VwGH vom 22.02.2012, 2010/08/0103
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des A M in W, vertreten durch Dr. Alfred Hofer, Rechtsanwalt in 8430 Leibnitz, Hauptplatz 32-34, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark vom , Zl. LGS600/SfA/0566/2010-He/S, betreffend Zuerkennung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer Notstandshilfe ab dem gebühre. Begründend führte die regionale Geschäftsstelle aus, der Beschwerdeführer habe sich nach Beendigung seines Krankenstandes erst am wieder beim Arbeitsmarktservice gemeldet.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung. Er habe sich am bei der Gebietskrankenkasse gesund gemeldet. Herr K von der Gebietskrankenkasse habe gesagt, der Beschwerdeführer brauche nichts mehr zu machen, die Gebietskrankenkasse schicke die Krankenstandsbestätigung an das Arbeitsmarktservice. Der Beschwerdeführer habe sich darauf verlassen und sei deswegen nicht selbst zum Arbeitsmarktservice gegangen. Er habe gerade ein Pensionsverfahren, aus diesem Grund habe er auch keinen Termin bei seiner Betreuerin. Erst am habe er gesehen, dass er so wenig Geld bekommen habe und habe sich wieder beim Arbeitsmarktservice gemeldet. Er ersuche um Nachzahlung des Geldes ab dem .
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer beziehe seit mit kurzen Unterbrechungen wegen Krankengeldbezuges Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, zuletzt Pensionsvorschuss auf Basis der Notstandshilfe.
Am habe der Beschwerdeführer in der Serviceline des Arbeitsmarktservice gemeldet, dass er seit krank sei; der Pensionsvorschuss auf Basis der Notstandshilfe sei daher mit eingestellt worden. Der Beschwerdeführer sei vom 5. bis bei der Gebietskrankenkasse im Bezug des Krankengeldes gestanden. Er habe sich erst am persönlich in der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemeldet.
Im Zuge des Berufungsverfahrens sei versucht worden, von Herrn K in der Gebietskrankenkasse eine Stellungnahme einzuholen. Dabei habe sich herausgestellt, dass es in der Gebietskrankenkasse keinen Herrn K (oder jemanden mit einem ähnlich klingenden Namen) gebe. Für den "Krankenstandsabschluss" im Dezember 2009 sei Herr D von der Gebietskrankenkasse zuständig. Es würde Arbeitslosen grundsätzlich die Auskunft erteilt werden, dass sie sich im Arbeitsmarktservice melden müssten.
Der Pensionsvorschuss auf Basis der Notstandshilfe gebühre ab dem Tag der persönlichen Wiedermeldung oder neuerlichen persönlichen Geltendmachung, wenn der Anspruch ruhe oder der Bezug des Pensionsvorschusses auf Basis der Notstandshilfe unterbrochen sei. Grundsätzlich akzeptiere die regionale Geschäftsstelle auch eine telefonische Wiedermeldung der Arbeitslosen nach Ende des Krankenstandes.
Eine nahtlos an den Krankenstand anschließende Weitergewährung des Pensionsvorschusses sei dann möglich, wenn sich der Arbeitslose innerhalb einer Woche nach Ende des Unterbrechungsgrundes neuerlich persönlich beim Arbeitsmarktservice melde. Bei einer späteren Wiedermeldung gebühre der Pensionsvorschuss erst ab dem Tag der Wiedermeldung.
Im Antrag auf Notstandshilfe sei der Beschwerdeführer (auf Seite 4 des Antrages) darauf aufmerksam gemacht worden, dass in Fällen der Unterbrechung des Leistungsbezuges (dabei sei sogar Krankheit beispielhaft erwähnt) eine Weitergewährung erst dann möglich sei, wenn er sich innerhalb einer Woche nach Ende des Unterbrechungsgrundes neuerlich persönlich beim Arbeitsmarktservice melde. Zusätzlich werde darin informiert, dass bei einer späteren Wiedermeldung die Leistung erst ab dem Tag der Vorsprache gebühre. Diese Information sei zudem auf der Rückseite der Mitteilungsblätter über die Zuerkennung der Leistungsansprüche, die der Beschwerdeführer erhalten habe, enthalten. Der Beschwerdeführer sei daher ausreichend darüber informiert, dass die persönliche Wiedermeldung nach Krankheit innerhalb einer Woche erforderlich sei.
