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VwGH 21.10.2009, 2008/06/0042

VwGH 21.10.2009, 2008/06/0042

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauRallg;
ROG Tir 2006 §107 Abs1;
ROG Tir 2006 §113 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Ausführungen dazu, dass die in § 113 Abs. 1 erster Satz Tir ROG 2006 vorgesehene dreijährige Frist in dem Fall, dass innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes noch kein Flächenwidmungsplan erlassen wurde, nicht schon ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt, sondern erst nach der - wenn auch verspäteten - Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes.
Normen
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
ROG Tir 2001 §113 Abs1;
ROG Tir 2006 §113 Abs1;
ROG Tir 2006 §55 Abs1;
RS 2
Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 178/04 u.a., spricht für eine gleichheitskonforme Auslegung des § 113 Abs. 1 erster Satz Tir. ROG 2006 im Hinblick auf die Regelung, "wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan für das betreffende Grundstück noch nicht bestehen", dass das dabei verwendete "und" als "und" bzw. "oder" zu lesen ist. Andernfalls ergäbe sich genau jene Situation für den Bauwerber, die für den Verfassungsgerichtshof in dem angeführten Erkenntnis der Anlass für die Aufhebung des erwähnten Satzes in § 113 Tir. ROG 2001 war, nämlich dass für sein jahrzehntelang als Wohngebiet gewidmetes Grundstück ein Bauverbot besteht, weil lediglich ein allgemeiner Bebauungsplan erlassen wurde und aus diesem Grund die Ausnahmeregelung des § 113 Abs. 1 Tir. ROG (wie man dies auch für die Ausnahme gemäß § 55 Abs. 1 Tir. ROG 2006 annehmen müsste) nicht zur Anwendung käme.
Normen
BauRallg;
ROG Tir 1994;
ROG Tir 2006 §113 Abs1;
StGG Art5;
RS 3
Das seit dem Tir. ROG 1994 vorgesehene System von allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplänen findet dort seine Grenze, wo dadurch ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums vorläge. In diesem System muss im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 178/04 u.a., "sicher gestellt sein, dass eine Baubewilligung für ein Vorhaben auf einem Baulandgrundstück, für das alle gesetzlichen Voraussetzungen einer Bebauung erfüllt sind, jedoch ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan im Widerspruch zu den Bestimmungen des Tir. ROG nicht erlassen wurde, innerhalb eines angemessenen Zeitraums erwirkt werden kann". § 113 Tir. ROG 2006 hat gerade diese Funktion, die dem Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums gerecht werdende Grenze zu wahren.
Normen
AVG §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litc;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 lite;
BauRallg;
ROG Tir 2001 §113 Abs1;
ROG Tir 2001 §55 Abs1;
ROG Tir 2006 §113 Abs1;
ROG Tir 2006 §113 Abs2;
ROG Tir 2006 §55 Abs1;
RS 4
Das Nachbarrecht gemäß § 25 Abs. 3 lit. e Tir. BauO 2001 kommt auch in dem Fall zum Tragen, in dem nur ein allgemeiner Bebauungsplan besteht. Auch das "und" zwischen dem allgemeinen Bebauungsplan und dem ergänzenden Bebauungsplan in dieser Bestimmung ist - wie zu § 113 Abs. 1 Tir. ROG 2006 bereits vertreten - als "und/oder" zu verstehen. Das in § 25 Abs. 3 lit. e Tir. BauO 2001 verankerte Nachbarrecht ermöglicht es einem Nachbarn das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 Tir. ROG 2001 (nunmehr wiederverlautbart als Tir. ROG 2006) geltend zu machen. Gegenstand einer solchen Nachbareinwendung muss also das Nichtvorliegen der in diesen Bestimmungen statuierten Voraussetzungen sein. Im Zusammenhang mit § 113 Abs. 1 Tir. ROG 2006 bedeutet dies, dass der Nachbar auch das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der in § 113 Abs. 2 Tir. ROG 2006 statuierten Kriterien für eine Ausnahme zur Erteilung der Baubewilligung im Sinne des § 113 Abs. 1 erster Satz Tir. ROG 2006 geltend machen kann. Potenziell für geboten erachtete Festlegungen in dem nicht erlassenen ergänzenden Bebauungsplan sind nicht zulässiger Gegenstand gemäß § 25 Abs. 3 lit. e Tir. BauO 2001. § 25 Abs. 3 lit. c Tir. BauO 2001 räumt demgegenüber in dem Falle, dass Bebauungspläne anzuwenden sind, ausdrücklich ein Nachbarrecht hinsichtlich der Einhaltung der festgelegten Baufluchtlinien, Baugrenzlinien, Bauweise und Bauhöhe ein.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der X in Z, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve1-8-1/367-4, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Y, vertreten durch Oberhofer & Hibler Rechtsanwälte Innsbruck-Lienz in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, 2. Marktgemeinde Z), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstmitbeteiligte beantragte mit dem am bei der mitbeteiligten Marktgemeinde eingelangten Ansuchen die Erteilung der baurechtlichen Bewilligung für den Neubau eines Wohngebäudes mit drei Wohneinheiten und Carport mit einem Kellergeschoß und für den Abbruch des Bestandsgebäudes auf einem Grundstück der mitbeteiligten Marktgemeinde.

