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VwGH 26.11.2008, 2005/08/0144

VwGH 26.11.2008, 2005/08/0144

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der M in D, vertreten durch Summer-Schertler-Stieger, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zlen. UVS-1-322/K3-2005, UVS-1-323/E5-2005, betreffend Bestrafung nach § 111 ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 330,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der D. GmbH zu verantworten, dass die D. GmbH sieben namentlich bezeichnete ausländische Staatsbürgerinnen, "bei denen es sich jeweils um eine in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Person" gehandelt habe, als "Table-Tänzerinnen" in näher bezeichneten Zeiträumen zwischen August 2004 und April 2005 beschäftigt und nicht innerhalb von sieben Tagen zur Pflichtversicherung bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse angemeldet habe. Die D. GmbH wäre als Dienstgeberin verpflichtet gewesen, die jeweilige Beschäftigte anzumelden, sie sei ihrer Verpflichtung aber nicht nachgekommen. Die Beschwerdeführerin habe dadurch in sieben Fällen Übertretungen des § 111 iVm § 33 Abs. 1 ASVG begangen.

Die Beschwerdeführerin wurde des Weiteren als Geschäftsführerin der D. GmbH schuldig erkannt, sie habe es zu verantworten, dass die D. GmbH vier namentlich bezeichnete ausländische Staatsangehörige in näher bezeichneten Zeiträumen ab Jänner 2005 als "Table-Tänzerinnen" beschäftigt habe, obwohl der D. GmbH für diese Ausländerinnen weder Beschäftigungsbewilligungen, Zulassungen als Schlüsselkraft oder Entsendebewilligungen erteilt oder Anzeigebestätigungen ausgestellt worden seien und die Ausländerinnen auch nicht im Besitz einer gültigen Arbeitserlaubnis für diese Beschäftigung, eines Befreiungsscheines oder eines Niederlassungsnachweises gewesen seien. Die Beschwerdeführerin habe dadurch in weiteren vier Fällen Übertretungen des § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG begangen.

Hinsichtlich der Übertretungen des ASVG sei die Beschwerdeführerin gemäß § 111 ASVG zu sieben Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 156 Stunden), hinsichtlich der Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG zu vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 84 Stunden) zu bestrafen gewesen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der - auf die Bekämpfung des Strafausmaßes - eingeschränkten Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG insofern teilweise Folge gegeben, als die nach dem ASVG verhängten Strafen in einem Fall auf EUR 900,--, in drei Fällen auf EUR 730,-- und in einem Fall auf EUR 800,-- herabgesetzt, hinsichtlich zweier weiterer Fälle aber der Berufung keine Folge gegeben und die ausgesprochene Strafe (EUR 1.000,--) bestätigt wurde.

Soweit die Übertretungen nach dem ASVG in Rede stehen, hat die belangte Behörde den Strafausspruch damit begründet, dass derartige Verwaltungsübertretungen von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von EUR 730,-- bis EUR 2.180,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, bestraft würden. Schutzzweck des § 33 Abs. 1 ASVG sei einerseits die Sicherstellung eines Versicherungsschutzes für den beschäftigten Dienstnehmer und andererseits die Sicherstellung von Beiträgen für die Versichertengemeinschaft. Die Beschwerdeführerin habe durch die von ihr begangenen Taten den genannten Schutzzwecken nicht unerheblich zuwider gehandelt. Milderungsbzw. Erschwerungsgründe seien keine hervorgekommen.

Die Beschwerdeführerin habe angegeben, ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 842,50 zu beziehen und Eigentümerin eines Pkws Baujahr 2003 zu sein, jedoch keine Sorgepflichten oder andere finanzielle Verpflichtungen zu haben. Ihr Ehegatte beziehe ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 700,--.

Die Strafen seien teilweise herabzusetzen gewesen, weil einerseits im Zweifel zu Gunsten der Beschwerdeführerin nicht von einem vorsätzlichen Verhalten habe ausgegangen werden können und andererseits das angegebene monatliche Nettoeinkommen geringer gewesen sei als jener Betrag, den die Erstbehörde ihrer Bemessung zu Grunde gelegt habe. Weiters seien jeweils unterschiedlich lange Tatzeiträume bei der Festsetzung der Strafen zu berücksichtigen gewesen, wobei hinsichtlich des - die Bestrafungen nach dem ASVG betreffenden - abweisenden Teils des Spruches eine Herabsetzung der Strafen im Hinblick auf den im Vergleich zu den anderen Spruchpunkten längeren Tatzeitraum nicht in Betracht gekommen sei. Unter Würdigung des festgestellten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin erachte die belangte Behörde die festgesetzten Strafen schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie legte in der Folge die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde, soweit sie die Bestrafungen nach dem ASVG betrifft, erwogen:

