden im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 könnten nicht ausgeschlossen werden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, nicht jedoch sein Sohn P.U., Berufung und beantragte dessen Aufhebung mit der Begründung, dass er seit mehr als 20 Jahren rechtmäßiger Eigentümer der Eisenbahnschwellen sei und diese seither auch vor Ort gelagert gewesen seien. Da er nur Letztverwender, nicht Hersteller dieser Eisenbahnschwellen sei, könne er "aufgrund der Produkthaftung" nicht zur Abtragung, Entsorgung und somit "Enteignung" der Stützwand verpflichtet werden. Weiters bestehe Ungleichheit vor dem Gesetz, weil es nur für Private, nicht aber für Gewerbe und Industrie verboten sei, mit Kreosot behandelte Baustoffe zu verwenden.

Am führte ein Vertreter der Berufungsbehörde im Beisein des Beschwerdeführers einen Ortsaugenschein auf dem Grst. Nr. 148/9 durch.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge gegeben. Gleichzeitig wurden die von der BH festgesetzten Fristen für die Entsorgung der Eisenbahnschwellen (bis ) und die Vorlage des Entsorgungsnachweises (bis ) neu bestimmt.

Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens zitierte die belangte Behörde zunächst die am in Kraft getretene Übergangsbestimmung des § 78 Abs. 9 AWG 2002, die im vorliegenden Fall einer "aus alten Eisenbahnschwellen, also kreosothaltigen Abfällen" bereits im Jahr 2003 errichteten Stützwand zu berücksichtigen sei. Eine Gesundheitsgefährdung durch häufigen Hautkontakt und eine unzumutbare Geruchsbelästigung im Sinne dieser Bestimmung sei jedenfalls bei der Verwendung von kreosothaltigen Abfällen in Gebäuden oder auf Spielplätzen oder anderen Orten im Freien, die der Freizeitgestaltung und der Erholung dienten, gegeben. Die Bestimmung des § 17 Abs. 9 Z. 3 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003 verbiete ebenfalls die Verwendung von kreosothaltigen Eisenbahnschwellen an Orten im Freien wie z.B. in Parkanlagen oder in Gärten, die der Freizeitgestaltung und der Erholung dienten.

Der am durchgeführte Ortsaugenschein habe ergeben, dass die Eisenbahnschwellen nicht gänzlich in der Erde vergraben oder durch Pflanzen verwachsen, sondern überwiegend deutlich sichtbar und unbedeckt seien. Ferner handle es sich beim gegenständlichen Grst. Nr. 148/9 und auch bei den benachbarten Grundstücken um Gärten, die der Freizeitgestaltung und der Erholung dienten. Der Beschwerdeführer habe anlässlich des Ortsaugenscheines mitgeteilt, dass die Stützwand errichtet worden sei, um auf dem vormals abschüssigen Grundstück eine ebene Fläche zu erhalten und diesen Garten besser nutzen zu können, um z.B. ein kleines Schwimmbecken aufstellen zu können. Die angrenzenden Nachbarn und auch die übrigen Bewohner dieser Siedlung nutzten ihre Gärten üblicherweise zu Erholungszwecken. Es handle sich daher bei dem Ort, an dem zur Errichtung einer Krainerwand alte Eisenbahnschwellen, somit kreosothaltige Abfälle, verwendet worden seien, um einen Ort im Freien, der der Freizeitgestaltung und der Erholung diene.

Gemäß § 78 Abs. 9 AWG 2002 werde somit eine Gesundheitsgefährdung durch häufigen Hautkontakt und eine unzumutbare Geruchsbelästigung angenommen und sei ex lege jedenfalls ein Verbot (der Belassung der Eisenbahnschwellen) gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe § 78 Abs. 9 AWG 2002 unrichtig angewendet. Entgegen ihren Feststellungen seien die gegenständlichen Eisenbahnschwellen zur Gänze mit wildem Wein und Holunder verwachsen und daher keinesfalls unbedeckt. Deshalb und weil die Krainerwand überdies auf einem Privatgrundstück zum Zweck der Böschungssicherung ohne Zutritt errichtet worden sei, sei eine Gesundheitsgefährdung durch häufigen Hautkontakt jedenfalls auszuschließen. Die verwendeten Eisenbahnschwellen seien etwa 50 Jahre alt, deshalb ausgetrocknet und dürr und insbesondere ohne Geruch. Überdies treffe die belangte Behörde selbst keine Feststellungen über eine Geruchsbelästigung durch die Eisenbahnschwellen. Auch eine Einwirkung der Eisenbahnschwellen auf Gewässer habe die belangte Behörde nicht festgestellt.