Für das seit 1980 als Wohngebiet gewidmete Grundstück liegt ein allgemeiner, aber kein ergänzender Bebauungsplan vor. Die belangte Behörde hatte das örtliche Raumordnungskonzept mit dem aufsichtsbehördlichen Bescheid vom genehmigt.

Der staatlich befugte und beeidete Ingenieurkonsulent für Raumplanung und Raumordnung Dipl. Ing. E. erstattete zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen zur Erteilung einer Bewilligung gemäß der Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 2 Tir. RaumordnungsG 2006 (TROG 2006) das raumplanerische Gutachten vom .

Die Kundmachung bzw. Ladung zur mündlichen Verhandlung am erfolgte am . Noch vor der mündlichen Bauverhandlung am langten Einwendungen der Beschwerdeführerin in schriftlicher Form bei der zweitmitbeteiligten Partei ein. Die Beschwerdeführerin machte insbesondere geltend, dass die in § 113 Abs. 1 Tir. RaumordnungsG 2001 vorgesehene 3-Jahres-Frist bereits abgelaufen sei, weshalb diese Bestimmung nicht mehr angewendet werden könne. Auch § 55 TROG 2006 sei nicht einschlägig, da ein allgemeiner Bebauungsplan bestehe und diese Bestimmung bei grammatikalischer und enger Auslegung gleichfalls nicht angewendet werden könne. Weiters sei das zu § 113 Abs. 2 TROG 2006 erstattete Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. E. aus den verschiedensten Gründen mangelhaft. Soweit mit den Festlegungen des Flächenwidmungsplanes ein Immissionsschutz verbunden sei, was in Bezug auf das Baugrundstück nicht ausgeschlossen werden könne, hätte ein entsprechendes Immissionsschutzgutachten eingeholt werden müssen.

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde erteilte dem Erstmitbeteiligten mit Bescheid vom die baurechtliche Bewilligung zur Errichtung des im wiedergegebenen Befund und in der Baubeschreibung dargestellten Bauvorhabens nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne unter Auflagen und Bedingungen. Er führte dazu insbesondere aus, dass das Baugrundstück nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im Bauland liege und als "Wohngebiet" gewidmet sei (die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch die Tiroler Landesregierung sei mit Bescheid vom erfolgt). Das Grundstück liege in einem Baulandumlegungsgebiet der mitbeteiligten Marktgemeinde. Für dieses Gebiet bestehe ein allgemeiner Bebauungsplan, der die aufsichtsbehördliche Genehmigung mit Bescheid vom erhalten habe.

Es sei für das geplante Bauvorhaben von Dipl. Ing. E. das raumplanerische Gutachten vom eingeholt worden. In diesem im Bescheid wiedergegebenen Gutachten bestätigte der Sachverständige das Vorliegen der Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 lit. a bis c TROG 2006. Danach gewähre das Bauvorhaben eine geordnete bauliche Entwicklung im Sinn der Ziele der örtlichen Raumordnung, insbesondere im Hinblick auf die Größenverhältnisse der Gebäude zueinander. Das Bauvorhaben integriere sich in die bestehende Gebietscharakteristik und das Orts- und Straßenbild (Hinweis auf Fotos). Die verkehrsmäßige Erschließung des Bauplatzes gemäß § 113 Abs. 2 lit. b TROG 2001 erfolge von Norden über die öffentliche Verkehrsfläche des F-Weges. Diese Verkehrsfläche sei im allgemeinen Bebauungsplan durch eine Straßenfluchtlinie als Hauptverkehrsfläche kenntlich gemacht. Der durchschnittliche Flächenverbrauch von ca. 180 m2 pro Wohneinheit unterstreiche die bodensparende Bebauung für die drei Wohneinheiten auf dem 563 m2 großen Baugrundstück. Die Nutzung und Art der Bebauung stehe im Einklang mit den Vorgaben des örtlichen Raumordnungskonzeptes und der vorliegenden Bebauungsstruktur. Das Bauvorhaben gewährleiste eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung und die Vorgaben des allgemeinen Bebauungsplanes würden erfüllt. Das vorliegende Projekt könne daher gemäß § 113 Abs. 2 TROG 2006 raumordnungsfachlich befürwortet werden.

