VwGH vom 23.07.2009, 2008/05/0273

VwGH vom 23.07.2009, 2008/05/0273

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Dr. F W in Krems, vertreten durch Hirtzberger Sacha Katzensteiner Rechtsanwälte GmbH in 3500 Krems, Gartenaugasse 3, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom , Zl. MD-W-3/2008/Mag.Ha/R, betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien:

1. Mag. M H in 3504 Krems„ 2. C H in Krems, vertreten durch Dr. Harald Ofner, Dr. Thomas Wagner, Mag. Edda Ofner und Dr. Martin Mahrer, Rechtsanwälte in 1160 Wien, Schuhmeierplatz 14), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Liegenschaft EZ. 852, Grundbuch 12132 Stein, steht zu 153/450 Anteilen im Miteigentum der erstmitbeteiligten Partei, zu 72/450 Anteilen im Miteigentum der zweitmitbeteiligten Partei, zu 136/450 Anteilen im Miteigentum des Beschwerdeführers und zu 89/450 Anteilen im Miteigentum der Mag. U. W.. An dieser Liegenschaft ist Wohnungseigentum begründet.

Mit Schriftsatz vom erstatteten die mitbeteiligten Parteien eine Bauanzeige betreffend "diverse Umbau- und Adaptierungsmaßnahmen auf ihren Grundstücken .327 und 136/6, inneliegend der Liegenschaft EZ. 852 KG Stein".

Mit Schreiben vom wurde den Mitbeteiligten von der Baubehörde - gestützt auf die §§ 15 und 16 NÖ Bauordnung 1996 -

mitgeteilt, "dass Ihre bei uns eingebrachte Bauanzeige positiv erledigt werden konnte und daher baubehördlich zur Kenntnis genommen wird. Sie erhalten anbei die von Ihnen vorgelegten Skizzen und Beschreibungen in einfacher Ausfertigung, versehen mit der Bezugsklausel, zu Ihrer weiteren Verwendung retour".

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer als Miteigentümer der vom Bauvorhaben der mitbeteiligten Parteien betroffenen Grundstücke "darüber mit Bescheid abzusprechen, dass das vorliegende Bauvorhaben von (mitbeteiligte Parteien) nicht mit einer Bauanzeige zu erledigen ist, sondern dem Baubewilligungsverfahren gemäß § 14 der NÖ Bauordnung unterliegt".

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Krems an der Donau als Baubehörde erster Instanz vom wurde dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil die Parteistellung im gegenständlichen Verfahren nach den §§ 15 und 16 NÖ Bauordnung 1996 für das Anzeigeverfahren zu beurteilen sei und in diesem Verfahren die Mitwirkung weder der Nachbarn als Anrainer noch des Grund- und Miteigentümers kraft Gesetzes vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer hätte weder einen Rechtsanspruch noch ein rechtliches Interesse im Sinne des materiellen und formellen Rechtes.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers im Grunde der § 66 Abs. 4 AVG sowie §§ 6 und 15 NÖ Bauordnung 1996 keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Anzeigeverfahren nach § 15 NÖ Bauordnung 1996 der Nachbar und der Miteigentümer keine Parteistellung hätten. Wenn ein (Mit-)Eigentümer des von der Bauanzeige betroffenen Grundstückes mit dem angezeigten Bauvorhaben eines anderen (Mit-)Eigentümers nicht einverstanden sei, dann stehe ihm zur Verhinderung dieses Vorhabens lediglich der Zivilrechtsweg offen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides. Der Beschwerdeführer erachtet sich als Miteigentümer des von der Bauanzeige betroffenen Gebäudes in seinem Recht verletzt, "dass die Veränderung des Baukörpers einer Baubewilligungspflicht unterliegt und demzufolge nur mit seiner Zustimmung überhaupt einer Behandlung durch die Baubehörde zugänglich ist, zumal dies im § 18 Abs. 1 Z. 1 lit. b der NÖ Bauordnung ausdrücklich verlangt wird". Er führt aus, die Beschwerdeführer seien nur zu 50% Eigentümer der Liegenschaft und könnten die geforderte Zustimmung der Mehrheit der Miteigentümer nicht erbringen.

