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VwGH vom 14.11.2012, 2010/08/0224

VwGH vom 14.11.2012, 2010/08/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der J Handelsgesellschaft m.b.H. in Z, vertreten durch Dr. Bernhard Kettl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Clemens-Krauss-Straße 21, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom , Zl. 20305-V/14.504/13-2010, betreffend Beitragsnachverrechnung und Beitragszuschlag (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5020 Salzburg, Engelbert-Weiß-Weg 10),

Spruch

1. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. den Beschluss gefasst:

Das Eventualbegehren "die Beschwerde dem Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte vorzulegen" wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse der beschwerdeführenden Gesellschaft gemäß § 113 Abs. 1 ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 11.854,20 vor, weil anlässlich der am abgeschlossenen Beitragsprüfung (Prüfzeitraum bis ) festgestellt worden sei, dass Meldepflichten gemäß §§ 33 ff ASVG verletzt worden seien. Die Meldepflichtverletzungen hätten zu einer Nachberechnung in der Höhe von EUR 94.453,56 geführt. Der Beitragszuschlag sei in der gesetzlichen Mindesthöhe festgesetzt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft mit Schriftsatz vom Einspruch und brachte vor, dass die gesetzlichen Erfordernisse für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nicht vorlägen und der Beitragszuschlag darüber hinaus überhöht sei.

Mit Bescheid vom verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die beschwerdeführende Gesellschaft zur Entrichtung der nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 94.453,56. Die Nachverrechnung ging laut der Begründung des Bescheides auf zu viel bezahlte bzw. nur pauschal verrechnete Reisediäten einzelner Dienstnehmer und des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft, auf die als Entgelt zu behandelnde Bezahlung von Verkehrsstrafen durch den Dienstgeber und auf Differenzen zwischen den tatsächlichen Einsatzzeiten der LKW-Fahrer und der Lohnverrechnung zurück. Zum letztgenannten Punkt führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, bei der Auswertung der von der beschwerdeführenden Gesellschaft vorgelegten Diagrammscheiben habe sich herausgestellt, dass die Fahrer länger im Einsatz gewesen seien, als laut Lohnverrechnung aufgezeichnet worden sei. Es seien daher die Tachoscheiben einzelner Fahrer stichprobenartig monatsweise ausgewertet und die Differenz zwischen der tatsächlichen Einsatzzeit laut Diagrammscheiben gegenüber der Einsatzzeit laut Lohnverrechnung ermittelt worden. Der Durchschnitt der auf diese Weise ermittelten Differenzen habe 18 % betragen. Um diesen Prozentsatz seien die Bruttolöhne der Fahrer erhöht und zur Nachverrechnung gebracht worden.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft mit Schriftsatz vom Einspruch. Inhaltlich wandte sie sich darin nur insoweit gegen die Nachverrechnung, als sie sich auf die Einsatzzeiten der LKW-Fahrer bezog, und brachte - auf das Wesentlichste zusammengefasst - vor, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu Unrecht auch Ruhezeiten und private Fahrten der Dienstnehmer als entgeltpflichtige Einsatzzeiten behandelt habe.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete dazu einen umfangreichen Vorlagebericht. Die beschwerdeführende Gesellschaft machte von der ihr eingeräumten Möglichkeit, zum Vorlagebericht Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Einsprüche vom und vom ab.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die beschwerdeführende Gesellschaft habe laut ihren eigenen Angaben (nur) den "Versuch" unternommen, die Bereitschafts- und Lenkzeiten der Dienstnehmer aufzuschlüsseln und den tatsächlichen Sachverhalt darzustellen; zu welchem konkreten bzw. eindeutigen Ergebnis die beschwerdeführende Gesellschaft dabei gekommen sei, werde aber nicht dargestellt. Die mit dem Einspruch vorgelegten Auswertungen durch die beschwerdeführende Gesellschaft seien zwar gestützt auf die Tachografenblätter von drei Dienstnehmern erstellt worden; auch daraus sei aber nicht schlüssig ableitbar, dass die laut Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nachzuverrechnenden Stunden nicht korrekt seien. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe auch nicht näher ausgeführt, welchem konkreten Beweiszweck die beantragte Vernehmung der drei Dienstnehmer dienen solle. Die Korrektheit der aus den Tachografen- oder Diagrammscheiben ersichtlichen Aufzeichnungen werde jedenfalls nicht in Frage gestellt. Warum aber zumindest eine Vielzahl von "kurzen Fahrtstrecken" private Fahrten und nicht beitragspflichtige Dienstfahrten sein sollten, sei nicht nachvollziehbar.

Zumal seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft lediglich Tachografenscheiben für das Prüfungsjahr 2004 und nicht auch für die Prüfungsjahre 2002 und 2003 vorgelegt worden seien, sei die auf Basis einer Durchschnittsbetrachtung im Vergleich mit den Inhalten der Lohnverrechnung vorgenommene Schätzung basierend auf den Monaten Mai, Juni, Juli, August und September 2004 sowie - zur Erhöhung der Präzision - den Monaten Jänner, März und April 2005 als im Sinn des § 42 Abs. 3 ASVG unbedenklich anzusehen. Es sei seitens der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet worden, dass sich während der Jahre 2002 bis 2005 die zugrunde gelegten wahren wirtschaftlichen Verhältnisse maßgeblich geändert hätten.

Es treffe auch nicht zu, dass der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe nicht hätte herangezogen werden dürfen oder denkunmöglich ausgelegt worden sei (wird näher ausgeführt).