Der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde wies die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom als unbegründet ab. Die erstinstanzliche Behörde habe zutreffend gestützt auf das schlüssige Gutachten des Dipl. Ing. E. das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 113 Abs. 2 TROG 2006 bejaht. Der Gesetzgeber habe nicht explizit ausgeschlossen, dass nach Ablauf der Frist nach § 107 TROG 2006 § 113 TROG 2006 angewendet werden könne. Andernfalls würde der nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 178-181/04, eigentumsrechtlich bedenkliche Fall eintreten, dass für das jahrzehntelang als Bauplatz gewidmete Grundstück ("Altbauland") trotz des seit dem TROG 1994 verstrichenen Zeitraumes mangels vollständiger Bebauungsplanung ein Bauverbot bestehe. Dies stelle eine Eigentumsbeschränkung dar, für die das gemäß Art. 1 1. ZP EMRK gebotene, faire Gleichgewicht zwischen den öffentlichen Interessen und dem privaten Schutz des Eigentums fehle.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Sie führte dazu im Wesentlichen aus, dass die von der Beschwerdeführerin vertretene Auslegung, § 113 TROG sei wegen des Ablaufes der dort angeführten Frist nicht mehr anzuwenden, klar dem Gesetzeswortlaut des TROG 2006 (§§ 107 und 113) widerspreche und sich aus dem Verstreichenlassen der 3-Jahres-Frist für die Erlassung des Flächenwidmungsplanes keine Sanktionen ergäben. Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom lasse sich das Außerkrafttreten der §§ 55 und 113 TROG 2006 ebenfalls nicht ableiten.

Zur aufgeworfenen Unschlüssigkeit des Gutachtens des Sachverständigen Dipl. Ing. E. werde darauf verwiesen, dass diesem Gutachten vom im Wesentlichen zu entnehmen sei, das Bauvorhaben stehe einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung im Hinblick auf die Größenverhältnisse der Gebäude zueinander und den Schutz des Orts- und Straßenbildes nicht entgegen. Die Nutzung der Art der Bebauung stehe im Einklang mit den Vorgaben des örtlichen Raumordnungskonzeptes und der vorliegenden Bebauungsstruktur. Das Bauvorhaben gewährleiste eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung. Der Sachverständige habe sich - entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin - nicht auf den bereits aufgehobenen ergänzenden Bebauungsplan gestützt, sondern lediglich dessen Beschlussfassung bzw. Außerkrafttreten erwähnt. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Unschlüssigkeit des angeführten Gutachtens könne von der belangten Behörde im Hinblick auf die umfangreiche Erhebung von Tatsachen und der daraus gezogenen Schlüsse nicht nachvollzogen werden, zumal eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Projekt erfolgt sei.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seien von den Nachbarn jeweils derartige Immissionen hinzunehmen, die sich im Rahmen des üblichen Ausmaßes einer Widmungskategorie, hier Wohngebiet gemäß § 38 Abs. 1 TROG 2006, bewegten. Es bestehe in einem solchen Fall auch kein Erfordernis, ein Sachverständigengutachten zu diesen Immissionen einzuholen, sofern nicht eine besondere, über das Übliche hinausgehende Belastung geltend gemacht werde.

Ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 und § 60 AVG sei nur dann gegeben, wenn die Behörde bei Einhaltung derselben zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Es sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend, dass eine Norm, auf die sich eine Begründung beziehe, grundsätzlich bestehe, eine fehlende Zitierung der Norm führe nicht zu einer Rechtswidrigkeit an sich.

Weiters sei festgestellt worden, dass die Frage der Zulässigkeit der Anwendbarkeit der §§ 55 und 113 TROG 2006 nicht auf fachlicher Ebene geklärt werden habe können. Im Berufungsbescheid seien allfällige Begründungsmängel des erstinstanzlichen Bescheides hinsichtlich der Problematik der Anwendbarkeit dieser Bestimmungen saniert worden.

Begründungsmängel, die zur Aufhebung des Bescheides führten, lägen daher nicht vor.

Der Verfassungsgerichtshof hat die zunächst bei ihm dagegen erhobene Beschwerde mit Beschluss vom , B 1312/077-7, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt und die Beschwerde unter einem dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Der Verfassungsgerichtshof führte in diesem Beschluss aus, dass die Bedenken, die zur Aufhebung des zweiten Satzes des § 113 Abs. 1 TROG 2001 durch das Erkenntnis VfSlg. Nr. 17.604/2005 geführt hätten, auf den vorliegenden Fall gerade nicht zuträfen. § 107 Abs. 1 TROG 2006 verpflichte zwar die Gemeinde, bis zum ein örtliches Raumordnungskonzept und innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes den Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder den bestehenden Flächenwidmungsplan zu ändern. Wenn die Gemeinde innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes noch keinen Flächenwidmungsplan erlassen habe, beginne die dreijährige Frist des § 113 Abs. 1 erster Satz TROG 2006 nicht schon ab diesem Zeitpunkt zu laufen, sondern erst nach der - wenn auch verspäteten - Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes.

In der nach Aufforderung ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall kommt die Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (TBO 2001), in der Fassung LGBl. Nr. 35/2005 zur Anwendung.

