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VwGH 15.09.2010, 2010/08/0139

VwGH 15.09.2010, 2010/08/0139

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Norm
AlVG 1977 §50 Abs1;
RS 1
Der Zweck des § 50 Abs. 1 AlVG ist es, die Behörde in die Lage zu versetzen, jede Änderung in den Verhältnissen des Arbeitslosen, die zu einer Änderung des Leistungsanspruches führen könnte, darauf hin zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0040, mwN). Es kommt somit weder darauf an, ob ein Umstand unmittelbar Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsbeziehers hat, noch darauf, ob er sich in einem Rechtsirrtum über die Relevanz des zu meldenden Umstandes befindet; das Risiko eines Rechtsirrtums trifft grundsätzlich den Arbeitslosen (vgl. zu Letzterem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0415).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2005/08/0146 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des FK in W, vertreten durch Dr. Reinhard Köffler, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Moritschstraße 11/1, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom , Zl. LGS/SfA/05662/2010, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom hat die belangte Behörde gemäß § 24 Abs. 2 AlVG den Arbeitslosengeldbezug des Beschwerdeführers für die Zeit vom 7. Oktober bis widerrufen und den Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 leg. cit. zum Rückersatz der zu Unrecht empfangenen Leistung in der Höhe von EUR 2.274,70 verpflichtet.

In der Begründung dazu stellte die belangte Behörde im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom beim Arbeitsmarktservice V angegeben habe, zuvor als Pflegehelfer beim Dienstgeber V beschäftigt gewesen zu sein und Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt zu haben. Am sei der Beschwerdeführer im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme hinsichtlich der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen nach dem AlVG aufgeklärt worden und habe u. a. erklärt, dass er die gegen den früheren Dienstgeber V. eingebrachte Klage bezüglich Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung mittels der Arbeiterkammer zurückgezogen habe. Auf Grund einer Überlagerungsmeldung des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger vom habe das Arbeitsmarktservice Kenntnis erlangt, dass für die Zeit vom 7. Oktober bis eine Kündigungsentschädigung gespeichert sei. Mit Schreiben vom sei der Beschwerdeführer zur Klärung des Sachverhaltes in die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeladen worden. Am habe er den Erhalt der Kündigungsentschädigung im gegenständlichen Zeitraum bestätigt, sich aber mit der Rückzahlung des zu Unrecht bezogenen Arbeitslosengeldes nicht einverstanden erklärt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass im Hinblick auf den Erhalt der Kündigungsentschädigung das Ruhen des Leistungsanspruches gemäß § 16 Abs. 1 lit. k AlVG jedenfalls einzutreten habe. Die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes habe sich nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausgestellt und sei daher gemäß § 24 Abs. 2 AlVG zu widerrufen gewesen. Der Beschwerdeführer habe die noch offenen Lohnforderungen (Kündigungsentschädigung, Urlaubsersatzleistung) aus dem Dienstverhältnis beim Dienstgeber V. gerichtlich durchgesetzt, ohne das Arbeitsmarktservice davon zu informieren. Er habe überdies das AMS nicht unverzüglich vom Ausgang dieses Verfahrens in Kenntnis gesetzt, damit für den Leistungsbezug nach dem AlVG maßgebliche Tatsachen verschwiegen und damit den Rückforderungstatbestand nach § 25 Abs. 1 AlVG erfüllt. Zu den in der Berufung vorsichtshalber geltend gemachten berücksichtigungswürdigen Gründen im Sinn des § 16 Abs. 3 AlVG und dem Vorbringen, durch einen allfälligen Entzug des Arbeitslosengeldes während des gegenständlichen Zeitraumes besonders hart getroffen zu werden, verwies die belangte Behörde darauf, dass sich aus dem Gesetzeswortlaut des § 16 Abs. 3 AlVG klar und deutlich ergebe, dass eine diesbezügliche Nachsichtsgewährung nur für den Fall des § 16 Abs. 1 lit. g leg. cit. (Ruhen wegen Auslandsaufenthaltes) vorgesehen sei; darüber hinaus treffe das Ruhen des Arbeitslosengeldes andere Arbeitnehmer in gleichem Maße.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und allenfalls Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. § 16 AlVG in der hier zeitraumbezogenen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 82/2008 lautet auszugsweise wie folgt:

"Ruhen des Arbeitslosengeldes

§ 16. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während

a)

- f) ...,

g)

des Aufenthaltes im Ausland, soweit nicht Abs. 3 oder Regelungen auf Grund internationaler Verträge anzuwenden sind,

h)

- j) ...,

k)

des Zeitraumes, für den Kündigungsentschädigung gebührt,

l)

- n) ...