Die belangte Behörde antizipiere in unzulässiger Weise die Ergebnisse der nicht geführten Erhebungen. Es sei unbestritten richtig, dass Liegenschaften im Heimatort des Beschwerdeführers auch oder überwiegend Erholungszwecken dienten. Diese Umgebung habe der Gesetzgeber aber nicht als Ort gemeint, der die Anwendung des § 78 Abs. 9 erster Satz AWG 2002 ausschließe.

Entscheidungswesentliches Kriterium sei die Frage einer direkten Kontaktmöglichkeit und demnach der Einbau von kreosothaltigen Abfällen an Orten, die der erholungssuchenden Bevölkerung unmittelbar zugänglich seien. Bei den Grundstücken des Beschwerdeführers handle es sich um ein der Bevölkerung nicht zugängliches Privatobjekt, die Schwellen selbst seien ohne Besteigen der von der für die Nutzung vorgesehenen Rasenfläche abgewandten Böschung weder sichtbar noch erreichbar. Von außen sei die Böschung auf Grund der Abzäunung nicht zugänglich, vom Inneren der Liegenschaft nur unter Verwendung einer Kletterausrüstung. Eine abgesperrte und nicht zugängliche Böschungssicherung könne nicht als Ort im Sinne des § 78 Abs. 9 zweiter Satz AWG 2002 verstanden werden. Der Begriff "Ort" im Sinne der genannten Gesetzesstelle sei nach der Absicht des Gesetzgebers eng auszulegen und nur auf die Örtlichkeit des unmittelbaren Einbaus zu beziehen, nicht auf die nähere und weitere Umgebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die §§ 1, 2 und 73 AWG 2002, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 54/2008, lauten auszugsweise:

"§ 1. …

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2. Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können,

3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,


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5.
Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6.
Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7.
das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8.
die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9.
Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werden können.
Begriffsbestimungen

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 angeführten Gruppen fallen und

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange


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1.
eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2.
sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
Behandlungsauftrag

§ 73. (1) Wenn

1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen."

Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Beurteilung der belangten Behörde, dass es sich bei den von ihm zur Herstellung der Stützwand verwendeten Eisenbahnschwellen um kreosothaltige Abfälle handelt und diese somit als Abfall im Sinn des § 2 Abs. 1 AWG 2002 zu qualifizieren sind. Er bestreitet ferner nicht, dass die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 AWG 2002 - vorbehaltlich der nachfolgend genannten Übergangsvorschrift - vorlägen und stellt auch nicht seine Eigenschaft als "Verpflichteter" im Sinne des § 73 Abs. 1 AWG 2002 in Abrede. Davon ausgehend zeigt sein - ausschließlich eine unrichtige Anwendung des § 78 Abs. 9 AWG 2002 durch die belangte Behörde behauptendes - Beschwerdevorbringen aus nachstehenden Gründen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Die am in Kraft getretene Übergangsbestimmung des § 78 Abs. 9 AWG 2002, BGBl. I Nr. 34/2006, lautet:

"§ 78. …

(9) Bauten, Einbauten, Begrenzungen oder Ähnliches aus kreosothaltigen Abfällen, die vor dem In-Kraft-Treten der AWG-Novelle 2005 errichtet oder vorgenommen wurden, können belassen werden, sofern keine mehr als geringfügigen Einwirkungen auf Gewässer, keine Gesundheitsgefährdung durch häufigen Hautkontakt oder keine unzumutbare Geruchsbelästigung gegeben ist. Eine Gesundheitsgefährdung durch häufigen Hautkontakt und eine unzumutbare Geruchsbelästigung ist jedenfalls bei der Verwendung von kreosothaltigen Abfällen


