VwGH vom 18.11.2010, 2008/07/0004

VwGH vom 18.11.2010, 2008/07/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der C K in P, vertreten durch Dr. Udo Elsner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 14/21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-06/V/27/7291/2006-28, betreffend Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (weitere Partei:

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Spruchpunktes II. (Bestrafung wegen Verstoßes gegen eine Auflage des Bescheides vom ) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 23. Bezirk (im Folgenden: MBA) vom wurde die Beschwerdeführerin wegen mehrerer Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102, (u.a.) mit folgendem Ausspruch bestraft:

"Sie (die Beschwerdeführerin) haben als gemäß Beschluss des Bezirksgerichts L vom (...) mit der Besorgung und Verwaltung des gesamten Nachlasses der Verlassenschaft nach F H, geb. , verst. , Betraute und somit gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991 zur Vertretung dieser Verlassenschaft nach außen Berufene zu verantworten, dass diese als Betreiberin in der Abfallbehandlungsanlage in 1230 Wien (...) am beim Betrieb dieser Anlage

1.) folgende Auflagen des rechtskräftigen Bescheides vom , (...), nicht eingehalten hat wie folgt:

a) Auflage Nr. 3 lautend: 'Die elektrische Anlage ist gem. § 12 ÖVE - E 5, Teil 1/1981 durch einen befugten Fachmann binnen 2 Monaten nach Rechtskraft des Bescheides und sodann wenigstens alle Jahre überprüfen zu lassen. Über diese Überprüfungen sind Überprüfungsbefunde auf verrechenbarer Drucksorte VD 390, oder auf inhaltlich Gleichwertigem erstellen zu lassen und fortlaufend geordnet in der Betriebsanlage zur Einsicht durch die Überwachungsorgane der Behörde bereitzuhalten.',

b) da auf Verlangen eines Amtssachverständigen der MA 36/T kein Elektrobefund für die Tankstelle vorgelegt werden konnte.

c) Auflage Nr. 22 lautend: 'Vor dem Lagerbehälter ist eine flüssigkeitsdichte Fläche im Ausmaß von mind. 3 x 6 m herzustellen',

d) da die vor dem Lagerbehälter befindliche Betankungsfläche im Ausmaß von 3 x 6 m nicht flüssigkeitsdicht war.

2.) folgende Auflage des rechtskräftigen Bescheides vom , (...), lautend: 'Die Betankungsfläche ist ausreichend vor Niederschlagswässern zu schützen. Dieser Bereich ist mit einer flüssigkeitsdichten Auffangwanne mit einem Fassungsvermögen von mindestens 200 l zu versehen.'

nicht eingehalten hat, da die Betankungsfläche weder gegen Niederschlagswässer geschützt noch mit einer Auffangwanne versehen war.

Sie (die Beschwerdeführerin) haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

Ad 1) § 79 Abs. 2 Z. 11 in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 in Verbindung mit den Auflagepunkten 3 und 22 des Bescheides vom , (...)

Ad 2) § 79 Abs. 2 Z. 11 in Verbindung mit § 77 Abs. 2 Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 in Verbindung mit dem gemäß § 79 GewO 1994 und § 94 Abs. 3 ASchG zusätzlich vorgeschriebenen Auflagepunkt des Bescheides vom , (...)

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie (die Beschwerdeführerin) folgende Strafen verhängt:

3 Geldstrafen zu je EUR 2.200,--, zusammen EUR 6.600,--, falls diese uneinbringlich sind, 3 Ersatzfreiheitsstrafen von je 1 Woche 4 Tagen 4 Stunden, zusammen 4 Wochen 5 Tage 12 Stunden,

gemäß § 79 Abs. 2 Z 11 AWG 2002 iVm § 77 Abs. 2 leg. cit. (...)"

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid die Berufung vom .

