zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 25.07.2013, 2012/15/0004

VwGH vom 25.07.2013, 2012/15/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der S GmbH Co KG als Rechtsnachfolgerin der S GmbH in D, vertreten durch die Schneider Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 6844 Altach, Badstraße 23, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom , Zl. RV/0325-F/09, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die natürlichen Personen Ma und Mk sind jeweils zu 50% an der A GmbH beteiligt. Mit Sacheinlagevertrag vom wurde der operative Betrieb der A GmbH rückwirkend auf den gemäß Art. III UmgrStG zu Buchwerten in die (mit einem zur Hälfte eingezahlten Stammkapital von 35.000 EUR) neu gegründete B GmbH eingebracht, an der Ma und Mk wiederum zur Hälfte beteiligt waren (Schwesterneinbringung, "side stream merger"). Das Einbringungskapital für den einzubringenden operativen Betrieb wurde in der Einbringungsbilanz zum mit 382.089,69 EUR ausgewiesen.

Im Jahresabschluss der A GmbH zum ist ein Bilanzgewinn von 404.817,84 EUR ausgewiesen, der sich aus einem Gewinnvortrag von 373.725,29 EUR und einen Jahresgewinn von 31.092,55 EUR zusammensetzt. Unternehmensrechtlich wurde die Schwesterneinbringung bei der A GmbH als Sachausschüttung an die Gesellschafter erfasst, sodass die Eröffnungsbilanz der A GmbH zum nur mehr einen Bilanzgewinn von 22.728,15 EUR aufweist. In der B GmbH führte die Einbringung zu einer Kapitalrücklage von 382.089,69 EUR.

Ebenfalls zum Stichtag wurde die B GmbH gemäß Art. II UmgrStG in die Beschwerdeführerin, eine neu errichtete KG, umgewandelt. An dieser sind wiederum Ma und Mk je zur Hälfte beteiligt (Kommanditisten), die A GmbH ist als Komplementärin reine Arbeitsgesellschafterin. Die Umgründungsschritte sind in einem Umgründungsplan iSd § 39 UmgrStG erfasst. Die Einbringung wie auch die Umwandlung wurden beim Firmenbuch am angemeldet.

Im Zuge einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, in Höhe der in der Bilanz der B GmbH ausgewiesenen Kapitalrücklage (382.089,69 EUR) habe die Umwandlung zu einer fiktiven Ausschüttung im Sinne des § 9 Abs. 6 UmgrStG geführt. In dieser Höhe sei bei der A GmbH durch die Schwesterneinbringung ein Buchverlust eingetreten, der mit bilanzmäßigen Gewinnanteilen verrechnet worden sei.

Der Auffassung des Prüfers entsprechend erließ das Finanzamt an die Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der B GmbH einen Haftungsbescheid für Kapitalertragsteuer von 95.522,42 EUR (25% der angenommenen Ausschüttung von 382.089,69 EUR).

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Bis zur Einführung des § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG mit dem AbgÄG 2001 sei die Meinung vertreten worden, dass die der Umwandlung vorgelagerte Einbringung von Vermögen auf die umgewandelte Gesellschaft, bei welcher das übertragene Vermögen als Kapitalrücklage ausgewiesen werde, die Ausschüttungsfiktion nicht auslöse. Durch die Bestimmung des § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG (so genannte "ergänzende Ausschüttungsfiktion") hätte, wie aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des AbgÄG 2001 hervorgehe, diese unerwünschte Rechtsfolge für die Zukunft verhindert werden sollen. Allerdings sei dem Gesetzgeber dieses Vorhaben nur teilweise gelungen, weil nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur jene Fälle von der ergänzenden Ausschüttungsfiktion erfasst seien, in welchen bei der einbringenden Gesellschaft der Buchwertabgang gegen Gewinnanteile im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 (aus einer weiteren Vorumgründung) verrechnet worden sei. Mangels einer Vorumgründung in der übertragenden Gesellschaft (A GmbH) könnten keine Gewinnanteile im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 vorhanden sein und finde § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG keine Anwendung. Somit erweise sich die Festsetzung von Kapitalertragsteuer auf Basis der ergänzenden Ausschüttungsfiktion schon dem Grunde nach als rechtswidrig. Aber selbst wenn ein Anwendungsfall von § 9 Abs. 6 UmgrStG vorläge, wäre zu viel Kapitalertragsteuer vorgeschrieben worden, da in der umzuwandelnden Gesellschaft lediglich relevante "Gewinnanteile" von 271.770,95 EUR vorhanden gewesen seien. Dieser Betrag entspreche dem von den Vertragsparteien korrigierten steuerlichen Einbringungskapital. Dieses sei aus einer korrigierten Einbringungsbilanz der A GmbH zum ersichtlich. Die Korrektur sei erforderlich gewesen, weil die bisherige Einbringungsbilanz ein dem operativen Betrieb zuzuordnendes Bankkonto (Sparkasse D Konto-Nr. xxx) nicht erfasse, während ein eindeutig der Vermietung zuzurechnendes Bankkonto (H-Bank Konto-Nr. yyy) zu Unrecht als dem Einbringungsvermögen zugehörig ausgewiesen worden sei. Beim Firmenbuch seien bereits berichtigte Umgründungsbilanzen eingereicht worden. Nach herrschender Auffassung sei in einem solchen Fall die Einbringungs- bzw. Umwandlungsbilanz auch steuerlich zu korrigieren.

