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VwGH vom 07.09.2011, 2010/08/0140

VwGH vom 07.09.2011, 2010/08/0140

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der S L in S, vertreten durch Dr. Rolf Schuhmeister, Rechtsanwalt in 2320 Schwechat, Bruck-Hainburgerstraße 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2010, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,10 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin, die seit Juni 2006 - unterbrochen durch Krankengeldbezüge - im Leistungsbezug steht, wurde von der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (in der Folge: AMS) auf Grund des Umstandes, dass die bisherigen zugewiesenen Vermittlungsvorschläge zu keiner Beschäftigungsaufnahme und somit zur Beendigung der Arbeitslosigkeit geführt haben, der Besuch einer näher bezeichneten Wiedereingliederungsmaßnahme beim Schulungsträger B in S mit Kursbeginn am zugewiesen. Die Beschwerdeführerin hat diese Wiedereingliederungsmaßnahme am auch besucht und ist am ohne Angabe von Gründen nicht mehr zum Kurs erschienen.

In der am beim AMS zum Gegenstand "Vereitelung des Erfolges einer Wiedereingliederungsmaßnahme" aufgenommenen Niederschrift hat die Beschwerdeführerin erklärt, die Wiedereingliederungsmaßnahme am vorzeitig beendet zu haben, da sie versucht habe, ihre privaten Probleme zu lösen. Nach der dazu festgehaltenen Stellungnahme des Schulungsträgers sei dadurch, dass sie ab diesem Tag nicht mehr im Kurs erschienen sei, der Erfolg zur Wiedereingliederung nicht gegeben.

Mit Bescheid des AMS vom wurde gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruches des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 17. November bis ausgesprochen und eine Nachsicht nicht erteilt. Begründend wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei am nicht mehr zum Kurs erschienen und berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wendete die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ein, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, bis 27. November bzw. die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, welche ihr Fernbleiben vom Kurs belegen würden. Auch sei es nicht einfach, im Nachhinein eine Bestätigung zu bekommen, die beweise, dass sie am Tag "X" bei der Firma vorstellig gewesen sei. Zusammenfassend sei es um einen Stromausfall am , um einen Anruf vom Oberarzt des K-Spitals und um Bestätigungen von Firmen gegangen, bei denen sie vorgesprochen habe und eine Einstellungszusage vom Cafe M, beginnend mit Februar 2010.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben.

In ihrer Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - im Wesentlichen fest, dass die Beschwerdeführerin (lediglich) Bestätigungen vom Dienstgeber C vom und der Firma D vom vorgelegt habe, wonach sie am bzw. am unverbindlich vorstellig gewesen sei. Ebenso habe sie einen Situationsbericht (Entlassung, Transfer, Verlegung) des Spitals K vom vorgelegt, wonach der Patient U (der Ehegatte der Beschwerdeführerin, von dem sie nach ihren Angeben getrennt lebe) zum Zeitpunkt der Entlassung selbständig sei und keiner Unterstützung durch professionelle Pflege bedürfe. Dies beziehe sich nicht auf die Unterstützung, welche vor oder nach dem Krankenhausaufenthalt im häuslichen Umfeld benötigt worden sei oder werde. Der Patient sei über die Entlassungsformalitäten informiert und am aus der stationären Betreuung entlassen worden. Zusammengefasst habe die Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde - (damit) keine Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass sie am aus triftigem Grund nicht an der zugewiesenen Wiedereingliederungsmaßnahme teilgenommen habe. Laut Hauptverbandsauszug der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom habe die Beschwerdeführerin während der Ausschlussfrist kein vollversichertes Dienstverhältnis aufgenommen und stehe sei wiederum im Notstandshilfebezug. Vom 22. November bis sei sie unter der Geringfügigkeitsgrenze bei der H-KG beschäftigt gewesen.

Zur Annahme der Vereitelung der Maßnahme seitens der Beschwerdeführerin führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin in der Niederschrift am ausdrücklich bestätigt habe, ab unentschuldigt nicht mehr zum Kurs erschienen zu sein. Aus dem gesamten Sachverhalt würde eindeutig hervorgehen, dass keine triftigen Gründe für den Maßnahmenabbruch vorliegen würden.

Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG (so insbesondere Arbeitsaufnahme innerhalb der Ausschlussfrist) seien nicht gegeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung der Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig wer (unter anderem) bereit ist, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 3 AlVG verliert die arbeitslose Person, wenn sie ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder eine erfolgte Maßnahme vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Gemäß § 10 Abs. 3 AlVG ist der Verlust des Anspruches gemäß Abs. 1 in berücksichtigungswürdigen Fällen wie z.B. bei Aufnahme einer anderen Beschäftigung nach Anhörung des Regionalbeirates ganz oder teilweise nachzusehen.

Nach § 38 AlVG sind diese Regelungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

In der Beschwerde wird nur geltend gemacht, die belangte Behörde habe es verabsäumt, Gründe für eine Nachsicht im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG zu berücksichtigen.

Ein berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG liegt nur dann vor, wenn der Arbeitslose nach Vereitelung der Aufnahme einer Beschäftigung oder des Erfolges einer Maßnahme iSd § 9 Abs. 1 AlVG entweder selbst ein Verhalten gesetzt hat, welches den potentiellen Schaden, der durch die Nichteinstellung (bzw. den Abbruch der Maßnahme) entstanden ist, ganz oder teilweise wieder beseitigt (also insbesondere durch alsbaldige tatsächliche Aufnahme einer anderen Beschäftigung), oder wenn ihr ihr Verhalten ausnahmsweise aus besonderen (jedenfalls nicht auf Dauer vorliegenden und auch die Verfügbarkeit oder die Arbeitsfähigkeit nicht ausschließenden) Gründen im Einzelfall nicht vorgeworfen werden kann (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0018). Es kommt dabei aber nicht auf persönliche finanzielle Umstände an. Obwohl die amtswegige Prüfung des Sachverhalts zumindest eine Auseinandersetzung mit möglichen Nachsichtsgründen gebietet, muss die Behörde nur solche Gründe prüfen, die die Arbeitslose vorbringt oder für die es sonstige Hinweise in den Akten gibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0020 mwN).

Weder der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt noch die vorgelegten Verwaltungsakten (insbesondere auch die Berufung der Beschwerdeführerin) bieten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Nachsichtsgründen im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG. Auch das Beschwerdevorbringen lässt völlig offen, warum es der Beschwerdeführerin wegen der behaupteten Umstände am (Stromausfall, kein Guthaben am Handy) nicht möglich gewesen wäre, am Kurs ab dem wieder teilzunehmen. Das von ihr neuerlich ins Treffen geführte Hindernis eines Spitalsbesuches wegen der plötzlichen Einlieferung ihres Ehegatten in ein Krankenhaus bezieht sich nur auf den , nicht aber auf die weiteren Zeiträume der Maßnahme. Die Beschwerdeausführungen zu der Frage, aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin das AMS telefonisch nicht kontaktieren konnte, gehen an dem Problem vorbei, dass sie weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde stichhaltige Gründe für das Fernbleiben von der Maßnahme nach dem genannt hat. Sie hat nämlich keine besonderen, ihr nicht vorwerfbaren Gründe dafür vorgebracht, dass sie in diesem Zeitraum seit dem 16. November nicht nur am 19. November, sondern überhaupt der Maßnahmen ferngeblieben ist.

Damit begegnet es insgesamt keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe im Sinne des § 10 Abs. 3 AlVG verneint hat, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
PAAAE-74900