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VwGH vom 14.01.2013, 2010/08/0069

VwGH vom 14.01.2013, 2010/08/0069

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der H. Gesellschaft m.b.H. in B, vertreten durch Dr. Erich Greger und Dr. Günther Auer, Rechtsanwälte in 5110 Oberndorf, Salzburger Straße 77, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom , Zl 20305- V/14.563/4-2010, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5020 Salzburg, Engelbert-Weiß-Weg 10), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit erstinstanzlichem Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom wurde die beschwerdeführende Partei verpflichtet, die "mit Beitragsvorschreibung vom nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge in Höhe EUR 27.383,02 samt Verzugszinsen/Beitragszuschlag in Höhe von EUR 5.338,26 sowie Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG in Höhe von EUR 1.069,10, sohin einen Gesamtbeitrag in der Höhe von EUR 33.790,38" zu entrichten. Die Verpflichtung werde unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der §§ 30, 33, 34, 35 Abs 1, 42, 44 Abs 1, 49 Abs 1, 54, 58 Abs 1 und 2, 59, 68 sowie 113 ASVG sowie § 6 BMVG ausgesprochen und nehme Bezug auf die Beitragsvorschreibung vom , die einen integrierten Bestandteil des Bescheids bilde.

Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse im Wesentlichen aus, dass im Zuge der Durchführung einer gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben festgestellt worden sei, dass die Abrechnung der Sozialversicherungsbeiträge bezüglich 14 näher genannter Dienstnehmer im Prüfungszeitraum bis nicht in der richtigen Höhe durchgeführt worden sei.

Bei diesen Dienstnehmern handle es sich um LKW-Fahrer. Die von der beschwerdeführenden Partei als Dienstgeberin vorgelegten Tachografenscheiben sowie Reisekostenabrechnungen seien zur Feststellung der Einsatzzeiten herangezogen worden. Die Tachografenscheiben seien teilweise "nicht den Vorschriften entsprechend geführt" worden und nicht vollständig gewesen. Es sei nur zwischen Fahrzeit und Ruhezeit unterschieden worden, sodass eine genaue Ermittlung der tatsächlichen Gesamteinsatzzeit anhand der Tachografenscheiben nicht in vollem Umfang möglich gewesen sei. Nach den von der erstinstanzlichen Behörde durchgeführten Ermittlungen seien die Fahrer der beschwerdeführenden Partei laut Reisekostenabrechnung sehr viel unterwegs gewesen, wobei für diese Einsatzzeiten jedoch kaum Überstunden abgerechnet worden seien. Die beschwerdeführende Partei habe pro Monat pauschal 173 Arbeitsstunden zuzüglich 65 Überstunden mit 50% Zuschlag in Ansatz gebracht. Auf Basis der vorhandenen Unterlagen sei festgestellt worden, dass die durch die beschwerdeführende Partei abgerechneten Stunden nicht mit der tatsächlichen Stundenzahl übereinstimmen würden. Die durchschnittliche Einsatzzeit unter Berücksichtigung aller beim Dienstgeber beschäftigten Fahrer sei um ca. 21% über der abgerechneten Stundenanzahl gelegen.

Für den Dienstnehmer K.S. seien weitestgehend lückenlose Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegen, eine "Einlesung der Tachoscheiben" für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2005 habe ergeben, dass dessen Einsatzzeiten als Fahrer um 17,38% über den von der Dienstgeberin abgerechneten Stunden gelegen seien. Andere ausgewertete Arbeitszeitaufzeichnungen hätten sogar eine "Unterentlohnung" von 21,5% ergeben. Als Durchschnittssatz für die Erhöhung seien sodann nur 17% herangezogen worden, um etwaige Schwankungen in den Jahren 2003 und 2004 zu berücksichtigen. Der Nachverrechnungsbetrag ergebe sich aus der Feststellung der tatsächlichen Stundenanzahl abzüglich der abgerechneten Stundenanzahl auf Basis der Daten des Dienstnehmers K.S. Betreffend den als Fahrer tätigen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei sei eine Hinzurechnung des nicht verrechneten Feiertagsentgeltes erfolgt. Darüber hinaus sei festgestellt worden, dass während der Urlaubsabwesenheiten einzelner Dienstnehmer sowie an Feiertagen der Lohn in der üblichen Höhe, jedoch ohne Hinzurechnung der durchschnittlichen Überstundenentlohnung bzw des Feiertagsentgeltes ausbezahlt worden sei.

