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VwGH vom 29.04.2013, 2012/16/0081

VwGH vom 29.04.2013, 2012/16/0081

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger, Mag. Dr. Köller, Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde von 1. A in S und 2. B in F, beide vertreten durch die Korn Gärtner Rechtsanwälte OG in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 37, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 5533/11i-33, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einer beim Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage vom beantragten die Beschwerdeführer die Fällung folgenden Urteils:

"Es wird festgestellt, dass den Klägern eine wöchentliche Normalarbeitszeit von 39 Stunden sowie Vorbereitungszeiten bei Dienstbeginn in der Zentralgarage von 15 Minuten und Nachbereitungszeiten bei Dienstende in der Zentralgarage von 10 Minuten vertraglich zugesichert sind und die beklagte Partei daher verpflichtet ist, bei Gestaltung der Dienstpläne diese vertraglichen Zusagen zu berücksichtigen;

die beklagte Partei ist weiters schuldig, den Klägern ab die Entgeltdifferenz für die gegenüber der dienstvertraglich geregelten Arbeitszeit geleistete Mehrarbeit binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen."

Nach der Klagserzählung sei es zu einer Verschmelzung zweier Kapitalgesellschaften, nämlich des alten und des neuen Arbeitgebers der Beschwerdeführer gekommen, weshalb nach den Bestimmungen des AVRAG die mit dem alten Arbeitgeber geltenden dienstrechtlichen Vereinbarungen auch für den neuen Arbeitgeber, den Beklagten, zu gelten hätten.

Auf der ersten Seite der Klage findet sich folgender Hinweis

auf den Streitgegenstand:

"wegen Feststellung EUR 5.000,00

Streitwert: RATG EUR 10.000,00

GGG EUR 5.000,00

(Streitgenossen gemäß § 11 Z. 2 JN)"

Am Ende der Klage wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführer das Interesse an der Feststellung mit EUR 5.000,-- bewerten und auf Grund der Streitgenossenschaft der Streitwert zwar für den Rechtsanwaltstarif, nicht jedoch für die Gerichtsgebühren, zusammenzurechnen sei.

Mit Urteil vom wies das Landesgericht Salzburg die Klagebegehren ab.

Der gegen dieses Urteil von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung, in der sie den Streitwert mit EUR 10.000,-- angaben und auch Kosten auf dieser Basis verzeichneten, wurde mit Teilurteil des OLG Linz vom insofern teilweise Folge gegeben, als die Abweisung des Feststellungsbegehrens hinsichtlich der Vorbereitungs- und Nachbereitungszeiten als Teilurteil bestätigt wurde, während das erstinstanzliche Urteil als weiteres Teilurteil dahingehend abgeändert wurde, dass festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführer nicht verpflichtet seien, eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden zu erbringen. Hinsichtlich des Zahlungsbegehrens und im Kostenpunkt wurde das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Zur Aufhebung des Zahlungsbegehrens führte das OLG Linz begründend aus, die Klage sei in diesem Punkt in zweierlei Hinsicht unschlüssig, nämlich das als solches formulierte Leistungsbegehren sei unbeziffert geblieben, die auf ein Feststellungsinteresse gestützte Klagserzählung decke sich nicht mit dem Klagebegehren. Den Parteien werde daher im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung Gelegenheit zu geben sein, ihr Klagebegehren in diesem Punkt schlüssig zu stellen.

Gegen diese Entscheidung des OLG Linz erhoben die Beschwerdeführer und die beklagte Partei Revisionen; die Beschwerdeführer hinsichtlich der Bestätigung der abweisenden Entscheidung betreffend die Vor- und Nachbereitungszeiten sowie hinsichtlich des das Zahlungsbegehren aufhebenden Teils. Der Streitwert der Revision wurde von den Beschwerdeführern wiederum mit EUR 10.000,-- beziffert.

Der OGH hat die Revisionen mit Beschluss vom zurückgewiesen und gab im Kopf der Revisionsentscheidung den Streitwert mit EUR 10.000,-- an.

Für die Revision der Beschwerdeführer hat der Kostenbeamte ausgehend von einem Streitwert von EUR 10.000,-- eine Pauschalgebühr nach TP 3 GGG iVm § 19a GGG im Betrag von EUR 1.284,80 eingezogen.