Gemäß § 25 Abs. 3 TBO 2001 sind Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, berechtigt, die Nichteinhaltung u. a. folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

"a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit

damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

b) ...

c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich

der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der

Bauhöhe;

d) der Abstandsbestimmungen des § 6;

e) im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein

ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001."

Weiters kommt das Tiroler Raumordnungsgesetz 2006, LGBl. Nr. 27 (TROG 2006), zur Anwendung.

Gemäß § 54 Abs. 5 TROG 2006 darf die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden außer in den Fällen des § 55 Abs. 1 und 2 nur erteilt werden, wenn für das betreffende Grundstück der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan bestehen und die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung rechtlich sichergestellt ist.

§ 55 leg. cit. sieht dazu Ausnahmen vor.

Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung besteht die Verpflichtung zur Erlassung allgemeiner und ergänzender Bebauungspläne nach § 54 Abs. 1 nicht.

"a) für einzelne unbebaute Grundstücke im Bereich

zusammenhängend bebauter Gebiete oder im unmittelbaren Anschluss an solche Gebiete, die auf Grund ihrer Größe nur mit Wohngebäuden mit höchstens fünf Wohnungen oder mit Gebäuden für Kleinbetriebe bebaut werden können, und

b) für bereits bebaute Grundstücke,

sofern die verkehrsmäßige Erschließung und die Erschließung dieser Grundstücke mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung bereits besteht und die Erlassung von Bebauungsplänen zur Gewährleistung einer geordneten Bebauung bzw. weiteren Bebauung derselben nicht erforderlich ist."

Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung darf auf Grundstücken, für die auf Grund des Abs. 1 oder 2 ein allgemeiner und ein ergänzender Bebauungsplan nicht bestehen, die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden nur dann erteilt werden, wenn

"a) die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer

geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinn der Ziele der örtlichen Raumordnung, insbesondere im Hinblick auf die Größenverhältnisse der Gebäude zueinander und den Schutz des Orts- und Straßenbildes, nicht zuwiderläuft,

b) der Neubau eine zweckmäßige und Boden sparende

Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleistet und

c) im Fall des Abs. 2 die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht."

§ 107 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz, § 108 Abs. 1, § 112 Abs. 1 und 2 und § 113 Abs. 1 und 2 TROG 2006 lauten wie folgt:

"§ 107

Örtliche Raumordnungskonzepte,

bestehende Flächenwidmungspläne,

anhängige Verfahren

(1) Jede Gemeinde hat bis zum , die Stadt Innsbruck bis zum , ein örtliches Raumordnungskonzept zu beschließen und der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorzulegen. Jede Gemeinde hat weiters innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes den Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder den bestehenden Flächenwidmungsplan zu ändern, soweit dies zur Vermeidung von Widersprüchen zu den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz und zu den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes erforderlich ist. Im Fall des § 111 hat die Gemeinde innerhalb dieser Frist einen Flächenwidmungsplan erstmalig zu erlassen.

(2) Die Flächenwidmungspläne nach § 10 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die am bestanden haben und im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes noch bestehen, bleiben weiterhin aufrecht. ..."

"§ 108

Bestehende Widmungen

(1) Auf die in Flächenwidmungsplänen nach § 10 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 festgelegten Widmungen sind die Bestimmungen dieses Gesetzes nach Maßgabe der Abs. 3 bis 7 anzuwenden.

(2) ...

(4) Wohngebiet nach § 12 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 gilt als Wohngebiet nach § 38 Abs. 1, Mischgebiet nach § 14 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 gilt als allgemeines Mischgebiet nach § 40 Abs. 2, Fremdenverkehrsgebiet nach § 14 Abs. 2 lit. b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 gilt als Tourismusgebiet nach § 40 Abs. 4."

"§ 112

Bebauungspläne

(1) Die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestehenden Bebauungspläne nach § 18 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 dürfen nicht mehr geändert werden. Sie treten mit der Erlassung des allgemeinen Bebauungsplanes für die betreffenden Grundflächen, spätestens jedoch drei Jahre nach dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 zweiter Satz, außer Kraft. Bis dahin ist auf die Festlegungen solcher Bebauungspläne, soweit sie nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes stehen, im Bauverfahren Bedacht zu nehmen.

(2) Allgemeine und ergänzende Bebauungspläne dürfen bereits vor dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes und des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 erlassen werden."

"§ 113

Bauverfahren

(1) Auf Grundstücken, die nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz 1984 als Bauland oder als Sonderflächen gewidmet worden sind, und auf Grundstücken, für die Verbauungspläne (Wirtschaftspläne) bestehen, darf abweichend vom § 54 Abs. 5 die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 zweiter Satz auch erteilt werden, wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan für das betreffende Grundstück noch nicht bestehen. In die Frist nach dem ersten Satz sind die Zeiten des Bauverfahrens, eines Verfahrens vor der Vorstellungsbehörde, dem Verwaltungsgerichtshof oder dem Verfassungsgerichtshof und einer Bausperre im Sinn des § 69 nicht einzurechnen.

