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VwGH 23.06.2010, 2008/06/0243

VwGH 23.06.2010, 2008/06/0243

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauO Stmk 1968 §61;
BauRallg;
VwRallg;
RS 1
Gemäß § 40 Abs. 3 zweiter Satz Stmk BauG 1995 ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Anlage nach Abs. 2 die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Dieser Verweis kann - wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (Hinweis E vom , 2000/06/0202) -

nur auf die früher geltende materielle Rechtslage bezogen werden, weil nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen - mangels anderweitiger gesetzlicher Anordnung - zumindest bei neu eingeleiteten Verfahren das aktuelle Verfahrensrecht anzuwenden ist. § 61 Stmk BauO 1968 betreffend die damals den Nachbarn zukommenden Mitspracherechte stellt keine verfahrensrechtliche, sondern eine materiellrechtliche Regelung dar. In einem Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 Stmk BauG 1995 kommt es weiters auf die im Zeitpunkt der Errichtung der fraglichen baulichen Anlage bestehende Sachlage an.
Normen
AVG §56;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauRallg;
VwRallg;
RS 2
§ 40 Abs. 2 Stmk. BauG 1995 bezieht sich auf solche baulichen Anlagen, die zwischen dem und dem errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären. Voraussetzung für eine Rechtmäßigkeitsfeststellung im Sinne dieser Bestimmung ist somit, dass die Errichtung der baulichen Anlage während des genannten Zeitraumes erfolgt ist und dass diese in diesem Zeitraum errichtete bauliche Anlage im Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen ist. Es kommt in diesem Feststellungsverfahren auf die im Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche materielle Rechtslage und auf die im Zeitpunkt der Errichtung der fraglichen baulichen Anlage bestehenden Sachlage an (Hinweis E vom , 2006/06/0296).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde

1. des FS und 2. der RS, beide in L, beide vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Mittergasse 10, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-12.10-L9/2008-490, betreffend Feststellung gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark je zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2001/06/0167, vom , Zl. 2003/06/0092, und vom , Zl. 2006/06/0296, verwiesen werden.

