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VwGH vom 22.03.2012, 2008/07/0155

VwGH vom 22.03.2012, 2008/07/0155

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der B. in G., vertreten durch Dr. Wolfgang List, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 64 - 1381/2008, betreffend Versagung einer Ausnahme nach § 18 Wiener AWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom beantragte die beschwerdeführende Partei für eine näher genannte Liegenschaft, auf der u.a. ein Krankenhaus betrieben wird, eine Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 48, vom wurde dieser Antrag der beschwerdeführenden Partei gestützt auf § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG, LGBl. Nr. 13/1994 i.d.F. der Novelle "LGBl. Nr. 17/2006", abgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, es sei eindeutig, dass sich auf der gegenständlichen Liegenschaft ein "Betrieb" (offenbar gemeint: ein Krankenhaus) befinde. Wie das Ermittlungsverfahren allerdings ergeben habe, bestünden dort auch mehrere aufrechte Meldungen nach dem Meldegesetz und es seien dort auch Wohnungen vorhanden. Dieser Umstand werde auch von der beschwerdeführenden Partei eingeräumt. Es habe somit nur von einer - nicht ausschließlich betrieblichen Zwecken dienenden - Liegenschaft ausgegangen werden können und sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, es sei vorweg festzustellen, dass sich der angefochtene Bescheid im Geltungsbereich des Wr. AWG bewege und dementsprechend der erstinstanzlichen Entscheidung der Abfallbegriff des Wr. AWG zugrunde gelegt worden sei. An der Auslegung des Begriffes "Abfall" sei die positive Erledigung des Antrages auf Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr nicht gescheitert. Erörterungen darüber, für welche Abfälle der Bundesgesetzgeber die Länder zur Erlassung von diesbezüglichen Regelungen ermächtigt habe, sowie darüber, ob und wie viel "Siedlungsabfall" auf der gegenständlichen Liegenschaft produziert werde, seien daher nicht zielführend.

Der Antrag sei abgewiesen worden, weil die Ermittlungen ergeben hätten, dass sich auf der Liegenschaft, auf der ein Krankenhaus betrieben werde, auch Personalwohnungen für Ärzte und Pflegepersonal befänden. Aus diesen Erhebungen habe die Erstbehörde zutreffend geschlossen, dass die verfahrensgegenständliche Liegenschaft nicht ausschließlich betrieblichen Zwecken diene.

Unter Betrieb verstehe man eine Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bilde, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder Personengemeinschaft mit technischen Mitteln die Erzielung bestimmter Arbeitsergebnisse fortgesetzt verfolge.

Unbestritten sei, dass jedenfalls das Spital als Betrieb anzusehen sei, und insofern die Liegenschaft einem Betrieb diene. Die auf derselben Liegenschaft errichteten Wohnungen ließen sich hingegen - selbst wenn sie nicht privat vermietet, sondern Ärzten und sonstigem Pflegepersonal als Dienstwohnung lediglich für die Dauer des Dienstverhältnisses zur Verfügung gestellt würden - auch im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Benützer nicht unter den Begriff "Betrieb" subsumieren. Stelle der Dienstgeber bzw. Spitalsbetreiber Dienstwohnungen zur Verfügung, so sei dies eine Serviceleistung bzw. ein Entgegenkommen seinerseits. Dienstwohnungen seien weder für das Funktionieren, noch für die Aufrechterhaltung des Betriebes zwingend erforderlich.

Wollte der Gesetzgeber unter den Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG auch solche Liegenschaften reihen, die nur teilweise betrieblichen Zwecken dienten, hätte er dies im Wortlaut der anzuwendenden Bestimmung entsprechend zum Ausdruck gebracht. Mit der gewählten Textierung des hier anzuwendenden Ausnahmetatbestandes habe der Gesetzgeber indessen seinen Willen klar zum Ausdruck gebracht, dass nur solche Liegenschaften von der öffentlichen Müllabfuhr auszunehmen seien, die ausschließlich einem Betrieb oder einer Anstalt dienten.

Sobald feststehe, dass eine Liegenschaft nicht ausschließlich betrieblichen Zwecken diene, sei es rechtlich unerheblich, zu welchen Zwecken sie sonst noch benützt werde bzw. welcher Zweck im Vordergrund stehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 1 des Wr. AWG LGBl. Nr. 13/1994 i.d.F. der im Beschwerdefall anzuwendenden Novelle LGBL. Nr. 53/1996 sind in die öffentliche Müllabfuhr alle im Gebiet des Landes Wien gelegenen Liegenschaften einbezogen, sofern sie nicht gemäß § 18 ausgenommen sind.

Nach § 17 Abs. 2 Wr. AWG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 13/1994 sind die Eigentümer der in die öffentliche Müllabfuhr einbezogenen Liegenschaften berechtigt und verpflichtet, den auf ihren Liegenschaften anfallenden Müll durch die öffentliche Müllabfuhr sammeln und abführen zu lassen.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Novelle LGBl. Nr. 53/1996 hat der Magistrat auf schriftlichen Antrag von der Müllabfuhr Liegenschaften, die Betrieben oder Anstalten dienen, wenn der Antragsteller eine sachliche einwandfreie Entsorgung der auf der Liegenschaft anfallenden Abfälle nachweist, wobei die Ausnahmegenehmigung die für die einwandfreie Entsorgung der Abfälle erforderlichen Auflagen zu enthalten hat , mit Bescheid auszunehmen.

