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VwGH vom 24.02.2009, 2008/06/0235

VwGH vom 24.02.2009, 2008/06/0235

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. des F T und 2. der M T, beide in P, beide vertreten durch Stolz & Schartner Rechtsanwälte GmbH in 5550 Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 205-1/40708/15-2008, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde F, 2. U Sportclub F in F, beide vertreten durch Müller, Schubert & Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 59), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beiden mitbeteiligten Parteien (kurz: Bauwerber) beantragten bei der Bezirkshauptmannschaft S (kurz: BH) mit Eingabe vom (bei der Behörde eingelangt am ) die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für 12 Flutlichtbauwerke im Bereich einer Sportanlage (in der Folge eingeschränkt auf neun). Diese Sportanlage ist im Flächenwidmungsplan als Grünland - Gebiet für Sport- und Spielplätze sowie Freibäder gewidmet. Der aktuelle Flächenwidmungsplan (auch betreffend das Grundstück der Beschwerdeführer, welches als Grünland im engeren Sinn gewidmet ist) wurde von der Gemeindevertretung in den Jahren 1999 und 2000 beschlossen und von der Salzburger Landesregierung im Juli 2000 aufsichtsbehördlich genehmigt.

Die Beschwerdeführer, die Eigentümer eines angrenzenden Grundstückes sind, erhoben in der Bauverhandlung vom Einwendungen gegen das Vorhaben. Zwei dieser Masten, die zumindest 15,6 m hoch seien, befänden sich lediglich ca. 10 m von ihrem Grundstück entfernt, der Mindestabstand nach § 25 Abs. 3 BGG sei nicht eingehalten. Die Errichtung solcher Flutlichtbauwerke sei angesichts der Widmung unzulässig. Auch entspreche es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass der von einem Sportplatz ausgehende Lärm tagsüber möglicherweise noch nicht als Belästigung empfunden werde. Nach Eintritt der Dunkelheit könne durch Sportanlagen verursachter Lärm aber durchaus von Bedeutung sein. Der durch eine Flutlichtanlage mittelbar erzeugte Lärm, verursacht durch den Spielbetrieb nach Einbruch der Dämmerung, sei direkt dem Bauwerk zuzurechnen. Hier solle ein Spielbetrieb bis in die Nachtstunden erfolgen, was ungebührlichen Lärm nach Dämmerungseintritt verursache, der über die örtlichen Verhältnisse hinausgehe und zudem geeignet sei, Gesundheitsschädigungen bei Kindern und älteren Menschen hervorzurufen. Auch die Lichtstrahlen durch die Flutlichtbauwerke verursachten störende Immissionen. Diese Lichtimmissionen würden sich auch auf das Hotel der Beschwerdeführer auswirken, das weniger als 100 m entfernt sei. Darüber hinaus sei die Parkplatzsituation unzureichend, und es würden Teile der Liegenschaft der Beschwerdeführer regelmäßig zum Parken in Anspruch genommen.

Mit Bescheid der BH vom wurde den Bauwerbern die angestrebte Baubewilligung erteilt, zugleich wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen, weil ihnen im Bauverfahren keine Parteistellung zukomme. Dagegen erhoben die Beschwerdeführer einerseits und eine andere Person andererseits Berufungen an die belangte Behörde, die mit Bescheid vom diesen erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behob.

Dieser Bescheid der belangten Behörde wurde über Beschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführer mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/06/0094, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben (weil das Vorhaben entgegen der Auffassung der belangten Behörde bewilligungspflichtig sei).

Mit dem nun angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung heißt es zusammengefasst, es handle sich bei diesen Flutlichtbauwerken nicht um "Bauten" im Sinne der Begriffsbestimmungen des § 1 BauPolG, sondern vielmehr um "Bauwerke". Da das Grundstück der Beschwerdeführer lediglich ca. 10 m vom nächstgelegenen Mast entfernt sei, komme den Beschwerdeführern Parteistellung zu (wurde näher ausgeführt). Ihr Einwand, sie würden in ihrem subjektiven Recht auf Einhaltung der Abstandsvorschriften gemäß § 25 Abs. 3 BGG verletzt, treffe aber nicht zu, weil diese Bestimmung die Lage der "Bauten" im Bauplatz betreffe, aber nicht von Bauwerken. Diese Mindestabstandsregeln seien vielmehr auf diese Masten nicht anwendbar.