In der dem Bescheid angeschlossenen Beitragsvorschreibung vom sind die 14 Dienstnehmer und die jeweils auf sie entfallenden nachzuverrechnenden Sozialversicherungsbeiträge in den Jahren 2003 bis 2005 tabellarisch angeführt.

In ihrem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch vom führte die beschwerdeführende Partei aus, es sei weder dem Bescheid noch der Beitragsvorschreibung zu entnehmen, nach welcher Berechnungsmethode die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu den in der Beitragsvorschreibung angeführten Beträgen gelange. Es sei dem "objektiven Betrachter" auch nicht möglich festzustellen, ob tatsächlich für sämtliche Dienstnehmer die Nachverrechnung dergestalt durchgeführt worden sei, dass pauschal von 17% Mehrstunden im Verhältnis zu den zur Abrechnung gelangten Stunden ausgegangen worden sei. Unzutreffend sei auch die Feststellung an sich, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden sämtlicher Dienstnehmer für den gesamten Prüfungszeitraum um 17% über den tatsächlich abgerechneten Arbeitsstunden gelegen wären. Es sei nicht nachvollziehbar, an welchen Tagen die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse welche Mehrarbeitszeiten angenommen habe. Beiträge für das Jahr 2003 seien zudem gemäß § 68 ASVG verjährt, weil die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Verjährungsfrist nicht vorlägen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Einspruch der beschwerdeführenden Partei abgewiesen. Die belangte Behörde führte begründend aus, die beschwerdeführende Partei sei bereits im Rahmen der Beitragsprüfung gemäß § 42 Abs 1 ASVG zur vollständigen Vorlage aller Tachografenblätter und Reisekostenabrechnungen für alle 14 Fahrer für den gesamten dreijährigen Prüfungszeitraum aufgefordert worden. Die beschwerdeführende Partei sei dieser Aufforderung jedoch in ausreichender Form lediglich betreffend den Dienstnehmer K.S. und hier wiederum nur für das Jahr 2005 nachgekommen. Zudem seien die Tachografenscheiben bzw das jeweils verwendete Aufzeichnungsgerät nur bedingt ordnungsgemäß verwendet worden. Die für den Dienstnehmer K.S. nur für das Jahr 2005 zur Verfügung gestandenen Tachografenscheiben seien durch Vergrößerung präzise ausgewertet worden. Diese Einsatzzeiten seien betreffend alle 14 Dienstnehmer für den gesamten Prüfungszeitraum bis als repräsentativ anzusehen. Dies mit der Maßgabe, dass für den ebenso als Fahrer tätigen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei, W.B., ein diesem gebührendes Feiertagsentgelt nicht zur Verrechnung gelangt sei. Ebenso sei während der Urlaubsabwesenheit einzelner Fahrer sowie an Feiertagen das Entgelt ohne Hinzurechnung der durchschnittlichen Überstundenentlohnung bzw des Feiertagsausgleichs ausbezahlt worden. Die Dienstnehmer hätten die ihnen von der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung gestellten Fahrzeuge auch nicht bzw nicht in einem für die gegenständliche Beitragsnachverrechnung relevanten Umfang für private Zwecke genutzt.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, die beschwerdeführende Partei habe der Tatsache nicht widersprochen, dass lediglich hinsichtlich des Dienstnehmers K.S.

Tachografenscheiben und Reisekostenabrechnungen vorgelegt worden seien. Die beschwerdeführende Partei habe auch nicht dem Umstand widersprochen, dass diese Tachografenscheiben bzw Tachografen von den Fahrern nur bedingt ordnungsgemäß bedient worden seien. Die Forderung der beschwerdeführenden Partei, es seien alle Tachografenscheiben zu prüfen gewesen, entbinde diese nicht von der Verpflichtung zur vollständigen Vorlage, was nicht geschehen sei.

