VwGH vom 28.03.2012, 2010/08/0027
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der AH in Wien, vertreten durch Mag. Marius Garo, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Feldgasse 6, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich ergangenen Bescheid vom , Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2010, betreffend Widerruf und Rückforderung der Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung von Notstandshilfe. In dem von ihr unterschriebenen Antragsformular gab sie u.a. durch ankreuzen an, sie sei ledig und führe insbesondere keine Lebensgemeinschaft. Unter der Rubrik "in meinem Haushalt leben Angehörige" führte die Beschwerdeführerin (mit schwarzem Kugelschreiber) ihre beiden Töchter an. Daneben findet sich eine weitere Anmerkung (mit blauem Kugelschreiber) "Alimente v. KV GP whft. Wien". Als ihre Adresse gab die Beschwerdeführerin die F.-Straße in K an.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice K (in der Folge: AMS) vom wurde der Bezug der Notstandshilfe für den Zeitraum vom 21. Jänner bis zum 4. März und vom 16. März bis zum widerrufen und die Beschwerdeführerin zu einer Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von EUR 5.231,16 verpflichtet. Die Beschwerdeführerin habe die Leistungen zu Unrecht bezogen, weil sie die Lebensgemeinschaft mit PG. verschwiegen habe.
In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung brachte die Beschwerdeführerin u.a. vor, PG. biete ihr und ihren Kindern Unterkunft. Die Elternteile führten ein eigenes Leben. PG. könne sie jederzeit aus dem Haus weisen und habe dies auch schon mehrmals praktiziert. Sie rechne dann auf die Unterstützung ihrer Mutter. Sie erhalte von PG. keine finanzielle Unterstützung und sie sei bestrebt, Arbeit und Unterkunft zu finden. Das Augenmerk werde in erster Linie auf eine störungsfreie Zeit der Kinder gelenkt. Die Beschwerdeführerin möchte die Kinder nicht mit der schwierigen Situation belasten.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben. Die Beschwerdeführerin sei vom bis zum mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet gewesen. Seit dem sei ihr Hauptwohnsitz durchgehend die F.-Straße in K. Der frühere Hauptwohnsitz sei ab ein Nebenwohnsitz.
PG. sei vom bis zum mit Hauptwohnsitz in Wien, S.-Straße, gemeldet gewesen. Seit dem (richtig: 2005) sei sein Hauptwohnsitz durchgehend die F.-Straße in K. Seit habe er einen Nebenwohnsitz in Wien, K.-Gasse.
Die Beschwerdeführerin habe am - noch während des bis zum laufenden Bezuges von Kinderbetreuungsgeld - die Notstandshilfe beantragt. Sie habe angegeben, ledig zu sein, mit zwei Kindern im gemeinsamen Haushalt unter der Adresse F.-Straße in K zu wohnen. Sie habe ausgeführt, dass sie vom Kindesvater PG., wohnhaft in Wien, Alimente erhalte. Als erhöhte Aufwendung habe sie einen Kredit angegeben. Sie habe erklärt, dass die Kinderbetreuung durch ihre in Wien wohnende Mutter geregelt sei.
Ab dem habe sie (mit Unterbrechungen) Notstandshilfe in Höhe von EUR 26,42 täglich ausbezahlt erhalten.
Anlässlich einer Abfrage des AMS vom beim zentralen Melderegister sei bekannt geworden, dass - entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrem Antrag - neben ihr und ihren beiden Kindern auch PG. mit Hauptwohnsitz an der Adresse F.- Straße gemeldet sei. In der Folge sei der Notstandshilfebezug mit vorläufig eingestellt und am eine Niederschrift mit der Beschwerdeführerin erstellt worden.