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien (der belangten Behörde) vom wurde (in Spruchpunkt II.) der Berufung der Beschwerdeführerin zu Spruchpunkt 1b) des erstinstanzlichen Bescheides Folge gegeben sowie in diesem Umfang das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt. Im Übrigen wurde der Berufung nur insoweit Folge gegeben, als (Spruchpunkt I.) in Bezug auf Spruchpunkt 1a) des erstinstanzlichen Bescheides die Berufungswerberin gemäß § 21 VStG ermahnt und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wurde sowie (Spruchpunkt III.) in Bezug auf Spruchpunkt 2) des erstinstanzlichen Bescheides die verhängten Strafen herabgesetzt wurden.

Auf Grund der von der Beschwerdeführerin erhobenen Beschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0109, dieser Berufungsbescheid, der in Ansehung seines Spruchpunktes II. (Behebung und Verfahrenseinstellung) unberührt blieb, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Zur näheren Darstellung des Verfahrensverlaufes und der Aufhebungsgründe wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid vom traf die belangte Behörde den folgenden Ausspruch:

"I. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt

1a.) des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit Folge gegeben als die Berufungswerberin gemäß § 21 VStG ermahnt und von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Im Übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung zu Spruchpunkt

2.) des angefochtenen Straferkenntnisses insoweit Folge gegeben als die Geldstrafe auf 1.800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 1 Woche 4 Tage herabgesetzt wird. (...) Im Übrigen wird das Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt bestätigt. (...)."

Begründend führte die belangte Behörde (u.a.) nach Darstellung des weiteren Verlaufes des Berufungsverfahren aus, es werde als erwiesen angesehen, dass anlässlich der am erfolgten behördlichen Überprüfung der Elektrobefund für die Tankstelle nicht habe vorgelegt werden können und die Betankungsfläche weder gegen Niederschlagswässer geschützt noch mit einer Auffangwanne versehen gewesen sei. Die Beschwerdeführerin sei für die Einhaltung der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführten Auflagen verantwortlich gewesen.

Was die nach dem vorzitierten Erkenntnis, Zl. 2006/07/0109, offene Frage, ob die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Annahme, dass es sich bei dieser Betriebsanlage um eine Abfallbehandlungsanlage im Sinne des § 37 AWG 2002 und insbesondere um keine von der Genehmigungspflicht nach § 37 Abs. 2 leg. cit. ausgenommene Anlage handle, anlange, so seien die Voraussetzungen für diese Annahme erfüllt.

Auf Grund der vom Magistrat der Stadt W eingeholten Stellungnahmen und des Vorbringens der Beschwerdeführerin stehe fest, dass in der gegenständlichen Anlage zum Tatzeitpunkt nicht gefährliche Abfälle (im Wesentlichen Eisen- und Stahlabfälle) gesammelt, verwogen, mechanisch getrennt, sortiert, zerkleinert und anschließend verkauft worden seien. Das zur Anwendung kommende Verfahren entspreche dem Verfahren R4 des Anhangs 2 zum AWG 2002 ("Verwertung/Rückgewinnung von Metallen und Metallverbindungen"). Die angelieferten Metalle würden nach Metallsorten getrennt und die getrennten Metallfraktionen direkt einer entsprechenden Schmelze außerhalb des Betriebstandortes zugeführt. Außer Stahl würden die anderen Metalle bei anderen Unternehmen in W, Stahl werde bei der V in L eingeschmolzen. Der gesammelte und getrennte Stahl, der nicht in W, sondern in L eingeschmolzen werde, mache rein mengenmäßig bzw. gewichtsmäßig mehr als 50 % der in die Anlage angelieferten Stoffe, wertmäßig jedoch weniger, aus.

Der Ausnahmetatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 mit den Tatbestandsmerkmalen "stoffliche Verwertung" im Sinne des § 2 Abs. 5 Z. 2 leg. cit. und des Begriffes "ausschließlich" sei bereits deshalb nicht erfüllt, weil sich die Behandlung des Abfalls in der gegenständlichen Anlage in der mechanischen Trennung, Sortierung und Zerkleinerung erschöpfe, weshalb keine stoffliche Verwertung im Sinne des § 37 Abs. 2 Z. 1 leg. cit. vorliege. Da die Verwertung der in der Anlage behandelten Abfälle außerhalb des Betriebstandortes, rund 50 % des Abfalls sogar außerhalb von W, erfolge, falle die in der Anlage entfaltete Tätigkeit nicht unter den Ausnahmetatbestand des § 37 Abs. 2 Z. 2 leg. cit., wobei es - neben der stofflichen Verwertung - auch am Erfordernis eines unmittelbaren örtlichen Zusammenhangs der Behandlungsanlagen fehle. Im Ergebnis sei keiner der Ausnahmetatbestände des § 37 Abs. 2 leg. cit. erfüllt. Es liege daher eine genehmigungspflichtige Anlage gemäß § 37 Abs. 1 leg. cit. vor.

