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VwGH vom 25.01.2018, Ra 2017/16/0094

VwGH vom 25.01.2018, Ra 2017/16/0094

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision der a Vertriebsgesellschaft m.b.H. in K, vertreten durch die Malainer Rechtsanwalts GmbH in 1010 Wien, Hegelgasse 8/25, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7200005/2014, betreffend Einfuhrabgaben und Abgabenerhöhung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die C. GmbH beantragte mit 21 Anmeldungen im Zeitraum zwischen dem und dem , in 17 Fällen als direkte Vertreterin namens der revisionswerbenden Gesellschaft (Revisionswerberin), in vier Fällen als Anmelderin und indirekte Vertreterin auf Rechnung der Revisionswerberin, die Überführung von Waren in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr, gab dabei im Feld 31 des Einheitspapiers die verschiedensten Bezeichnungen an und im Feld 33 des Einheitspapiers jeweils eine entsprechende Warennummer.

2 Mit Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt vom teilte das Zollamt der Revisionswerberin näher angeführte, nachträglich buchmäßig erfasste Beträge an gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchstabe a des Zollkodex entstandenen Einfuhrabgaben (Zoll) mit und setzte eine Abgabenerhöhung gemäß § 108 Abs. 1 ZollR-DG fest. Bei den mit den Anmeldungen in den freien Verkehr übergeführten Waren handle es sich um "SAT-Receiver-Sets" (im Folgenden: SAT-Receiver). Diese stellten sich bei den Abfertigungen abhängig vom Lieferer als mehr oder weniger Einzelteile oder Komponenten dar. Durch Zusammenstecken und Zusammenschrauben hätten diese Einzelteile oder Komponenten jeweils komplette SAT-Receiver ergeben. Damit die SAT-Receiver vollständig funktionsfähig gewesen wären, sei von der Revisionswerberin noch eine Software aufgespielt worden. Darüber hinausgehende Bearbeitungsvorgänge seien nicht durchgeführt worden und nicht erforderlich gewesen. Diese SAT-Receiver seien bis zum in die Warennummer 8528 7190 00 und ab in die Warennummer 8528 7199 00 mit einem Zollsatz von jeweils 14 % einzureihen gewesen. Bei der seinerzeitigen jeweiligen Abfertigung entsprechend der Tarifierung als Teile seien die Einfuhrabgaben mit einem geringeren Betrag erfasst worden.

3 Die Revisionswerberin erhob dagegen mit Schriftsatz vom Berufung und wandte ein, die Zollbehörde sei selbst davon ausgegangen, dass die SAT-Receiver nicht als "zusammengebaute" SAT-Receiver zu verzollen seien und aufgrund durchgeführter innerer Beschauen einem für die Revisionswerberin nicht erkennbaren Irrtum unterlegen seien.

4 Das Zollamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. Die in Rede stehenden Waren seien als Teile der verschiedensten KN-Codes abgefertigt worden. Bei den in Rede stehenden Abfertigungen handle es sich um komplette SAT-Receiver, welche sich im Zeitpunkt der Überführung in den freien Verkehr als Einzelteile oder Komponenten darstellten, welche durch Zusammenstecken und Zusammenschrauben komplette SAT-Receiver ergäben. Auf Grund der allgemeinen Vorschrift 2a der Kombinierten Nomenklatur seien die Waren als zerlegte oder nicht zusammengesetzt gestellte Waren (nämlich SAT-Receiver) anzusehen.

5 Hinsichtlich 15 Zollabfertigungen, die vom e-Zoll-System ohne Kontrollanordnung sowie ohne manuelle Kontrollanordnung freigegeben worden seien, liege kein aktiver Irrtum des Zollamtes im Sinn des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Zollkodex vor. Hinsichtlich der übrigen sechs Zollabfertigungen fehle die Gutgläubigkeit der Revisionswerberin, welche den Irrtum des Zollamtes vernünftigerweise hätte erkennen müssen.