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1.
in Gebäuden oder
2.
auf Spielplätzen oder an anderen Orten im Freien, die der Freizeitgestaltung und der Erholung dienen,
gegeben."
In den Materialien zu dieser Bestimmung (vgl. RV 1147 BlgNR 22.GP) heißt es (der darin genannte "Abs. 10" entspricht dem in Rede stehenden § 78 Abs. 9 AWG 2002;
Hervorhebungen nicht im Original):
"Mit Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0121, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Grundsatzentscheidung zu Einbauten aus kreosothältigen Abfällen, im konkreten Fall zu einer Krainerwand aus Bahnschwellen, getroffen. Derartige Einbauten sind abfallrechtlich nicht zulässig. Darüber hinaus sind kreosothaltige Abfälle gemäß der Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003, in der Regel als gefährliche Abfälle anzusehen. Bestehende Einbauten, Begrenzungen, etc. können gemäß Abs. 10 vor Ort belassen werden, wenn keine mehr als geringfügige Einwirkung auf Gewässer und keine Gesundheitsgefährdung und unzumutbare Geruchsbelästigung vorliegt.
Eine Gesundheitsgefährdung ist jedenfalls in jenen Fällen anzunehmen, in denen die Verwendung derartiger Hölzer auch chemikalienrechtlich nicht mehr zulässig ist (vgl. § 17 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003, BGBl. II Nr. 477 )."
Aus diesen Erläuterungen geht hervor, dass der Gesetzgeber von einer Gesundheitsgefährdung durch kreosothaltige Abfälle im Sinne des § 78 Abs. 9 AWG 2002)
jedenfalls dann ausgeht, wenn die Verwendung derartiger Hölzer auch chemikalienrechtlich nicht mehr zulässig ist.
Der in diesem Zusammenhang zitierte und hinsichtlich der hier maßgeblichen Bestimmungen seit seinem Inkrafttreten unveränderte (mit BGBl. II Nr. 114/2007 erfolgte lediglich eine Novellierung des Abs. 9 Z. 1) § 17 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003, BGBl. II Nr. 477, enthält zunächst in seinem Abs. 2 eine Verbotsbestimmung, wonach Stoffe und Zubereitungen, die Kreosot gemäß Abs. 1 enthalten, nicht zur Behandlung von Holz hergestellt, in Verkehr gesetzt und verwendet werden dürfen.
Abweichend von Abs. 2 dürfen gemäß § 17 Abs. 3 der Verordnung kreosothaltige Stoffe und Zubereitungen unter näher genannten Voraussetzungen in bestimmten Fällen der Holzbehandlung verwendet werden, nämlich in industriellen Verfahren zur Behandlung von Holz (Z. 1) und zur Wiederbehandlung vor Ort, wenn die Wiederbehandlung von einem gewerblichen Verwender und unter Einhaltung der einschlägigen arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften durchgeführt wird (Z. 2).
Schließlich lauten die Abs. 6, 7 und 8 sowie der - sowohl im angefochtenen Bescheid als auch in der Beschwerde zitierte Abs. 9 Z. 3 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003 wie folgt (Hervorhebungen nicht im Original):
§ 17 …

(6) Mit Stoffen oder Zubereitungen gemäß Abs. 2 behandeltes Holz - unabhängig davon, ob es neu oder gebraucht ist - darf nicht in Verkehr gesetzt und nach Österreich verbracht werden; Gleiches gilt auch für solche Fertigwaren, die teilweise oder gänzlich aus Holz (zB Bahnschwellen , Leitungsmasten oder Pfähle) bestehen .

