VwGH vom 07.09.2011, 2010/08/0016
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der C K in N, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Vogelweiderstraße 55, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom , Zl. LGS SBG/2/0566/2009, betreffend Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der zuständigen regionalen Geschäftsstelle, mit dem der Verlust des Anspruches der Beschwerdeführerin auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom 27. Juli bis ausgesprochen wurde, keine Folge gegeben.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach der Darlegung des Verfahrensganges und der zur Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen aus, dass die Beschwerdeführerin seit Arbeitslosengeld bzw. seit Notstandshilfe beziehe; sie verfüge über eine abgeschlossene Berufsausbildung als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester. Es sei ihr nach einer von ihr vorgelegten fachärztlichen Bestätigung vom eine Beschäftigung im Pflegeberuf aus psychiatrischer und psychotherapeutischer Sicht derzeit nicht zumutbar und sie solle auch keine Nachtdienste machen. Am habe die Beschwerdeführerin mit dem AMS schriftlich vereinbart, dass sie unter anderem auch bei der Suche nach Stellen entsprechend den Notstandshilferichtlinien, das seien auch Beschäftigungen im Hilfsarbeiterbereich, unterstützt werde. Die regionale Geschäftsstelle habe der Beschwerdeführerin am eine Beschäftigung als Büglerin für allgemeine Bügelarbeiten bei der B-GmbH vermittelt, welche sämtliche Voraussetzungen der Zumutbarkeit im Sinne des § 9 AlVG erfüllt habe. Dieses Beschäftigungsverhältnis sei nicht zustande gekommen, was zur Bezugssperre geführt habe.
Zur Annahme der - für den Beschwerdefall relevanten - Vereitelung des Beschäftigungsverhältnisses durch die Beschwerdeführerin setzte die belangte Behörde fort, es sei unbestritten, dass die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Bewerbung um diese Beschäftigung (der Mitarbeiterin) Z von der B-GmbH mitgeteilt habe, dass sie sich auch um eine Stelle als Direktorin bei der Schulleitung an den Landeskliniken (SALK) beworben habe. Z habe glaubhaft mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin bei der Bewerbung weiters angegeben habe, eigentlich die von der B-GmbH angebotene Stelle nicht zu suchen; sie würde Stellen im pädagogischen Bereich suchen. Die Aussage von Z sei glaubhaft, da das AMS keine Veranlassung habe, an der Glaubwürdigkeit von Z zu zweifeln; es bestehe kein Grund zur Annahme, dass Z einer Kundin des AMS durch eine falsche Aussage Schaden zufügen haben wollen. Die Beschwerdeführerin habe mit ihrer Aussage, dass sie sich für eine Direktorenstelle beworben habe und die von der B-GmbH angebotene Stelle nicht suchen würde, sondern eher Stellen im pädagogischen Bereich, eindeutig ihr mangelndes Interesse an der vom AMS vermittelten Beschäftigung zum Ausdruck gebracht. Da ein potentieller Dienstgeber nur an Bewerbern Interesse habe, die die angebotene Beschäftigung auch ausüben wollen, müsse es für die Beschwerdeführerin klar gewesen sein, dass das Bewerbungsverfahren nicht weiter fortgesetzt werde. Sie habe mit ihrem Verhalten in Kauf genommen, dass das vom AMS vermittelte zumutbare Beschäftigungsverhältnis nicht zustande komme und damit die Voraussetzungen für die Arbeitsvereitelung erfüllt würden. Es seien auch keine berücksichtigungswürdigenden Gründe hervorgekommen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Eine solche Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten eines Arbeitslosen angemessen ist, seine Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet und angemessen entlohnt ist; als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung (§ 9 Abs. 2 AlVG).
Nach § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG verliert ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, mindestens jedoch für die Dauer der auf die Pflichtverletzung folgenden sechs Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die genannten Bestimmungen gelten gemäß § 38 AlVG für die Notstandshilfe sinngemäß.
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte, zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten (und daher unverzüglich zu entfaltenden) aktiven Handelns des Arbeitslosen, andererseits (und deshalb) aber auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - - somit auf zwei Wege verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wege vereitelt werden:
Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassung der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichtemacht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0017).
Bei der Beurteilung, ob ein bestimmtes Verhalten eines Vermittelten als Vereitelung iSd § 10 Abs. 1 AlVG zu qualifizieren ist, kommt es zunächst darauf an, ob dieses Verhalten für das Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses ursächlich war. Ist die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vermittelten und dem Nichtzustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses zu bejahen, dann muss geprüft werden, ob der Vermittelte vorsätzlich gehandelt hat, wobei bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt. Ein bloß fahrlässiges Handeln, also die Außerachtlassung der gehörigen Sorgfalt, reicht zur Verwirklichung des Tatbestandes nicht hin (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/08/0237, mwN).
In der Beschwerde bestreitet die Beschwerdeführerin, den Tatbestand der Vereitelung iSd § 10 Abs. 1 AlVG erfüllt zu haben.
Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Feststellungen im angefochtenen Bescheid zum Vorstellungsgespräch beim potentiellen Arbeitgeber wendet und damit erkennbar die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpft, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde nachvollziehbar dargelegt, warum sie den Angaben von Z seitens des potentiellen Arbeitgebers im erstinstanzlichen Verfahren zum Verhalten der Beschwerdeführerin gegenüber denjenigen der Beschwerdeführerin insbesondere in Bezug auf die (strittige) Äußerung beim Vorstellungsgespräch, wonach die Beschwerdeführerin die angebotene Stelle eigentlich nicht suchen würde, den Vorzug gegeben hat; ihre Argumentation hält den Prüfkriterien des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne der zuvor zitierten Judikatur stand und kann allein mit der wiederholten gegenteiligen Behauptung der Beschwerdeführerin nicht erschüttert werden. Ebensowenig konnte die Beschwerde die Relevanz eines behaupteten Verfahrensmangels dartun, nämlich, dass weitere Ermittlungen, wie die von ihr erstmalig begehrte (zusätzliche) Einvernahme der Z im Berufungsverfahren, zu einem für sie günstigeren Verfahrensausgang geführt hätten.
Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin dadurch, dass sie ihre Bewerbung für eine andere Stelle und ihr Interesse an Stellen in einem völlig anderen Arbeitsbereich in den Vordergrund des Vorstellungsgespräches gerückt hat, evidentermaßen ihr Interesse an der angebotenen Stelle in Zweifel gezogen. Ein solches Verhalten konnte aber - wie der Beschwerdeführerin bewusst sein musste - vom potentiellen Dienstgeber als Mangel des Interesses an der zugewiesenen Stelle aufgefasst werden.
Angesichts dessen konnte die belangte Behörde als Ergebnis ihrer nachvollziehbaren Begründung zu Recht die Erfüllung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 1 AlVG sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht bejahen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-74397