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VwGH vom 28.05.2015, 2012/15/0167

VwGH vom 28.05.2015, 2012/15/0167

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des M M in I, vertreten durch Mag. Harald Houdek, Steuerberater in 6020 Innsbruck, Sillgasse 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Innsbruck, vom , Zl. RV/0245-I/12, betreffend u.a. Wiederaufnahme (Einkommensteuer 2007 bis 2009) und Einkommensteuer 2007 bis 2010, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer Außenprüfung wurde die Feststellung getroffen, dass die Gaststättenpauschalierungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 227/1999 (kurz: Verordnung), im vorliegenden Fall nicht angewendet werden könne. Bei dem vom Beschwerdeführer unterhaltenen Gastronomiebetrieb handle es sich um eine Cafe-Espresso-Bar. Der Anteil der abgegebenen Speisen am Gesamtumsatz betrage zwischen 4,6% und 5,9%. Dabei handle es sich ausschließlich um Snacks (Toast, Bruschetta, Tramezzini). Dem Speisenangebot stehe ein Angebot von ca. 100 alkoholischen und nicht alkoholischen Getränken gegenüber, darunter sechs Sorten Whiskey, sieben verschiedenen Liköre, 13 verschiedenen Grappe und Digestifen sowie 16 verschiedenen Longdrinks. Von der Verordnung seien aber nur Betriebe erfasst, bei denen Speisen und Getränke angeboten werden. Weiters seien Durchschnittssätze nur für Gruppen von Steuerpflichtigen festzusetzen, deren steuerliche und wirtschaftliche Verhältnisse annähernd gleich seien. Bei Betrieben, die nur Getränke anböten, einerseits und bei Betrieben, die Speisen und Getränke anböten, andererseits könne nicht mehr von Betrieben mit gleichen steuerlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gesprochen werden. Der alleinige oder überwiegende Ausschank von Getränken rechtfertige nicht die Anwendung der Gaststättenpauschalierung. Die Festsetzung des Gewinns sei anhand einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung erfolgt. Diese sei auf der Grundlage der vorgelegten Belege und Unterlagen erstellt worden und im Anhang des Prüfungsberichtes dargestellt.

Das Finanzamt verfügte daraufhin mit Bescheiden vom die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer der Jahre 2007 bis 2009 und erließ berichtigte Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2009, Bescheide betreffend Anspruchszinsen hinsichtlich der Einkommensteuer 2007 bis 2009 sowie einen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer mit näheren Argumenten gegen eine einschränkende Interpretation der Verordnung auf "Gaststättenbetriebe mit typischer Kostenstruktur". Zur Wiederaufnahme der Verfahren brachte er vor, im Prüfungsbericht werde ausgeführt, dass erst im Zuge der im Rahmen der Betriebsprüfung durchgeführten Betriebsbesichtigung habe festgestellt werden können, dass das Angebot und der Umfang der Speisen nicht den Anwendungsvoraussetzungen der Gaststättenpauschalierung entspreche und somit ein Wiederaufnahmegrund iSd § 303 Abs. 4 BAO vorliege. Dies sei jedoch verfehlt und entspreche nicht den Tatsachen, weil der Behörde in den monatlich abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen sowie in den jährlich eingereichten Umsatzsteuererklärungen das Verhältnis zwischen 10%-igen und 20%-igen Umsätzen "erkennbar" gewesen sei.

Mit Schriftsatz vom brachte der Beschwerdeführer gegen den Referenten und Senatsvorsitzenden einen Ablehnungsantrag wegen Befangenheit ein und stützte den Antrag darauf, dass der abgelehnte Vorsitzende in zumindest zwei Publikationen in Fachzeitschriften die Ansicht vertreten habe, dass die verfahrensgegenständliche Gaststätten- und Beherbergungspauschalierung ein beachtliches Steuerprivileg darstelle und gesetzwidrig, gleichheitswidrig und europarechtlich bedenklich sei. In den Aufsätzen führe der abgelehnte Vorsitzende aus, dass die Gaststättenpauschalierung gesetzwidrig sowie gleichheitswidrig sei und insbesondere gegen das Beihilfeverbot der Europäischen Union verstoße und seiner Ansicht nach aufgrund der unmittelbaren Anwendbarkeit europäischer Verordnungen von den Abgabenbehörden erster und zweiter Instanz nicht mehr angewandt werden dürfe. Der abgelehnte Vorsitzende habe sich dadurch, dass er die Gaststättenpauschalierungs-VO als gesetzwidriges, gleichheitswidriges und europarechtswidriges Steuerprivileg bezeichnet habe, im Beschwerdefall präjudiziert, sodass § 76 (1) lit. c BAO erfüllt sei. Ein die Ablehnung rechtfertigender Befangenheitsgrund liege dann vor, wenn ein Organwalter in der zu entscheidenden Rechtsfrage eine vorgefasste Meinung habe.