Mit Schriftsatz vom beantragten die Beschwerdeführer die Rückzahlung der Gerichtsgebühren von EUR 1.284,80 mit der Begründung, in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, in denen kein Geldbetrag begehrt werde, sei das Verfahren in allen drei Instanzen gebührenfrei. Das auf Zahlung gerichtete Klagebegehren sei erst im zweiten Rechtsgang beziffert worden, sodass erst ab diesem Zeitpunkt eine Bemessungsgrundlage vorgelegen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Rückzahlungsantrag abgewiesen und ist begründend nach Darstellung des Verfahrensganges davon ausgegangen, dass im Beschwerdefall eine Stufenklage vorliege. Nach Feststellung der geregelten Dienstzeit im ersten Teil des Feststellungsbegehrens, sollte die daraus resultierende Entgeltdifferenz für geleistete Mehrleistung das Klagebegehren bilden. Nach der Rechtsprechung (Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 2004/16/0064) seien Manifestations- oder Stufenklagen gemäß § 56 Abs. 2 JN zu bewerten. Die Bewertung sei von den Beschwerdeführern selbst mit EUR 10.000,-- vorgenommen worden. Damit sei für die Anwendung der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 1 lit a GGG kein Raum.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführer im Recht auf Rückzahlung der Gerichtsgebühren verletzt erachten.

Die belangte Behörde hat die Verfahrensakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen in erster Linie vor, bei der von ihnen eingebrachten Klage handle es sich um keine Stufenklage, weil der erste Teil des Klagebegehrens nicht auf Rechnungslegung oder Vermögensangabe gerichtet sei, sondern auf die Beurteilung des Inhalts eines Dienstverhältnisses. Liege aber keine Stufenklage vor, hätte für das von der belangten Behörde erzielte Ergebnis beim Zahlungsbegehren ein ziffernmäßig bestimmter Betrag verlangt werden müssen (Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 2007/16/0033).

Ausgehend von der von der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht, es liege im Beschwerdefall eine Stufenklage vor, erweist sich die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auf Grundlage des Erkenntnisses vom , Zl. 2004/16/0064, vertretene Rechtsansicht als zutreffend, zumal nach der Begründung dieses Erkenntnisses die Bewertung bei einer Stufenklage gemäß § 56 Abs. 2 JN zu erfolgen hat und bei einer Bewertung des Leistungsbegehrens die Behörde an diese Bewertung gebunden ist.

Allerdings trifft die Einschätzung der belangten Behörde, im vorliegenden Fall liege eine Stufenklage vor, aus folgenden Gründen nicht zu:

Gemäß Art. XLII. Abs. 1 EGZPO kann, wer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ein Vermögen oder Schulden anzugeben verpflichtet ist, oder wer von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens vermutlich Kenntnis hat, mittels Urteils dazu verhalten werden, allenfalls unter Vorlage eines Verzeichnisses des Vermögens oder der Schulden anzugeben, was ihm von diesem Vermögen, von den Schulden oder von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bekannt ist, und einen Eid dahin zu leisten, dass seine Angaben richtig und vollständig sind. Zur Klage ist gemäß Abs. 2 leg. cit. befugt, wer ein privatrechtliches Interesse an der Ermittlung des Vermögens oder des Schuldenstandes hat. Wenn mit der Klage auf eidliche Angabe des Vermögens die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, welche der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die eidliche Angabe über das Vermögen gemacht ist (Abs. 3 leg. cit.).

Im Beschwerdefall war der erste Teil des Klagebegehrens der Klage der Beschwerdeführer weder auf Angabe des Vermögens (der Schulden) noch auf Rechnungslegung gerichtet, auch wenn solche Klagen gerade bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten Anwendung finden (vgl. die bei Stohanzl, MAG15, in E. 55 ff zu Art. XLII EGZPO wiedergegebene Rechtsprechung); es sollte vielmehr der Inhalt eines (Arbeits)Rechtsverhältnisses festgestellt werden.

Selbst wenn das auf Feststellung gerichtete erste Begehren als Grundlage für die Berechnung des in einen gesonderten Punkt gefassten Zahlungsanspruchs dienen sollte, wurden keine Ansprüche auf Rechnungslegung und Vermögensangabe behauptet. Auch die Gerichte haben in allen Instanzen keine Stufenklage angenommen; das OLG Linz ist in seinem Urteil vom hinsichtlich des Zahlungsbegehrens von einer Unschlüssigkeit ausgegangen, unter anderem weil das Zahlungsbegehren nicht beziffert war.

