VwGH vom 29.04.2013, 2012/16/0131

VwGH vom 29.04.2013, 2012/16/0131

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller, Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des D in S, vertreten durch die Rechtsanwälte Schwarzinger und Weiser in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/3/14, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Klagenfurt vom , Zl. 1 Jv 1542/12g-33-11, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Für den Beschwerdeführer wurde im Jahre 2006 unter anderem für die Einkommens- und Vermögensverwaltung und -sicherung ein (Vereins)Sachwalter bestellt.

Mit Schriftsatz vom stellte der Sachwalter einen "Antrag auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung" mit der Begründung, der Beschwerdeführer besitze eine "Sparkassenversicherung", die mit auslaufe. Seitens der Sparkassenversicherung werde nunmehr eine gerichtliche Genehmigung zur Auszahlung des Guthabens in Höhe von EUR 13.209,35 benötigt. Die Auszahlung soll auf das Sachwalterkonto erfolgen. Wie dem Gericht bekannt sei, sei der Beschwerdeführer im Pflegeheim Selbstzahler und werde monatlich ein Betrag von ca. EUR 2.200,-- für die laufenden Heimkosten benötigt. Daher werde eine vorübergehende Veranlagung in Form eines Kapitalsparbuches erfolgen. Wörtlich heißt es weiter:

"Ich stelle demnach den

ANTRAG,

das Gericht möge mir die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung erteilen, die Lebensversicherung bei der Sparkassenversicherung mit der Polizzen-Nummer ... aufzulösen und das Guthaben auf das Sachwalterkonto ... einzuzahlen."

Mit Beschluss vom genehmigte das Bezirksgericht St. Veit an der Glan antragsgemäß die Auflösung der Lebensversicherung und die Einzahlung des Guthabens auf das Sachwalterkonto pflegschaftsgerichtlich. Nach der Begründung bestehe für den Betroffenen eine Lebensversicherung, die am ablaufe, wobei ein Betrag von EUR 13.209,35 ausbezahlt werde. Da der Betroffene im Pflegeheim Selbstzahler sei und monatlich EUR 2.200,-- aufzuwenden seien und daher in den nächsten Jahren auch dieses Guthaben aus der Lebensversicherung für die Heimunterbringung aufzuwenden sein werde, entspreche die pflegschaftsbehördliche Genehmigung dem Interesse und dem Wohle des Betroffenen.

Mit Zahlungsauftrag vom wurde dem Beschwerdeführer für diese pflegschaftsbehördliche Genehmigung die Zahlung einer Entscheidungsgebühr gemäß TP 7 lit. c Z 1 GGG sowie einer Einhebungsgebühr nach § 6 Abs. 1 GEG in der Höhe von EUR 8,-- , somit von insgesamt EUR 130,-- an Gebühren, vorgeschrieben.

Gegen diesen Zahlungsauftrag erhob der Sachwalter einen Berichtigungsantrag mit der wesentlichen Begründung, die der Gebührenpflicht zu Grunde gelegte Entscheidung betreffe lediglich die Aufsicht über die Verwaltung des Vermögens des Pflegebefohlenen gemäß § 133 Außerstreitgesetz (AußStrG) und sei somit nicht gebührenpflichtig.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Berichtigungsantrag abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges und der einschlägigen Rechtslage aus, beim Beschluss des Bezirksgerichtes St. Veit an der Glan vom handle es sich um eine Entscheidung über die Genehmigung einer Rechtshandlung eines Pflegebefohlenen im Sinne des § 132 AußStrG, während die im Berichtigungsantrag genannte Bestimmung des § 133 AußStrG lediglich die Aufsicht über die Verwaltung des Vermögens Pflegebefohlener betreffe. Die Justizverwaltungsbehörde sei an den rechtskräftigen Genehmigungsbeschluss des Gerichtes gebunden und es sei nicht zu prüfen, ob die pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Rechtshandlung bewilligt hätte werden dürfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verfahrensakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht in dem in Rede stehenden Beschluss keine die Gerichtsgebührenpflicht auslösende Entscheidung über die Genehmigung einer Rechtshandlung, weil seine Lebensversicherung ohnehin am abgelaufen wäre und der Beschluss dem Sinne nach die Ermächtigung darstelle, nach Ablauf des Vertrages das Guthaben auf das Sachwalterkonto zu überweisen. Es liege daher keine Rechtshandlung im Sinne des § 132 AußStrG vor. Es könne nicht darauf ankommen, ob im Beschluss die Formulierung "pflegschaftsgerichtliche Genehmigung" oder "Ermächtigung" verwendet werde. Die Bindung des Kostenbeamten an den Beschluss des Pflegschaftsgerichtes könne nicht allein auf den Wortlaut der Entscheidung beschränkt werden, es sei auch auf den Inhalt abzustellen. Nicht jede Genehmigung einer Rechtshandlung sei gebührenpflichtig, sondern nur eine solche vermögensrechtlicher Natur. Dies habe der Kostenbeamte inhaltlich zu prüfen.

Gemäß TP 7 lit. c Z 1 GGG betragen die Pauschalgebühren für Entscheidungen über die Genehmigung von Rechtshandlungen Pflegebefohlener (§ 132 AußStrG) EUR 122,--.

