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VwGH 24.02.2017, Ra 2017/18/0034

VwGH 24.02.2017, Ra 2017/18/0034

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
32013R0604 Dublin-III Art13 Abs1;
AsylG 2005 §5 Abs1;
FrPolG 2005 §61 Abs1;
FrPolG 2005 §61 Abs2;
MRK Art8;
VwGG §30 Abs2;
RS 1
Stattgebung - Asylangelegenheit - Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit dem der Antrag der Revisionswerberin auf internationalen Schutz in Österreich gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen wurde, dass Kroatien gemäß "Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO)" zur Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass die Abschiebung nach Kroatien gemäß Abs. 2 leg. cit. zulässig sei. Die Revisionswerberin begründete ihren Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass der sofortige Vollzug der angefochtenen Entscheidung mit einem unverhältnismäßigen Nachteil für sie verbunden wäre, da sie in einer außerehelichen Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger lebe und am zudem ihr gemeinsames Kind auf die Welt gekommen sei, welches ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Eine Abschiebung nach Kroatien würde daher eine Verletzung von Art. 8 EMRK nach sich ziehen. Es ist davon auszugehen, dass mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die Revisionswerberin - schon mit Blick auf die verfügte Außerlandesbringung - ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Ra 2016/18/0053 und vom , Ra 2016/01/0153, mwN). Dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, ist im Revisionsfall nicht ersichtlich.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S, geboren 1994, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W144 2133646- 1/3E, betreffend eine Asylangelegenheit, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen Afghanistans, gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Damit bestätigte das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, mit dem der Antrag der Revisionswerberin auf internationalen Schutz in Österreich gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen wurde, dass Kroatien gemäß "Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO)" zur Prüfung des Antrages zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass die Abschiebung nach Kroatien gemäß Abs. 2 leg. cit. zulässig sei.

2 Gegen dieses Erkenntnis erhob die Revisionswerberin außerordentliche Revision und stellte den gegenständlichen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

3 Die Revisionswerberin begründete ihren Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass der sofortige Vollzug der angefochtenen Entscheidung mit einem unverhältnismäßigen Nachteil für sie verbunden wäre, da sie in einer außerehelichen Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger lebe und am zudem ihr gemeinsames Kind auf die Welt gekommen sei, welches ebenfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besitze. Eine Abschiebung nach Kroatien würde daher eine Verletzung von Art. 8 EMRK nach sich ziehen.

4 Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz VwGG hat die Revision keine aufschiebende Wirkung. Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

1 Es ist davon auszugehen, dass mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die Revisionswerberin - schon mit Blick auf die verfügte Außerlandesbringung - ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Ra 2016/18/0053 und vom , Ra 2016/01/0153, mwN). Dass zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, ist im Revisionsfall nicht ersichtlich.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag.a Hainz-Sator als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision der S Y in W, vertreten durch Mag. Nadja Lorenz, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Burggasse 116, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W144 2133646- 1/3E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom , mit dem der Antrag der Revisionswerberin auf internationalen Schutz in Österreich gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) als unzulässig zurückgewiesen, Kroatien für die Prüfung des Antrags gemäß Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) für zuständig erklärt, die Außerlandesbringung der Revisionswerberin angeordnet und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Kroatien festgestellt worden war, ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

2 Begründend führte das BVwG aus, die Revisionswerberin, eine afghanische Staatsangehörige, habe sich über den Iran und die Türkei nach Griechenland begeben, wo sie am erkennungsdienstlich behandelt worden und in weiterer Folge "über die allgemein bekannte Balkanroute (Mazedonien, Serbien, Kroatien, Slowenien) nach Österreich gereist" sei. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe am ein Aufnahmeersuchen an Kroatien gerichtet, welches nicht beantwortet worden sei. Daraus sei rechtlich zu folgern, dass Kroatien für die Prüfung des gegenständlichen Asylantrags gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO zuständig sei, weil die Revisionswerberin aus einem Drittstaat kommend die Staatsgrenze von Kroatien - ohne Einreisetitel und somit illegal - überschritten hätte.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der - wie schon in der Beschwerde an das BVwG - zusammenfassend geltend gemacht wird, dass die Einreise der Revisionswerberin nach Kroatien nicht illegal erfolgt, sondern von den zuständigen Behörden aus humanitären Gründen gestattet worden sei. Es sei daher nicht rechtens, die Zuständigkeit Kroatiens nach Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO anzunehmen. Zudem habe es das BVwG unterlassen, konkrete Feststellungen zu den Modalitäten der Einreise der Revisionswerberin in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten, insbesondere nach Kroatien, zu treffen. Aufgrund der getroffenen Feststellungen könne daher nicht abschließend beurteilt werden, ob Art. 13 Dublin III-VO zur Begründung der Zuständigkeit Kroatiens herangezogen werden könne.

4 Das BFA hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Revision ist zulässig und berechtigt.

5 Der vorliegende Fall gleicht in seinen wesentlichen Punkten jenen, die mit den hg. Erkenntnissen vom , Ra 2016/18/0224 bis 0227 und Ra 2016/18/0172 bis 0177, entschieden worden sind. Zur Begründung wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die genannten Erkenntnisse verwiesen.

6 Ausgehend davon war auch das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b VwGG aufzuheben.

7 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Normen
32013R0604 Dublin-III Art13 Abs1;
AsylG 2005 §5 Abs1;
FrPolG 2005 §61 Abs1;
FrPolG 2005 §61 Abs2;
MRK Art8;
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017180034.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAE-75058