(2) Eine Baubewilligung nach Abs. 1 erster Satz darf nur erteilt werden, wenn

a) die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinn der Ziele der örtlichen Raumordnung, insbesondere im Hinblick auf die Größenverhältnisse der Gebäude zueinander und den Schutz des Orts- und Straßenbildes, nicht zuwiderläuft.

b) die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht und

c) der Neubau eine zweckmäßige und Boden sparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleistet."

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin hätte die Ausnahmebestimmung des § 113 Abs. 1 TROG 2006, nach dem abweichend von § 54 Abs. 5 TROG 2006 unter bestimmten Voraussetzungen eine Baubewilligung ohne Vorliegen eines allgemeinen und eines ergänzenden Bebauungsplanes erteilt werden darf, nicht angewendet werden dürfen. Zwei Voraussetzungen für die Anwendung des § 113 Abs. 1 TROG 2006 lägen nicht vor. Eine solche Bewilligung sei nur "bis zum Ablauf von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 zweiter Satz" zulässig. § 107 Abs. 1 TROG bestimme in seinem ersten Satz, dass jede Gemeinde bis zum (die Stadt Innsbruck bis zum ) ein örtliches Raumordnungskonzept zu beschließen und der Landesregierung zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung vorzulegen habe. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung habe jede Gemeinde weiters innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes den Flächenwidmungsplan neu zu erlassen oder den bestehenden Flächenwidmungsplan zu ändern, soweit dies zur Vermeidung von Widersprüchen zu den Zielen der örtlichen Raumordnung nach diesem Gesetz und zu den Festlegungen des örtlichen Raumordnungskonzeptes erforderlich ist. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin habe die zweijährige Frist für die Erlassung des Flächenwidmungsplanes gemäß § 107 Abs. 1 TROG 2001 jedenfalls mit zu laufen begonnen und am geendet. Daraus ergebe sich, dass die dreijährige Frist des § 113 TROG 2006 nach "dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes gemäß § 107 Abs. 1 zweiter Satz" am geendet habe. Die Ausnahmebestimmung des § 113 könne daher mit dem nicht mehr angewendet werden.

Der Verfassungsgerichtshof habe in dem Erkenntnis vom , G 178/04 u.a., zu dieser im § 113 Abs. 1 erster Satz TROG vorgesehenen Frist für den Fall, dass ein vor Erlassung des örtlichen Raumordnungskonzeptes erlassener Flächenwidmungsplan nicht mehr geändert worden sei, ausgesprochen, dass die dreijährige Frist des § 113 Abs. 1 erster Satz im Anschluss an die zweijährige Frist des § 107 Abs. 1 zweiter Satz TROG 2001 zu laufen beginne, da sich ein Änderungsanlass des Flächenwidmungsplanes wegen Widerspruchs zum örtlichen Raumordnungskonzept erst ab dessen Inkrafttreten herausstellen könne.

Diesem Vorbringen der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist dazu ins Treffen zu führen, dass der Verfassungsgerichtshof in der vorliegenden Beschwerdesache in seinem Ablehnungsbeschluss - wie wiedergegeben - (worauf auch die Beschwerdeführerin hinweist) ausdrücklich ausgesprochen hat, dass die in § 113 Abs. 1 erster Satz TROG 2006 vorgesehene dreijährige Frist in dem Fall, dass innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes noch kein Flächenwidmungsplan erlassen wurde, nicht schon ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt, sondern erst nach der - wenn auch verspäteten - Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes. Das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom zu § 113 Abs. 1 TROG 2001, dem der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit § 112 Abs. 1 TROG 2006 gefolgt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0062, in dem irrtümlich § 113 Abs. 1 TROG 2006 statt § 112 Abs. 1 TROG 2006 zur Frage des Außerkrafttretens des fraglichen Bebauungsplanes angeführt wurde), steht einer solchen Auslegung des § 113 Abs. 1 TROG 2006 im vorliegenden Beschwerdefall durch den Verwaltungsgerichtshof nicht entgegen.

Dass es auf die konkrete Erlassung des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes ankommt, hat der Verfassungsgerichtshof auch in seinem Erkenntnis vom , B 1622/06, ausgesprochen, in dem es um die Auslegung der diesbezüglich gleichartigen Regelung in § 112 Abs. 1 TROG ging. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung treten die im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bestehenden Bebauungspläne nach § 18 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 mit der Erlassung des allgemeinen Bebauungsplanes für die betreffenden Grundflächen, spätestens jedoch drei Jahre nach dem In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 zweiter Satz TROG 2006, außer Kraft. Auch in diesem Fall hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass, wenn die Gemeinde innerhalb von zwei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des örtlichen Raumordnungskonzeptes noch keinen Flächenwidmungsplan erlassen hat, die dreijährige Frist gemäß § 112 Abs. 1 TROG 2001 nicht schon ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginne, sondern erst nach der - wenn auch verspäteten - Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes, da der Wortlaut des § 112 Abs. 1 zweiter Satz TROG 2001 auf das tatsächliche In-Kraft-Treten des Flächenwidmungsplanes und nicht auf das hypothetische Ablaufen der gesetzlichen Frist des § 107 Abs. 1 zweiter Satz 2001 abstelle.