§§ 132 und 133 AußStrG lauten:

"§ 132. (1) Das Gericht darf in seiner Entscheidung über die Genehmigung der Rechtshandlung eines Pflegebefohlenen dieser keine inhaltlich abweichende Fassung geben. Das Gericht kann auch eine bestimmte, erst geplante Rechtshandlung genehmigen oder aussprechen, dass eine Rechtshandlung keiner gerichtlichen Genehmigung bedarf. Der Beschluss über die Genehmigung der Rechtshandlung ist immer zu begründen. Beruht die Versagung der Genehmigung auf mehreren Gründen, so sind sie alle in der Begründung anzuführen. Auf Antrag hat das Gericht auf der Urkunde über die Rechtshandlung ohne Beifügung einer Begründung zu bestätigen, dass es die Genehmigung erteilt hat oder die Rechtshandlung keiner Genehmigung bedarf.

(2) Zur Beurteilung der Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Anlegung von Mündelgeld hat das Gericht einen Sachverständigen beizuziehen.

§ 133. (1) Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass ein Pflegebefohlener ein nennenswertes Vermögen hat, so hat das Gericht dieses von Amts wegen zu erforschen. Hat demnach der Pflegebefohlene nennenswertes Vermögen, so hat das Gericht dessen Verwaltung mit dem Ziel zu überwachen, eine Gefährdung des Wohles des Pflegebefohlenen hintanzuhalten.

(2) Sind Eltern, Großeltern oder Pflegeeltern mit der Verwaltung des Vermögens im Rahmen der Obsorge betraut, so hat das Gericht die Verwaltung des Vermögens nur zu überwachen, wenn eine unbewegliche Sache zum Vermögen gehört oder der Wert des Vermögens oder der Jahreseinkünfte 10 000 Euro wesentlich übersteigt.

(3) In jedem Fall hat das Gericht die Verwaltung auch nicht nennenswerten Vermögens zu überwachen, wenn dies zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Wohl des Pflegebefohlenen erforderlich ist. Unter diesen Voraussetzungen hat das Gericht auch die Verwaltungstätigkeit des Jugendwohlfahrtsträgers zu überwachen.

(4) Zur Erforschung des Vermögens und zur Überwachung seiner Verwaltung, einschließlich zu seiner Sicherung, kann das Gericht insbesondere dem gesetzlichen Vertreter Aufträge erteilen, Auskünfte von Kreditunternehmen oder von gemäß § 102 auskunftspflichtigen Personen einholen, eine Schätzung, die Sperre von Guthaben sowie die gerichtliche Verwahrung von Urkunden und Fahrnissen anordnen sowie einstweilige Vorkehrungen treffen."

Das GGG knüpft bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Eine ausdehnende oder einschränkende Auslegung des Gesetzes, die sich vom Wortlaut insoweit entfernt, als über das Fehlen eines Elementes des im Gesetz umschriebenen Formaltatbestandes, an den die Gebührenpflicht oder die Ausnahme geknüpft ist, hinweg sieht, würde diesem Prinzip nicht gerecht werden. Die das Gerichtsgebührengesetz und das gerichtliche Einbringungsgesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane sind an die Entscheidungen der Gerichte gebunden (vgl. die in Wais/Dokalik , Gerichtsgebühren10, in E 12.ff zu § 1 GGG, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Bei der Auflösung bzw. Kündigung einer Lebensversicherung ist eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben, was als Rechtshandlung im Sinne des § 132 AußStrG zu werten ist.

Im Beschwerdefall beantragte der Sachwalter mit Schriftsatz vom die Genehmigung der Auflösung der Lebensversicherung und die Genehmigung zur Einzahlung des Guthabens auf das Sachwalterkonto. Diesen Antrag hat das Gericht mit Beschluss vom genehmigt.

Vor dem Hintergrund der Anknüpfung an formale äußere Tatbestände und der Bindung an gerichtliche Entscheidungen musste der Kostenbeamte von einer durch diesen Beschluss genehmigten Rechtshandlung im Sinne des § 132 AußStrG ausgehen und war verhalten, für die in Rede stehende Entscheidung Gerichtsgebühren gemäß TP 7 lit. c Z 1 GGG vorzuschreiben.

An diesem Ergebnis können auch die in der Beschwerde wiedergegebenen Literaturmeinungen, die sich im Wesentlichen in den Bemerkungen zu TP 7 GGG bei Wais/Dokalik , aaO, finden, nichts ändern, zumal dort keine Auseinandersetzung mit dem Umstand erfolgte, dass dem Gericht nach § 132 Abs. 1 zweiter Satz AußStrG auch die Möglichkeit eingeräumt wird auszusprechen, dass eine Rechtshandlung keiner Genehmigung bedarf und auch in einem solchen Fall die Gebührenpflicht nach TP 7 lit. c Z 1 GGG begründet wird.

Lautete der Antrag des Beschwerdeführers demnach auf Genehmigung der Auflösung der Lebensversicherung, war das Gericht zu einer Entscheidung über diesen Antrag verpflichtet, die nach dem Gesagten auch bei einer negativen Feststellung eine Gebührenpflicht nach TP 7 lit. c Z 1 GGG ausgelöst hätte. Den Ausspruch, dass gar keine Rechtshandlung vorliege, sieht das Gesetz nicht vor, zumal der Gesetzgeber mit der in Rede stehenden Entscheidungsgebühr die Überprüfung komplexer Sachverhalte und der darauf aufbauenden Rechtsakte abgegolten wissen wollte (vgl. die Erläuterungen zur Einführung von TP 7 lit. c GGG durch BGBl. I Nr. 52/2009, RV XXIV GP 113 Blg).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am