VwGH vom 29.03.2006, 2005/08/0122
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dipl. Ing. F in P, gefertigt von Dr. Günther Nagele, Rechtsanwalt in 4910 Ried im Innkreis, Dietmarstraße 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV(SanR)-411278/1-2005-Bit/May, betreffend Beiträge in der Krankenversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom , ab keine Beiträge in der Krankenversicherung nach dem BSVG vorzuschreiben, weil er bereits als Landesbeamter Beiträge von der Höchstbeitragsgrundlage entrichte, gemäß §§ 33b Abs. 1 und 24 Abs. 1 BSVG abgewiesen.
Der dagegen erhobene Einspruch des Beschwerdeführers wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid abgewiesen. Die belangte Behörde stellte in der Bescheidbegründung fest, der Beschwerdeführer sei Mitglied der Kranken- und Unfallfürsorge für oö. Landesbeamte. Auf Grund seiner Bezüge erreiche er eine Bemessungsgrundlage zur Sozialversicherung von EUR 3.479,--. Weiters übe der Beschwerdeführer eine unselbständige Erwerbstätigkeit an der Fachhochschule Wels aus, wobei das Einkommen aus dem ASVG-Dienstverhältnis gering sei und die Höchstbeitragsgrundlage keinesfalls erreiche. Der Beschwerdeführer sei gemeinsam mit seiner Frau Hälfteeigentümer eines näher genannten landwirtschaftlichen Betriebs und habe land- und fortwirtschaftlich genutzte Flächen von 40,6695 ha mit einem gerundeten Einheitswert per von EUR 36.500,--. Weiters legte die belangte Behörde dar, die Möglichkeit zur Differenzvorschreibung gemäß § 33b Abs. 1 erster Satz BSVG sei nur für jene Personen gegeben, die neben der bäuerlichen Sozialversicherung auch in der Krankenversicherung nach einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert seien, während die landesgesetzliche Krankenfürsorge dabei nicht berücksichtigt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen. Der Beschwerdeführer replizierte. Die mitbeteiligte Partei hat sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 33b Abs. 1 BSVG in der hier maßgebenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 132/2005 hat folgenden Wortlaut:
"§ 33b. (1) Übt ein nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Krankenversicherung Pflichtversicherter auch eine oder mehrere Erwerbstätigkeiten aus, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach einem anderen Bundesgesetz begründen, und macht der Versicherte glaubhaft, daß die Summe aus den monatlichen Beitragsgrundlagen in der Krankenversicherung in den Pflichtversicherungen in der Krankenversicherung nach diesem und den anderen Bundesgesetzen die Summe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlagen gemäß § 48 des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes für die im Kalenderjahr liegenden Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung, wobei sich deckende Monate der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nur einmal zu zählen sind, überschreiten wird, so ist die Beitragsgrundlage in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für die Monate eines gleichzeitigen Bestandes der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz und anderen Bundesgesetzen vorläufig in einer Höhe festzusetzen, die voraussichtlich nicht zu einer solchen Überschreitung führt. Können die vorgenannten Voraussetzungen erst nach Ablauf des Beitragsjahres festgestellt werden, so ist eine vorläufige Festsetzung der Beitragsgrundlage so lange zulässig, als die Summe der monatlichen Beitragsgrundlagen für dieses Kalenderjahr noch nicht endgültig festgestellt werden kann. § 33c Abs. 2 ist anzuwenden."
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 B-KUVG sind von der Krankenversicherung nach dem B-KUVG Personen ausgenommen, denen im Erkrankungsfall Anspruch auf Leistungen zusteht, die den Leistungen der Krankenversicherung nach dem B-KUVG mindestens gleichwertig sind, wobei die Gleichwertigkeit als gegebenen anzunehmen ist, wenn die Leistungsansprüche auf einer landesgesetzlichen Regelung über Krankenfürsorge beruhen. Die Gleichwertigkeit ist jedenfalls gegeben, wenn die Leistungsansprüche gegenüber u.a. der Krankenfürsorge für oö. Landesbeamte bestehen.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass er als in der Krankenfürsorge für oö. Landesbeamte versicherter Landesbeamter mit einer Bemessungsgrundlage von EUR 3.479,-- die Höchstbeitragsgrundlage erreiche. Damit sei eine Pflichtversicherung nach einem anderen Bundesgesetz, dem B-KUVG, gegeben, sodass gemäß § 33b Abs. 1 BSVG seine diesbezüglichen Beitragszahlungen zu berücksichtigen wären.
Die Anwendung der sogenannten "Differenzbeitragsvorschreibung" setzt nach dem klaren Wortlaut des § 33b Abs. 1 BSVG voraus, dass ein nach den Bestimmungen des BSVG in der Krankenversicherung Pflichtversicherter auch eine oder mehrere Erwerbstätigkeiten ausübt, die die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach einem anderen Bundesgesetz begründen, und die Zusammenrechnung der Beitragsgrundlagen (voraussichtlich) zu einer Überschreitung der Höchstbeitragsgrundlage führt (vgl. zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach § 35b Abs. 1 GSVG das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0166).
Diese Voraussetzung liegt beim Beschwerdeführer nicht vor: Im Hinblick auf seine Mitgliedschaft zu der oben genannten Krankenfürsorgeanstalt ist er vielmehr gemäß § 2 Abs. 1 Z. 2 B-KUVG vom Geltungsbereich des B-KUVG ausgenommen. Eine für die Anwendung des § 33b Abs. 1 BSVG erforderliche Mehrfachversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem BSVG und dem B-KUVG ist somit nicht gegeben (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ). Dass die Voraussetzungen des § 33b Abs. 1 BSVG auf Grund der nach dem ASVG versicherungspflichtigen Tätigkeit des Beschwerdeführers erfüllt wären, wird von ihm nicht behauptet.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Ergebnis nicht nur mit seinen Einkünften als Landesbeamter, sondern auch mit seinen Einkünften als Versicherter nach dem BSVG zur Beitragsleistung in der Krankenversicherung herangezogen wird, begegnet an sich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die unterschiedliche Behandlung der Beitragspflicht beim Zusammentreffen versicherungspflichtiger Beschäftigungen im Rahmen des Systems der gesetzlichen Sozialversicherung mit der Möglichkeit der "Differenzvorschreibung" einerseits und beim Zusammentreffen der gesetzlichen Krankenversicherung mit einem durch Landesgesetz eingerichteten System der Krankenfürsorge (ohne eine solche Möglichkeit) andererseits ist vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 869/03, VfSlg. 17.260/2004, und - darauf bezugnehmend - das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2002/08/0247).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich ist: Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.
Der EGMR hat zuletzt in seiner Entscheidung vom , Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext: any hearing at all), erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist hier geklärt. In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/1519 mwN). Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Wien, am