Der Beschwerdeführer habe sich jedoch weder telefonisch noch persönlich innerhalb einer Woche nach Ende des Krankenstandes im Arbeitsmarktservice wieder gemeldet, sondern erst am .
Den Berufungseinwendungen, der Beschwerdeführer habe auf eine Mitteilung des Herrn K vertraut, werde kein Glauben geschenkt, weil es keinen Herrn K in der Gebietskrankenkasse (oder jemanden mit einem ähnlich klingenden Namen) gebe. Zudem würde Arbeitslosen grundsätzlich die Auskunft erteilt werden, dass sie sich im Arbeitsmarktservice melden müssten. Die Zuerkennung des Pensionsvorschusses auf Basis der Notstandshilfe sei zu Recht ab erfolgt.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
1. Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld u.a. während des Bezuges von Krankengeld.
Diese Bestimmung ist gemäß § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
§ 46 Abs. 5 bis 7 AlVG (idF BGBl. I Nr. 77/2004) lauten:
"(5) Wird der Bezug von Arbeitslosengeld unterbrochen oder ruht der Anspruch (§ 16), wobei der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein nicht bekannt ist, so ist der Anspruch auf das Arbeitslosengeld oder auf den Fortbezug neuerlich persönlich geltend zu machen. Wenn der Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum 62 Tage nicht übersteigt, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die regionale Geschäftsstelle kann die arbeitslose Person vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache entbinden, wenn kein Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung besteht und keine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
(6) Hat die arbeitslose Person den Eintritt eines Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestandes wie zB die bevorstehende Aufnahme eines Dienstverhältnisses ab einem bestimmten Tag mitgeteilt, so wird der Bezug von Arbeitslosengeld ab diesem Tag unterbrochen. Tritt der Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestand nicht ein, so genügt für die Geltendmachung die persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle. Die regionale Geschäftsstelle kann die arbeitslose Person vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache entbinden, wenn kein Zweifel an der Verfügbarkeit zur Arbeitsvermittlung besteht und keine persönliche Abklärung zur Wahrung oder Verbesserung der Vermittlungschancen erforderlich ist. Erfolgt die Wiedermeldung nicht binnen einer Woche nach der Unterbrechung, so gebührt das Arbeitslosengeld erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
(7) Ist der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraumes im Vorhinein bekannt und überschreitet die Unterbrechung oder das Ruhen den Zeitraum von 62 Tagen nicht, so ist von der regionalen Geschäftsstelle ohne gesonderte Geltendmachung und ohne Wiedermeldung über den Anspruch zu entscheiden. Die arbeitslose Person ist in diesem Fall im Sinne des § 50 Abs. 1 verpflichtet, den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis oder sonstige maßgebende Änderungen, die im Unterbrechungs- oder Ruhenszeitraum eintreten, der regionalen Geschäftsstelle zu melden. In allen übrigen Fällen ist der Anspruch neuerlich persönlich geltend zu machen."
Diese Bestimmung ist auf das Verfahren in Angelegenheiten der Notstandshilfe gemäß § 58 AlVG sinngemäß anzuwenden.
2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe den Sachverhalt unvollständig ermittelt. Sie habe sich nach einer Rückfrage bei der Gebietskrankenkasse mit der Antwort begnügt, dass es dort einen Sachbearbeiter mit dem Namen K (oder einem ähnlich klingenden Namen) nicht gebe, und daher den Angaben des Beschwerdeführers keinen Glauben geschenkt. Vorangegangene Fälle des Ruhens oder Unterbrechens des Bezuges von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung seien bisher immer so gehandhabt worden, dass der zuständige Sachbearbeiter der Gebietskrankenkasse die Beendigung des Krankenstandes im elektronischen Wege an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger gemeldet habe, worauf die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eine Verständigung erhalten habe, aufgrund welcher sie die Leistung ab dem ersten Tag nach Beendigung des Krankenstandes wieder gewährt habe. Auch im vorliegenden Fall hätte dies so geschehen sollen, weshalb ihm vom zuständigen Sachbearbeiter der Gebietskrankenkasse (Herrn D) mitgeteilt worden sei, dass er sich aufgrund dieser Vorgangsweise nicht beim Arbeitsmarktservice zu melden brauche. Der Beschwerdeführer, der nur über sehr mangelhafte Deutschkenntnisse verfüge, habe offensichtlich deshalb den Vor- und Zunamen des Sachbearbeiters verwechselt; dieser heiße mit Vornamen Klaus. Entsprechend den Feststellungen der belangten Behörde akzeptiere die regionale Geschäftsstelle auch eine telefonische Wiedermeldung der Arbeitslosen nach Ende des Krankenstandes. Die Behörde müsse sowohl die telefonische als auch die persönliche Meldung vor Wiedergewährung von Leistungen überprüfen; mit der geschilderten Vorgangsweise werde letzten Endes der gleiche Erfolg erzielt. Maßgeblich für die Gewährung von Leistungen sei der Nachweis der Beendigung des Krankenstandes; die persönliche Geltendmachung trete dem gegenüber in den Hintergrund.