Gemäß § 4 Abs. 3 Wr. AWG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 13/1994 sind Müll alle vorwiegend festen, nicht sperrigen Abfälle (Abs. 1), ausgenommen Altstoffe, die üblicherweise in privaten Haushalten anfallen (Hausmüll), sowie feste, nicht sperrige Abfälle, ausgenommen Altstoffe, die in Betrieben, Anstalten und sonstigen Einrichtungen anfallen, soweit sie nach Art und Zusammensetzung mit Hausmüll vergleichbar sind (betrieblicher Müll). Keinesfalls als Müll gelten produktions- und betriebsspezifische Abfälle.

Gemäß § 2 Abs. 4 Z. 2 AWG 2002 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung BGBl. I Nr. 102 sind "Siedlungsabfälle" Abfälle aus privaten Haushalten und andere Abfälle, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder Zusammensetzung den Abfällen aus privaten Haushalten ähnlich sind; bei der Zuordnung ist das Europäische Abfallverzeichnis im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABl. Nr. L 194 vom S. 39, geändert durch die Richtlinie 91/156/EWG, ABl. Nr. L 78 vom S. 32, und die Entscheidung 96/350/EG, ABl. Nr. L 135 vom S. 32, zu berücksichtigen.

Insoweit die Beschwerde unter Bezugnahme auf Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG i.V.m. § 2 Abs. 4 Z. 2 AWG 2002 darauf verweist, dass der Bundesgesetzgeber nicht die Regelung der Sammlung und Abfuhr, somit auch den Anschluss an das kommunale Abfallsystem in Bezug auf Müll, sondern nur in Bezug auf "Siedlungsabfälle" den Ländern überlassen habe, vermag sie keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, zumal - wie die Beschwerdeführerin selbst darlegt - der Begriff "Müll" einer verfassungskonformen (bzw. richtlinienkonformen) Auslegung im Sinne des Begriffes "Siedlungsabfälle" zugänglich ist.

In der Beschwerde wird ferner gerügt, es sei von der Beschwerdeführerin im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgebracht worden, dass sich auf der gegenständlichen Liegenschaft die Krankenanstalt der beschwerdeführenden Partei befinde und die auf der Liegenschaft befindlichen Wohnungen nicht zu privaten Wohnzwecken verwendet würden. Die Dienstwohnungen stünden vielmehr ausschließlich den Mitarbeitern in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit zur Verfügung. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde das Krankenhaus dem Begriff "Betrieb" zuteile, weil wohl die Zuordnung zum Begriff "Anstalt" passender erscheine.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob die gegenständliche Krankenanstalt dem Begriff "Betrieb" oder dem Begriff "Anstalt" zuzuordnen ist, zumal sich die Ausnahmebestimmung des § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG in der vorgenannten Fassung sowohl auf Betriebe als auch auf Anstalten bezieht und auch in der Rechtsfolge keine Differenzierung vorsieht. Ferner unterscheidet die genannte Bestimmung auch nicht nach dem allfälligen Zweck einer anderen (weiteren) Verwendung einer solchen Liegenschaft (z.B. Privatwohnungen oder Dienstwohnungen).

Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass in den gegenständlichen Dienstwohnungen sog. Hausmüll im Sinne von Abfällen aus privaten Haushalten anfällt.

Wie schon dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG in der vorgenannten Fassung zu entnehmen ist (arg.: "... Liegenschaften,

die Betrieben oder Anstalten dienen, ... auszunehmen"), ist von

einer Verpflichtung nach § 17 leg. cit. immer nur eine gesamte Liegenschaft auszunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/07/0077).

Daraus folgt jedoch - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat -, dass Liegenschaften, die nur teilweise betrieblichen Zwecken (bzw. Anstaltszwecken) und ansonsten jedoch z. B. Wohnzwecken dienen, von vornherein für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG in der vorgenannten Fassung ausscheiden (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom ). Es ist daher in diesem Zusammenhang auch nicht relevant, inwieweit die in der Krankenanstalt anfallenden Abfälle als Siedlungsabfälle zu qualifizieren seien und daher einer Entsorgungspflicht nach § 17 leg. cit. unterlägen. Die in der Beschwerde gerügte Unterlassung einer näheren Auseinandersetzung mit dieser Frage im angefochtenen Bescheid vermag daher keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Da es für die Anwendung der Ausnahme nach § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG in der vorgenannten Fassung auch nicht auf den Umfang der aus den Dienstwohnungen anfallenden Abfälle ankommt, war von der belangten Behörde auch nicht näher zu prüfen, welcher geringe Prozentsatz an Abfällen in den Dienstwohnungen anfällt, und im Lichte der vorstehenden Judikatur auch nicht lediglich dieser Anteil - wie die Beschwerdeführerin offenbar vermeint - vom Andienungszwang auszunehmen.

Ferner ist auch keine Ausnahme für "sonstige Einrichtungen", die in einem engen Zusammenhang mit Betrieben oder Anstalten stehen, nach § 18 Abs. 1 Z. 1 Wr. AWG in der vorgenannten Fassung vorgesehen. Dass hinsichtlich solcher "sonstiger Einrichtungen" eine im Wege der Analogie zu schließende Gesetzeslücke vorliege - wie in der Beschwerde behauptet wird -, kann nicht nachvollzogen werden.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
JAAAE-75294