Wie in der Stellungnahme des Magistrates der Stadt W vom ausgeführt, seien zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AWG 2002 alle erforderlichen Genehmigungen, Bewilligungen oder Nicht-Untersagungen für die gegenständliche Abfallbehandlungsanlage vorgelegen. Diese Feststellungen seien im Berufungsverfahren unbestritten geblieben. Damit seien auch die weiteren Voraussetzungen des § 77 Abs. 2 dritter bzw. vierter Satz AWG 2002 erfüllt, sodass die im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses genannten Auflagen unter der Strafdrohung des § 79 Abs. 2 Z. 11 leg. cit. stünden.

Wie seitens des Magistrates der Stadt W zutreffend festgestellt, habe der Bundesgesetzgeber mit Inkrafttreten des AWG 2002 seine Bedarfskompetenz in Bezug auf das Genehmigungsregime von ortsfesten Abfallbehandlungsanlagen (hinsichtlich nicht gefährlicher Abfälle) umfassend in Anspruch genommen. Sämtliche anlagenbezogene Vorschriften des Wiener Abfallwirtschaftsgesetzes - Wr. AWG seien damit von jenen des AWG 2002 überlagert bzw. verdrängt worden. Zur Beantwortung der Frage, ob die gegenständliche Anlage über eine Genehmigung nach § 37 leg. cit. verfüge, sei daher ausschließlich noch zu prüfen, ob die Anlage zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AWG 2002 über alle erforderlichen Genehmigungen entsprechend der damals gültigen Rechtslage verfügt habe. Das Vorbringen, eine Anwendbarkeit der Überleitungsbestimmung des AWG 2002 "vom" Abfallwirtschaftgesetz 1990, BGBl. Nr. 325/1990 (AWG 1990), sei nicht gegeben, habe im Hinblick auf diese Feststellungen ebenso wenig überzeugen können wie das Vorbringen, mit welchem sich der Vertreter der Beschwerdeführerin gegen die Anwendbarkeit des Abfallbegriffes sowohl in subjektiver als auch in objektiver Hinsicht wende.

Das unter Spruchpunkt 1.a) des erstinstanzlichen Bescheides der Beschwerdeführerin zur Last gelegte Verhalten werde sowohl in seinem Unrechtsgehalt als auch hinsichtlich des Verschuldens als geringfügig gewertet, sodass in Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe habe abgesehen werden können und der Ausspruch der Ermahnung ausreichend erscheine, um die Beschwerdeführerin von der Begehung weiterer Übertretungen derselben Art wirksam abzuhalten.