Zusammengefasst kann das bisherige Verwaltungsgeschehen wie folgt dargestellt werden: Die Beschwerdeführer stellten mit Schriftsatz vom bei der erstinstanzlichen Baubehörde den Antrag gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG 1995 (Stmk. BauG), hinsichtlich des im Jahre 1976 konsenslos auf dem näher angeführten Grundstück im Gemeindegebiet der Mitbeteiligten errichteten Sportplatzes einen Beseitigungsauftrag zu erlassen. Dies wurde damit begründet, dass im Jahre 1976 eine Neugestaltung des bereits seit dem Jahr 1949 bestehenden Sportplatzes erfolgt sei und diese Maßnahmen gemäß § 57 Abs. 1 lit. g und lit. j Stmk. Bauordnung 1968 (Stmk. BauO 1968) bewilligungspflichtig gewesen seien. Die belangte Behörde hob am Ende des zweiten Rechtsganges in diesem Verfahren den abweisend ergangenen Bescheid der Berufungsbehörde mit Bescheid vom auf und verwies die Angelegenheit neuerlich an den Gemeinderat zurück. Der Verwaltungsgerichtshof wies die dagegen erhobene Beschwerde der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0092, als unbegründet ab und bestätigte die Ansicht der Vorstellungsbehörde, dass sie zutreffend die Bewilligungspflicht der verfahrensgegenständlichen Drainageanlage auf dem in Frage stehenden Fußballplatz nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Errichtung im Jahre 1976 nach der Stmk. BauO 1968 wie auch nach der nunmehr geltenden Rechtslage gemäß Stmk. BauG angenommen habe.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde stellte mit Bescheid vom in dem in der Folge von Amts wegen eingeleiteten verfahrensgegenständlichen Feststellungsverfahren die Rechtmäßigkeit des Bestandes des Fußballspielfeldes gemäß § 40 Abs. 2 und Abs. 3 Stmk. BauG auf dem näher angeführten Grundstück im Gemeindegebiet der Mitbeteiligten samt den daran im Jahre 1976 vorgenommenen baulichen Maßnahmen (Drainagierung und Wiederaufbringung des Spielfeldaufbaues einschließlich Begrünung) entsprechend den eingereichten Projektunterlagen des Dipl. Ing. Dr. techn. H.M. vom fest. Nach dem weiteren Spruch dieses Bescheides gilt dieser Feststellungsbescheid als Bau- und Benützungsbewilligung. Zu allfälligen Schallschutzimmissionen führte die erstinstanzliche Behörde aus, die bauliche Anlage verursache selbst keine (Schall-)Immissionen, sondern lediglich deren Verwendung als "melioriertes" Fußballspielfeld. Die entscheidende Rechtsfrage für die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit unter dem Aspekt der Verwendung als Fußballspielfeld sei somit, ob es durch die Melioration, also die Drainagierung samt Wiederaufbringung des Spielfeldaufbaues und Begrünung, zu einer Verwendung gekommen sei, die mehr (Schall-)Immissionen verursacht habe, als dies vor der Melioration der Fall gewesen sei. Diese Frage sei nach Ansicht der erstinstanzlichen Behörde zu verneinen. Es ergebe sich schon aus der informativen Broschüre des Turn- und Sportvereines S-W.L. anlässlich seines 50-jährigen Bestehens im Jahre 1985, dass es im Beurteilungszeitraum (das sei vom Errichtungszeitpunkt 1976 bis ) trotz der Melioration durchaus nicht zu einer vermehrten bzw. umfangreicheren Benützung des Fußballspielfeldes gekommen sei, sehe man davon ab, dass die Anzahl der Spiele auf dem Fußballspielfeld durch die Errichtung des Trainingsplatzes und die Trainingsspiele abgenommen habe bzw. abgenommen haben müsse. Die Schallimmissionen im genannten Beurteilungszeitraum könnten daher nach Ansicht der erstinstanzlichen Behörde nach der Melioration nicht höher gewesen sein als zuvor, sodass auch im Hinblick auf den Schallschutz im Sinne des § 15 Abs. 1 Stmk. BauO 1968 von der Bewilligungsfähigkeit der baulichen Anlage auszugehen sei. Es komme darauf an, ob sich die tatsächliche Benützung bzw. Bespielung so verändert habe, dass dies mit mehr oder stärkeren Schallimmissionen verbunden gewesen sei. Dafür hätten sich keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Auf die bessere und längere Benutzbarkeit bzw. Bespielbarkeit und auch auf die potenzielle Verlängerung der Fußballsaison komme es nicht an.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer mit Bescheid vom als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde vernahm zu den in Frage stehenden Lärmimmissionen drei Personen als Zeugen, die Funktionen in dem den Fußballplatz betreibenden Verein S-W.L. bekleideten. Auf Grund dieser als glaubwürdig beurteilten Zeugenaussagen sah es die Berufungsbehörde als erwiesen an, dass die Anzahl der Besucher zu den Fußballspielen im Zeitraum 1976 bis 1984 abgenommen bzw. sich in etwa halbiert habe. Sie teilte daher die Ansicht der erstinstanzlichen Behörde, dass die Verbesserung des Fußballplatzes nicht zu einer Verwendung geführt habe, die mehr Schallimmissionen auf das Grundstück der Beschwerdeführer verursacht hätte. Es sei nach den Zeugenaussagen in der Zeit von 1976 bis 1984 zu einer Verringerung der Zuschauerzahlen gekommen. Ob sich die Anzahl der Spiele auf dem Fußballplatz erhöht oder verringert habe oder gleich geblieben sei, lasse sich mangels Vorliegens von Unterlagen darüber nicht mehr nachweisen. Davon ausgenommen sei der Umstand, dass seit der Errichtung des Trainingsplatzes im Jahre 1983 auf dem verfahrensgegenständlichen Fußballspielfeld keine Trainingsspiele mehr stattgefunden hätten, insoweit habe sich die Anzahl der auf dem Platz stattfindenden Spiele jedenfalls verringert. Aus dem lärmtechnischen Gutachten vom , das mit den Beschwerdeführern bei der mündlichen Verhandlung am erörtert worden sei, ergebe sich, dass die wesentlichste und beeinträchtigendste Lärmquelle bei Fußballspielen jene der "Zuschauerkulisse" sei. Habe sich diese im Beurteilungszeitraum in etwa halbiert, hätten damit auch die Lärmimmissionen für die Beschwerdeführer jedenfalls abgenommen. Wie die erstinstanzliche Behörde sei die Berufungsbehörde daher der Ansicht, dass die Schallimmissionen nach der Drainagierung des Fußballspielfeldes nicht höher gewesen seien bzw. gewesen sein könnten. Es sei daher im Lichte der Regelung des § 15 Abs. 1 Stmk BauO 1968 betreffend den Schallschutz von baulichen Anlagen von der Bewilligungsfähigkeit der verfahrensgegenständlichen Drainagierung gemäß § 40 Abs. 2 und 3 Stmk BauG auszugehen.

