VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/16/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, LL.M., über die Revision der L GmbH in B G, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger und Dr. Brigitte Piber, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Künstlerhausgasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7100684/2016, betreffend Rechtsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 553,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel gegenüber der revisionswerbenden Gesellschaft m.b.H. (Revisionswerberin) gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig Rechtsgebühren nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1957 in Höhe von 14.980 EUR für einen Unterpachtvertrag vom mit einer B. GmbH fest. Da die von den Pächtern zu tätigenden Investitionen in geschätzter Höhe von 1,498.000 EUR nach Beendigung des Pachtverhältnisses in das Eigentum der Verpächterin übergingen, handle es sich bei diesen Kosten um eine nicht rückzahlbare Leistung, die in voller Höhe in die Bemessungsgrundlage für die Gebühr miteinzubeziehen sei.
2 Mit Schriftsatz vom erhob die Revisionswerberin dagegen Beschwerde zum einen mit der Begründung, der erwähnte Unterpachtvertrag enthalte zwei Rechtsgeschäfte, einerseits einen Unterpachtvertrag mit der Revisionswerberin, andererseits einen Unterpachtvertrag mit einem K. Verband. Da beide Unterbestandsnehmer unterschiedliche Bestandgegenstände in Unterbestand nähmen und dafür jeweils unterschiedliche Investitionspflichten übernommen hätten, ergebe sich eine geringere Bemessungsgrundlage. Die Revisionswerberin habe rund 1,200.000 EUR an Investitionen zu erbringen.
3 Zum anderen würden nach Beendigung des Pachtverhältnisses ausschließlich die nicht mehr entfernbaren Investitionen entschädigungslos in das Eigentum der Verpächterin übergehen. Aus der einen Vertragsbestandteil darstellenden Investitionskostenfestlegung gehe eindeutig hervor, dass es sich bei einem Großteil der Investitionen um solche handle, die nach Beendigung des Unterpachtverhältnisses problemlos wieder entfernt werden könnten, wie Einrichtungsgegenstände, Möbel, Medientechnik und dergleichen. Diese Kosten hätten von vornherein nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden dürfen.
4 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
5 Dagegen reichte die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag ein.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und setzte die Gebühr (ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 1,200.000 EUR) mit 12.000 EUR fest; im Übrigen wies es die Beschwerde als unbegründet ab. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
7 Das Bundesfinanzgericht gab den in Rede stehenden Unterpachtvertrag zwischen der B. GmbH als Verpächterin einerseits und der Revisionswerberin sowie dem K. Verband als Pächterinnen andererseits auszugsweise wieder. Die Punkte II. und V. dieses Vertrages würden demnach lauten:
"II. Beginn und Dauer des Pachtverhältnisses
(1) Die Unterpachtverhältnisse beginnen am und werden bis abgeschlossen. Die Unterpachtverhältnisse erlöschen daher durch Ablauf der bedungenen Zeit am , ohne dass es einer Aufkündigung bedarf.
...
IV. Betriebskosten
(1) Zusätzlich zum vereinbarten Pachtzins ist jede der beiden Pächterinnen verpflichtet, sämtliche mit dem sie betreffenden Pachtgegenstand zusammenhängenden Betriebskosten und Abgaben zu zahlen. Sofern die entsprechenden Betriebskosten und Abgaben den Pächterinnen nicht ohnedies direkt von den jeweiligen Versorgungsunternehmungen vorgeschrieben werde, sind die Pächterinnen verpflichtet, die jeweils auf sie entfallenden Betriebskosten und Abgaben binnen 14 Tagen nach Vorschreibung durch die Verpächterin zu bezahlen.
...
V. Betriebs- und Investitionspflicht
...
(2) Um den Pachtgegenstand vertragskonform nutzen zu können, bedarf es entsprechender Investitionen. Die Bereitschaft der Pächterinnen entsprechende Investitionen vorzunehmen, ist ein wesentlicher Vertragsumstand, damit die Verpächterin den gegenständlichen Vertrag mit den Pächterinnen abschließt.
(3) Die Pächterinnen sind in Kenntnis, in welchem Ausmaß und Umfang die Verpächterin gegenüber der Gemeinde B. im Hauptpachtvertrag lnvestitionspflichten übernommen hat. Diese Investitionspflichten werden von den Pächterinnen zur Gänze übernommen.
Jede Pächterin hat nur die auf ihren Pachtgegenstand entfallenden Investitionen vorzunehmen. Welche der beiden Pächterinnen welche Investitionen und bis wann vorzunehmen hat, ergibt sich aus der einen integrierenden Bestandteil diese Vertrages darstellenden Investitionskostenfestlegung.
