VwGH vom 23.05.2012, 2010/08/0156

VwGH vom 23.05.2012, 2010/08/0156

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des NL in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Majoros, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. 2010-0566-9-001470, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer - nachdem sein Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits mit erschöpft gewesen war - (erst) ab dem Notstandshilfe zuerkannt.

Der Beschwerdeführer habe zuvor am bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien (AMS) einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gestellt. Vom bis zum habe er Arbeitslosengeld als Pensionsvorschuss bezogen. Am habe er dem AMS einen ab dem eingetretenen Krankenstand angezeigt. Am habe er - zugleich mit einem Antrag auf Zuerkennung eines Pensionsvorschusses - dem AMS ein Schreiben der Wiener Gebietskrankenkasse gleichen Datums vorgelegt, wonach "anlässlich der ab ausgestellten Krankmeldung kein Krankengeldanspruch bei der Wiener Gebietskrankenkasse besteht". Der Beschwerdeführer habe vom bis zum Krankengeld bezogen. Am habe die Wiener Gebietskrankenkasse der belangten Behörde die Kopie eines dem Beschwerdeführer am Ende des Krankenstandes am übermittelten Schreibens mit dem Inhalt "Ende des Krankengeldanspruches wegen Erreichung der Höchstdauer" übermittelt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nur auf Antrag gewährt würden. Gründe, aus denen eine Person ihren Anspruch erst zu einem späteren Zeitpunkt geltend mache, könnten keine Berücksichtigung finden. Eine rückwirkende Geltendmachung sei an sich nicht möglich. Der Beschwerdeführer habe auf Grund der Zuerkennung von Arbeitslosengeld als Pensionsvorschuss vom bis zum Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gehabt. Zur lückenlosen Weitergewährung wäre eine persönliche Antragstellung bis spätestens notwendig gewesen. Tatsächlich sei seine Antragstellung am erfolgt.

Sein Einwand, dass die Antragstellung durch eine falsche Auskunft der Behörde (es genüge, wenn der neuerliche Antrag erst nach Beendigung seines Krankenstandes bzw. nach dem Ruhen des Anspruchs auf Pensionsvorschuss gestellt werde) unterblieben sei, gehe ins Leere. Mitarbeiter des AMS könnten bei einer telefonischen Meldung eines Krankenstandes (ohne entsprechende Angaben des Meldepflichtigen) nicht erkennen, dass (wegen Ausschöpfens der Höchstdauer) kein Anspruch auf Krankengeld bestehe.

(Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich, dass die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung anlässlich der Meldung des Krankenstandes ab dem vorerst ruhend gestellt wurde. Die Leistung wurde jedoch, was nicht strittig ist, bis zum Ende des Anspruchs auf Pensionsvorschuss als Arbeitslosengeld, dem , nachgezahlt.)

Das AMS treffe kein Verschulden. Dem Beschwerdeführer sei es auf Grund des Schreibens der Wiener Gebietskrankenkasse über das Ende seines Krankengeldanspruches vom zumutbar gewesen zu erkennen (und dies dem AMS mitzuteilen), dass er trotz seines Krankenstandes ab keinen Anspruch auf Krankengeld gehabt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides hat er auf Grund seines Antrages vom gemäß § 18 Abs. 1 AlVG vom bis zum (30 Wochen) Arbeitslosengeld als Pensionsvorschuss erhalten. Um im unmittelbaren Anschluss daran gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 23 Abs. 1 AlVG Notstandshilfe als Pensionsvorschuss zu erhalten, hätte er gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 46 Abs. 1 AlVG spätestens am unter Verwendung des bundeseinheitlichen Antragsformulars bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle grundsätzlich persönlich diesen Anspruch geltend machen müssen. Unstreitig hat der Beschwerdeführer seinen Anspruch auf Notstandshilfe als Pensionsvorschuss erst am beim AMS geltend gemacht.

Der Beschwerdeführer bringt vor, er habe am bei einem Verkehrsunfall Kopf- und Beinverletzungen erlitten. Am sei er durch seinen Arzt krankgeschrieben worden. Am selben Tag habe er beim AMS angerufen und bekannt gegeben, dass er krankgeschrieben sei. Da in seiner Terminkarte von seiner Beraterin als Termin "Ende 2/2010 Antrag" eingetragen gewesen sei und seine Beraterin ihm gesagt hätte, dass er vorsprechen solle, um einen neuen Leistungsantrag zu stellen, habe er beim Telefonat mit der AMS-Hotline ausdrücklich nachgefragt, ob er diesen Termin zur Antragstellung wahrnehmen müsse oder nicht. Ihm sei durch den Mitarbeiter des AMS mitgeteilt worden, er müsse nicht extra zu einer Antragstellung Ende Februar kommen, es sei vollkommen ausreichend, wenn er sich nach dem Ende des Krankenstandes bei AMS persönlich zurückmelde. Am habe er erfahren, dass er ab keinen Anspruch auf Krankengeld habe. Daraufhin habe er seinen Krankenstand eigenmächtig abgebrochen und ab den besagten Antrag auf Zuerkennung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gestellt. Auf Grund der unrichtigen Auskunft des Mitarbeiters des AMS habe er für die Zeit vom 7. März bis zum weder einen Anspruch auf Krankengeld noch (infolge der verspäteten Antragstellung) einen Anspruch auf Notstandshilfe als Pensionsvorschuss. Ihn treffe an dieser Situation kein Verschulden. Er habe (infolge näher dargelegter Umstände) nicht erkennen können, dass die Auskunft des AMS-Mitarbeiters, eine Wiedermeldung beim AMS nach Ende des Krankenstandes reiche aus, nur unter der Voraussetzung richtig gewesen wäre, dass er einen Anspruch auf Krankengeld gehabt hätte (und der Anspruch auf die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung geruht hätte). Die Unterlassung einer rechtzeitigen Antragstellung sei letztlich auf einen Fehler der Behörde zurückzuführen. Ihm sei die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung gemäß § 17 Abs. 3 AlVG daher bereits ab dem zuzuerkennen.

Dem ist zu entgegnen, dass § 46 AlVG eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen darstellt. Diese abschließende Normierung lässt es - selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen - nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist.

§ 17 Abs. 3 AlVG (nunmehr § 17 Abs. 4 AlVG idF BGBl. I Nr. 5/2010) ermöglicht es der zuständigen Landesgeschäftsstelle unter den dort näher genannten Voraussetzungen zwar, die regionale Geschäftsstelle zwecks Abwendung eines Amtshaftungsanspruchs amtswegig zu einer Zuerkennung des Arbeitslosengeldes ab einem früheren Zeitpunkt zu ermächtigen, auf die Ausübung dieser Ermächtigungsbefugnis besteht jedoch kein Rechtsanspruch, sodass das Vorbringen des Beschwerdeführers, die in dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen lägen vor, ins Leere geht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/08/0089, und vom , Zl. 2010/08/0103).

Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am