Was die eingewendeten Lärm- und Lichtimmissionen betreffe, sei auf § 19 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 (ROG) zu verweisen. Die zu bebauenden Grundstücke seien als Grünland - Gebiet für Sportanlagen, Spielplätze und Freibäder gewidmet. Das angrenzende Grundstück der Beschwerdeführer sei als Grünland ausgewiesen. Bei Sportanlagen sei nach der maßgeblichen Bestimmung des § 19 Z 5 ROG 1998 alles widmungskonform, was zum Betrieb einer Sportanlage notwendig sei. Es seien somit allfällige, mit dem Betrieb der Sportanlage und den dazugehörigen Parkplätzen verbundene Lärmbelästigungen, wie auch Belästigungen durch Flutlichtanlagen hinzunehmen. Zum Betrieb einer Sportanlage gehöre naturgemäß auch die Errichtung einer Flutlichtanlage, um den Trainings- und Spielbetrieb auch in den Monaten zu ermöglichen, in welchen die natürlichen Lichtverhältnisse nicht ausreichend seien. Der Nachbar habe auf die Einhaltung der einzelnen Widmungskategorien nicht schlechthin ein subjektiv-öffentliches Recht, doch sei ein solches nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes dann anzunehmen, wenn die bestimmte Widmungskategorie auch einen Immissionsschutz gewährleiste. Dies sei bei der gegebenen Widmung nicht der Fall.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.317/A, uva.). Das gilt weiterhin auch für den Nachbarn, der i.S. des § 42 AVG idF seit der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 die Parteistellung behalten hat.

Gemäß § 9 Abs. 1 Z. 6 des Salzburger Baupolizeigesetzes 1997, LGBl. Nr. 40 (BauPolG - das Gesetz in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Kundmachung LGBl. Nr. 108/2007), ist die Baubewilligung zu versagen, wenn durch die baulichen Maßnahmen ein subjektiv-öffentliches Recht einer Partei verletzt wird; solche Rechte werden durch jene baulichen Vorschriften begründet, welche nicht nur dem öffentlichen Interesse dienen, sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch den Parteien; hiezu gehören insbesondere die Bestimmungen über die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz. Soweit jedoch Bestimmungen des Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 75/1976 (BauTG), in Betracht kommen, ist das Mitspracherecht des Nachbarn auf die in § 62 BauTG taxativ aufgezählten subjektiv-öffentlichen Rechte (zu denen ua. die Bestimmung des § 39 Abs. 2 BauTG hinsichtlich der das örtlich zumutbare Maß übersteigenden Belästigungen der Nachbarn zählt) beschränkt (siehe dazu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 97/06/0155, und vom , Zl. 2005/06/0383).

§ 1 BauPolG lautet auszugsweise:

"Im Sinn dieses Gesetzes gilt als:

Bau: ein überdachtes oder überdecktes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und wenigstens einen Raum zum Aufenthalt von Menschen oder zur Unterbringung von Sachen umfasst; als Bauwerk ist hiebei eine bauliche Anlage anzusehen, die bei ordnungsgemäßer Errichtung mit dem Boden verbunden ist und zu deren Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind; das Vorliegen von Seitenwänden ist für einen Bau nicht wesentlich;

bauliche Anlage: das durch eine bauliche Maßnahme oder aufgrund des § 2 Abs 2 bewilligungsfrei Hergestellte sowie Stütz- und Futtermauern, Aussichtswarten und Sprungschanzen;

Bauführung: die Errichtung oberirdischer oder unterirdischer Bauten einschließlich der Zu-, Auf- und Umbauten;

bauliche Maßnahme: die Durchführung einer nach baurechtlichen

Vorschriften bewilligungspflichtigen Maßnahme;

... "

§ 25 des Bebauungsgrundlagengesetzes, LGBl. Nr. 69/1968 (BGG -

das Gesetz in der hier maßgeblichen Fassung gemäß LGBl. Nr. 65/2004) enthält nähere Bestimmungen zur (so die Überschrift) "Lage der Bauten im Bauplatz" (dh., insbesondere Abstandsvorschriften).

§ 25 Abs. 3 BGG lautet:

"(3) Für den Abstand der Bauten von der Grundgrenze gegen die Verkehrsfläche gilt die Baufluchtlinie oder die Baulinie. Im Übrigen müssen die Bauten im Bauplatz so gelegen sein, dass ihre Fronten von den Grenzen des Bauplatzes jeweils einen Mindestabstand im Ausmaß von Dreiviertel ihrer Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe, jedenfalls aber von 4 m, haben. Grenzt der Bauplatz an Flächen an, die ihrer Bodenbeschaffenheit nach nicht bebaubar sind (Gewässer, Böschungen u. dgl.), vermindert sich dieser Abstand um die Hälfte der Breite dieser Flächen, nicht jedoch unter 4 m. Die Höhe bis zum obersten Gesimse oder zur obersten Dachtraufe ist an der jeweiligen Front vom gewachsenen Gelände aus zu berechnen. Nicht als oberste Dachtraufe gelten hiebei Traufen von bloß geringfügiger Länge, die keinen negativen Einfluss auf die sonst gegebenen Besonnungs- und Belichtungsverhältnisse ausüben (Traufen von Krüppel- oder Schopfwalmen)."