6 Mit Schriftsatz vom erhob die Revisionswerberin dagegen eine Beschwerde mit der Begründung, die eingeführten Geräte stellten keine funktionsfähigen SAT-Receiver dar. Abgesehen davon, dass eine umfangreiche Qualitätskontrolle einzelner Teile habe vorgenommen werden müssen und somit ein einfaches Zusammenstecken und Zusammenbauen der gelieferten Teile für sich allein nicht möglich gewesen sei, habe auch noch die Software eingespielt werden müssen, die im Auftrag der Revisionswerberin gesondert programmiert worden sei. Ohne diese eingespielte Software wären die SAT-Receiver am österreichischen Markt, für den sie ja tatsächlich importiert worden seien, unbrauchbar. Hinzu komme, dass bei vielen der eingeführten Geräteteile die Tuner nachzulöten gewesen seien, was einen erheblichen Mehraufwand und somit auch nicht ein reines "Zusammensetzen" dargestellt habe.

7 Die Zollbehörde habe einerseits durch Dokumentenkontrolle überprüft, welche konkreten Teile eingeführt worden seien. Auf Grund der gleichlautenden Anzahl der eingeführten Teile habe es sich für die Zollbehörde eindeutig ergeben, dass es sich bei den eingeführten Teilen letztendlich um ganze SAT-Receiver handeln werde. Aber auch innere Warenbeschauen und Teilwarenbeschauen seien durchgeführt worden, wodurch habe festgestellt werden können, welche konkreten Waren eingeführt worden seien und wie sich diese Waren zusammensetzten. Daher habe sich die Revisionswerberin darauf verlassen können, dass die Beschauen ordnungsgemäß durchgeführt worden seien. Ausgehend von den Warenbeschauen liege ein Irrtum der Zollbehörden im Sinn des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK vor. Die Revisionswerberin sei auch gutgläubig gewesen.

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis setzte das Bundesfinanzgericht die Abgabenerhöhung mit 0 EUR fest und wies die Beschwerde, soweit sie die Einfuhrabgaben (Zoll) betrifft, als unbegründet ab. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

9 Nach Schilderung des Verfahrensganges stellte das Bundesfinanzgericht fest, im Zeitraum August 2009 bis Jänner 2012 habe die Revisionswerberin die Überführung von SAT-Receivern, noch nicht zusammengesetzt, in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr beantragt. In den Zollanmeldungen seien die Waren als Teile von SAT-Receivern oder nach ihrer Beschaffenheit bezeichnet und die für Teile geltende Warennummer erklärt worden. Die Teile seien dazu bestimmt gewesen, in Lohnarbeit zu vollständigen SAT-Receivern zusammengebaut zu werden. Die Software sei nicht vom Lieferanten mitgeliefert worden, sondern im Auftrag der Revisionswerberin von einem Dritten erstellt und von der Revisionswerberin eingespielt worden. In den Zollanmeldungen sei nicht erklärt worden, dass es sich bei den zur Abfertigung gestellten Teilen um vollständige Geräte mit allen wesentlichen charakteristischen Teilen handle.

10 Im Zuge der rechtlichen Würdigung wiederholte das Bundesfinanzgericht, dass die Sendungen alle wesentlichen oder charakteristischen Teile eines vollständigen Gerätes enthielten, ohne dass es der weiteren Bearbeitung eines oder mehrerer wesentlicher Teile bedurft habe. Daher gelange das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass die noch nicht zusammengesetzten Teile eines SAT-Receivers, auch wenn die Software nicht mitgeliefert worden sei, in die Position eines vollständigen Gerätes einzureihen seien.