3. Der angefochtene Bescheid spricht dem Beschwerdeführer Notstandshilfe ab dem zu, ohne den davor liegenden Teil des Anspruchs formell abzuweisen. In der Begründung wird allerdings darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer sich erst am persönlich in der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (nach dem Ende des Bezuges von Krankengeld am ) gemeldet habe. Der Spruch des angefochtenen Bescheides ist daher im Sinne einer Abweisung des Anspruches auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom bis zu verstehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/08/0041).
4. Der Bezug von Krankengeld bewirkt das Ruhen des Anspruches auf Notstandshilfe (§ 16 Abs. 1 lit. a AlVG). Da der regionalen Geschäftsstelle das Ende des Ruhenszeitraumes (Ende des Bezuges von Krankengeld) im Vorhinein nicht bekannt war und der Ruhenszeitraum im vorliegenden Fall 62 Tage nicht überstieg, war der Anspruch auf die Notstandshilfe durch persönliche Wiedermeldung bei der regionalen Geschäftsstelle geltend zu machen. Dass die regionale Geschäftsstelle den Beschwerdeführer vom Erfordernis der persönlichen Vorsprache entbunden hätte, behauptet der Beschwerdeführer (auch in der Beschwerde) nicht. Erfolgt die Wiedermeldung - wie hier - nicht binnen einer Woche nach dem Ende des Ruhenszeitraumes (Ende des Bezuges von Krankengeld am ), so gebührt die Notstandshilfe erst wieder ab dem Tag der Wiedermeldung.
§ 23 AlVG (Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung) enthält betreffend das Ruhen von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bei Bezug von Krankengeld (§ 16 Abs. 1 lit. a AlVG) und hinsichtlich der Geltendmachung des Anspruches nach Ende des Ruhenszeitraumes (§ 46 Abs. 5 bis 7 AlVG) keine abweichenden Bestimmungen.
§ 46 AlVG stellt eine umfassende Regelung der Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener fristgerechter Antragstellungen dar. Diese abschließende Normierung lässt es - selbst im Falle des Fehlens eines Verschuldens des Arbeitslosen - nicht zu, die Folgen einer (irrtümlich) unterlassenen rechtzeitigen Antragstellung nachträglich zu sanieren, zumal selbst ein Arbeitsloser, der auf Grund einer von einem Organ des Arbeitsmarktservice oder - wie im vorliegenden Fall - der Gebietskrankenkasse schuldhaft erteilten unrichtigen Auskunft einen Schaden erleidet, auf die Geltendmachung allfälliger Amtshaftungsansprüche verwiesen ist (vgl. in diesem Zusammenhang die der zuständigen Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice eingeräumte Ermächtigungsbefugnis nach § 17 Abs. 4 AlVG, auf deren Ausübung jedoch ebenfalls kein Rechtsanspruch besteht). Die Fiktion einer dem Gesetz entsprechenden Antragstellung findet keine gesetzliche Grundlage (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0089, mwN).
Es ist daher nicht entscheidend, ob ein Mitarbeiter der Gebietskrankenkasse dem Beschwerdeführer mitgeteilt hatte, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Beendigung des Bezuges von Krankengeld gegenüber dem Arbeitsmarktservice nichts zu unternehmen brauche; allfällige sich auf diese Frage beziehende Verfahrensmängel, wie etwa ein Verstoß gegen das Parteiengehör hinsichtlich der Erhebungsergebnisse der belangten Behörde, sind daher nicht relevant.
5. Die Beschwerde war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
JAAAE-74766