Auch für § 113 Abs. 1 erster Satz TROG 2006 muss ins Treffen geführt werden, dass die vorgesehene 3-Jahres-Frist auf das In-Kraft-Treten des neuen oder geänderten Flächenwidmungsplanes nach § 107 Abs. 1 zweiter Satz und damit auch auf das tatsächliche Inkrafttreten dieses Flächenwidmungsplanes abstellt. Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass eine Auslegung im Sinne der Beschwerdeführerin genau jene Bedenken im Lichte des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums hervorriefe, die den Verfassungsgerichtshof in dem angeführten Erkenntnis vom veranlasst haben, den früher in § 113 Abs. 1 TROG 2001 vorgesehenen Satz ("Die Baubewilligung darf nicht erteilt werden, wenn für ein solches Grundstück zwar der allgemeine, nicht jedoch der ergänzende Bebauungsplan besteht.") aufzuheben. So vertrat der Verfassungsgerichtshof die Ansicht, dass das durch diese Regelung im Effekt bewirkte Bauverbot eine Eigentumsbeschränkung darstelle, für deren Zulässigkeit der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte u.a. im Urteil vom im Fall Sporrong-Lönnroth, abgedruckt in EuGRZ 1983, S 523 ff, ein faires Gleichgewicht zwischen den öffentlichen Interessen an der Eigentumsbeschränkung und dem privaten Interesse an dem Schutz des Eigentums verlangt habe. Ein solches faires Gleichgewicht im Sinne des Art. 1 1. ZP EMRK liege nicht mehr vor, wenn in einem unangemessen langen Zeitraum trotz Vorliegens der Voraussetzungen keine Bebauungsplanung vorgenommen werde und dies auch nicht in einem absehbaren Zeitraum der Fall sein werde. Das Verbot der Erteilung der Baubewilligung für Bauland, das seit Jahrzehnten als solches gewidmet gewesen sei und für das trotz der Einführung der zweistufigen Bebauungsplanung durch das TROG 1994 zwar ein allgemeiner Bebauungsplan, jedoch kein ergänzender Bebauungsplan erlassen worden sei und für das die Erlassung eines ergänzenden Bebauungsplanes innerhalb eines absehbaren Zeitraums auch nicht sicher gestellt wäre, sei unverhältnismäßig und verstoße gegen das gebotene faire Gleichgewicht zwischen den öffentlichen Interessen an der Eigentumsbeschränkung und dem privaten Interesse an dem Schutz des Eigentums. Es handelt sich bei dem verfahrensgegenständlichen Baugrundstück um ein Grundstück, das seit dem Jahre 1980 als Wohngebiet gewidmet ist, das verkehrsmäßig erschlossen ist und für das - wie das der raumordnungsfachliche Sachverständige festgestellt hat - keine weiterführenden Verkehrs- oder Infrastrukturerschließungen erforderlich sind.

Eine weitere Voraussetzung des § 113 Abs. 1 TROG 2006 sei es nach Ansicht der Beschwerdeführerin, dass weder ein allgemeiner noch ein ergänzender Bebauungsplan vorliege. Im vorliegenden Fall liege jedoch ein ergänzender Bebauungsplan nicht vor.

Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Gerade das bereits angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom spricht für eine gleichheitskonforme Auslegung des § 113 Abs. 1 erster Satz TROG 2006 im Hinblick auf die Regelung, "wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan für das betreffende Grundstück noch nicht bestehen", dass das dabei verwendete "und" als "und" bzw. "oder" zu lesen ist. Andernfalls ergäbe sich im vorliegenden Fall genau jene Situation für den Erstmitbeteiligten, die für den Verfassungsgerichtshof in dem angeführten Erkenntnis der Anlass für die Aufhebung des erwähnten Satzes in § 113 TROG 2001 war, nämlich dass für sein jahrzehntelang als Wohngebiet gewidmetes Grundstück ein Bauverbot besteht, weil lediglich ein allgemeiner Bebauungsplan erlassen wurde und aus diesem Grund die Ausnahmeregelung des § 113 Abs. 1 TROG (wie man dies auch für die Ausnahme gemäß § 55 Abs. 1 TROG 2006 annehmen müsste) nicht zur Anwendung käme.

Weiters meint die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde die dem TROG 2006 zu Grunde liegende Intention des Landesgesetzgebers völlig außer Acht gelassen habe, das nunmehr ein aufeinander abgestimmtes, in sich schlüssiges System von allgemeinen bzw. ergänzenden Bebauungsplänen gelten solle.