Die belangte Behörde erstattete keine Gegenschrift, legte jedoch die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Die zweitmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 (BO) hat im Baubewilligungsverfahren und in den baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 neben dem Bauwerber und dem Eigentümer des Bauwerks auch der Eigentümer des Baugrundstückes Parteistellung.

Im Bewilligungsverfahren sind zwecks Nachweises des Nutzungsrechtes gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 BO dem Antrag auf Baubewilligung anzuschließen


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a)
die Zustimmung des Grundeigentümers oder
b)
die Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen bei Miteigentum oder
c) die vollstreckbare Verpflichtung des Grundeigentümers zur Duldung des Vorhabens.
Aus dieser Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof gefolgert (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0332, m.w.N.), dass den (Mit-)Eigentümern eines Grundstückes Parteistellung gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 NÖ Bauordnung 1996 zukommt. Diese Parteistellung ist jedoch nicht wie die der Nachbarn (§ 6 Abs. 1 Z. 3 und 4 NÖ Bauordnung 1996) an die in Abs. 2 des § 6 leg. cit. angeführten subjektiv-öffentlichen Rechte gebunden. Da also die Einräumung der Parteistellung der Grundeigentümer unabhängig von der Einräumung subjektiver Rechte erfolgt, ist ihr Bestand auch nicht von der Erhebung von Einwendungen im Sinne des § 42 Abs. 1 AVG abhängig.
Der Grundeigentümer (Miteigentümer) ist in Ansehung eines Ansuchens um Baubewilligung am Bauverfahren aber regelmäßig nur hinsichtlich der Frage Partei, ob die liquid erforderliche, als Beleg dem Ansuchen anzuschließende Zustimmung der Grundeigentümer (der Miteigentümer) vorliegt oder nicht. Darüber hinaus können die Grundeigentümer noch Partei des Bauverfahrens hinsichtlich der ihr Eigentum unmittelbar betreffenden Auflagen sein. So gesehen genießen die Grundeigentümer im Baubewilligungsverfahren nur eine eingeschränkte Parteistellung (vgl. hiezu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0332).
§ 18 Abs. 1 Z. 1 lit. b NÖ Bauordnung 1996 fordert bei Vorhandensein mehrerer Miteigentümer des Baugrundstückes nur mehr die Zustimmung der Mehrheit nach Anteilen. Ausgehend vom klaren Gesetzeswortlaut ist daher bei Vorliegen der Zustimmung der Mehrheit der Grundeigentümer nach Anteilen eine Berücksichtigung der Minderheitseigentümer betreffend die Zustimmung zum Bauvorhaben auf ihrem Grundstück nicht mehr gefordert (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/1040, VwSlg. 16.169/A).
Für das Anzeigeverfahren ist nur im Falle des anzeigepflichtigen Vorhabens gemäß § 15 Abs. 1 Z. 17 NÖ Bauordnung 1996 ("Einfriedungen, die keine baulichen Anlagen sind und gegen öffentliche Verkehrsflächen auf Grundstücken errichtet werden, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen") die Zustimmung des Grundeigentümers gefordert.
Ausgehend davon bedarf es daher im Beschwerdefall keiner näheren Erörterung darüber, ob in einem Fall wie dem vorliegenden dem Beschwerdeführer als Grundeigentümer in einem Verfahren, in dem zu Unrecht eine Kenntnisnahme der Bauanzeige gemäß § 15 Abs. 4 NÖ Bauordnung 1996 erfolgt ist, Parteistellung hätte eingeräumt werden müssen (vgl. in diesem Zusammenhang die zur Bauordnung für Wien ergangene Rechtsprechung zu § 62 Abs. 3 Bauordnung für Wien, insbesondere das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/1506, mwN), weil der Beschwerdeführer - worauf er auch selbst hingewiesen hat - nur Minderheitseigentümer des vom Bauvorhaben betroffenen Grundstückes ist und daher selbst in einem Fall, in dem die hier zu beurteilenden Bauvorhaben bewilligungspflichtig wären, durch die Zurückweisung seines Antrages vom nicht in dem von ihm geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Recht (seine fehlende Zustimmung zum angezeigten Bauvorhaben) verletzt sein kann.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am