In dieser gab die Beschwerdeführerin Folgendes an:
"Ich ... erkläre dass ich heute über die
Anspruchsvoraussetzungen bezüglich Notstandshilfe, insbesondere Beurteilung der Notlage/Einkommen eines Lebensgefährten informiert wurde. Ich bin an der Adresse F. str. 5 gemeinsam mit meinen beiden Kindern und an dieser Adresse ist auch der Vater meiner Kinder, Herr PG. gemeldet. Das Haus gehört ihm, wurde 2005 fertiggestellt, damals waren wir getrennt. Erst im Juni 2006 bin ich wieder zu ihm gezogen und im Oktober kam meine zweite Tochter zur Welt. In der Folge haben wir den gemeinsamen Haushalt mehrmals aufgelöst, zweitweise mehrmals im Jahr, weil es einfach nicht gepasst hat. Ich habe in den Zwischenzeiten bei meiner Mutter gelebt, das ging aber wegen der Kinder aus Platzgründen immer nur für kurze Zeit. Hauptgemeldet war ich seit 2006 immer in K, weil hier meine grössere Tochter zur Schule geht, habe aber nicht immer hier gewohnt. Erst seit Juni 2009 wohne ich wieder ständig in K, vorher war es nur tage/wochenweise. Wir führen keinen gemeinsamen Haushalt, er hat sein eigenes Zimmer, ich schlafe mit meiner kleinen Tochter in einem Zimmer und die grosse Tochter hat auch ihr eigenes Zimmer, der Rest des Hauses wird gemeinsam genutzt, es gibt aber 2 getrennte Badezimmer. Ich bezahle nichts dafür, er zahlt die Betriebskosten, Rückzahlungen etc. Es gibt keinen Untermietvertrag, aber ich wohne dafür auch nur "Ohne Rechtsanspruch" in seinem Haus (geduldet). Ich komme für meinen Unterhalt und für die Kinder auf, Lebensmittel kaufe ich ein. Er zahlt mir als "freiwilligen Unterhalt" EUR 300,- für die beiden Kinder, offiziell geregelt ist nichts, ich fürchte, dass er mich nicht mehr dort wohnen lässt, wenn ich über das Jugendamt Forderungen stellen würde. Die Beziehung ist sehr schwierig und nicht abzusehen, wie lange es dauert, bis wir uns wieder trennen - ich bin daher der Ansicht, dass es keine Lebensgemeinschaft ist, weil von gegenseitiger Unterstützung keine Rede sein kann. Wir haben im Jahr 2005, als wir gemeinsam wohnten, einen Kredit über EUR 60.000,- gemeinsam aufgenommen, alle anderen Kredite hat er aufgenommen, es gibt kein gemeinsames Konto, ich bin für seine nicht zeichnungsberechtigt. Die Möbel mit Ausnahme der Kinderzimmereinrichtung gehören ihm, er wäscht seine Wäsche selbst, lässt sie auswärts bügeln, Gartenarbeit ist seine Sache, es wurde keine Mitversicherung beantragt und wir geben uns gegenüber anderen Stellen nicht als 'Lebensgefährten' aus. Für meine Verbindlichkeiten muss ich alleine aufkommen, er zahlt keine meiner Schulden (siehe auch bereits vorhandene Exekutionen)."
PG. - so die belangte Behörde weiter - sei vom bis zum bei der G. GmbH in Wien beschäftigt gewesen. Das AMS habe den Dienstgeber um die Übermittlung einer Lohnbescheinigung über die Zeit vom Oktober 2008 bis Dezember 2008 ersucht. Daraufhin habe sich PG. telefonisch am wegen der Notwendigkeit dieser Lohnbescheinigung erkundigt. Ihm sei das Wesen einer Wirtschaftsgemeinschaft erklärt worden. Für deren Aufnahme sprächen Zahlungen für Unterkunft, Kredite etc. Dies habe er bestätigt und erklärt, dass die Lohnbescheinigung übermittelt werde.