11 Auf Grund der Erklärung als Teile, ohne dass in den Zollanmeldungen auch darauf hingewiesen oder angemerkt worden sei, dass es sich dabei um noch nicht zusammengesetzte vollständige Geräte handle, bei denen lediglich die Software noch aufgespielt werden müsste, habe das jeweilige Zollorgan bei den vorgenommenen Dokumentenkontrollen aber auch bei den stichprobenweisen Beschauen, welche sich auf die Übereinstimmung des Inhaltes einzelner Packstücke mit den in den Rechnungen oder Packlisten angeführten Teilen bezogen habe, nicht erkennen können, dass es sich bereits um (mit Ausnahme der Software) alle Teile von vollständigen Geräten handle und nicht etwa wesentliche oder charakteristische Teile fehlten. Allein auf Grund der übereinstimmenden Stückzahl der Teile könne nicht davon ausgegangen werden, dass das jeweilige Zollorgan ohne entsprechende Erklärung hätte erkennen müssen, dass noch nicht zusammengesetzte vollständige Geräte angemeldet würden. Daher liege kein Irrtum des Zollamtes vor.

12 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

13 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); das Zollamt St. Pölten Krems Wiener Neustadt reichte mit Schriftsatz vom eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag ein, die Revision als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

14 Die Revisionswerberin bekämpft das angefochtene Erkenntnis, soweit es die Beschwerde abgewiesen hat, und erachtet sich im Recht auf Unterlassung der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der Zollschuld verletzt.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

16 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, es fehle Rechtsprechung zur Rechtsfrage, ob ein elektronisches Gerät (im konkreten Fall ein SAT-Receiver) ohne Betriebssoftware, das am österreichischen Markt somit nicht gebrauchsfähig sei, bereits die Beschaffenheitsmerkmale des vollständigen oder fertigen elektronischen Geräts erfülle und somit die Einordnungsbestimmung der Z 2 lit. a der AV überhaupt anwendbar sei.

19 Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt. 20 Die aus den eingeführten Waren nach deren Zusammensetzen

und nach den von der Revisionswerberin behaupteten zusätzlichen Vorgängen (wie Nachlöten) und nach Aufspielen der Betriebssoftware vorhandenen SAT-Receiver sind unstrittig gemäß Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif, ABl. L 256 vom , (im Folgenden: KN-VO) in den im Revisionsfall maßgeblichen Fassungen der Verordnung (EG) Nr. 1031/2008 der Kommission vom , ABl. L 291 vom , der Verordnung (EG) Nr. 948/2009 der Kommission vom , ABl. L 287 vom , der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom , ABl. L 284 vom , bis zum unter den KN-Code 8528 7190 und gemäß Anhang I der KN-VO in den im Revisionsfall maßgeblichen Fassungen der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 620/2011 der Kommission vom , ABl. L 166 vom , und der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom , ABl. L 282 vom , ab unter den KN-Code 8528 7199 einzureihen, wofür jeweils ein Zollsatz von 14 % vorgesehen ist.

21 Die allgemeine Vorschrift 2 Buchst. a) für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (Anhang I Titel I (Allgemeine Vorschriften) Punkt A. der KN-VO) - kurz: AV2a - lautet:

"Für die Einreihung von Waren in die Kombinierte Nomenklatur gelten folgende Grundsätze:

...

2. a) Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch

für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

b) ..."

22 Die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware sind das entscheidende Tarifierungskriterium, wobei es unerheblich ist, ob sie unvollständig, unfertig oder nicht zusammengesetzt gestellt wird (vgl. Georg Bruner, C-290/97, Rn 26). Daher ist es im Revisionsfall für die Frage der Tarifierung (Einreihung in eine Position der KN) unerheblich, ob die in Rede stehenden Waren zusammengesetzt oder noch nicht zusammengesetzt in Einzelteilen zur Abfertigung gestellt wurden.

23 Strittig ist im Revisionsfall die Frage, ob die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale im Sinn der AV2a erst durch das Aufspielen der Betriebssoftware gegeben sind.

24 Eine Software, auch eine Betriebssoftware, stellt ein immaterielles Wirtschaftsgut dar, auch wenn es in einer Ware verkörpert ist (vgl. aus dem Bereich des Zollwertrechts Compaq Computer International Corporation, C-306/04, Rn 31).