(7) Abweichend von Abs. 6 darf Holz, das entweder

1. in einem industriellen Verfahren gemäß Abs. 3 Z 1 behandelt wurde und zum ersten Mal in Verkehr gesetzt wird oder

2. durch einen gewerblichen Verwender vor Ort gemäß Abs. 3 Z 2 wiederbehandelt wurde,

jedoch für den gewerblichen und industriellen Gebrauch ((zB Eisenbahn, Stromtransport, Telekommunikation, zur Einzäunung sowie in Häfen und Wasserwegen) sowie für landwirtschaftliche Zwecke (zB Baumstützen)), verwendet werden, sofern dieser Gebrauch nicht gemäß Abs. 9 verboten ist. Gleiches gilt auch für Fertigwaren, die teilweise oder gänzlich aus Holz bestehen .

(8) Abweichend von Abs. 6 darf vor dem behandeltes Holz zur Wiederverwendung ausschließlich nur für einen gewerblich-industriellen Gebrauch abgegeben werden, sofern dieser Gebrauch nicht gemäß Abs. 9 verboten ist; diesfalls ist dem Abnehmer bei der Abgabe ein Informationsblatt mit folgendem Inhalt zu übergeben:

1. Die ausdrückliche Anführung, dass es sich bei dem abgegebenen Produkt um Gebrauchtholz handelt,

2. dieses Produkt mit gesundheitsgefährlichem Kreosot behandelt worden ist und

3. die ausdrückliche Anführung der Verwendungsverbote des Abs. 9.

Gleiches gilt auch für solche Fertigwaren, die teilweise oder gänzlich aus Holz bestehen .

(9) Für das nach den Abs. 7 und 8 zulässigerweise behandelte oder wiederbehandelte Holz ist der gewerblich-industrielle Gebrauch jedoch in folgenden Anwendungen verboten :

3. auf Spielplätzen und anderen Orten im Freien (zB in Parkanlagen oder in Gärten), die der Freizeitgestaltung und der Erholung dienen, bei denen die Gefahr besteht, dass das Holz mit der Haut in Berührung kommt;"

Wie sich aus den Abs. 7 und 8 des § 17 der Verordnung ergibt (arg. "Abweichend von Abs. 6. (…)"), fallen unter die in der Verbotsbestimmung des Abs. 6 normierten Tatbestände "Inverkehrsetzen" und "Verbringung nach Österreich" jedenfalls auch die "Verwendung" und die "Abgabe zur Wiederverwendung" - unter anderem - von teilweise oder gänzlich aus Holz bestehenden Fertigwaren (z.B. Bahnschwellen) iSd Abs. 6.

§ 17 Abs. 9 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003 enthält (lediglich) eine Einschränkung der in den Abs. 7 und 8 für den gewerblich-industriellen Gebrauch normierten Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Verwendung von mit Kreosot behandeltem Holz und von teilweise oder gänzlich aus Holz bestehenden Fertigwaren. Aus dieser Bestimmung ist hingegen nicht abzuleiten, dass "der private Gebrauch" (d.h. der nicht gewerblichindustrielle Gebrauch) - unter anderem - von nach § 17 Abs. 7 und 8 der Verordnung zulässigerweise verwendeten oder wiederverwendeten Fertigwaren (z.B. Bahnschwellen) nur dann verboten wäre, wenn - im Sinne der hier maßgeblichen Z. 3 des Abs.

9 - an den dort genannten Orten die Gefahr bestünde, dass das Holz

mit der Haut in Berührung kommt. Vielmehr enthält § 17 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003 für den nichtgewerblichen, nichtindustriellen bzw. nicht für landwirtschaftliche Zwecke bestimmten Gebrauch überhaupt keine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Verwendung von Fertigwaren im Sinn des Abs. 6, somit unter anderem von Bahnschwellen.

Dass die dargelegte Unterscheidung dem Willen des Verordnungsgebers und - auf Grund des Verweises in den Erläuterungen zu § 78 Abs. 9 AWG 2002 auf § 17 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003 - des Gesetzgebers des AWG 2002 entspricht, ist auch aus § 22 Z. 3 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003 ersichtlich. Darin wird festgehalten, dass mit dieser Verordnung die "Richtlinie 2001/90/EG der Kommission vom zur siebten Anpassung von Anhang I der Richtlinie 76/769/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für Beschränkungen des In-Verkehr-Bringens und der Verwendung gewisser gefährlicher Stoffe und Zubereitungen ("Kreosot") an den technischen Fortschritt" umgesetzt wird.

