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VwGH 08.06.2018, Ra 2017/17/0926

VwGH 08.06.2018, Ra 2017/17/0926

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
VwGVG 2014 §52 Abs8;
RS 1
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 52 Abs. 8 VwGVG wäre es nicht begründet, die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bestraften aufzuerlegen, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung zugunsten des Beschuldigten vorgenommen hat. Eine solche liegt auch dann vor, wenn der von der Strafbehörde angenommene strafbare Tatbestand eingeschränkt worden ist. Das ist u.a. auch dann der Fall, wenn der Tatzeitraum im Unterschied zur erstinstanzlichen Entscheidung und damit der Unrechtsgehalt zugunsten des Beschuldigten verringert wurde (vgl. , mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/17/0733 E RS 3

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des D K in H, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , LVwG-412015/10/Kü/JHo, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 Glücksspielgesetz (GSpG) wegen des unternehmerischen Zugänglichmachens verbotener Ausspielungen unter Verwendung eines Glücksspielgerätes im Tatzeitraum bis schuldig erkannt; es wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 1.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass der Tatzeitraum auf bis eingeschränkt wurde (Spruchpunkt I.). Es wurde dem Revisionswerber für das Beschwerdeverfahren ein Kostenbeitrag in der Höhe von EUR 200,-- vorgeschrieben (Spruchpunkt II.). Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichthof nicht zulässig sei.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zum einen festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl.  Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; vom , Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; vom , Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff, sowie vom , Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Pfleger, C-390/12.

8 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , Online Games Handels GmbH ua, C-685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55).

9 Soweit sich die Revision gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, war sie daher mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

10 Hinsichtlich der in Spruchpunkt II. vorgeschriebenen Kosten für das Beschwerdeverfahren (§ 52 VwGVG) erweist sich die Revision jedoch zum anderen als zulässig und berechtigt, weil das Landesverwaltungsgericht in diesem Punkt - wie der Revisionswerber zutreffend im Zulässigkeitsvorbringen aufzeigt - von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.

11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nicht zulässig, dem Beschuldigten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, wenn das Verwaltungsgericht eine Änderung zu seinen Gunsten (§ 52 Abs. 8 VwGVG) vorgenommen hat. Eine solche Änderung liegt auch dann vor, wenn das Verwaltungsgericht den von der Strafbehörde erster Instanz angenommenen strafbaren Tatbestand einschränkt. Das ist u.a. dann der Fall, wenn der Tatzeitraum im Unterschied zur erstinstanzlichen Entscheidung und damit der Unrechtsgehalt zugunsten des Beschuldigten verringert wird.

12 Dem Landesverwaltungsgericht war es daher aufgrund der vorgenommenen Tatzeiteinschränkung versagt, dem Revisionswerber den Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (vgl. , mwN).

13 Die in Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses enthaltene Vorschreibung der Kosten für das Beschwerdeverfahren war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

14 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
VwGVG 2014 §52 Abs8;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170926.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
BAAAE-74987