VwGH vom 18.12.2008, 2008/06/0169
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des CE in P, vertreten durch Mag. Michael Aurednik, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Wassergasse 20, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. IVW6-P-34/001-2008, betreffend eine Namensänderung (mitbeteiligte Partei: mj. JE, vertreten durch seine Mutter AEk in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am geborene mj. Mitbeteiligte ist ein eheliches Kind des Beschwerdeführers und führte dessen Namen. Die Ehe der Eltern des Kindes wurde geschieden. Nach der Scheidung der Eltern wurde der von den Eltern am vor dem Bezirksgericht W geschlossene Vergleich pflegschaftsgerichtlich genehmigt (Beschluss des Bezirksgerichtes W, rechtskräftig seit ) und damit der Mutter des mj. Mitbeteiligten, die nach einer neuerlichen Eheschließung am den Familiennamen "Ek" führt, die alleinige Obsorge über den mj. Mitbeteiligten übertragen.
Mit schriftlicher Eingabe vom beantragte die Mutter des mj. Mitbeteiligten (als Vertreterin des Kindes) bei der Behörde erster Instanz die Änderung des Familiennamens des mj. Mitbeteiligten auf "Ek". Der Beschwerdeführer nahm zu diesem Antrag im erstinstanzlichen Verfahren nicht Stellung. Die Bezirkshauptmannschaft W genehmigte mit Bescheid vom diesen Antrag auf Namensänderung, da der Grund in der Herbeiführung der Namensgleichheit des mj. Mitbeteiligten mit seiner obsorgeberechtigten Mutter liege.
Der Beschwerdeführer erhob dagegen Berufung und führte aus, dass ihm das Schreiben der erstinstanzlichen Behörde vom März 2008 mit dem ihm Parteiengehör eingeräumt worden wäre, nicht zugestellt worden sei. Es wäre für seine beiden Kinder, die 13-jährige Tochter A und den mj. Mitbeteiligten, abträglich, einen unterschiedlichen Familiennamen zu haben, zumal es sich um Geschwister mit den selben Eltern handle. Für die Identität und das Selbstbewusstsein der Kinder (Pubertät) sei eine sichere Basis und die Gewissheit ihrer Herkunft von Bedeutung.
Noch vor Aktenvorlage an die Berufungsbehörde ersuchte die erstinstanzliche Behörde die Abteilung Jugendwohlfahrt um eine Stellungnahme. Die Diplom-Sozialarbeiterin F.-B. dieser Abteilung prüfte die Frage, ob und gegebenenfalls inwieweit die Namensänderung das Wohl des minderjährigen Mitbeteiligten gefährden könnte. Sie hielt in ihrem Bericht vom im Ergebnis fest, dass die geplante Namensänderung dem Kindeswohl nicht abträglich sei. Im Rahmen eines Hausbesuches habe der mj. Mitbeteiligte angegeben, erstmals im Jänner den Wunsch nach einer Namensgleichheit mit der Mutter verspürt zu haben. Der mj. Mitbeteiligte fühle sich im neuen Familienverband sehr wohl und wirke besonders stark an seine Mutter gebunden. Den Ehemann der Mutter erlebe der mj. Mitbeteiligte als wichtige Bezugsperson, die regelmäßigen Besuchskontakte zu seinem Vater wolle er dennoch nicht missen. Der mj. Mitbeteiligte habe ausdrücklich betont, dass sich für ihn durch eine Namensänderung die Beziehung zu seinem Vater in keiner Weise ändern würde. Die drei Jahre ältere Schwester des mj. Mitbeteiligten akzeptiere den Wunsch ihres Bruders, habe aber für sich selbst eine Namensänderung abgelehnt.
Nach Vorhalt dieser Stellungnahme der Diplomsozialarbeiterin der Abteilung Jugendwohlfahrt der erstinstanzlichen Behörde lehnte der Beschwerdeführer die geplante Namensänderung seines Sohnes neuerlich ab.
Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die angeführte Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass als Rechtsgrundlage für die Namensänderung der § 2 Abs. 1 Z. 9 Namensänderungsgesetz (NÄG) anzuwenden sei.