Der im Verwaltungsakt erliegende Aktenvermerk über das Telefonat mit PG. vom hat folgenden Wortlaut:
"Anruf Hr. G.:
erkundigt sich wegen d. Notwendigkeit der angeforderten Lohnbescheinigung. Es wurde ihm erklärt, dass diese für die Berechnung d. Anspruches seiner 'Partnerin' (Ausdruck v. Hrn. G.) notwendig ist, da die Berufungsbehörde vom Vorliegen einer Lebens- bzw. Wirtschaftsgemeinschaft ausgeht. Es wurde ihm erklärt, dass
eine solche vorliegt, wenn er .... die Unterkunft od. Kredite
f. die (Beschwerdeführerin) bezahlt. Das Vorliegen d. Wirtschaftsgemeinschaft hat er bestätigt. Er wird die Lohnbescheinigung übermitteln lassen."
Der übermittelten Lohnbescheinigung vom - so die belangte Behörde weiter - sei ein durchschnittliches Nettoeinkommen des PG. in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 in Höhe von EUR 3.453,51 zu entnehmen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin mit PG. und den beiden gemeinsamen Töchtern gemeinsam in einem Haus lebe. PG. komme für sämtliche Zahlungen für das Haus auf. Er begleiche auch die dafür aufgenommenen Kredite. Die Beschwerdeführerin leiste diesbezüglich keine Zahlungen. Dies habe zur Konsequenz, dass der Beschwerdeführerin mehr von ihrem Geld verblieben sei. In Anbetracht des gemeinsamen Wohnens und der gemeinsamen Kinder sei vom Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft und damit vom Bestehen einer Lebensgemeinschaft auszugehen und das Einkommen des PG. für die Beurteilung der Notlage als Anspruchsvoraussetzung für die Notstandshilfe der Beschwerdeführerin ab heranzuziehen.
Dem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin aus unselbständiger Tätigkeit in Höhe von EUR 3.453,51 sei eine Werbungskostenpauschale in Höhe von EUR 11,-- und eine Freigrenze für die Beschwerdeführerin in Höhe von EUR 488,-- sowie zwei Freigrenzen für die beiden Kinder in Höhe von je EUR 244,-- in Abzug zu bringen. Es verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 2.466,51. Der von der Beschwerdeführerin im Antrag angeführte Kredit sei nicht konkret geprüft worden, da gleich die maximale Freigrenzenerhöhung (50%) berücksichtigt worden sei. Es verbleibe ein Betrag in Höhe von EUR 1.978,51. Dies entspreche einem täglichen Anrechnungsbetrag von EUR 65,04, der die fiktive Notstandshilfe in Höhe von EUR 26,42 täglich übersteige. Notlage sei nicht gegeben. Die Notstandshilfe sei für die angegebenen Zeiträume zu widerrufen gewesen. Durch diesen Widerruf sei ein Übergenuss in der Höhe von EUR 5.321,16 entstanden. Die Beschwerdeführerin habe dem AMS verschwiegen, dass auch PG., mit Hauptwohnsitz an derselben Adresse gemeldet sei. Dies sowohl bei der Antragstellung am als auch danach. Sie habe im Gegenteil angegeben, dass PG. in Wien wohnhaft wäre und damit unwahre Angaben gemacht. Sie bezahle für die Unterkunft im Haus des PG. nichts. Es liege sohin eine Lebensgemeinschaft vor. Dies sei dem AMS erst am bekannt geworden. Hätte die Beschwerdeführerin dies bei Antragstellung bekannt gegeben, hätte das AMS die Voraussetzungen entsprechend prüfen und einen Übergenuss vermeiden können. Der Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG "unwahre Angaben" sei erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist die Zuerkennung gemäß § 24 Abs. 2 AlVG zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.
Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz AlVG der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Die genannten Bestimmungen sind auf Grund des § 38 AlVG auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, ist gemäß § 50 Abs. 1 AlVG verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle anzuzeigen. Darüber hinaus ist jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß seines Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen sowie jede Wohnungsänderung der regionalen Geschäftsstelle ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses, anzuzeigen.
Gemäß § 33 Abs. 2 AlVG ist Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe unter anderem, dass sich der Arbeitslose in einer Notlage befindet. Nach § 2 Abs. 1 der Notstandshilfeverordnung liegt Notlage vor, wenn das Einkommen des Arbeitslosen und das seines Ehepartners bzw. Lebensgefährten oder seiner Lebensgefährtin zur Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitslosen nicht ausreicht.