Dem ist entgegenzuhalten, dass dieses seit dem Tir. RaumordnungsG 1994 vorgesehene System von allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplänen dort seine Grenze findet, wo dadurch ein unzulässiger Eingriff in das Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums vorläge. In diesem System muss - wie bereits dargelegt - im Sinne des angeführten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes "sicher gestellt sein, dass eine Baubewilligung für ein Vorhaben auf einem Baulandgrundstück, für das alle gesetzlichen Voraussetzungen einer Bebauung erfüllt sind, jedoch ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan im Widerspruch zu den Bestimmungen des TROG nicht erlassen wurde, innerhalb eines angemessenen Zeitraums erwirkt werden kann". § 113 TROG 2006 hat gerade diese Funktion, die dem Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums gerecht werdende Grenze zu wahren. Das verfahrensgegenständliche Grundstück ist seit dem Jahre 1980 als Wohngebiet gewidmet und die Beschwerdeführerin selbst stellt nicht in Frage, dass dieses Grundstück alle gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bebauung erfüllt. Auch wenn man bei der in § 113 Abs. 1 TROG 2006 angeführten 3-Jahres-Frist auf den tatsächlich erlassenen bzw. tatsächlich geänderten Flächenwidmungsplan abstellt, ist damit - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - der Ausnahmecharakter dieser Bestimmung nicht aufgehoben.

Weiters macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sie gemäß § 25 Abs. 3 lit. e TBO 2001 das Fehlen der Voraussetzungen u. a. gemäß § 113 Abs. 1 TROG 2001 rügen könne. Festlegungen wie die Baufluchtlinien, die Baugrenzlinien, die Bauweise, die Bauhöhe, die Höchstgröße des Bauplatzes u.a. seien regelmäßig Festlegungen eines ergänzenden Bebauungsplanes. Fehlten derartige Festlegungen, so müsse der Nachbar in der Lage sein, das Fehlen solcher Voraussetzungen im Sinne der Einwendung nach § 25 Abs. 3 lit. e TBO 2001 geltend zu machen.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Zunächst ist festzustellen, dass das Nachbarrecht gemäß § 25 Abs. 3 lit. e TBO 2001 auch in dem Fall zum Tragen kommt, in dem nur ein allgemeiner Bebauungsplan besteht. Auch das "und" zwischen dem allgemeinen Bebauungsplan und dem ergänzenden Bebauungsplan in dieser Bestimmung ist - wie zu § 113 Abs. 1 TROG 2006 bereits vertreten - als "und/oder" zu verstehen. Das in § 25 Abs. 3 lit. e TBO 2001 verankerte Nachbarrecht ermöglicht es einem Nachbarn das Fehlen der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 oder § 113 Abs. 1 TROG 2001 (nunmehr wiederverlautbart als TROG 2006) geltend zu machen. Gegenstand einer solchen Nachbareinwendung muss also das Nichtvorliegen der in diesen Bestimmungen statuierten Voraussetzungen sein. Im Zusammenhang mit § 113 Abs. 1 TROG 2006 bedeutet dies, dass der Nachbar auch das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der in § 113 Abs. 2 TROG 2006 statuierten Kriterien für eine Ausnahme zur Erteilung der Baubewilligung im Sinne des § 113 Abs. 1 erster Satz TROG 2006 geltend machen kann. Potenziell für geboten erachtete Festlegungen in dem nicht erlassenen ergänzenden Bebauungsplan sind nicht zulässiger Gegenstand gemäß § 25 Abs. 3 lit. e TBO 2001. § 25 Abs. 3 lit. c TBO 2001 räumt demgegenüber in dem Falle, dass Bebauungspläne anzuwenden sind, ausdrücklich ein Nachbarrecht hinsichtlich der Einhaltung der festgelegten Baufluchtlinien, Baugrenzlinien, Bauweise und Bauhöhe ein.

Weiters ist klarzustellen, dass das Gutachten des Dipl. Ing. E. zu den Kriterien des § 113 Abs. 2 TROG 2006 ergangen ist. Dazu stand es der Beschwerdeführerin offen, die Schlüssigkeit dieses Gutachtens durch ein entsprechendes Vorbringen (insbesondere auf gleicher fachlicher Ebene) in Frage zu stellen.

Wenn die Beschwerdeführerin behauptet, dass sich dieses Gutachten zu Unrecht auf den Entwurf eines Flächenwidmungsplanes nach dem TROG 2006 und den Entwurf eines ergänzenden Bebauungsplanes aus dem Jahre 2005 gestützt hätte, ist dem - wie dies die belangte Behörde bereits getan hat - entgegenzuhalten, dass beide Entwürfe vom Sachverständigen zwar angeführt wurden, bei seinen Schlussfolgerungen in Bezug auf die Kriterien des § 113 Abs. 2 TROG 2006 jedoch keine Rolle spielen. Die Beschwerdeführerin führt in dieser Hinsicht auch nichts Konkretes ins Treffen.