(2) Ist der Anspruch auf Kündigungsentschädigung strittig oder wird Kündigungsentschädigung aus sonstigen Gründen nicht bezahlt, wird das Arbeitslosengeld (die Notstandshilfe) für diesen Zeitraum als Vorschuss auf die Kündigungsentschädigung gewährt. Wird der Arbeitgeber von der Gewährung des Vorschusses verständigt, so geht der Anspruch auf Arbeitslosengeld auf die fällige Kündigungsentschädigung für denselben Zeitraum auf den Bund zugunsten der Arbeitslosenversicherung in der Höhe des als Arbeitslosengeld (Notstandshilfe) gewährten Vorschusses über und ist vom Arbeitgeber unbeschadet von Übertragungen, Verpfändungen oder Pfändungen der Kündigungsentschädigung vorrangig zu befriedigen. Das Recht auf gerichtliche Durchsetzung dieses Anspruches verbleibt jedoch beim Arbeitnehmer. ...

(3) Auf Antrag des Arbeitslosen ist das Ruhen des Arbeitslosengeldes gemäß Abs. 1 lit. g bei Vorliegen berücksichtigungswürdigen Umständen nach Anhörung des Regionalbeirates bis zu drei Monate während eines Leistungsanspruches (§ 18) nachzusehen. Berücksichtungswürdige Umstände sind Umstände, die im Interesse der Beendigung der Arbeitslosigkeit gelegen sind, insbesondere wenn sich der Arbeitslose ins Ausland begibt, um nachweislich einen Arbeitsplatz zu suchen oder um sich nachweislich beim Arbeitgeber vorzustellen oder um sich einer Ausbildung zu unterziehen, oder Umstände, die auf zwingenden familiären Gründen beruhen."

Gemäß § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt, die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

Nach § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG ist bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist gemäß § 50 Abs. 1 AlVG verpflichtet, (neben der Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 AlVG auch) jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse sowie jede Wohnsitzänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Wochen seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

Der Zweck des § 50 Abs. 1 AlVG ist es, die Behörde in die Lage zu versetzen, jede Änderung in den Verhältnissen des Arbeitslosen, die zu einer Änderung des Leistungsanspruches führen könnte, darauf hin zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0040, mwN). Es kommt somit weder darauf an, ob ein Umstand unmittelbar Auswirkungen auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Leistungsbeziehers hat, noch darauf, ob er sich in einem Rechtsirrtum über die Relevanz des zu meldenden Umstandes befindet; das Risiko eines Rechtsirrtums trifft grundsätzlich den Arbeitslosen (vgl. zu Letzterem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/08/0415).

2. In der Beschwerde wird außer Streit gestellt, dass der Beschwerdeführer für den Zeitraum vom 7. Oktober bis Kündigungsentschädigung bezogen habe, und das Vorliegen des Tatbestandes des § 16 Abs. 1 lit. k AlVG zugestanden.

Soweit der Beschwerdeführer moniert, dass sich aus dem vorliegenden Feststellungen nicht begründen lasse, dass er den Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG erfüllt habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass bereits das bundeseinheitliche Antragsformular zur Antragstellung auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe, welches der Beschwerdeführer am unterfertigt hat, den Hinweis auf die Verpflichtung des Antragstellers enthielt, wonach dieser gemäß § 50 Abs. 1 AlVG u.a. "jede Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse" bis spätestens innerhalb einer Woche nach Eintritt des Ereignisses bekannt zu geben habe. Wie sich weiters aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, hat der Beschwerdeführer in jenem Antragstellungsformular die Frage zu Punkt 11 nach einem Anspruches auf Kündigungsentschädigung mit "Nein" beantwortet. Darüber hinaus hat er nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme am erklärt, die gegen seinen früheren Dienstgeber eingebrachte Klage bezüglich Kündigungsentschädigung und Urlaubsersatzleistung zurückgezogen zu haben und auch in weiterer Folge das AMS nicht vom Ausgang des (Anm: dennoch weiterbetriebenen) Gerichtsverfahrens informiert.

Die belangte Behörde hat auf Grundlage dieser für eine abschließende rechtliche Beurteilung ausreichenden Feststellungen völlig zu Recht das Verhalten des Beschwerdeführers, der zunächst die Einleitung und dann die - sogar entgegen seiner Erklärung erfolgte -Weiterführung des gegen den Dienstgeber angestrengten Gerichtsverfahrens betreffend Kündigungsentschädigung gegenüber dem Arbeitsmarktservice verschwiegen hat, dahingehend gewertet, dass er für den Leistungsbezug nach dem AlVG maßgebliche Tatsachen verschwiegen und dadurch einen Rückforderungstatbestand im Sinn des § 25 Abs. 1 AlVG gesetzt habe.

Auch der (wiederholte) Einwand des Vorliegens berücksichtigungswürdiger Umstände gemäß § 16 Abs. 3 AlVG verfängt nicht, zumal diese nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur bei dem - hier nicht vorliegenden  - Fall des § 16 Abs. 1 lit. g leg. cit. zum Tragen kommen könnten.

Insgesamt vermag die Beschwerde somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
AlVG 1977 §50 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2010080139.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAE-74895