(4) Die Verpächterin ist berechtigt, von den Pächterinnen den Nachweis der Erbringung der in der Investitionskostenfestlegung vorgesehenen Investitionen durch Vorlage entsprechender Rechnungen zu fordern. Sämtliche Einbauten und Investitionen, die mit dem Pachtobjekt untrennbar verbunden werden und ohne Zerstörung oder erheblicher Beschädigung nicht mehr entfernt werden können, gehen bei Beendigung des Vertrages in das Eigentum der Verpächterin über. Die sonstigen Investitionen sind die Pächterinnen berechtigt und verpflichtet, bei Beendigung des Pachtverhältnisses zu entfernen.
(5) ..."
8 Da im Unterpachtvertrag zwei getrennte Rechtsgeschäfte dokumentiert worden seien, hätte der Revisionswerberin nur auf Grundlage der von ihr zu erbringenden Investitionen eine Gebühr vorgeschrieben werden dürfen. Die Revisionswerberin habe sich mit dem mit ihr abgeschlossenen Vertrag lediglich zur Vornahme von Investitionen im Ausmaß von rund 1,200.000 EUR verpflichtet. Daher sei für sie nur dieser Betrag der Bemessung und der Gebührenschuld heranzuziehen.
9 Da die Revisionswerberin nach dem maßgeblichen Urkundeninhalt die Verpflichtung übernommen habe, die oben näher angeführten Investitionen vorzunehmen, seien die von ihr in diesem Zusammenhang zu tätigenden finanziellen Aufwendungen in die Bemessungsgrundlage miteinzubeziehen. Zum Bestandentgelt gehörten auch Leistungen, zu denen sich der Bestandnehmer für das Bestandobjekt verpflichtet habe und die entweder gleich bei ihrer Ausführung oder später bei Lösung des Bestandverhältnisses entschädigungslos in das Eigentum des Bestandgebers fallen oder darin ohne Ersatzleistung an den Bestandnehmer verbleiben, wie z. B. Errichtungen baulicher Art, auch Neu-, Um- und Zubauten. Wie hoch der Vorteil des Vermieters nach Ablauf der Bestanddauer sei, spiele keine Rolle. Die Revisionswerberin könne mit ihrem Einwand, nach Beendigung des Pachtverhältnisses würden ausschließlich die nicht mehr entfernbaren Investitionen entschädigungslos in das Eigentum der Verpächterin übergehen, nicht durchdringen. Bei der Höhe der Bemessungskomponente sei entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht auf den verbliebenen Wert zum Zeitpunkt, zu dem die Investitionen in das Vermögen der Verpächterin übergehen, sondern auf die Investitionskosten zum Investitionszeitpunkt abzustellen. Es komme auf die vertraglich bedungenen Leistungen an. Wie hoch die tatsächlich erbrachten Leistungen seien, bleibe ohne Belang.
10 Da Betriebskosten in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einzubeziehen seien, welche derzeit nicht abschätzbar seien, sei die Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt zu Recht vorläufig erfolgt.
11 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.
12 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein (§ 36 VwGG); das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel reichte mit Schriftsatz vom eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag ein, die Revision als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.
13 Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht verletzt, dass jene Investitionen, die bei Beendigung des Bestandverhältnisses wieder entfernt werden, nicht in die Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr einbezogen werden.
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
16 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 Die Revisionswerberin trägt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, die vom Bundesfinanzgericht herangezogene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffe einen völlig anderen Sachverhalt, nämlich Leistungen, zu denen sich der Bestandnehmer für das Bestandobjekt verpflichtet hat und die entschädigungslos in das Eigentum des Bestandgebers fielen oder ohne Ersatzleistung an den Bestandnehmer im Bestandobjekt verblieben. Im vorliegenden Revisionsfall handle es sich bei einem Großteil um Investitionen, die nach Beendigung des Unterpachtverhältnisses problemlos wieder entfernt werden können und sohin nicht entschädigungslos in das Vermögen der Verpächterin übergingen. Dazu bestehe keine Rechtsprechung.
18 Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt. 19 Gemäß § 33 Tarifpost 5 (Bestandverträge) des Gebührengesetzes 1957 (im Folgenden: GebG) unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Gebühr von 1 vH nach dem Wert.
20 Die Rechtsgebühr nach § 33 TP 5 GebG ist "nach dem Wert" des Bestandvertrages zu bemessen. Dieser Wert ergibt sich aus Bestandzins und Bestanddauer. Zum "Wert", von dem die Gebühr von Bestandverträgen zu berechnen ist, zählen alle Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu gelangen (vgl. , und , VwSlg. 8177 F).