Sie führte im Wesentlichen aus, bei Berücksichtigung der Lebensumstände des mj. Mitbeteiligten, der mit seiner Mutter, deren Ehegatten und seiner Schwester im gemeinsamen Haushalt lebe, sei anzunehmen, dass die beantragte Änderung des Namens das Kindeswohl nicht gefährde, sondern die Namensänderung für den Minderjährigen sogar vorteilhaft sein könnte, weil dadurch die Namensverschiedenheit zu seiner nächsten Bezugsperson, nämlich der obsorgeberechtigten Mutter, beseitigt sein werde. Es dürfe in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden, dass der Minderjährige die meiste Zeit mit seiner Mutter verbringe und er damit auch einen Großteil seiner sozialen Kontakte (Schule, Freundeskreis) über die Obsorgeberechtigte unterhalte, sodass nach den Erfahrungen des täglichen Lebens auch nach außen eine namensmäßige Identifikation mit dem obsorgeberechtigten Elternteil für das Kindeswohl vorteilhafter erscheine. Dieser besonderen Bindung des Kindes zu seinem obsorgeberechtigten Elternteil trage auch der Verwaltungsgerichtshof Rechnung (Hinweis auf das vor der Novelle 1995 zum Namensänderungsgesetz ergangene Erkenntnis vom , Zl. 90/01/0121). Gründe für eine allfällige Abträglichkeit der Namensänderung infolge der dadurch entstehenden Namensungleichheit zu der Schwester seien im Namensänderungsverfahren nicht offenkundig geworden, zumal sich nach der von der Diplom-Sozialarbeiterin der erstinstanzlichen Behörde durchgeführten Befragung beide Kinder mit der Namensänderung einverstanden erklärten. Daran könne auch der Einwand des Beschwerdeführers nichts ändern, wonach es durch die Namensänderung zu einer Störung der Persönlichkeits- und Identitätsfindung seines Sohnes kommen könnte.
In Anlehnung an die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vertrete die belangte Behörde die Ansicht, dass die genannten Vorteile, die eine Angleichung eines Familiennamens an den der obsorgeberechtigten Mutter mit sich brächten, allfällige Nachteile, wie kurzfristige psychische Belastungen in der Gewöhnungsphase, überwögen (Hinweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 2000/01/0368). Dies sei auch der Grund, weshalb Befürchtungen des Beschwerdeführers, wonach die Auswirkungen der Namensänderung die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes belasten könnten und damit dem Kindeswohl abträglich wären, im vorliegenden Namensänderungsverfahren unbegründet seien und damit eine von der angeführten grundsätzlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweichende Betrachtungsweise nicht geboten erscheine (Hinweis u.a. auf das Erkenntnis vom , Zl. 98/01/0342).
Wenn sich der Beschwerdeführer auf die durch die Namensänderung eintretende Namensungleichheit zu der Schwester des mj. Mitbeteiligten berufe, dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass auch derzeit mit der obsorgeberechtigten Kindesmutter, die für den Minderjährigen die stärkste Bezugsperson darstelle, keine Namensgleichheit bestehe.
Der Einwand des Beschwerdeführers, dass der Familienname seines Sohnes seine Herkunft dokumentiere, gehe ins Leere, weil das Namensänderungsgesetz auch bzw. sogar vornehmlich dazu diene, zivilrechtliche Namensfolgen zu verändern. Insbesondere könne nach dem Inkrafttreten des Namenrechtsänderungsgesetzes 1995, das auch in aufrechter Ehe eine getrennte Namensführung der Eltern zulasse, die Abstammung eines Kindes nicht mehr von dessen Familiennamen abgeleitet werden. Weiters seien Missverständnisse und Fragen betreffend die Namensänderung ebenso möglich, wie sie auch zur derzeit bestehenden Namensungleichheit mit der Kindesmutter nicht auszuschließen seien. Der Umstand, dass der Minderjährige die meiste Zeit mit seiner Mutter verbringe und damit ein Großteil der sozialen Kontakte über die Obsorgeberechtigte gehe, spreche dafür, dass sich auch nach außen eine namensmäßige Identifikation mit dem obsorgeberechtigten Elternteil für das Kindeswohl als vorteilhafter erweisen werde. Bei der Befragung des Minderjährigen durch die Diplom-Sozialarbeiterin der erstinstanzlichen Behörden hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Zwangsausübung auf den Minderjährigen betreffend die verfahrensgegenständliche Namensänderung ergeben.