25 Die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale eines Videogerätes liegen in der Kombination aus den mechanischen und den elektronischen Elementen (vgl. EuGH, , Goldstar Europe GmbH, C-401/93, Rn 26, zu sogenannten Mecadecks ohne elektronische Steuer- und Schaltkreise). Solche elektronische Elemente waren in den dem EuGH vorliegenden Fall jedoch körperliche Sachen, nämlich Schalt- und Steuerkreise.

26 Eine Position der KN für die fertige Ware ist auch auf Warenrohlinge anzuwenden, wenn solche Waren unverändert nicht verwendet werden könnten, ungefähr die Form oder den Umriss der fertigen Ware aufweisen und nur zur Herstellung der fertigen Ware verwendet werden können (vgl. Rose Elektrotechnik GmbH & Co KG, C-280/97, Rn 18).

27 Eine Ware weist noch nicht die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware auf, wenn es verschiedene Arten der Endnutzung gibt, und die jeweilige Endnutzung von zusätzlichen Bestandteilen abhängt, mit denen die Ware im nächsten Produktionszyklus ergänzt werden muss (vgl. Schenker SIA, C-16/08, Rn 28).

28 Die Revisionswerberin führt ins Treffen, dass die im Revisionsfall zur Abfertigung gestellten Teile nach ihrem Zusammenbau für den österreichischen Markt noch nicht als SAT-Receiver gebrauchsfähig oder funktionsfähig gewesen seien und es sich nach der Verkehrsauffassung nicht um "fertige Geräte" gehandelt habe. Die AV2a verlangt jedoch nicht, dass die unvollständige Ware gebrauchsfähig oder funktionsfähig wäre, sondern dass sie die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale aufweist. Es muss noch kein "fertiges Gerät" vorliegen, denn die AV2a erfasst ausdrücklich unvollständige Waren.

29 Entgegen dem Vorwurf der Revisionswerberin, das Bundesfinanzgericht habe "die nicht zusammengebauten Teile eines bloßen Gehäuses (im Sinne einer funktionslosen Apparatur) für den Satellitenreceiver" zu Unrecht unter die Position für SAT-Receiver eingereiht, hat es sich bei den angemeldeten Waren um sämtliche körperlichen Teile, nicht nur um diejenigen des Gehäuses, gehandelt, welche nach der Einfuhr zu Waren zusammengebaut wurden, auf welche dann die Betriebssoftware aufgespielt wurde.

30 Dass die im Revisionsfall zur Abfertigung gestellten Teile nach deren Zusammensetzen ohne Betriebssoftware hätten verwendet werden können, auch zu anderen Waren als SAT-Receivern hätten zusammengesetzt werden können oder je nach aufgespielter Betriebssoftware dann einer anderen Nutzung als der als SAT-Receiver hätten dienen können, behauptet die Revisionswerberin nicht.

31 Aus den in den in Rede stehenden Anmeldungen enthaltenen Waren sind nach den von der Revisionswerberin erläuterten Schritten (Nachlöten und Zusammensetzen in einer geschützten Werkstätte) als SAT-Receiver erkennbare Waren entstanden, auf welche sodann die Betriebssoftware aufgespielt wurde, und für welche kein Anhaltspunkt besteht, dass sie - etwa mit einer anderen Software - zu anderen Zwecken als denen eines SAT-Receivers hätten verwendet werden können.

32 Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Rechtsprechung sind diese Waren vom Bundesfinanzgericht zutreffend unter Anwendung der AV2a der KN für die Anmeldungen bis zum unter die KN-Position 8528 7190, für die Anmeldungen ab dem unter die KN-Position 8528 7199 eingereiht worden.

33 Gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a der im Revisionsfall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften, ABl. L 302 vom , (im Folgenden: Zollkodex - ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabepflichtige Ware in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt wird.