Die belangte Behörde hob diesen Berufungsbescheid mit Bescheid vom auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der verfahrensgegenständlichen baulichen Anlage die Prüfung der materiellen Kriterien nach der früher geltenden Rechtslage im Zeitpunkt der Errichtung dieses Bestandes maßgeblich sei, was in gleicher Weise für die dabei zu beachtende relevante Sachlage gelte. Unbestritten sei, dass die verfahrensgegenständliche Fläche bereits seit dem Jahre 1949 als Fußballplatz benutzt werde und diese Fläche im Jahre 1959 von der mitbeteiligten Gemeinde als Sportplatz erworben und an den Sportverein S-W.L. verpachtet worden sei. Eine baubehördliche Genehmigung für die Nutzung dieser Wiesenfläche liege nicht vor bzw. sei nicht vorgelegen, da es sich zu diesem Zeitpunkt unzweifelhaft nicht um eine bauliche Anlage im Sinne der Bestimmungen der damals geltenden Stmk. BauO gehandelt habe. Erst im Jahre 1976 seien die verfahrensgegenständlichen baulichen Maßnahmen getätigt worden, die letztlich dazu geführt hätten, dass nunmehr von einer baulichen Anlage auszugehen sei. Die Baubehörden seien bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der gegenständlichen baulichen Anlage davon ausgegangen, dass Gegenstand der Immissionsprüfung nur eine mit der Melioration in Verbindung zu setzende Änderung der Schallimmission sei. Es sei demnach die Schallsituation nach Vornahme der Melioration mit jener vor Durchführung dieser Maßnahme zu vergleichen. In diesem Zusammenhang sei sie zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die Schallimmissionen nicht erhöht hätten und aus diesem Grunde die Rechtmäßigkeit festgestellt werden könne.

Die Baubehörden hätten dabei jedoch übersehen, dass die Nutzung des Fußballfeldes vor der Vornahme der Meliorationen in einem Bereich stattgefunden habe, der keine bauliche Anlage dargestellt habe. Erstmals im Jahre 1976 sei eine bauliche Anlage im Sinne der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Bauvorschriften errichtet worden, sodass ab diesem Zeitpunkt erstmals eine Immissionsbeurteilung im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen der Nachbarschaft vorzunehmen gewesen wäre. Auch wenn das Fußballfeld bereits über Jahrezehnte entsprechend benützt worden sei, könne daraus noch nicht der Schluss gezogen werden, dass der Verwendungszweck der nunmehr vorliegenden baulichen Anlage keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder keine Gefährdung der Nachbarschaft im Sinne des § 4 Abs. 3 Stmk. BauO 1968 erwarten lasse. Ob die vorhandenen Lärmimmissionen das baurechtlich zulässige Maß überschritten, könne nur nach entsprechender Immissionsprüfung durch Beiziehung eines technischen sowie eines medizinischen Sachverständigen beurteilt werden. Das vorliegende Feststellungsverfahren sei somit in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig geblieben.