Mit Bescheid der Landessenatsvorsitzenden wurde dieser Ablehnungsantrag abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass bloß sachliche Differenzen - wie die Publikation einer Rechtsmeinung in Fachzeitschriften - nicht zur Befangenheit führen. Weitere Befangenheitsgründe seien nicht vorgetragen worden und auch nicht hervorgekommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde - nach einer Berufungsvorentscheidung des Finanzamts und dem Antrag des Beschwerdeführers auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz - die Berufung ab. Begründend führte sie aus, dass die §§ 2 und 3 der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung in der Stammfassung und in der Fassung BGBl. II Nr. 416/2001 mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , V 113/11, aufgehoben worden seien. Ebenso seien die §§ 4 und 5 der Verordnung in der Stammfassung sowie § 6 in der Stammfassung, in der Fassung BGBl. II Nr. 416/2001 sowie in der Fassung BGBl. II Nr. 634/2003 aufgehoben worden. Die Aufhebung des § 3 in der Fassung BGBl. II Nr. 416/2001 und des § 4 der Verordnung sei mit Ablauf des in Kraft getreten. Dies habe zur Folge, dass die Verordnung - gemessen an den Maßstäben des innerstaatlichen Rechts - im Beschwerdefall weiter anzuwenden sei. Für das Veranlagungsjahr 2007 sei § 2 in der Fassung BGBl. II Nr. 416/2001 anzuwenden, für die Folgejahre (2008 bis 2010) § 2 in der Fassung BGBl. II Nr. 149/2007. § 3 der Verordnung sei für alle streitgegenständlichen Veranlagungsjahre (2007 bis 2010) in der Fassung BGBl. II Nr. 416/2001 anzuwenden.

Die belangte Behörde sei - ungeachtet der vom Verfassungsgerichtshof bestätigten Bedenken gegen die Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit der Verordnung in den geprüften Fassungen - an die nationale Rechtslage gebunden. Sie sei verpflichtet, die Verordnung für das Veranlagungsjahr 2007 sowie die Folgejahre (2008 bis 2010) weiterhin anzuwenden. Gleichwohl dürfe sie die Verordnung nicht als Grundlage ihrer Entscheidung heranziehen, weil sie dem (höherrangigen) Unionsrecht widerspreche und die Rechtsgrundlage der Gewährung einer nicht notifizierten, unzulässigen Beihilfe iSd Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle. Danach seien staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohten, mit dem Gemeinsamen Markt (Binnenmarkt) unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten.

Unbestritten sei zudem, dass der Anteil der abgegebenen Speisen im Beschwerdefall lediglich etwa 5% bis 6% des Gesamtumsatzes betragen habe. Selbst wenn die Verordnung anzuwenden wäre, erwiese sich - in Anbetracht der in der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts aufgezeigten Auswirkungen der Verordnung - jedenfalls eine Auslegung angebracht, die die Gesetz- und Verfassungswidrigkeit der Verordnung nach Möglichkeit zu mindern versuche. Eine solche (gesetzeskonforme) Interpretation würde dafür sprechen, den Anwendungsbereich der Verordnung (schon mit Rücksicht auf die stark unterschiedliche Höhe der zugrunde liegenden Rohaufschläge) auf Betriebe einzuschränken, die in nennenswertem Umfang Speisen und nicht (wie der vorliegende Betrieb) nahezu ausschließlich Getränke anböten.

Zur Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2007 bis 2009 führte die belangte Behörde aus, die vom Finanzamt nach Durchführung der Außenprüfung erlassenen Wiederaufnahmebescheide stützten sich auf die vom Prüfer in der Niederschrift vom und in Tz 2 des Prüfungsberichts vom enthaltenen Feststellungen. Aus diesen ergebe sich zweifelsfrei, dass das Finanzamt erstmals im Zuge des Prüfungsverfahrens die näheren Umstände des Betriebs des Beschwerdeführers in Erfahrung habe bringen können. Es sei zwar richtig, dass dem Finanzamt auf Grund der eingereichten Abgabenerklärungen zur Umsatzsteuer habe bekannt sein müssen, dass der Beschwerdeführer neben begünstigten Umsätzen vor allem Umsätze erzielt habe, die dem Normalsteuersatz (20%) unterlägen. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln sei allerdings nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen, und zwar derart, dass es darauf ankomme, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen sei, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können.