34 Gemäß Art. 217 ZK ist jeder einer Zollschuld entsprechende Einfuhrabgabenbetrag unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden zu berechnen und in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen einzutragen (buchmäßige Erfassung). Art. 218 und 219 ZK sehen Fristen vor, innerhalb derer die buchmäßige Erfassung zu erfolgen hat.

35 Ist der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Art. 218 und 219 ZK buchmäßig erfasst oder mit einem geringeren als dem gesetzlich geschuldeten Betrag buchmäßig erfasst worden, so hat gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK die buchmäßige Erfassung des zu erhebenden Betrages oder des nachzuerhebenden Restbetrages innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem die Zollbehörden diesen Umstand feststellen und in der Lage sind, den gesetzlich geschuldeten Betrag zu berechnen sowie den Zollschuldner zu bestimmen (nachträgliche buchmäßige Erfassung).

36 Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK lautet:

"(2) Außer in den Fällen gemäß Art. 217 Abs. 1 Unterabsätze 2 und 3 erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn

...

b) der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines

Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat. Wird der Präferenzstatus einer Ware ..."

37 Ein Irrtum im Sinn des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK kann auch in der falschen Rechtsanwendung bestehen, wenn eine Anmeldung alle notwendigen und zutreffenden Angaben, aber eine unzutreffende Warennummer (Unterposition der Kombinierten Nomenklatur) enthält, somit erkennbar unschlüssig ist und dennoch angenommen wird (vgl. , mwN). Ist auf Grund des dem Zollamt bei der Annahme der Anmeldung bekannten Sachverhaltes, insbesondere aus den Angaben im Feld 31 des Einheitspapiers, die Einreihung in die richtige Position der KN möglich, unterliegt das Zollamt jedoch einem Rechtsirrtum, dann liegt ein Irrtum im Sinn des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK vor. Ein Irrtum liegt in der langjährigen unrichtigen Abfertigungspraxis bei widerspruchsloser Entgegennahme der Zollanmeldung vor, wenn diese alle notwendigen und zutreffenden Angaben enthält (vgl. nochmals , mwN).

38 Ein solcher Irrtum der Zollbehörde ist jedoch ausgeschlossen, wenn das Zollamt bei der Annahme der Anmeldungen Sachverhaltselemente nicht kennt, welche zur Einreihung in die richtige Position der KN erforderlich sind (vgl. , und abermals ).

39 Dass dem Zollamt in den 21 Abfertigungsfällen im Revisionsfall durch die Angaben im Feld 31 des jeweiligen Einheitspapiers oder in den der Zollanmeldung angeschlossenen Unterlagen (etwa Rechnungen) der Umstand bekannt gewesen wäre, dass die zur Abfertigung gestellten Waren in ihrer Gesamtheit nach der Zusammenstellung einen (bis auf die Betriebssoftware) vollständigen SAT-Receiver ergäben, behauptet auch die Revisionswerberin nicht. Der bloße Umstand, dass die zur Abfertigung gestellten Teile jeweils in derselben Anzahl vorgelegen sind, bedeutet noch nicht, dass es sich um alle Teile eines SAT-Receivers handelte und eine "in tariflicher Hinsicht erkennbar unschlüssige Zollanmeldung" vorgelegen wäre. Die Möglichkeit, dass das Zollamt daraus ein Indiz für das Vorliegen einer vollständigen, jedoch noch nicht zusammengesetzten Ware vorgefunden hätte, dem aber bei der jeweiligen Beschau nicht weiter nachgegangen sei, bewirkt noch keinen Irrtum des Zollamtes im Sinn des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK.

40 Damit zeigt die Revisionswerberin aber nicht auf, dass das Bundesfinanzgericht zu Unrecht angenommen hätte, dass der Tatbestand des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK im Revisionsfall nicht erfüllt ist, und die nachträgliche buchmäßige Erfassung des in Rede stehenden Abgabenbetrages durch das Zollamt zu Unrecht bestätigt hätte.

41 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

42 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017160094.L00

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