Hinsichtlich der unter Spruchpunkt 2) des erstinstanzlichen Bescheides zur Last gelegten Übertretung sei es der Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen nicht gelungen, ein mangelndes Verschulden an der ihr angelasteten Übertretung glaubhaft zu machen. Es sei daher von einem fahrlässigen Handeln auszugehen. Der Beschwerdeführerin komme der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, dem keine Erschwerungsgründe gegenüberstünden. Da das von ihr betriebene Unternehmen zwischenzeitlich in die K. GmbH eingebracht worden sei und sie in diesem Unternehmen keine verantwortliche Stellung mehr einnehme, seien spezialpräventive Erwägungen nicht mehr anzustellen. Es sei daher gerechtfertigt erschienen, die gesetzlich vorgesehene Minderstrafe zu verhängen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich dich vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich aus den von der Beschwerdeführerin zur Beschwerde vorgelegten Beilagen ./2 (Protokoll der Augenscheinsverhandlung vom ), ./3 (Schriftsatz vom ) und ./6 (Gewerberegisterauszug vom ) nicht, dass Stefan K. im vorliegend maßgeblichen Tatzeitpunkt () handelsrechtlicher Geschäftsführer des die gegenständliche Anlage betreibenden, zum Nachlass des H. gehörigen Unternehmens gewesen sei. Mit dem Schriftsatz vom (Beilage ./3) wurde dem MBA von der Beschwerdeführerin als erbserklärter Erbin im Verlassenschaftsverfahren nach H. bekannt gegeben, dass während des Verlassenschaftsfortbetriebes Stefan K. als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft gemacht werde. Aus dem vorgelegten Gewerberegisterauszug (Beilage ./6) ergibt sich ebenso insoweit lediglich, dass Stefan K. durch den Gewerbeinhaber (mit Wirksamkeit ab ) zum - gewerberechtlichen - Geschäftsführer bestellt worden sei. Damit kam eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Stefan K. als (bloß) gewerberechtlicher Geschäftsführer in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen des AWG 2002 zu diesem Zeitpunkt nicht in Betracht (vgl. zur Abgrenzung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines gewerberechtlichen Geschäftsführers etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/03/0277, und vom , Zl. 2005/07/0105, mwN).

Die Beschwerdeführerin, die - wie auch die Beschwerde vorbringt - mit Beschluss des Bezirksgerichtes L vom mit der Besorgung und Verwaltung des gesamten Nachlasses (der Verlassenschaft nach H.) beauftragt worden ist, wurde damit zur Vertretung der Verlassenschaft nach außen bestellt, weshalb sie im Sinn des § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch den ruhenden Nachlass beim Betrieb dieser Anlage strafrechtlich verantwortlich war. Dass mit einem - erst am - errichteten Notariatsakt die Verlassenschaft nach H. rückwirkend zum in die K. GmbH eingebracht wurde, vermag an der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/07/0035, verwiesen.

2. Auch das weitere Beschwerdevorbringen, dass es sich bei "Schrott" um einen Sammelbegriff für Metallabfälle handle, die bei einer Metallbearbeitung anfielen oder als Altmaterialien "aus dem Konsum" zurückflössen, wobei die Verwendung von Eisenschrott bei der Stahlerzeugung wirtschaftlich besonders wichtig sei, und dass demnach "Schrott" ein wichtiger und wertvoller Rohstoff mit erheblichem Marktwert sei, welcher nicht die Abfalleigenschaften im Sinn des AWG 2002 aufweise, ist nicht zielführend.

Aus den Materialen zum AWG 2002 (vgl. RV 984 BlgNR 21.GP) geht hervor, dass ein wichtiges Ziel dieses Gesetzes die vollständige Umsetzung der Richtlinie über Abfälle (und der Richtlinie über gefährliche Abfälle), insbesondere durch EUkonforme Begriffsbestimmungen, ist (vgl. § 89 Z. 1 AWG 2002) und bei der Beurteilung, ob eine Sache Abfall ist oder nicht, die Kriterien des Abfallbegriffs unter Berücksichtigung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes und der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts heranzuziehen sind, wobei der Entledigungsbegriff gegenüber dem AWG 1990 unverändert geblieben ist.

Nach der zur Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle idF der Richtlinie 91/156/EWG (Abfall-RL) ergangenen Judikatur des Europäischen Gerichtshofes handelt es sich bei dem in dieser Richtlinie definierten Abfallbegriff - danach bedeutet "Abfall":

alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I der Abfall-RL aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss (vgl. Art. 1 lit. a und Anhang I, insbesondere Punkt Q 16, der Abfall-RL) - um einen gemeinsamen, die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bindenden Begriff, weshalb der österreichische Abfallbegriff richtlinienkonform auszulegen ist. Der Europäische Gerichtshof hat weiters zu diesem gemeinschaftsrechtlichen Abfallbegriff ausgesprochen, dass der Begriff "Abfall" nicht eng ausgelegt werden dürfe und die Frage, ob ein bestimmter Stoff Abfall sei, anhand sämtlicher Umstände zu beurteilen sei. Zwar gebe die zitierte Richtlinie kein maßgebliches Kriterium für die Ermittlung des Willens des Besitzers, sich eines bestimmten Stoffes oder Gegenstandes zu entledigen, vor, doch habe der Europäische Gerichtshof in seiner Judikatur bestimmte Anhaltspunkte benannt, anhand derer sich der Wille des Besitzers auslegen lasse. Solche Anhaltspunkte bestünden z.B. darin, ob ein bestimmter Stoff ein Produktionsrückstand - das heißt ein Erzeugnis, das nicht als solches zum Zweck einer späteren Verwendung angestrebt worden ist -

sei oder in welchem Grad die Wiederverwendung eines Stoffes ohne vorherige Bearbeitung wahrscheinlich sei (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/07/0164, mwN).

So hat der Europäische Gerichtshof etwa in seinem Urteil vom , C-457/02 (Niselli), - darin ging es u.a. um die Abfalleigenschaft von beschlagnahmten Materialien aus der Verschrottung von Maschinen und Fahrzeugen und aus der Sammlung von ausrangierten Gegenständen, wobei es sich um Eisenteile, teilweise in Verbindung mit anderen Metallen, handelte, die aus verschiedenen technologischen Zyklen stammten, aus denen sie als dort nicht mehr verwendbar herausgenommen worden waren - ausgeführt, der Umstand, dass der verwendete Stoff ein Produktionsrückstand sei, stelle grundsätzlich einen Anhaltspunkt dafür dar, dass der Besitzer sich dieses Stoffes im Sinn der Abfall-RL entledige, entledigen wolle oder entledigen müsse; dies gelte ebenso für Verbrauchsrückstände. Es sei (zwar) möglich, einen Gegenstand, ein Material oder einen Rohstoff, der oder das bei einem nicht hauptsächlich zu seiner Gewinnung bestimmten Herstellungs- oder Abbauverfahren entstehe, nicht als Rückstand, sondern als ein Nebenerzeugnis anzusehen, dessen sich das Unternehmen nicht im Sinne der Abfall-RL "entledigen" wolle, sondern den oder das es unter für es vorteilhaften Umständen in einem späteren Vorgang ohne vorherige Bearbeitung nützen oder vermarkten wolle. Diese "Argumentation" sei (jedoch) in Anbetracht der Verpflichtung, den Begriff "Abfall" weit auszulegen, in Bezug auf Nebenerzeugnisse auf die Sachverhalte zu begrenzen, bei denen die Wiederverwendung eines Gegenstandes, eines Materials oder eines Rohstoffs nicht nur möglich, sondern ohne vorherige Bearbeitung in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens gewiss sei. Ein solches Ergebnis gelte jedoch nicht für Verbrauchsrückstände, die nicht als in Fortsetzung des Gewinnungsverfahrens wiederverwendbare Nebenprodukte eines Herstellungs- oder Abbauverfahrens angesehen werden könnten, oder für solche Rückstände, die nicht als Gebrauchtwaren eingestuft werden könnten, die mit Sicherheit und gleichartig ohne vorherige Bearbeitung wiederverwendet würden. Unter Zugrundelegung dieser Überlegungen führte der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil weiter aus, dass die im Anlassfall streitigen Materialien, die im Anschluss sortiert und eventuell bestimmten Behandlungen unterzogen worden seien und ein sekundärer Rohstoff für die Eisen- und Stahlindustrie seien, so lange als Abfälle eingestuft werden müssten, bis sie tatsächlich zu Eisen- oder Stahlerzeugnissen wiederverwertet worden seien, das heiße, bis es sich um fertige Endprodukte des für sie vorgesehenen Bearbeitungsprozesses handle (vgl. dazu insbesondere RN 43 ff des genannten Urteils).

Ferner ist auf die hg. Judikatur (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2008/07/0182, mwN) hinzuweisen, wonach eine Sache als Abfall im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 zu beurteilen ist, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat, wobei von einer Entledigung nur dann gesprochen werden kann, wenn ein Hauptmotiv für die Weitergabe der Sachen darin gelegen war, diese loszuwerden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/07/0022, mwN).

Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit nicht bestrittenen Feststellungen der belangten Behörde wurden in der gegenständlichen Anlage im Tatzeitpunkt nicht gefährliche Abfälle - so im Wesentlichen Eisen- und Stahlabfälle - gesammelt, verwogen, mechanisch getrennt, sortiert, zerkleinert und anschließend verkauft, wobei die angelieferten Metalle in der genannten Anlage nach Metallsorten getrennt und die getrennten Metallfraktionen direkt einer entsprechenden Schmelze außerhalb des Betriebes bei anderen Unternehmen zugeführt werden.

Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ergibt sich nicht, dass es sich bei den in der Anlage gesammelten Materialien - laut dem Beschwerdevorbringen finde dort neben der Sammlung von Altkraftfahrzeugen die Sammlung und Sortierung von unlegiertem Eisenschrott statt, der von den Kunden des die gegenständliche Anlage betreibenden Unternehmens an dieses verkauft und geliefert werde - um "Nebenerzeugnisse" im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes gehandelt habe. Unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes bestehen daher keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Lieferanten der Schrottmaterialien derer nicht entledigen wollten; ob die Lieferanten als Voreigentümer bzw. Vorinhaber der Schrottmaterialien überdies - wie in der Beschwerde behauptet - dafür ein Entgelt in Höhe des Marktwertes erhalten haben, ist nach den oben dargestellten Grundsätzen (vgl. in diesem Zusammenhang auch § 2 Abs. 2 zweiter Satz AWG 2002) nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass die angelieferten Materialien (im Wesentlichen Eisen- und Stahlabfälle) Abfall im Sinn des AWG 2002 darstellten, begegnet daher keinen Bedenken.

3. Auch mit der Bezugnahme auf die Ausnahmeregelung des - am außer Kraft getretenen - § 3 Abs. 3 Z. 5 AWG 1990 und dem weiteren Vorbringen, dass auf den gegenständlichen Sachverhalt die Bestimmungen der Gewerbeordnung iVm dem Wr. AWG anzuwenden seien, wobei die Tatbestandsvoraussetzungen des § 77 Abs. 2 AWG 2002 nicht erfüllt seien, zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Diesbezüglich wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das bereits genannte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/07/0035, verwiesen.

Wie die Beschwerde selbst ausführt, hat der Bundesgesetzgeber mit dem AWG 2002 seine Bedarfskompetenz gemäß Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG in Anspruch genommen. Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0024, ausgeführt hat, fällt bei nicht gefährlichen Abfällen die Zuständigkeit der Länder dann weg bzw. wird diese verdrängt, wenn der Bund von seiner Kompetenz zur Erlassung einheitlicher Vorschriften (für die Abfallwirtschaft) Gebrauch gemacht hat (vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/07/0153). Mit dem Vorbringen, dass Wr. AWG stehe teilweise in Widerspruch zum AWG 2002 und mache dieses Bundesgesetz insoweit verfassungswidrig, zeigt die Beschwerde keine Gründe auf, die zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die hier anzuwendenden Bestimmungen des AWG 2002 Anlass geben könnten.

Entgegen der Beschwerdeansicht besteht auch kein Grund, einen Gesetzesprüfungsantrag oder Verordnungsprüfungsantrag in Bezug auf die §§ 2 und 77 AWG 2002 oder die Altfahrzeugeverordnung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

4. Da die in der gegenständlichen Anlage gesammelten, verwogenen, mechanisch getrennten, sortierten, zerkleinert und anschließend verkauften Eisen- und Stahlabfälle - wie oben ausgeführt - Abfälle im Sinn des AWG 2002 darstellen, bestehen auch keine Bedenken gegen die Beurteilung der belangten Behörde, dass es sich bei der gegenständlichen Betriebsanlage um eine Abfallbehandlungsanlage im Sinn des § 37 AWG 2002 handelt. Im Hinblick darauf kann dahingestellt bleiben, ob - wie die Beschwerde behauptet - in der Anlage auch trockengelegte Altfahrzeuge gesammelt würden, die von dem die Anlage betreibenden Unternehmen angekauft und in weiterer Folge als Sekundärrohstoffe an die nächsten Schredder in der Umgebung weiterveräußert würden.