Die Vorgangsweise bei Heranziehung des Einkommens des Ehepartners bzw. des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin für die Beurteilung der Notlage ist näher im § 6 der Notstandshilfeverordnung geregelt.
2.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs besteht das Wesen einer Lebensgemeinschaft in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber - wie auch bei einer Ehe - das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen kann. Jenes Element, um dessentwillen die Lebensgemeinschaft im konkreten Regelungszusammenhang von Bedeutung ist, nämlich das gemeinsame Wirtschaften, ist jedoch unverzichtbar (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 96/08/0312, mwN, und vom , Zl. 2002/08/0038, uva).
Unter dem Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft ist zu verstehen, dass beide Partner einander Beistand und Dienste leisten und an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen lassen, etwa auch die Freizeit weitgehend gemeinsam verbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0081).
Der Berücksichtigung des Einkommens des Lebensgefährten bei Beurteilung der Notlage liegt offenkundig die Annahme zu Grunde, dass dieser wegen der Lebens- (Wohn )Gemeinschaft auch zum gemeinsamen Wirtschaften zumindest zum Teil (etwa durch Mitfinanzierung der Miete oder der Ernährung) beiträgt. Gemeinsames Wohnen allein begründet noch keine Lebensgemeinschaft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0213).
2.2. Die Beschwerde bestreitet das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft und bringt zu den Argumenten der belangten Behörde, sie erspare sich durch das Wohnen im gemeinsamen Haus die Zahlung von Mieten bzw. die Aufnahme eines Kredites vor, dass PG. durch das Gewähren einer Wohnmöglichkeit lediglich einen Teil seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Kindern in Naturalien leiste. Er bezahle auf freiwilliger Basis EUR 300,-- für die beiden Kinder. Erst jetzt sei der Beschwerdeführerin sein tatsächliches Einkommen bekannt geworden, aus dem sich höhere Unterhaltsansprüche ergäben. Die Beschwerdeführerin erhalte von PG. keine finanzielle Unterstützung, womit er zu erkennen gebe, dass für ihn keine Lebensgemeinschaft vorliege.
2.3. Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Nach den Feststellungen haben die Beschwerdeführerin mit ihrer jüngeren Tochter, die ältere Tochter sowie PG. je ein Zimmer des Hauses des PG. bewohnt. Der Rest des Hauses wurde von den genannten Personen gemeinsam genutzt. Die Kosten für das Wohnen wurden zur Gänze von PG. getragen. Zu diesen für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft sprechenden Umständen tritt hinzu, dass die minderjährigen Kinder in Anwesenheit von Vater und Mutter in zum großen Teil von allen gemeinsam genutzten Wohnräumlichkeiten aufwuchsen, was in Ermangelung entgegenstehender Behauptungen bzw. Anhaltspunkte auch die gemeinsame Erziehung der Kinder durch die anwesenden Eltern umfasst hat. Der belangten Behörde kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie in zusammenfassender Betrachtung all dieser Umstände das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft bejaht hat. Daran kann auch der Umstand, dass PG. seine Wäsche selber wasche und sie auswärts bügeln lasse, nichts ändern.
Die belangte Behörde hat sohin zu Recht das Einkommen des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin auf ihren Notstandshilfeanspruch angerechnet und ist zu dem - von der Beschwerde hinsichtlich der Berechnung nicht bestrittenen - Ergebnis gelangt, dass die Beschwerdeführerin im angeführten Zeitraum keinen Anspruch auf Notstandshilfe hatte und die Zuerkennung der Notstandshilfe daher gemäß § 24 Abs. 2 iVm § 38 AlVG zu widerrufen war.
3. Der Rückforderung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz iVm § 38 AlVG tritt die Beschwerdeführerin mit dem Vorbringen entgegen, sie habe den Bezug nicht durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt. Die Angabe, dass der Kindesvater PG. in Wien leben würde, stamme sicher nicht von ihr.