§ 39 Abs. 2 BauTG lautet:

"(2) Für Bauten und sonstige bauliche Anlagen oder Teile von solchen, die nach Größe, Lage oder Verwendungszweck erhöhten Anforderungen nach Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Hygiene entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, können zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen weitergehende Auflagen erteilt werden; diese können sich insbesondere auf besondere Konstruktionen der Wände und Decken und die Errichtung von Brandwänden sowie auf die Größe und Ausstattung der Stiegen, Gänge, Ausgänge, Türen und Fenster, die Beschaffenheit von Fußboden- und Stufenbelägen und die Art und Anzahl von Brandschutzeinrichtungen beziehen."

Zu Unrecht berufen sich die Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 25 Abs. 3 BGG. Diese bezieht sich nämlich auf "Bauten", was im gegebenen Zusammenhang im Sinne des § 1 BauPolG zu verstehen ist, gilt daher nicht auch für sonstige bauliche Anlagen (zu diesem Verständnis auch Giese, Salzburger Baurecht, Anmerkung 1 zu § 25 BGG und Anmerkung 3 zu § 1 BauPolG). Da die Lichtmasten keine "Bauten" im Sinne des § 1 BauPolG sind, sind die Abstandsbestimmungen des § 25 BGG unanwendbar.

Der hier maßgebliche Flächenwidmungsplan wurde im Jahr 2000 beschlossen. Der Inhalt der beschlossenen Widmungen ist nach der damals geltenden Rechtslage zu beurteilen, demnach nach dem Salzburger Raumordnungsgesetz 1998, LGBl. Nr. 44 (Wiederverlautbarung), hinsichtlich § 19 Z 5 ROG in der Stammfassung der Wiederverlautbarung.

§ 19 Z 5 ROG 1998 lautet:

"5. Gebiete für Sportanlagen samt den zum Betrieb gehörigen Parkplätzen und für im Grünland gelegene Spielplätze sowie für Freibäder."

Festzuhalten ist, dass diese Bestimmung keinen Immissionsschutz vorsieht.

Die Beschwerdeführer als Nachbarn können daher, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, entgegen ihrer Auffassung aus der Flächenwidmung keinen Immissionsschutz ableiten.

Ein gewisser Immissionsschutz kann sich aber aus § 39 Abs. 2 BauTG ergeben (und zwar gerade für flächenwidmungskonforme Vorhaben - siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0231, bbl 2006, 150 - Giese). Diese Frage wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nicht thematisiert. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher der belangten Behörde und den mitbeteiligten Parteien anlässlich der Einleitung des Vorverfahrens gemäß § 41 VwGG Gelegenheit gegeben, in ihren Gegenschriften hiezu Stellung zu nehmen. Die mitbeteiligten Parteien haben hievon keinen Gebrauch gemacht, wohl aber die belangte Behörde, die hiezu zusammengefasst in Erwiderung des Beschwerdevorbringens ausführte, es komme nach dieser Bestimmung lediglich auf die Auswirkungen von Immissionen auf Menschen an, nicht aber auf das Weidevieh, welches sich auf dem landwirtschaftlich genutzten Nachbargrundstück der Beschwerdeführer befinde.

Dem ist zu entgegnen, dass es im gegebenen Zusammenhang darauf nicht ankommt, auch nicht darauf, ob das Grundstück der Beschwerdeführer bebaut oder unbebaut ist. Aus § 39 Abs. 2 BauTG, der ua. auf den Schutz des Nachbarn abstellt, ergibt sich, dass bereits an der Grundgrenze nur örtlich zumutbare Immissionen vorkommen dürfen. Schon deshalb kann der Einwand der Beeinträchtigung der Nutzung dieses Grundstückes durch Licht- und Lärmimmissionen aus dem Gesichtspunkt des § 39 Abs. 2 BauTG nicht als von vornherein verfehlt abgetan werden.

Die belangte Behörde wäre daher gehalten gewesen, sich mit dieser Frage inhaltlich zu befassen und zu prüfen, ob allenfalls die Vorschreibung von Auflagen - etwa durch eine Beschränkung der Betriebszeiten dieser Beleuchtungskörper - im Sinne des § 39 Abs. 2 BauTG geboten ist (nach dieser Gesetzesstelle kommt nur die Vorschreibung von Auflagen in Betracht, nicht aber die Abweisung des Baugesuches; die Mitbeteiligten meinen in ihrer Gegenschrift, die Beleuchtungskörper sollten nur die Bespielbarkeit auch im Herbst und im Winter "zumindest in den frühen Abendstunden" ermöglichen, es solle eine Nutzung "wie im Sommer möglich" sein).

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am