Hinsichtlich des Antrags der beschwerdeführenden Partei auf Vernehmung aller 14 Dienstnehmer als Zeugen sei kein klarer Beweiszweck formuliert worden. Ein solcher könnte nur darin gesehen werden, für den gesamten dreijährigen Prüfungszeitraum eine möglichst lückenlose Ermittlung der tatsächlichen Einsatzzeiten durchzuführen. Dieses Beweisvorhaben könnte aber gestützt auf die Grundsätze der allgemeinen Lebenserfahrung durch die beantragten Vernehmungen nicht einmal annähernd erreicht werden. Zumal davon ausgegangen werden müsse, dass für 13 der 14 Fahrer überhaupt keine einschlägigen Aufzeichnungen mehr zur Verfügung stünden, wäre es lebensfremd anzunehmen, dass jeder der Fahrer im Jahr 2010 eine präzise - sogar tageweise Erinnerung -

über die von ihm tatsächlich erbrachten Einsatzzeiten während der Jahre 2003 bis 2005 habe.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - nach Wiedergabe der angewendeten gesetzlichen Bestimmungen - aus, § 42 Abs 3 ASVG ermögliche subsidiär die Möglichkeit der Beitragsschätzung. Die beschwerdeführende Partei habe die von ihr beschäftigten Personen bei Bedarf in der sowohl rechtlich als auch technisch korrekten Verwendung der in den Fahrzeugen vorhandenen Aufzeichnungsgeräte zu unterweisen und dies auch zu kontrollieren. Die beschwerdeführende Partei habe für die Ablieferung und vollständige sowie ausreichend lange Aufbewahrung der Tachografenblätter Sorge zu tragen, um diese gegebenenfalls unter anderem im Rahmen einer Prüfung der Gebietskrankenkasse vorlegen zu können. Dies sei im vorliegenden Fall nicht erfolgt.

Der abschließende Prüfbericht enthalte unter anderem dienstgeberbezogene "Feststellungsübersichten" über die Arten des laufenden Entgeltbezugs und die ermittelten Entgeltdifferenzen während des gesamten Prüfungszeitraums. Die der beschwerdeführenden Partei nachweislich zugestellte Beitragsnachverrechnung vom spiegle schließlich das Ergebnis der Prüfung wieder. Die Beitragsvorschreibung wie auch die Begründung des erstinstanzlichen Bescheids enthielten "umfassende Erörterungen zur Zuordenbarkeit und Nachvollziehbarkeit der ausgewiesenen Einzelbeträge bzw. -beiträge bis hin zur abschließenden Errechnung des Beitragsnachverrechnungsbetrages und des Beitragszuschlages". So sei der Beitragsvorschreibung im Detail der veranschlagte Monatslohn auf Tagesbasis bei Angabe der tatsächlichen Beschäftigungstage zu entnehmen ("Verrechnungszeitraumschlüssel VZT - Kurzbezeichnung: '1'") und es sei dazu zu Zwecken der Differenzermittlung unter der Kurzbezeichnung "22" die Höhe des in diesem Zusammenhang nicht bzw. nicht in richtiger Höhe gemeldeten und verrechneten beitragspflichtigen Arbeitsverdienstes ersichtlich. Der Nachverrechnungsbetrag basiere hierbei im Ergebnis auf der Feststellung der tatsächlichen Stundenzahl abzüglich der abgerechneten Stundenzahl auf Basis der Daten des Dienstnehmers K.S.

In der Begründung eines Bescheids seien gemäß § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Es könne aber nicht "Aufgabe einer Bescheidbegründung" sein, Rechenschritte in einer Bescheidbegründung bis ins letzte Detail nachvollziehbar darzustellen.

Hinsichtlich der geltend gemachten Verjährung nach § 68 ASVG sei davon auszugehen, dass die beschwerdeführende Partei als Dienstgeberin unrichtige Angaben über die bei ihr beschäftigten Personen bzw über deren jeweiliges Entgelt gemacht habe. Die Feststellungsverjährung habe sich daher gemäß § 68 Abs. 1 3. Satz ASVG von drei auf fünf Jahre verlängert.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 44 Abs 1 Z 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1, 3, 4 und 6 ASVG.