Der Verwaltungsgerichtshof hob diesen Bescheid auf Grund einer Beschwerde der mitbeteiligten Marktgemeinde mit dem bereits angeführten Erkenntnis vom wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Der Verwaltungsgerichtshof führte dazu im Wesentlichen aus, dass in diesem Feststellungsverfahren erstmals für den verfahrensgegenständlichen Fußballplatz samt Drainagierungsanlage im Sinne des § 4 Abs. 3 Stmk. BauO 1968 zu prüfen sei, ob der Verwendungszweck dieses Fußballplatzes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarschaft erwarten lasse. Dabei sei im vorliegenden Fall die Frage strittig, ob bei dem anzunehmenden Istmaß an Lärmimmissionen im vorliegenden Fall jener Lärm, den der Fußballplatz bis 1976 verursacht habe, als er noch nicht unter das Regime der Bauvorschriften gefallen sei, zu berücksichtigen sei oder nicht. Der vorliegende Fußballplatz habe bis 1976 keine bauliche Anlage dargestellt. Seine Nutzung sei durch keine Rechtsvorschriften beschränkt gewesen und habe sich als erlaubt dargestellt. Der Lärm aus der Nutzung des Fußballplatzes sei nach seiner im Jahre 1976 vorgenommenen Verbesserung unter die landesrechtlichen Bauvorschriften gefallen und sei - wie dies die belangte Behörde zutreffend vertreten habe - erstmals baurechtlich zu prüfen gewesen. Der Lärm, den die Nutzung des Fußballplatzes vor seiner Verbesserung im Jahre 1976 hervorgerufen habe, stellte aber einen Teil der vor der Verbesserung im Jahre 1976 bestehenden, vom rechtmäßigen Bestand ausgehenden Lärmimmissionen (sog. Istmaß) dar, wovon die Baubehörden auch ausgegangen seien. Die Baubehörden haben zu Recht jene Schallimmissionen für maßgeblich erachtet, die sich allenfalls auf Grund der Melioration des Platzes ergeben hätten. Die belangte Behörde hielt die Einholung entsprechender Gutachten nicht in Bezug auf diese anzunehmenden Lärmimmissionen, sondern für die sich auf dem Fußballplatz im Jahre 1976 insgesamt ergebenden Lärmimmissionen für erforderlich. Damit erweise sich der Aufhebungsgrund der belangten Behörde als rechtswidrig.

Die belangte Behörde wies die Vorstellung der Beschwerdeführer gegen den Berufungsbescheid vom  mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Die belangte Behörde wiederholte in diesem Bescheid zunächst die maßgeblichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in dem Erkenntnis vom und führte in der Folge im Wesentlichen aus, dem Erkenntnis sei klar zu entnehmen, dass lediglich zusätzliche Schallimmissionen, die sich auf Grund der Melioration des Platzes ergeben hätten, für die Beurteilung im Feststellungsverfahren relevant seien. Es könne somit nur auf die Immissionen abgestellt werden, die sich unmittelbar nach Vornahme der Maßnahmen ergeben hätten. Da jedoch erst ab Beginn der 80er-Jahre offensichtlich die Anzahl der Mannschaften erhöht worden sei, könnten diese allfälligen zusätzlichen Schallimmissionen nicht in die gegenständliche Beurteilung aufgenommen werden. Der Festschrift aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des Bestehens des Sportvereines S-W. L sei zu entnehmen, dass erstmals im Jahre 1984 ein internationales Pfingstturnier veranstaltet worden sei. Den im Berufungsverfahren eingeholten Zeugenaussagen könnte nicht entnommen werden, dass sich die Nutzung des Fußballfeldes im Sinne einer Intensivierung geändert habe. Im Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG komme es nur auf die im Zeitpunkt der Errichtung der fraglichen baulichen Anlage bestehende Sachlage und somit auf die in diesem Zeitpunkt vorgelegene Nutzung des Fußballplatzes an. Eine in späteren Jahren erfolgte Nutzungsausweitung bleibe in diesem Feststellungsverfahren außer Relevanz. Es sei somit eine Beurteilung bezogen auf den Errichtungszeitpunkt - dies sei eindeutig das Jahr 1976 gewesen - vorzunehmen.