In den Erwägungsgründen der Richtlinie 2001/90/EG heißt es u. a., aus einer kürzlich durchgeführten Studie gehe hervor, dass die Krebs erzeugende Wirkung von Kreosot größer als bislang angenommen sei (Erwägungspunkt 2). Der Wissenschaftliche Ausschuss für Toxikologie, Ökotoxikologie und Umwelt (CSTEE) sei zu dem Schluss gekommen, es liege wissenschaftliches Beweismaterial dafür vor zu belegen, dass für die Verbraucher ein Krebsrisiko von Kreosot mit einem Benzo(a)pyren-Gehalt (B(a)P) in einer Massenkonzentration unter 0,005 % und/oder von mit derartigem Kreosot behandeltem Holz ausgehe, und das Ausmaß des Risikos sei eindeutig Besorgnis erregend (Erwägungsgrund 3). Eine Analyse der Vor- und Nachteile früherer Beschränkungen für das Inverkehrbringen und die Verwendung von Kreosot habe u.a. ergeben, dass das in der Gemeinschaft industriell verwendete Kreosot größtenteils bereits B(a)P in einer Massenkonzentration unter 0,005 % enthalte, und dass die Gefahren, die von derartigem Kreosot und/oder von oder von derartigem Kreosot behandeltem Holz für die Gesundheit ausgingen, in industriellen Verfahren eher niedrig seien (Erwägungsgrund 4).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass die Krainerwand im Jahr 2003 vom Beschwerdeführer und seinem Sohn P.U. unter Verwendung von Eisenbahnschwellen, die kreosothaltige Abfälle darstellen, errichtet wurde. Den auf Aussagen des Beschwerdeführers verweisenden Feststellungen der belangten Behörde, wonach die Stützwand errichtet worden sei, um auf dem privaten abschüssigen Grundstück eine ebene Fläche zu erhalten und diesen Garten, etwa durch das Aufstellen eines kleinen Schwimmbeckens, besser nutzen zu können, tritt die Beschwerde nicht entgegen. Hinweise auf einen gewerblichen oder industriellen Gebrauch der Eisenbahnschwellen oder auf deren Verwendung für landwirtschaftliche Zwecke liegen gegenständlich nicht vor, eine derartige Verwendung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.

Die Verwendung der in Rede stehenden Eisenbahnschwellen war daher chemikalienrechtlich nicht zulässig. Im Sinne des Verweises in den Gesetzesmaterialien zu § 78 Abs. 9 AWG 2002 auf § 17 der Chemikalien-Verbotsverordnung 2003 ist somit § 78 Abs. 9 AWG 2002 so zu verstehen, dass im vorliegenden Fall ex lege jedenfalls eine Gesundheitsgefährdung im Sinne der genannten Bestimmung anzunehmen ist. Die im § 78 Abs. 9 erster Satz AWG 2002 genannten Voraussetzungen für das Belassen von vor dem Inkrafttreten der AWG-Novelle 2005 errichteten, aus kreosothaltigen Abfällen bestehenden Bauten etc. liegen hinsichtlich der gegenständlichen Krainerwand nicht vor.

Auf das die Feststellungen der belangten Behörde zur konkreten örtlichen Situation bestreitende sowie eine Geruchsbelästigung und die Möglichkeit einer direkten Kontaktmöglichkeit mit den kreosothaltigen Abfällen in Abrede stellende Beschwerdevorbringen muss daher nicht mehr eingegangen werden, weil selbst das Zutreffen des genannten Vorbringens der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen könnte. Die Entsorgung der aus den in Rede stehenden Eisenbahnschwellen errichteten Stützwand wurde aus den genannten Gründen zu Recht aufgetragen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
TAAAE-75311