Im Übrigen ergeben sich - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständliche Anlage einen der Ausnahmetatbestände des § 37 Abs. 1 Z. 1 oder Z. 2 AWG 2002 erfülle, ist doch nicht erkennbar, dass die Anlage der endgültigen Verwertung von (nicht gefährlichen) Abfällen diene oder in einem unmittelbaren örtlichen Zusammenhang mit einer Behandlungsanlage im Sinn des § 37 Abs. 2 Z. 1 AWG 2002 stehe.

5. Auch mit ihrem weiteren Vorbringen in Bezug auf Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Ermahnung wegen Verstoßes gegen die im Bescheid vom erteilten Auflage), dass die Beschwerdeführerin die Elektrobefunde unverzüglich mit Schriftsatz vom vorgelegt habe und sie (auch) insoweit kein Verschulden treffe sowie die Ermahnung nicht angemessen sei, wird von der Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. So bestand aufgrund des eindeutigen Wortlautes dieser Auflage die Verpflichtung, die Überprüfungsbefunde hinsichtlich der elektrischen Anlage fortlaufend geordnet in der Betriebsanlage zur Einsicht durch die Überwachungsorgane der Behörde bereitzuhalten, wobei von der Beschwerde nicht bestritten wird, dass dem Verlangen eines Amtssachverständigen auf Vorlage des Überprüfungsbefundes am nicht entsprochen wurde.

6. Damit erweist sich die Beschwerde in Bezug auf Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

7. Hingegen führt die Beschwerde ihr Vorbringen in Bezug auf Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Bestrafung wegen Verstoßes gegen die Auflage, die Betankungsfläche ausreichend vor Niederschlagswässern zu schützen und diesen Bereich mit einer Auffangwanne zu versehen) zum Erfolg.

So bringt die Beschwerde insoweit vor, dass hinsichtlich dieser Auflage Feststellungen fehlten, der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt unrichtig sei und sich diese ohne nähere Begründung über den Antrag der Beschwerdeführerin auf Beischaffung des Anlagenaktes hinweggesetzt habe. In ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe die Beschwerdeführerin auf die nicht ordnungsgemäße Zustellung des Bescheides vom hingewiesen. Die Beischaffung des Anlagenaktes wäre daher für die Beurteilung, ob der Bescheid rechtswidrig zugestellt worden sei, wesentlich gewesen.

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid (u.a.) vorgebracht, dass das "wirksame Zustandekommen" des der genannten Auflage zugrunde liegenden Bescheides vom , "insbesondere mangels Zustellung", bestritten werde, die "Auflage des Bescheides vom " nicht ordnungsgemäß zugestellt worden sei und zum Beweis die Beischaffung des Betriebsanlagenaktes der MBA beantragt werde. Auch sei in keiner Weise nachvollziehbar, warum die Behörde den ihr auf Grund regelmäßiger Überprüfungen bekannten Zustand erstmals nach ca. 20 Jahren beanstande.

Auf die Berufungsbehauptung, dass der genannte Bescheid vom nicht rechtswirksam zugestellt worden sei, wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht eingegangen. Der Frage der wirksamen Zustellung des Bescheides vom an den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin kommt wesentliche Bedeutung zu, wäre doch bei einer rechtsunwirksamen und somit unterbliebenen Zustellung dieses Bescheides an den Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin keine Verpflichtung zur Einhaltung der genannten Auflage entstanden.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher in Ansehung des Spruchpunktes II. mit einem wesentlichen Feststellungs- und Begründungsmangel belastet, weshalb der Bescheid insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

8. Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im vorliegenden Fall im Hinblick auf die vor der belangten Behörde - einem unabhängigen Verwaltungssenat und daher Tribunal im Sinn der EMRK - durchgeführte öffentliche mündliche Verhandlung entsprochen (vgl. dazu das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2006/07/0109, mwN).

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am