Das Ersuchen des Beschwerdeführers um Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens zur Prüfung des Kindeswohles erscheine unbegründet. Dies deshalb, weil der Beschwerdeführer die belangte Behörde aus den angeführten Gründen nicht davon habe überzeugen können, dass zur Klärung der Frage der Gefährdung des Kindeswohles im Falle der Namensänderung des Minderjährigen die Heranziehung eines Sachverständigen notwendig wäre. Der Beschwerdeführer habe keine konkreten Gründe ins Treffen geführt, nach denen die Namensänderung für das Wohl des mj. Mitbeteiligten abträglich sei.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes (NÄG), BGBl. Nr. 195/1988, in der mit in Kraft getretenen Fassung des Namensrechtsänderungsgesetzes, BGBl. Nr. 25/1995, lauten:
"§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft
1. einen österreichischen Staatsbürger;
...
(2) Insoweit der Antragsteller in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, hat der gesetzliche Vertreter den Antrag einzubringen. Die Einbringung bedarf der persönlichen Zustimmung des Antragstellers, wenn dieser das 14. Lebensjahr vollendet hat.
§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn
...
8. der Antragsteller den Familiennamen seiner Eltern oder eines Elternteils erhalten will oder der Antragsteller den Familiennamen einer Person erhalten will, von der er seinen Familiennamen abgeleitet hat und deren Familienname geändert worden ist oder dessen Änderung beantragt ist;
9. der minderjährige Antragsteller den Familiennamen der Person erhalten soll, der die Obsorge für ihn zukommt oder in deren Pflege er sich befindet und das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist;
...
§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn
...
6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;"
Der Gesetzgeber hat dadurch, dass er der Angleichung des Familiennamens eines Kindes mit dem seines aktuellen Umfeldes den Vorzug gegeben hat, auch zum Ausdruck gebracht, allenfalls mit einer solchen Namensänderung erwachsende psychische Belastungen des Kindes jedenfalls im Regelfall als nicht derart nachteilig für das Kindeswohl zu qualifizieren, dass von einem Überwiegen dieser Nachteile gegenüber den typischerweise mit der Namensänderung verbundenen Vorteilen gesprochen werden könnte (siehe dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/06/0019, mit Hinweis auf die Vorjudikatur, auf welches Erkenntnis gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann). Eine solche Ausnahmesituation, die im Beschwerdefall gegen die Namensänderung spräche, vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen:
Der Beschwerdeführer trägt zwar vor, dass die kindliche Psyche des Minderjährigen durch die vorliegenden Namensänderung über Gebühr und unverhältnismäßig darunter leide. Die Schwester des Minderjährigen behalte ihren Familiennamen, sodass sowohl er als Vater als auch die Schwester des mj. Mitbeteiligten im Falle der Namensänderung einen anderen Familiennamen trügen, was nach Ansicht des Beschwerdeführers eine nicht wiedergutzumachende und nachhaltige Erschütterung der Psyche des mj. Mitbeteiligten nach sich ziehe. Es sei das Nichtvorliegen einer Abträglichkeit für das Kindeswohl gemäß § 3 Abs. 1 Z. 6 NÄG nicht entsprechend begründet worden. Die Stellungnahme der Diplom-Sozialarbeiterin habe keinen kinderpsychologischen Hintergrund und diese Stellungnahme sei für die Annahme, es liege keine Abträglichkeit für das Kindeswohl vor, nicht ausreichend. Es fehlten entscheidende Feststellungen zu den kinderpsychologischen Auswirkungen der Namensänderung im Hinblick auf den unterschiedlichen Nachnamen des Beschwerdeführers als Vaters des Mitbeteiligten und der Schwester.
Der Beschwerdeführer hat damit keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die den Beschwerdefall als einen Ausnahmefall darzustellen vermögen und die - über die Einholung der Stellungnahme der Abteilung Jugendwohlfahrt der erstinstanzlichen Behörde hinausgehend - die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätten angezeigt erscheinen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/01/0099). Nach dem Bericht der Diplom-Sozialarbeiterin der erstinstanzlichen Behörde, die ein Gespräch mit beiden Kindern geführt hat, wünsche der mj. Mitbeteiligte die Namensänderung und seine drei Jahre ältere Schwester habe damit kein Problem. Weiters fühle sich der Mitbeteiligte in seiner neuen Familie mit dem Stiefvater wohl und er habe eine gute Beziehung zu seinem Stiefvater. Die vorliegende Namensänderung dient unbestritten dem vom Gesetz anerkannten Grund der Angleichung des Namens des Mitbeteiligten mit dem Namen seiner für ihn obsorgeberechtigten Mutter, die auf Grund einer neuerlichen Eheschließung einen andern Namen führt. Darauf kommt es nach dem NÄG in der Fassung der Novelle 1995 - wie dargelegt - entscheidend an.
Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am
Fundstelle(n):
FAAAE-74883