Das "Neuherkommen von Tatsachen und Beweismitteln" im Sinn des § 303 Abs. 4 BAO beziehe sich damit auf den Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres, dh. aber im vorliegenden Fall auf die jeweiligen Verfahren betreffend Veranlagung zur Einkommensteuer 2007, 2008 und 2009. Aus den Einkommensteuererklärungen bzw. der für das Jahr 2007 eingereichten Papier-beilage "Komb11E" sei nur ersichtlich gewesen, dass die Gewinne pauschal ermittelt worden seien und, was das Veranlagungsjahr 2007 betreffe, offenbar aus dem Betrieb eines "Kaffeehauses" stammen sollten. Allein auf Grund dieses Wissenstandes habe das Finanzamt nicht beurteilen können, ob die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verordnung - beurteilt nach den tatsächlichen Verhältnissen - gegeben seien. Erst im Zuge der Außenprüfung sei die in Tz 2 des Prüfungsberichts dargestellte Feststellung getroffen worden, dass der Anteil der abgegebenen Speisen lediglich 5% bis 6% des Gesamtumsatzes betrage, somit völlig untergeordnet sei, lediglich "Snacks" abgegeben worden seien und im Übrigen auch keinerlei Infrastruktur für eine Zubereitung von Speisen in größerem Umfang bzw. in aufwändigerem Stil vorhanden gewesen sei.

Dazu komme, dass im Zuge der Außenprüfung Kalkulationsdifferenzen bei den Warengruppen Bier und Spirituosen festgestellt worden seien, die Hinzurechnungen zum Gewinn aus Gewerbebetrieb von 14.000 EUR (2007), 2.000 EUR (2008), 2.000 EUR (2009) und 13.000 EUR (2010) erforderlich gemacht hätten, wobei - in Tz 1 des Prüfungsberichts - ausgeführt worden sei, dass die Berechnung der Zuschätzungen anhand der im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegten Unterlagen und Belege erfolgt sei. In den diesbezüglichen Feststellungen seien (unbestritten) weitere Wiederaufnahmegründe im Sinne des § 303 Abs. 4 BAO für die Jahre 2007 bis 2009 zu erblicken. Die Hinzuschätzungen nach Tz 1 des Prüfungsberichts von 14.000 EUR (2007), 2.000 EUR (2008) und 2.000 EUR (2009) betrügen 128,4% (2007), 16,8% (2008) und 15,8% (2009) der erklärten Gewinne dieser Jahre (für das Jahr 2010 wiederum sei der erklärte Gewinn aus Gewerbebetrieb um 101,6% zu erhöhen). Sie seien daher - (schon) für sich genommen - nicht als geringfügig einzustufen. Dazu komme, dass das Gewicht eines Wiederaufnahmegrunds, der sich auf mehrere Jahre erstrecke, in der Regel nicht je Verfahren, sondern in seiner Gesamtheit zu beurteilen sei. Die Hinzuschätzungen der drei strittigen Jahre (2007 bis 2009) von 18.000 EUR hätten aber in etwa 142% des erklärten Gewinns aus Gewerbebetrieb des Jahres 2009 betragen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zur Befangenheit:

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid zunächst bereits wegen Befangenheit des Vorsitzenden für rechtswidrig. Es könne keine Rede davon sein, dass der Vorsitzende in seinen Publikationen die Pauschalierungsverordnung mit der gebotenen Sachlichkeit beurteilt hätte. Mit keinem Wort habe er sich mit den zahlreichen und überwiegenden gegenteiligen Rechtsauffassungen auseinandergesetzt, sondern versteige sich sogar in die unsachliche Aussage, dass die Gaststättenpauschalierungsverordnung "ein Privileg wie aus dem Bilderbuch" darstelle. Es bestehe somit kein Zweifel, dass sich der Vorsitzende gemäß § 76 Abs. 1 BAO der Ausübung seines Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen gehabt hätte. Da die Rechtsauffassung des Vorsitzenden der überwiegenden Rechtsauffassung widerspreche, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass bei Beachtung der Vorschrift des § 76 Abs. 1 BAO die Behörde zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre, sodass der Bescheid aufzuheben sei.

Organe der Abgabenbehörden haben sich gemäß § 76 Abs. 1 BAO u. a. dann der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn "sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen" (lit. c).

Im Verfahren vor dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz stand den Parteien gemäß § 278 Abs. 1 BAO idF vor dem FVwGG 2012 das mit dem Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz, BGBl. I Nr. 97/2002, eingeführte "Recht zu, ein Mitglied des Berufungssenates mit der Begründung abzulehnen, dass einer der im § 76 Abs. 1 aufgezählten Befangenheitsgründe vorliegt".

Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit iSd § 76 Abs. 1 lit. c BAO vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln. Im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK ist die Befangenheit eines Mitglieds eines Tribunals in verfassungskonformer Weise dann anzunehmen, wenn einem Organwalter auch nur der äußere Anschein der Unparteilichkeit mangelt. Abgabenverfahren fallen zwar nicht in den Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK. Dem nationalen Gesetzgeber ist es jedoch unbenommen, die Anwendbarkeit der Grundsätze des Art. 6 EMRK auszudehnen. Mit dem AbgRmRefG, BGBl. I Nr. 97/2002, durch welches auch das Ablehnungsrecht des § 278 BAO aF eingeführt wurde, wollte der nationale Gesetzgeber die für civil rights maßgebenden Kriterien des Art. 6 EMRK für das Berufungsverfahren in Abgabensachen übernehmen (vgl. Ritz , BAO4, § 278 Tz 1). Im Anwendungsbereich des Unionsrechts ergibt sich mittlerweile auch aus Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. 2007/C 303/01, konsolidierte Fassung ABl. 2010/C 83/02 S. 389 ff) das Recht auf ein faires Verfahren und ein unparteiisches Gericht. Inhaltlich entsprechen die Garantien des Art. 47 GRC jenen des Art. 6 EMRK (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom , 2013/15/0291).

Sachliche Differenzen führen für sich genommen nicht zur Befangenheit eines Organwalters (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0211). In dem Umstand, dass sich die Rechtsansicht eines Organwalters nicht mit jener der Partei deckt, ist daher grundsätzlich keine Befangenheit zu erblicken (vgl. bereits die hg. Erkenntnisse vom , 92/15/0090 sowie vom , 2007/15/0104). Dass ein Organwalter eine gewisse Rechtsmeinung vertritt, begründet sohin ebensowenig den Anschein einer Befangenheit wie die Veröffentlichung einer bestimmten Rechtsmeinung in Form einer wissenschaftlichen Abhandlung. Sinn und Zweck der Ablehnung wegen Besorgnis einer Befangenheit ist nämlich nicht die Abwehr einer unrichtigen Rechtsauffassung des Organwalters. Die Unrichtigkeit seiner Entscheidung ist vielmehr durch die Rechtsmittelinstanzen zu überprüfen und grundsätzlich keine Angelegenheit des Ablehnungsverfahrens (vgl. dazu den ).

Dass der Vorsitzende die Gaststättenpauschalierungsverordnung als rechtlich bedenklich eingestuft und dies auch literarisch kundgetan hat, erfüllt daher - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - keinen Befangenheitstatbestand.

Spezifische Hinweise darauf, dass durch das Mitwirken des abgelehnten Vorsitzenden bei der Amtshandlung andere als sachliche Überlegungen eine Rolle spielen könnten oder dass aufgrund seiner veröffentlichten Rechtsmeinung eine unsachliche Verfahrensführung zu erwarten gewesen wäre, sind im Beschwerdefall aber nicht zu erkennen gewesen und werden von der Beschwerde auch nicht aufgezeigt.

2. Zur Wiederaufnahme:

Mit dem Verweis der Beschwerde auf abgegebene Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen, aus denen das Verhältnis des Speisenumsatzes als 10%igen Umsatzes zum Getränkeumsatz als 20%igen Umsatz dem Finanzamt bereits bekannt gewesen sei, vermag die Beschwerde die Unzulässigkeit der Wiederaufnahme aus mehreren Gründen nicht aufzuzeigen.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens (gegenständlich des Einkommensteuerverfahrens) derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Darüber hinaus verweist die belangte Behörde zu Recht auf erhebliche Kalkulationsdifferenzen, die bereits für sich genommen einen Wiederaufnahmegrund darstellen. Die Wiederaufnahme des Verfahrens führt jedoch stets zur gänzlichen Beseitigung jenes Bescheides, der das wiederaufgenommene Verfahren seinerzeit zum Abschluss brachte (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , 97/15/0179). Schließlich war aus den Umsatzsteuerverfahren nur allenfalls das Verhältnis von 10% und 20%igen Umsätzen, nicht aber das konkrete Speisen- und Getränkeangebot erschließbar.

3. Zur Gaststättenpauschalierungsverordnung:

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2012/15/0120, zu Recht erkannt, dass die Gaststättenpauschalierungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 227/1999, als Gaststätten keine anderen Betriebe als solche erfasst, die den Gästen auch frisch in einem Küchenbereich zubereitete Speisen anbieten (zumindest "kleine Speisekarte"). Im Erkenntnis vom , 2013/15/0208, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass ein Betrieb, der seinen Gästen lediglich Toasts anbietet, die wahlweise mit Schinken und/oder Käse sowie verschiedenen Gewürzen belegt werden, über keine Speisekarte im Sinne des hg. Erkenntnisses vom , 2012/15/0120, verfügt.

Auch ein Betrieb wie der vorliegende, der seinen Gästen lediglich "Snacks" (Toast, Bruschetta, Tramezzini und Brote) zur Auswahl stellt, besitzt keine Speisekarte im Sinne der zitierten Erkenntnisse (vgl. auch den hg. Beschluss vom , Ra 2014/15/0002).

Damit ist die belangte Behörde im Beschwerdefall im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Gaststättenpauschalierungs-Verordnung nicht gegeben sind.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am