Wenn die Beschwerdeführerin weiters rügt, dass sich der Sachverständige Dipl. Ing. E. mit der Frage hätte befassen müssen, ob § 113 Abs. 2 TROG 2006 überhaupt zur Anwendung komme, kann ihr gleichfalls nicht gefolgt werden. Es handelt sich dabei - wie dies die Behörden zutreffend vertreten haben - um eine Rechtsfrage, die von den Behörden zu beantworten war. Dass diese Rechtsfrage im Ergebnis von den Behörden zutreffend beantwortet wurde, wurde bereits ausgeführt.

Wenn die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die festgestellte verkehrsmäßige Erschließung des Baugrundstückes auf die südlich angrenzende ökologische Freihaltefläche Bezug nimmt, genügt es darauf hinzuweisen, dass entlang der nördlichen Grundgrenze eine entsprechende Verkehrsfläche an das Baugrundstück angrenzt. Das Erfordernis einer verkehrsmäßigen Erschließung entlang der südlichen Grundgrenze stellt sich daher nicht.

Wenn die belangte Behörde sich bei der Anwendung des § 113 Abs. 2 TROG auf die diesbezüglich wesentlichen Aussagen des dazu eingeholten Gutachtens gestützt hat, besteht dagegen kein Einwand, wenn das Gutachten als schlüssig und nachvollziehbar zu qualifizieren ist, was im vorliegenden Fall in Bezug auf das Gutachten des Dipl. Ing. E. zu bejahen ist.

Weiters hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, die Ausführungen zum Bauplatz seien im Gutachten nicht zutreffend. Es sei weder geprüft worden, woher die Wasser- und Energieversorgung komme, wie die Zufahrt gesichert sei, welche Immissionen auf Nachbargrundstücken bestünden und anderes mehr.

Dazu ist festzustellen, dass Gegenstand der Prüfung gemäß § 113 Abs. 2 lit. b TROG 2006 u.a. war, dass die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer zweckmäßigen Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht. Dazu hat der Sachverständige im Rahmen seiner Ausführungen zum Projekt festgestellt, dass die Wasserversorgung und Abwasserentsorgung über das bestehende öffentliche Leitungsnetz gewährleistet sei. Das verfahrensgegenständliche Grundstück befindet sich - was gleichfalls im Gutachten festgehalten wurde - am südlichen Ortsrand von Z. in einem Neubaugebiet. Warum die aus den Einreichplänen ersichtliche Zufahrt zum Baugrundstück keine zweckmäßige verkehrsmäßige Erschließung darstellen solle, wird von der Beschwerdeführerin selbst nicht ausgeführt. Weiters kam es auf die Frage allfälliger Immissionen, die von dem Bauvorhaben auf Nachbargrundstücke ausgehen, bei der Vollziehung des § 113 TROG 2006 nicht an.

Weiters meint die Beschwerdeführerin, es hätte - was die zu befürchtenden Immissionen betreffe - ein entsprechendes Gutachten eines Sachverständigen für Lärmtechnik sowie eines medizinischen Sachverständigen eingeholt werden müssen.

Dazu ist auszuführen, dass das Grundstück seit dem Jahre 1980 als Wohngebiet gewidmet ist. Auf Grund der Übergangsbestimmung des § 108 Abs. 1 TROG 2006 ist dafür die Widmungsregelung des § 38 Abs. 1 TROG 2006 maßgeblich. Danach sind im Wohngebiet u.a. ohne jede Einschränkung Wohngebäude zulässig. Es kann keine Rede davon sein, dass die raumordnungsrechtliche Festlegung betreffend das verfahrensgegenständliche Baugrundstück unklar sei. Das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben, ein Wohngebäude mit 3 Wohneinheiten und einem Carport, erforderte in lärmmäßiger Hinsicht weder die Einholung eines Gutachtens eines lärmtechnischen Sachverständigen bzw. eines medizinischen Sachverständigen.

Wie es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/06/0015) hat der Nachbar eines Bauprojektes kein Recht, dass sich die Verhältnisse auf einer öffentlichen Verkehrsfläche im Nahebereich eines Bauprojektes nicht verändern.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §8;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 litc;
BauO Tir 2001 §25 Abs3 lite;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
ROG Tir 1994;
ROG Tir 2001 §113 Abs1;
ROG Tir 2001 §55 Abs1;
ROG Tir 2006 §107 Abs1;
ROG Tir 2006 §113 Abs1;
ROG Tir 2006 §113 Abs2;
ROG Tir 2006 §55 Abs1;
StGG Art5;
VwRallg;
Sammlungsnummer
VwSlg 17770 A/2009
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Baubewilligung BauRallg6
Baurecht Nachbar
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche
Rechte BauRallg5/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2008060042.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAE-74701