Da zusammenfassend festgestellt werden habe können, dass die vorgenommenen Meliorationen bzw. die durchgeführte Drainagierung im Jahre 1976 nicht zu einer Ausweitung der Nutzung geführt hätten (bzw. nicht kausal für eine unmittelbar darauf folgende Nutzungsausweitung gewesen seien), hätten die Baubehörden zu Recht die Rechtmäßigkeit dieser Anlage festgestellt. Es seien somit Rechte der Beschwerdeführer durch den Berufungsbescheid vom nicht verletzt worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Auch die mitbeteiligte Partei legte eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 40 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995, in der im vorliegenden Fall anzuwendenden Stammfassung sieht betreffend die Feststellung des rechtmäßigen Bestandes von baulichen Anlagen und Feuerstätten Folgendes vor:

"§ 40

Rechtmäßiger Bestand

(1) Bestehende bauliche Anlagen und Feuerstätten, für die eine Baubewilligung zum Zeitpunkt ihrer Errichtung erforderlich gewesen ist und diese nicht nachgewiesen werden kann, gelten als rechtmäßig, wenn sie vor dem errichtet wurden.

(2) Weiters gelten solche bauliche Anlagen und Feuerstätten als rechtmäßig, die zwischen dem und errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären.

(3) Die Rechtmäßigkeit nach Abs. 2 ist über Antrag des Bauwerbers oder von Amts wegen zu beurteilen. Dabei ist die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Liegen die Voraussetzungen nach Abs. 2 vor, hat die Behörde die Rechtmäßigkeit festzustellen. Der Feststellungsbescheid gilt als Bau- und Benützungsbewilligung.

(4) Wird das Feststellungsverfahren von Amts wegen eingeleitet, ist der Objekteigentümer zu beauftragen, die erforderlichen Projektunterlagen binnen angemessener Frist bei der Behörde einzureichen."

Im Zeitpunkt der Errichtung der verfahrensgegenständlichen Drainagierung des Fußballspielfeldes und des danach erforderlichen neuen Bodenaufbaues stand die Steiermärkische Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149 (Stmk. BauO 1968), in der Fassung LGBl. Nr. 61/1976 in Geltung (die zuletzt genannte Novelle ist am in Kraft getreten).

§ 4 Abs. 1 dritter Satz Stmk. BauO 1968 sah vor, dass eine Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein musste, als die Anzahl der Geschoße vermehrt um 2 ergab.

Gemäß § 4 Abs. 3 Stmk. BauO 1968 konnte die Baubehörde auch größere Abstände als die im Abs. 1 festgelegten festsetzen, wenn der Verwendungszweck von Bauten eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarschaft erwarten lässt.

Gemäß § 40 Abs. 3 zweiter Satz Stmk. BauG ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Anlage nach Abs. 2 die zum Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche Rechtslage zu berücksichtigen. Dieser Verweis kann - wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat (siehe das Erkenntnis vom , Zl. 2000/06/0202) - nur auf die früher geltende materielle Rechtslage bezogen werden, weil nach allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätzen - mangels anderweitiger gesetzlicher Anordnung - zumindest bei neu eingeleiteten Verfahren das aktuelle Verfahrensrecht anzuwenden ist. § 61 Stmk. BauO 1968 betreffend die damals den Nachbarn zukommenden Mitspracherechte stellt keine verfahrensrechtliche, sondern eine materiellrechtliche Regelung dar (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ). Unbestritten ist die verfahrensgegenständliche Drainagierung im Jahr 1976 errichtet worden. In einem Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG kommt es weiters auf die im Zeitpunkt der Errichtung der fraglichen baulichen Anlage bestehende Sachlage (u.a. die in diesem Zeitpunkt vorgelegene Nutzung des verfahrensgegenständlichen Fußballplatzes) an.