Sieht man mit dem OLG Linz in dem als Leistungsbegehren formulierten zweiten Punkt des Urteilsantrages ein Zahlungsbegehren, das zwar bewertet, jedoch - ohne dass eine Stufenklage vorläge - nicht beziffert ist, führt dies zu den Gründen des Erkenntnisses vom , Zl. 2007/16/0033, in dem der Verwaltungsgerichtshof in einem die Gebührenvorschreibung nach TP 1 betreffenden arbeitsrechtlichen Streit die Frage zu beantworten hatte, ob bei einem Klagebegehren, wonach der Beklagte 38% des letzten regelmäßigen Bruttogehaltes des Klägers inklusive jährlicher Treueprämie zu bezahlen habe, die Angabe des Streitwertes mit EUR 35.000,-- als (bindende) Bewertung des Klagebegehrens zu gelten habe. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu unter Darstellung der Rechtslage, die auch im vorliegenden Fall maßgebend ist, wörtlich aus:

"Gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 GGG sind Gebühren zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.

Ist ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren Gegenstand einer Klage, so bildet gemäß § 15 Abs. 3a GGG - ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm - dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage.

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 694,-- bei Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung und über das Ausgedinge sowie arbeitsrechtliche Streitigkeiten, soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag - sei es bei einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage ist.

Bei Streitigkeiten, die vor das Arbeitsgericht gehören, ist die Bemessungsgrundlage, soweit nicht ein Geldbetrag als Haupt- oder Eventualbegehren verlangt wird, auch dann nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG zu bewerten, wenn das Begehren in verschiedene Punkte (Feststellungsansprüche) gegliedert ist oder wenn der Kläger den Wert des Streitgegenstandes mit einem höheren Betrag bewertet hat (vgl. Stabentheiner, Gerichtsgebühren8, E 1 zu § 16 GGG, samt angeführter Rechtsprechung).

Ein in einem Geldbetrag bestehender Streitgegenstand liegt immer dann vor, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung mit einer Geldsumme ausgedrückt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/16/0195, mit Hinweis auf Fasching, Lehrbuch2, Rz 259).

Im Beschwerdefall wird im Klagebegehren der strittige Betrag mit einem Prozentsatz des 'Bruttogehaltes' und der Prämie umschrieben. Damit wird aber keine mit einer Geldsumme ausgedrückte Feststellung begehrt, sondern diese Geldsumme ist nach diesen Angaben erst zu errechnen.

Da die Bewertung des Klägers bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten auf Grund der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG für die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühr nicht maßgeblich ist und im Klagebegehren keine in einer Geldsumme ausgedrückte Leistung begehrt wurde, hatte die Bemessungsgrundlage im Beschwerdefall gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG EUR 694,-- betragen.

Gemäß Anmerkung 8 zu TP 1 GGG sind arbeitsrechtliche Streitigkeiten (einschließlich Mahnklagen und gerichtliche Aufkündigungen) bei einem Wert des Streitgegenstandes bis EUR 1.450,-- gebührenfrei."

Auch im vorliegenden Fall wurden weder im Feststellungsbegehren noch im Zahlungsbegehren ein Geldbetrag als Haupt- oder Eventualbegehren verlangt, sodass ungeachtet der Bewertung durch die Beschwerdeführer die Bemessungsgrundlage gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG heranzuziehen ist.

Gemäß Anmerkung 5 der hier interessierenden TP 3 GGG sind arbeitsrechtliche Rechtsmittelverfahren dritter Instanz bei einem Revisionsinteresse bis EUR 1.450,-- gebührenfrei. Dass das Revisionsverfahren nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes betroffen hat (§ 18 Abs. 2 Z 3 GGG) ist im Beschwerdefall ohne Belang, weil die Bemessungsgrundlage gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG jedenfalls mit EUR 694,-- begrenzt ist.

Ausgehend von einer Stufenklage hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt und rechtswidrig die Rückzahlung der zu Unrecht erhobenen Gerichtsgebühren versagt. Der angefochtene Bescheid ist mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am