Der hier maßgebende Abschnitt des von der Beschwerdeführerin ausgefüllten Fragebogens lautet wie folgt:
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"1) | In meinem Haushalt leben Angehörige. | ja | nein |
Ich habe für Angehörige zu sorgen, die nicht im gemeinsamen Haushalt mit mir leben. | ja | nein |
Angehörige sind Ehegatten, Lebensgefährten, Kinder, Enkel,
Stief-, Wahl- und Pflegekinder.
Verwenden sie bitte zur Bekanntgabe der genauen Daten zu Ihren Angehörigen nachstehende Tabelle. Bitte führen Sie bei der Beantragung von Notstandshilfe auch allfällige Sorgepflichten Ihrer Gattin / Ihres Gatten bzw. Ihrer Lebensgefährtin / Ihres Lebensgefährten an.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Nettoeinkommen des/der Angehörigen | |
Name und - wenn nicht gemeinsam wohnhaft - Wohnort der/des Angehörigen" |
Die Beschwerdeführerin hat in diesem Antragsformular unter der Rubrik "Name und - wenn nicht gemeinsam wohnhaft - Wohnort der/des Angehörigen" nur ihre Kinder als Angehörige eingetragen (also PG. nicht als Angehörigen iS eines Lebensgefährten gemeldet). Aus dem erwähnten handschriftlichen Zusatz (mit blauem Kugelschreiber) in der Rubrik "Nettoeinkommen des/der Angehörigen" geht sinngemäß hervor, dass PG. Alimente bezahle und in Wien wohne.
Die sich aus der in § 25 Abs. 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) vorgesehenen Rechtsfolge ergebende Verpflichtung von Antragstellern auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe, hinsichtlich maßgebender Tatsachen vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen (vgl. auch § 50 Abs. 1 AlVG), soll sicherstellen, dass der Behörde, die zahlreiche gleichartige Verfahren relativ rasch abzuwickeln hat, grundsätzlich die für den Leistungsanspruch maßgebenden Umstände vollständig und wahrheitsgemäß zur Kenntnis gelangen. Der Rückforderungstatbestand "unwahre Angaben" liegt daher jedenfalls dann vor, wenn die Behörde in einem Antragsformular eine rechtserhebliche Frage stellt und diese Frage unrichtig oder unvollständig beantwortet wird. Da die Angaben zur Geltendmachung einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Antragsformular die Behörde in die Lage versetzen sollen, ihrerseits zu beurteilen, ob ein Anspruch besteht, ist das Risiko eines Rechtsirrtums, aus dem ein Arbeitsloser meint, die darin gestellten Fragen nicht vollständig oder richtig beantworten zu müssen, von ihm zu tragen (vgl. die ständige Rechtsprechung, vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 98/08/0111, und Hinweis auf die Vorjudikatur; sowie vom , Slg. Nr. 15.959/A).
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Angabe, dass der Kindesvater in Wien lebe, stamme sicher nicht von ihr, ist zu entgegnen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Inhalt des Antragsformulars demjenigen, der dieses Formular unterschreibt und damit ausdrücklich die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Angaben bestätigt, auch dann zuzurechnen ist, wenn das Formular von einem Dritten (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 92/08/0182, und vom , Zl. 94/08/0030) bzw. durch Bedienstete des AMS (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 96/08/0352) ausgefüllt worden ist.
4. Der angefochtene Bescheid ist daher frei von Rechtsirrtum, wenn die belangte Behörde ausgehend vom Vorliegen einer Lebensgemeinschaft mit PG. dessen - von der Beschwerdeführerin entgegen der sie treffenden Pflicht nicht gemeldetes - Einkommen auf den Notstandshilfeanspruch angerechnet, den Überbezug gemäß § 24. Abs. 2 AlVG widerrufen sowie gemäß § 25 Abs. 1 AlVG die unberechtigt empfangene Notstandshilfe zurückgefordert hat.
5. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
JAAAE-74445