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VwGH 19.06.2013, 2012/16/0176

VwGH 19.06.2013, 2012/16/0176

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des I in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0782- G/11, betreffend Familienbeihilfe für August 2010 bis Mai 2011, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist der Vater dreier minderjähriger Kinder, die türkische Staatsangehörige sind. Für diese hat er am die Gewährung von Familienbeihilfe beantragt.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers besäßen weder einen rechtmäßigen Aufenthalt nach den §§ 8 und 9 NAG noch hätten sie den Status von subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005. Die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 FLAG zur Gewährung von Familienbeihilfe an Personen, die nicht österreichische Staatsbürger seien, lägen daher bis Mai 2011 nicht vor. Erst am seien für die Kinder des Beschwerdeführers Aufenthaltstitel nach dem NAG ausgestellt worden, weshalb sie bzw. der Beschwerdeführer ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf Familienbeihilfe hätten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach der Aktenlage sind die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers türkische Staatsangehörige. In der Beschwerde wird behauptet, der Beschwerdeführer sei österreichischer Staatsbürger; dem erstinstanzlichen Bescheid vom folgend verfügte er jedoch ab 2003 über eine aufrechte Niederlassungsbewilligung nach § 8 NAG, weshalb bei ihm ebenfalls von einer türkischen Staatsangehörigkeit auszugehen ist, zumal für österreichische Staatsbürger keine Niederlassungsbewilligung vorgesehen ist.

Nach § 2 Abs. 1 lit.a FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.

Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe wenn sie sich nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Nach § 3 Abs. 2 FLAG besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 NAG rechtmäßig in Österreich aufhalten.

Bei türkischen Staatsangehörigen verdrängt der durch den Assoziationsrat, welcher durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der (damaligen) Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei vom geschaffen worden ist, am gefasste Beschluss Nr. 3/80-ARB 3/80, die Bestimmungen des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 FLAG insoweit, als er türkische Staatsangehörige den österreichischen Staatsbürgern gleich stellt. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis vom , Zl. 2012/16/0093, verwiesen.

Da die belangte Behörde im Beschwerdefall die Maßgeblichkeit dieses Beschlusses verkannte, hat sie bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe ausschließlich auf den rechtmäßigen Aufenthalt der Kinder des Beschwerdeführers abgestellt und aus diesem Grund die Familienbeihilfe für die Zeit vom bis zum nicht gewährt. Im Beschwerdefall wäre aber das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe wie bei österreichischen Staatsbürgern ohne Rücksicht auf § 3 FLAG zu prüfen gewesen, was die belangte Behörde wegen ihrer unzutreffenden Rechtsansicht unterließ.

Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser unter Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Der geltend gemachte Mehrbetrag findet in dieser Verordnung keine Deckung.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ARB3/80;
FamLAG 1967 §3 Abs1;
FamLAG 1967 §3 Abs2;
NAG 2005 §8;
NAG 2005 §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2013:2012160176.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAE-75230