Gemäß § 49 Abs 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst- (Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

§ 42 ASVG idF BGBl Nr 411/1996 lautet (auszugsweise):

"§ 42. (1) Auf Anfrage des Versicherungsträgers haben


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
die Dienstgeber,
2.
Personen, die Geld- bzw. Sachbezüge gemäß § 49 Abs. 1 und 2 leisten oder geleistet haben, unabhängig davon, ob der Empfänger als Dienstnehmer tätig war oder nicht,
3.
sonstige meldepflichtige Personen und Stellen (§ 36),
4.
im Fall einer Bevollmächtigung nach § 35 Abs. 3 oder § 36 Abs. 2 auch die Bevollmächtigten,
längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen. Weiters haben sie den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind. Die Versicherungsträger sind überdies ermächtigt, den Dienstgebern alle Informationen über die bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer zu erteilen, soweit die Dienstgeber diese Informationen für die Erfüllung der Verpflichtungen benötigen, die ihnen in sozialversicherungs- und arbeitsrechtlicher Hinsicht aus dem Beschäftigungsverhältnis der bei ihnen beschäftigten oder beschäftigt gewesenen Dienstnehmer erwachsen.

(2) (…)

(3) Reichen die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so ist der Versicherungsträger berechtigt, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen. Der Versicherungsträger kann insbesondere die Höhe von Trinkgeldern, wenn solche in gleichartigen oder ähnlichen Betrieben üblich sind, anhand von Schätzwerten ermitteln.

(4) (…)"

Eine Schätzung nach § 42 Abs 3 ASVG setzt voraus, dass feststeht, dass eine konkrete Person als Dienstnehmer tätig gewesen ist (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2002/08/0273), wobei insbesondere auch die Beitragszeiträume relevant sind (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 92/08/0064). Die Behörde trifft keine Verpflichtung, zum Zweck der Rekonstruktion von Aufzeichnungen, die vom Dienstgeber rechtswidrigerweise nicht geführt worden sind, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 95/08/0050). Dies entbindet die Behörde aber nicht davon, die Ausübung ihres Ermessens bei der Schätzung zu begründen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob und welche anderen Unterlagen betreffend die an die Dienstnehmer geleisteten Zahlungen vom geprüften Dienstgeber zur Verfügung gestellt wurden und ob diese Unterlagen insoweit ausreichend sind, dass eine darauf gestützte vergleichsweise Schätzung der Wirklichkeit näher kommt als die Heranziehung von Fremddaten (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 89/08/0103).

2. Die beschwerdeführende Partei macht in ihrer Beschwerde - wie schon im Verwaltungsverfahren - geltend, dass sämtliche Tachografenscheiben sämtlicher Fahrer für den gesamten Prüfungszeitraum hätten ausgewertet werden müssen.

Die beschwerdeführende Partei bestreitet jedoch nicht, dass sie - wie von der belangten Behörde festgestellt - im Verwaltungsverfahren nur lückenhaft und teilweise fehlerhaft erstellte Tachografenscheiben vorgelegt hat. Die belangte Behörde konnte daher die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 42 Abs 3 ASVG als erfüllt ansehen und anhand der für den Dienstnehmer K.S. im Jahr 2005 weitgehend lückenlos vorliegenden Aufzeichnungen eine Schätzung der Arbeitszeiten - und darauf aufbauend der Beitragsgrundlagen - der anderen Dienstnehmer vornehmen, sofern keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse dieser Dienstnehmer von jenen des Dienstnehmers K.S. wesentlich unterschieden hätten.

Die von der Behörde vorgenommene Auswertung der Tachografenscheiben findet sich im Verwaltungsakt und lässt die Arbeitszeit des K.S. während sämtlicher Arbeitstage im Kalenderjahr 2005 erkennen. Die belangte Behörde hat in dieser Aufstellung unter Anwendung des kollektivvertraglichen Stundenlohnes und unter Zugrundelegung der tatsächlichen Arbeitszeiten die anzuwendenden Beitragsgrundlagen errechnet und dabei Meldedifferenzen festgestellt.

Die beschwerdeführende Partei hat weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht, dass die Arbeitszeiten des K.S. nicht repräsentativ für die beschäftigten LKW-Fahrer gewesen wären oder dass es im Kalenderjahr 2005 besondere Abweichungen im Vergleich zu den Jahren 2003 und 2004 gegeben hätte.