Die Beschwerdeführer wenden sich gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass im vorliegenden Feststellungsverfahren gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG betreffend die verbesserte Herstellung des Fußballplatzes im Jahre 1976 (mit einer Drainagierung und einem Wiederaufbau der Oberfläche) nur auf Immissionen abgestellt werden könne, die sich unmittelbar nach Vornahme der Maßnahme ergeben hätten. Dies könne dem Vorerkenntnis vom nicht entnommen werden. Als Prognosemaß könne nicht ausschließlich der Zustand im Jahr 1976 herangezogen werden, da die Beurteilung zu diesem Zeitpunkt keine Prognoseentscheidung, sondern einen Istzustand darstelle. Ein Prognosemaß sei an zukünftigem Verhalten zu orientieren, weshalb sehr wohl auch die Verhältnisse in den 80er-Jahren bzw. nach den 80er-Jahren zu berücksichtigen seien, da die belangte Behörde zumindest ab diesem Zeitpunkt eine erhöhte Benutzung des Fußballplatzes angenommen habe. Eine Begrenzung der zu beurteilenden Immissionen mit dem Jahre 1984 bzw., wie dies die belangte Behörde getan habe, auf das Jahr 1976, sei nicht nachvollziehbar. Für die Beurteilung, ob unzulässige Immissionen auf Grund der verbesserten Bespielbarkeit des Fußballspielplatzes bestünden, sei maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Zeitpunkt der Entscheidung. Es sei sohin erforderlich, dass ein Gutachten erstellt werde, das die Immissionssituation auf Grund der Bespielung des Fußballplatzes vor dem Jahre 1976 als sogenanntes Istmaß und die Immissionssituation nach dem Jahre 1976 ohne Begrenzung auf das Jahr 1984 oder das Jahr 1976 prüfe.

Diesem Vorbringen der Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden. Der bereits wiedergegebene § 40 Abs. 2 Stmk. BauG bezieht sich auf solche baulichen Anlagen, die zwischen dem und dem errichtet wurden und zum Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen wären. Voraussetzung für eine Rechtmäßigkeitsfeststellung im Sinne dieser Bestimmung ist somit, dass die Errichtung der baulichen Anlage, was im vorliegenden Fall unbestritten ist, während des genannten Zeitraumes erfolgt ist und dass diese in diesem Zeitraum errichtete bauliche Anlage im Zeitpunkt ihrer Errichtung bewilligungsfähig gewesen ist. Wie dies der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem Vorerkenntnis vom ausgeführt hat - worauf bereits hingewiesen wurde -, kommt es in diesem Feststellungsverfahren auf die im Zeitpunkt der Errichtung des Baues maßgebliche materielle Rechtslage an und auf die im Zeitpunkt der Errichtung der fraglichen baulichen Anlage bestehenden Sachlage (die vor diesem Zeitpunkt aus der Nutzung des verfahrensgegenständlichen Fußballplatzes sich ergebende Lärmsituation) an.

Gemäß dem § 4 Abs. 3 Stmk. BauO 1968 kam es weiter darauf an, ob der Verwendungszweck des verbesserten Fußballplatzes eine das ortsübliche Ausmaß überschreitende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarschaft erwarten lässt. Neben dem Istmaß an Lärmimmissonen, die sich aus der bisherigen rechtmäßigen Nutzung des Fußballplatzes ergab, war die Lärmsituation, die aus der Benützung des verbesserten Fußballplatzes zu erwarten war, das sogenannte Prognosemaß, maßgeblich. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf abgestellt hat, dass auch 1976 nach der Sanierung des Fußballplatzes kein geändertes Ausmaß der lärmverursachenden Benützung des verbesserten Fußballplatzes durch die Mannschaften zu erwarten war (was sich im Lichte der Ermittlungen der Behörde über die Benützung des Platzes im Jahre 1976 als zutreffend erwiesen hat), kann ihr nicht entgegen getreten werden. Es kommt in Vollziehung des § 40 Abs. 2 und 3 Stmk. BauG jedenfalls nicht - wie die Beschwerdeführer meinen - auf jene tatsächliche Benützung des Fußballplatzes im Zeitpunkt der Entscheidung durch die Berufungsbehörde oder der belangten Behörde an. Daraus, dass die belangte Behörde eine umfänglich weitgehend gleichartige Benützung des Fußballplatzes bis angenommen hat und diesbezüglich eine im vorliegenden Fall bei dem gegebenen unbestrittenen Errichtungszeitpunkt der Drainagierung und Oberflächenwiederherstellung nicht relevante Feststellung getroffen hat, ergab sich für die Beschwerdeführer keine Verletzung in Rechten.

