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VwGH vom 19.01.2011, 2010/08/0164

VwGH vom 19.01.2011, 2010/08/0164

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des JS in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2010-0566-9-000925, betreffend Anspruch auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezieht seit 2005 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung; er ist verheiratet, lebt aber seit etwa 1998 von seiner Ehefrau getrennt. In einem am von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien (in der Folge: AMS) übermittelten Schreiben gleichen Datums hat die Ehefrau des Beschwerdeführers bestätigt, dass dieser "auf Grund seiner derzeitigen Situation" von ihr einen monatlichen Unterhalt von EUR 200,-- erhalte. Zur weiteren Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0270, verwiesen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer (unter Anrechnung des Einkommens seiner Ehefrau) Notstandshilfe ab im Ausmaß von EUR 8,03 täglich gebühre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, worin sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall ist jenem gleichgelagert, welche dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0270, zugrunde liegt. Bereits in jenem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es entgegen der Ansicht der belangten Behörde für eine "fiktive Unterhaltsanrechnung" in der Höhe von 40% des Familiennettoeinkommens nicht ausreicht, dass der getrennt lebende Ehepartner keine Scheidungs- oder Unterhaltsklage eingebracht hat, sondern vielmehr anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen ist, in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch des Arbeitslosen gegenüber seinem getrennt lebenden Ehepartner tatsächlich bestehen würde, hätte der Arbeitslose nicht auf den Unterhaltsanspruch (allenfalls teilweise) nur deshalb verzichtet, um einer Einkommensanrechnung zu entgehen; übersteigt der solcherart zu beurteilende Anspruch die dem Arbeitslosen tatsächlich zufließenden Unterhaltsleistungen, so ist festzustellen, in welcher Höhe Unterhaltsleistungen bei rechtmäßigem Alternativverhalten zugeflossen wären.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nach Befragung des Beschwerdeführers, der in der Niederschrift am erklärte, den Verdienst seiner Gattin nicht zu kennen, die Einvernahmen der Ehefrau des Beschwerdeführers versucht; diese hat der Ladung zwar nicht Folge geleistet, jedoch in ihrer - wenngleich knappen - schriftlichen Stellungnahme vom ausgeführt, "alleine die Schulden für das (Anm.: gemeinsam in NÖ gebaute) Haus" zu zahlen und "bis zum heutigen Tag für das Wohl der Tochter, die noch immer studiert, gesorgt zu haben". Die belangte Behörde hat sich weder mit diesen für eine Unterhaltsbemessung nicht unwesentlichen Behauptungen auseinandergesetzt, noch - nach den vorgelegten Verwaltungsakten - dem Beschwerdeführer dazu Parteiengehör gewährt und damit im Ergebnis (auch hier) die im genannten Vorerkenntnis vom , auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, aufgezeigte erforderliche Prüfung unterlassen, ob vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer behaupteten besonderen wirtschaftlichen und persönlichen Umstände die (in der Bestätigung der Ehefrau vom ihren Niederschlag findende) Vereinbarung tatsächlich nur deshalb getroffen bzw. das anschließende Verhalten des Beschwerdeführers (der Weigerung der Einbringung einer Unterhaltsklage) gesetzt wurde, um der Einkommensanrechnung zu entgehen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-74997