3. Die beschwerdeführende Partei rügt weiters in der Beschwerde, dass die betroffenen Dienstnehmer nicht - wie von ihr beantragt - als Zeugen einvernommen wurden. Es stelle eine vorweggenommene Beweiswürdigung der belangten Behörde dar, wenn diese ausführe, es könne durch die beantragten Vernehmungen nicht einmal annähernd festgestellt werden, welche Fahrten der Lenker privaten Zwecken gedient hätten und welche nicht.

Dazu ist festzuhalten, dass die beschwerdeführende Partei weder ladungsfähige Adressen der zur Einvernahme beantragten Zeugen (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/02/0334) noch ein relevantes Beweisthema angegeben hat. Die Einvernahme hätte nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren der Klärung dienen sollen, ob die Fahrer die LKW teils zu privaten Zwecken nutzten. Für den Fall, dass die Dienstnehmer tatsächlich die LKW der beschwerdeführenden Partei in einem signifikanten Ausmaß für private Zwecke nutzten, wäre es aber an der beschwerdeführenden Partei gelegen, ein entsprechendes Erfassungssystem zu führen, das klar die Dienstzeiten und privaten Fahrtzeiten der Fahrer unterscheidet und so der Behörde die Überprüfung der Arbeitszeiten ermöglicht. Eine Verpflichtung, vor einer Schätzung jedenfalls auch die Dienstnehmer über die geleisteten Arbeitszeiten zu befragen, besteht nicht, da die Behörde keine Verpflichtung trifft, zum Zwecke der Rekonstruktion von Aufzeichnungen, die vom Dienstgeber rechtswidrigerweise nicht geführt wurden, ein Ermittlungsverfahren durchzuführen (vgl das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl 95/08/0050). Dass die beschwerdeführende Partei je ein Aufzeichnungssystem geführt hätte, aus dem eine Trennung der privaten und beruflichen Verwendung der LKW durch die Fahrer hervorginge, behauptet sie auch in ihrer Beschwerde nicht.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Tachografenscheiben für die Ermittlung der Arbeitszeiten des K.S. im Jahr 2005 und für die - mangels weiterer vorgelegter Unterlagen - darauf basierende Schätzung der Arbeitszeiten und Beitragsgrundlagen aller 14 Dienstnehmer in den Jahren 2003 bis 2005 herangezogen hat.

4. Da die beschwerdeführende Partei unrichtige Angaben über das Entgelt der Dienstnehmer gemacht hat und sie diese Unrichtigkeit erkennen hätte müssen, ist die belangte Behörde auch zutreffend von der auf fünf Jahre verlängerten Verjährungsfrist des § 68 Abs 1 ASVG ausgegangen, weshalb die verfahrensgegenständlichen Beiträge der Jahre 2003 bis 2005 im Zeitpunkt der Beitragsvorschreibung am nicht verjährt waren.

5. Die beschwerdeführende Partei bringt weiters vor, es sei ihr nicht möglich, die in der Beitragsvorschreibung enthaltenen Beträge einer Überprüfung auf inhaltliche und rechnerische Richtigkeit zu unterziehen. Es sei auch nicht möglich festzustellen, ob tatsächlich für sämtliche Dienstnehmer - wie im angefochtenen Bescheid behauptet - die Nachverrechnung dergestalt durchgeführt worden sei, dass pauschal von 17% Mehrstunden im Verhältnis zu den tatsächlich zur Abrechnung gelangten Stunden ausgegangen werde. Wenn die belangte Behörde ausführe, dass es nicht Aufgabe einer Bescheidbegründung sein könne, Rechenschritte darzustellen, so verkenne sie, dass sehr wohl die Höhe der vorgeschriebenen Beiträge rechnerisch nachvollziehbar sein müsse, um die Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zu gewährleisten. Im gegenständlichen Verfahren sei es jedoch nicht nachvollziehbar, auf welche Art und Weise der vorgeschriebene Betrag zustande gekommen sei.