21 Für die Einbeziehung des Wertes einer Verpflichtung in die Bemessungsgrundlage nach § 33 TP 5 GebG ist nicht entscheidend, dass diese Verpflichtung gegenüber dem Bestandgeber selbst zu erbringen ist, wesentlich ist, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zur Überlassung der Bestandssache besteht (vgl. abermals , VwSlg. 8177).
22 Zu den Leistungen, zu deren Erbringung sich der Bestandnehmer verpflichtet hat, um in den Genuss des Gebrauchsrechtes an der Bestandsache zu erlangen, zählt etwa auch der Wert vom Bestandnehmer vorzunehmender baulicher Veränderungen oder Erhaltungsmaßnahmen, wenn die mit der Bestandssache fest verbundenen Investitionen unmittelbar in das Eigentum des Vermieters übergehen (vgl. ). Dies trifft im Fall einer vertraglichen Verpflichtung zu bestimmten Investitionen zu (vgl. VwGH (verstärkter Senat) , 622/71, VwSlg. 4491 F).
23 Es kommt nicht darauf an, welche sonstigen Leistungen der Bestandnehmer seit Vertragsabschluss tatsächlich erbracht hat, vielmehr bilden alle Leistungen, die der Bestandnehmer nach dem Vertrag zu erfüllen übernommen hat, die Grundlage für die Festsetzung der Rechtsgebühr (vgl. ).
24 Wiederkehrende Leistungen, deren Jahreswert für die Bemessungsgrundlage ausschlaggebend ist, sind alle Leistungen des Bestandnehmers, die dem Bestandgeber nur nach Maßgabe der tatsächlichen Dauer des Bestandverhältnisses verbleiben, die somit nach Beendigung des Bestandverhältnisses insoweit zu erstatten sind, als sie nicht "abgewohnt" wurden, wie Mietzinsvorauszahlungen, Grundanteilskosten und Baukostenbeiträge mit vereinbarter Amortisation (vgl. abermals ).
25 Einmalige Leistungen, die bei unbestimmter Vertragsdauer mit dem vollen Wert in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind, liegen nur dann vor, wenn nach den Vereinbarungen keine Erstattung erfolgen soll, wie etwa bei einer Mietvorauszahlung, welche bei vorzeitiger Vertragsauflösung nicht rückverrechnet wird (vgl. und abermals ).
26 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 1000, 1552/75, VwSlg. 5200 F, ausgesprochen, dass bei Verträgen auf unbestimmte Dauer einmalige Leistungen, wie etwa Baukostenzuschüsse oder Grundkostenanteile, nicht schlechthin, sondern nur anteilsmäßig in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden dürfen, wenn sie für eine längere Nutzungszeit als drei Jahre bestimmt sind und wenn sich aus dem Inhalt der Vereinbarung oder auf Grund gesetzlicher Vorschriften ergibt, dass ein aliquoter Rückforderungsanspruch des Bestandnehmers (Nutzungsberechtigten) hinsichtlich der von ihm erbrachten einmaligen Leistung für den Fall besteht, dass das Vertragsverhältnis vor Ablauf des Aufteilungszeitraumes endet.
27 Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage sind die im vorliegenden Revisionsfall in Rede stehenden Investitionen, welche mit dem Pachtobjekt nicht untrennbar verbunden und ohne erhebliche Beschädigung entfernbar waren und zu deren Entfernung die Revisionswerberin bei Beendigung des Pachtverhältnisses nach dem vom Bundesfinanzgericht zu Grunde gelegten Bestandvertrag verpflichtet war, welche somit bei Beendigung des Pachtverhältnisses nicht in das Eigentum der Bestandgeberin übergingen, ähnlich den als wiederkehrende Leistungen gewerteten Einmalzahlungen mit vereinbarter Amortisation bei Verträgen auf unbestimmte Dauer nur anteilig in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Der bei Beendigung des Bestandverhältnisses auf bestimmte Zeit nach vertragsgemäßer (für die Revisionswerberin verpflichtender) Entfernung der Investitionen aus dem Bestandobjekt verbleibende Zeitwert dieser entfernten Gegenstände ist - vergleichbar dem nach Aliquotierung verbleibenden Rückzahlungsbetrag - nicht Teil des Preises und ist aus der Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr auszuscheiden.
28 Im Revisionsfall wird von der Revisionswerberin nicht einmal behauptet, dass diese Gegenstände bei Auflösung des Bestandvertrages zufolge Abnützung nach der Vertragsdauer von 20 Jahren nicht wertlos sein würden. Daher durften die gesamten veranschlagten Investitionskosten der aus anderen Gründen gemäß § 200 BAO vorläufigen Festsetzung der Bestandvertragsgebühr zu Grunde gelegt werden.
29 Die Revisionswerberin wurde in dem mit dem Revisionspunkt geltend gemachten Recht damit nicht verletzt.
30 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
31 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.
Wien, am