Auch der Beitragszuschlag sei rechtlich und rechnerisch korrekt festgesetzt worden. Die beschwerdeführende Gesellschaft habe dagegen auch kein konkretes Vorbringen erstattet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die beschwerdeführende Gesellschaft macht unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zunächst geltend, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse tabellarische Aufstellungen (betreffend die Beitragsvorschreibung) zum Bescheidinhalt erklärt habe. Aus diesen tabellarischen Aufstellungen ergebe sich zwar, dass ausgehend von einer bestimmten Beitragsgrundlage bestimmte Beiträge vorzuschreiben seien, es sei aber darüber hinaus nicht erkennbar, welche konkreten tatsächlichen Gegebenheiten dieser Beitragsberechnung im Einzelnen zugrunde gelegt worden seien.

Schon im erstinstanzlichen Bescheid wurde aber dargelegt, wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zur Annahme höherer Beitragsgrundlagen gelangt ist. Die belangte Behörde hat dies im angefochtenen Bescheid auf Grund des der beschwerdeführenden Gesellschaft übermittelten Vorlageberichts der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse und in Auseinandersetzung mit dem Einspruchsvorbringen näher ausgeführt. Inwieweit die Begründung des angefochtenen Bescheides - der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse war vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen - dennoch mangelhaft war und die beschwerdeführende Gesellschaft an einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gehindert hat, sodass dem behaupteten Mangel Relevanz zukäme, wird in der Beschwerde nicht konkret ausgeführt.

2. Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft das Unterbleiben der Einvernahme von drei LKW-Fahrern rügt, unterlässt sie es ebenfalls, die Relevanz dieser Unterlassung darzulegen; insbesondere wird nicht erklärt, was die LKW-Fahrer hätten aussagen können, sodass die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid gelangt wäre. Ebenso wenig wird dargelegt, welche sonstigen "weiteren Erhebungen" die belangte Behörde hätte vornehmen sollen. Auch der Hinweis auf die - in der Beschwerde erstmals behauptete - Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht zielführend, zumal die beschwerdeführende Gesellschaft zwar nicht im Rahmen einer Verhandlung, aber auf Grund des ihr eingeräumten Parteiengehörs Gelegenheit hatte, insbesondere zu den im Vorlagebericht geäußerten Annahmen der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse Stellung zu nehmen; von dieser Gelegenheit hat die beschwerdeführende Gesellschaft aber keinen Gebrauch gemacht.

3. Unter der Überschrift "Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit des Inhaltes" enthält die Beschwerde zunächst wörtlich einen Teil des zur hg. Zl. 2007/08/0159 (betreffend aufschiebende Wirkung der Einsprüche) erstatteten Beschwerdevorbringens; in der Sache wird damit im Wesentlichen abermals ein Begründungsmangel behauptet, ohne dass aber dessen Relevanz dargelegt wird. Was die Erfolgsaussichten der Einsprüche betrifft, so kommt darauf es im nun gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht an.

4. Ebenfalls als Rechtswidrigkeit des Inhalts rügt die Beschwerde weiters (wörtlich) Folgendes (Schreibfehler im Original):

"Die Feststellungen im angefochtenen Bescheid in der Beweiswürdigung sind insofern unrichtig als das die Seitens der Beschwerdeführerin angebotenen Beweise unter Betrachtung der mangelhaften und nicht nachvollziehbaren Ausführung in den das Verfahren abschließenden Bescheiden ausreichend konkretisiert sind und auch eine Replik nur dann Sinn macht, wenn konkret Stellung genommen werden kann."

Sollte dieses Vorbringen so zu verstehen sein, dass einerseits die Beweisanträge - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - hinreichend konkret gewesen seien und andererseits eine Stellungnahme zum Vorlagebericht der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse nicht sinnvoll gewesen wäre, so ist zum einen darauf hinzuweisen, dass - ungeachtet dessen, ob im Verwaltungsverfahren ein geeignetes Beweisthema angegeben worden ist - jedenfalls in der vorliegenden Beschwerde die Relevanz der unterlassenen Zeugeneinvernahmen für den Ausgang des Verfahrens nicht dargelegt worden ist. Was den Vorlagebericht betrifft, so ist er konkret auf das Einspruchsvorbringen eingegangen; in einer Stellungnahme wäre es der beschwerdeführenden Gesellschaft aber auch offen gestanden, noch vermisste Aspekte aufzuzeigen.

5. Soweit die beschwerdeführende Gesellschaft schließlich erklärt, dass der "gesamte Inhalt der Einsprüche vom einen integrierenden Bestandteil dieser Beschwerde" bilde, ist darauf hinzuweisen, dass die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, in der Beschwerde selbst auszuführen sind; der Verweis auf Schriftsätze in anderen Verfahren - wie etwa dem Verwaltungsverfahren - ist nicht ausreichend (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/07/0035, vom , Zl. 2007/02/0278, und vom , Zl. 2008/15/0166, jeweils mwN).

6. Da sich die Beschwerde - die sich insbesondere nicht gegen die Schätzungsmethode wendet - somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die von der beschwerdeführende Partei "in eventu" begehrte Vorlage der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof "hinsichtlich der geltend gemachten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte" (wozu sie eingangs der Beschwerde die Grundrechte "der Gleichheit aller vor dem Gesetz, des rechtlichen Gehörs sowie der Erwerbsfreiheit" nennt) sieht das Verwaltungsgerichtshofgesetz für die Bescheidbeschwerde nicht vor, weshalb der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall für die im Sinn einer Abtretung begehrte "Vorlage" nicht zuständig ist und dieser Eventualantrag des Beschwerdeführers gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war (zur Abtretungsmöglichkeit im umgekehrten Sinn vgl. Art. 144 Abs. 3 B-VG).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am