Dieses Vorbringen zeigt im Ergebnis einen zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel auf:

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung des Bescheids die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Begründung eines Bescheides, mit dem Beiträge nachverrechnet werden, ist einer nachprüfenden Rechtskontrolle nur zugänglich, wenn der Bescheid darlegt, wie sich die Höhe des vorgeschriebenen Beitrages errechnet (vgl zu Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammern etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2003/11/0312). Im Fall einer Schätzung hat die Begründung daher unter anderem die Schätzungsmethode, die der Schätzung zu Grunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/08/0126). Um die Rechtsverfolgung durch die Partei und die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof zu ermöglichen, sind daher auch die Ausgangswerte anzugeben, zu denen - wie im vorliegenden Fall - im Schätzungswege pauschal prozentmäßige "Zuschläge" berechnet werden.

Im Beschwerdefall hat die beschwerdeführende Partei bereits in ihrem Einspruch gegen den erstinstanzlichen Bescheid Einwendungen gegen die Nachvollziehbarkeit und rechnerische Richtigkeit der Beitragsnachverrechnung vorgebracht. Die belangte Behörde verweist diesbezüglich in ihrer Bescheidbegründung im Wesentlichen auf die - von der erstinstanzlichen Behörde zum Bestandteil ihres Bescheids erklärte - Beitragsnachverrechnung vom , die das Ergebnis der GPLA-Prüfung "in abschließender und nachvollziehbarer Form" wiederspiegle. Sowohl die Beitragsvorschreibung als auch die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides würden "umfassende Erörterungen zur Zuordenbarkeit und Nachvollziehbarkeit der ausgewiesenen Einzelbeträge bzw -beiträge bis hin zur abschließenden Errechnung des Beitragsnachverrechnungsbetrages und des Beitragszuschlages" enthalten. Der Beitragsvorschreibung sei im Detail dienstgeberbezogen der veranschlagte Monatslohn auf Tagesbasis bei Angabe der tatsächlichen Beschäftigungstage zu entnehmen und es sei dazu zu Zwecken der Differenzermittlung die Höhe des in diesem Zusammenhang nicht bzw nicht in richtiger Höhe gemeldeten und verrechneten beitragspflichtigen Arbeitsverdienstes ersichtlich. Der Nachverrechnungsbetrag basiere hierbei im Ergebnis auf der Feststellung der tatsächlichen Stundenzahl abzüglich der abgerechneten Stundenzahl auf Basis der Daten des Dienstnehmers K.S.

Dazu ist festzuhalten, dass die - zum Bestandteil des erstinstanzlichen Bescheides erklärte - Beitragsvorschreibung zwar (ua) die betroffenen Dienstnehmer, die Nachverrechnungszeiträume und die nachverrechneten Beiträge tabellarisch ausweist, in der Spalte "ALLGEM. BGGRDLG/SZ" allerdings offensichtlich nur die Differenz der geschätzten zu den gemeldeten Beitragsgrundlagen angibt. Die tatsächlich gemeldeten Beitragsgrundlagen sind weder dem erstinstanzlichen Bescheid noch dem angefochtenen Einspruchsbescheid zu entnehmen.

Selbst wenn man - auch wenn dies aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht eindeutig hervorgeht - aufgrund der im Verwaltungsakt enthaltenen Unterlagen (insbesondere der Berechnungen aufgrund der Auswertung der Tachografenscheiben des Dienstnehmers K.S.) davon ausgeht, dass mit der vorgenommenen Schätzung pauschal die gemeldeten Beitragsgrundlagen um 17% angehoben wurden (und nicht, wie offenbar die beschwerdeführende Partei meint, eine um 17% längere Arbeitszeit angenommen wurde), so lassen sich die schließlich nachverrechneten Beiträge - auch unter Zugrundelegung der gesetzlich festgelegten Beitragssätze (welche allerdings wiederum abhängig vom Ausgangswert sein können, vgl etwa § 2a Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz oder die Höchstbeitragsgrundlage nach § 45 ASVG) - schon mangels Angabe der ursprünglich gemeldeten Beitragsgrundlage rechnerisch nicht nachvollziehen und damit auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen.

6. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit c VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Das auf den Ersatz der Pauschalgebühr abzielende Kostenmehrbegehren war im Hinblick

auf die auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehende sachliche Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am