1. § 33 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 139/1997 lautet:

"§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jeden von ihnen beschäftigten, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung Pflichtversicherten (Vollversicherte und Teilversicherte) bei Beginn der Pflichtversicherung (§ 10) unverzüglich beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie die Abmeldung des Dienstgebers wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit der Beschäftigte in diesen Versicherungen pflichtversichert ist. Durch die Satzung des Trägers der Krankenversicherung kann die Meldefrist im allgemeinen bis zu sieben Tagen oder für einzelne Gruppen von Pflichtversicherten bis zu einem Monat erstreckt werden.

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind."

§ 111 ASVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 67/2001 lautet:

"§ 111. Dienstgeber und sonstige nach § 36 meldepflichtige Personen (Stellen), im Falle einer Bevollmächtigung nach § 35 Abs. 3 oder § 36 Abs. 2 die Bevollmächtigten, die der ihnen aufgrund dieses Bundesgesetzes obliegenden Verpflichtung zur Erstattung von Meldungen und Anzeigen bzw. zur Übermittlung von Meldungsabschriften an den Dienstnehmer nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen, die Erfüllung der Auskunftspflicht verweigern, den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit keine Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind, gewähren oder in den ihnen obliegenden Meldungen, Anzeigen und Auskünften unwahre Angaben machen, begehen, wenn die Handlung nicht nach anderer Bestimmung einer strengeren Strafe unterliegt, eine Verwaltungsübertretung und werden von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 730 Euro bis 2 180 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 2 180 Euro bis 3 630 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen bestraft."

Nach § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gemäß § 20 VStG kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist, die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Gemäß § 21 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, Tatzeit und Tatort seien im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht gesetzmäßig konkretisiert. Der "klassische Fall" der Schwarzarbeit sei nicht gegeben. Es habe sich um Show-Tänzerinnen gehandelt, die von einer Agentur vermittelt worden seien. Die Beschwerdeführerin habe auf Grund des vorliegenden Engagement-Vertrages mit Recht davon ausgehen können, "dass sämtliche Voraussetzungen für die Tänzerinnen gegeben" seien. Das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene, sei äußerst gering. Die Strafe hätte noch deutlicher herabgesetzt bzw. § 21 VStG Anwendung finden müssen. Die Ansicht der belangten Behörde, dass keine Milderungsbzw. Erschwerungsgründe vorlägen, sei unrichtig. Die Beschwerdeführerin habe bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt. Ihre Tat stehe mit ihrem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch. Sie habe davon ausgehen können, dass "sämtliche Anmeldungen und Voraussetzungen der Tänzerinnen durch die Agentur erledigt wurden". Daher sei "die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen worden (§ 34 Abs 1 Z 12 StGB)". Zudem sei die Tat schon vor längerer Zeit begangen worden. Die Beschwerdeführerin habe sich seither wohlverhalten. Da keine Erschwerungs-, aber eine Vielzahl von Milderungsgründen vorliegen würden, die allesamt unberücksichtigt geblieben seien, hätte die belangte Behörde eine mildere Entscheidung fällen müssen. Die Höhe der verhängten Strafen sei im Hinblick auf das Nettoeinkommen der Beschwerdeführerin "ruinös". Eine Interessenabwägung habe nicht stattgefunden.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde habe im Hinblick auf die dargelegten Milderungsgründe ihrer Begründungspflicht nicht Genüge getan und den Sachverhalt ungenügend erhoben, wodurch die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen unschlüssig seien.

3. Wie schon die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, wurde im Zuge des Berufungsverfahrens die Berufung der Beschwerdeführerin auf die Frage der Strafbemessung eingeschränkt. Die Schuldsprüche sind daher in Rechtskraft erwachsen. Auf jene Ausführungen der Beschwerde, die erneut die Aufhebung der Schuldsprüche intendieren, war aus diesem Grunde nicht mehr einzugehen. Dies gilt insbesondere für die Ausführung, wonach die Beschwerdeführerin davon habe ausgehen können, dass "sämtliche Anmeldungen ... durch die Agentur erledigt wurden".

Die Strafbemessung begegnet keinen Bedenken. Dazu genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das dieselben Sachverhalte unter dem Gesichtspunkt der Bestrafungen nach § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0121, zu verweisen.

Aus den in diesem Erkenntnis genannten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §111;
ASVG §33 Abs1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §20;
VStG §21 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2008:2005080144.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAE-74657

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