Die Beschwerdeführer wenden sich auch dagegen, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung der durch den verbesserten Fußballplatz zu erwartenden Immissionssituation im Jahr der Errichtung nur darauf abstellte, wie viele Kampfmannschaften bzw. Fußballmannschaften zum damaligen Zeitpunkt das Spielfeld benutzt hätten. Es wären jedoch auch die Anzahl der Wettkämpfe, von denen sie behauptet hätten, dass nach dem Jahre 1976 mehr davon stattgefunden hätten, ein Hinweis dafür, dass das Spielfeld stärker in Anspruch genommen worden sei als vor 1976. Sie hätten daher beantragt, dass für den Zeitraum von 1970 bis heute sämtliche Unterlagen betreffend die durchgeführten Spiele herbeigeschafft hätten werden müssen sowie eine Aufstellung des Steirischen Fußballverbandes betreffend die Anzahl der ausgetragenen Wettkämpfe. Die Beschwerdeführer hätten auch beantragt, dass sämtliche Kassenberichte betreffend die Einnahmen aus den Eintrittskarten betreffend die Fußballspiele für den Zeitraum von 1970 bis heute vorzulegen gewesen wären. Auch dieser Beweisantrag sei zu Unrecht abgelehnt worden.

Die Beschwerdeführer tun in diesem Zusammenhang - wie es geboten wäre - die Wesentlichkeit der von ihnen wegen Ablehnung von Beweisanträgen behaupteten Verfahrensmängeln nicht dar, insbesondere warum trotz gleich gebliebener Anzahl von Mannschaften des Vereines davon auszugehen gewesen wäre, dass eine häufigere Benützung des Spielfeldes durch diese verursacht durch die Verbesserung des Fußballplatzes anzunehmen gewesen wäre. Konkrete Veränderungen, was die Zuschauer von Spielen betrifft, machen die Beschwerdeführer selbst nicht geltend.

Wenn die Beschwerdeführer weiters geltend machen, dass ab dem Jahre 1976 auf dem Fußballplatz auch Zeltfeste stattgefunden hätten, genügt es ihnen entgegenzuhalten, dass es sich dabei um Veranstaltungen gemäß dem VeranstaltungsG handelt, die nicht Gegenstand einer baurechtlichen Genehmigung sein können. Der Gegenstand der Melioration des Fußballplatzes diente dem Verwendungszweck dieser Fläche zum Fußballspielen. Allein dieser Verwendungszweck war für die Rechtmäßigkeitsvermutung gemäß § 40 Abs. 2 Stmk. BauG maßgeblich.

Wenn sich die Beschwerdeführer weiters auf ein lärmtechnisches Gutachten des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung 8 B, Gesundheitswesen, vom , berufen, das Gegenstand eines Betriebsstättengenehmigungsverfahrens nach dem Veranstaltungsgesetz war, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass Gegenstand der Überprüfung des angefochtenen Bescheides der Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom war. Für diese Berufungsentscheidung war somit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung dieses Berufungsbescheides im März 2006 maßgeblich. Schon aus diesem Grund konnte das Gutachten vom in diesem Verfahren keine Rolle spielen. Abgesehen davon betraf dieses Genehmigungsverfahren den Fußballplatz, die zwei an der Lärmschutzwand montierten Lautsprecheranlagen und die insgesamt 98 vorhandenen Parkplätze und war in diesem Verfahren die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen bzw. des Berufungsbescheides gegebene Sach- und Rechtslage maßgeblich (der Antrag auf Genehmigung einer ortsfesten Betriebsstätte gemäß Stmk. VeranstaltungsG stammte vom ) und ging es um eine Betriebsstättengenehmigung gemäß dem VeranstaltungsG.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

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Normen
AVG §56;
BauG Stmk 1995 §40 Abs2;
BauG Stmk 1995 §40 Abs3;
BauO Stmk 1968 §61;
BauRallg;
VwRallg;
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt
Baubewilligung BauRallg6
Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Allgemein
VwRallg10/1
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche
Rechte BauRallg5/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2008060243.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAE-75037