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, der bei der Einbringung des Teilbetriebes abgegangene Buchwert von 382.089,69 EUR bilde einen Bilanzverlust, der bei der übertragenden A GmbH gegen den Bilanzgewinn gebucht worden sei. Bei der übernehmenden B GmbH sei die Einbringung des Teilbetriebes handelsrechtlich in eine Kapitalrücklage eingestellt worden. Diese enthalte aber zur Gänze abgegangene Gewinnanteile der einbringenden A GmbH. Der Buchverlust der übertragenden Körperschaft gelte nach § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG beim Rechtsnachfolger als ausgeschüttet. Zur Berechnung der fiktiven Ausschüttung sei gegenständlich vom Reinvermögen bzw. Eigenkapital nur das (eingeforderte) Nennkapital abzuziehen.

Der Buchwert des eingebrachten Betriebes ergebe sich aus dem Einbringungsvertrag und den Bezug habenden Bilanzen.

Die Beschwerdeführerin beantragte ohne weitere Begründung die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab.

Dem Grundsatz der Einfachbesteuerung der von Körperschaften erzielten Gewinne (einerseits mit 25% Körperschaftsteuer auf der Ebene der Körperschaft und andererseits durch die Besteuerung des ausgeschütteten Gewinnes auf der Ebene des Gesellschafters) Rechnung tragend sehe § 9 Abs. 6 UmgrStG eine Ausschüttungsfiktion vor, nach der die im Eigenkapital der Kapitalgesellschaft gespeicherten und am Umwandlungsstichtag nicht offen ausgeschütteten Gewinnbestandteile als ausgeschüttet zu gelten hätten.

Die Gewinnausschüttungsfiktion solle all jene Bestandteile des unternehmensrechtlichen Eigenkapitals erfassen, die am Umwandlungsstichtag steuerrechtlich als Gewinntangente zu qualifizieren seien (Hinweis auf Wellinger in Fraberger/Hirschler/Kanduth-Kristen/Ludwig/Mayr, Handbuch Sonderbilanzen, Band II: Umgründungen, 92). Nach der mit dem AbgÄG 2001 eingefügten Bestimmung des § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG gehöre dazu auch ein durch eine vorgelagerte Einbringung oder Abspaltung bewirkter Buchverlust bei der übertragenden Körperschaft, soweit er bei dieser mit Gewinnanteilen im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 verrechnet worden sei.

In der Bilanz der A GmbH zum (vor der Einbringung des operativen Betriebes) sei neben dem Nennkapital von 18.168,21 EUR (36.336,42 EUR abzüglich der ausstehenden Einlagen in Höhe von 18.168,21 EUR) der Bilanzgewinn von 404.817,84 EUR als Eigenkapital ausgewiesen. Laut Punkt 1.6. des Sacheinlagevertrages vom sei bei der übertragenden A GmbH eine Sachausschüttung in Höhe des durch die Einbringung verursachten Vermögensabganges beschlossen worden. Der durch die Einbringung des Teilbetriebes abgegangene Buchwert (382.089,69 EUR) sei bei der übertragenden A GmbH gegen das Gewinnkonto gebucht worden. Bei der übernehmenden B GmbH sei das Einbringungskapital in eine Kapitalrücklage eingestellt worden.

Aufgrund der Einbringung des operativen Betriebes sei bei der übertragenden A GmbH ein Buchverlust bewirkt worden. Dieser mit Gewinnanteilen verrechnete Buchverlust falle anlässlich der nachfolgenden Umwandlung unter die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG.

Schwarzinger/Wiesner zeigten in der Gedenkschrift für Peter Quantschnigg, Seite 410 auf, dem Gesetzgeber sei nicht zu unterstellen, dass er (trotz des anders lautenden Gesetzeswortlautes) die bei Erlassung des AbgÄG 2001 bekannte steuersparende Gestaltung betreffend Umwandlungen nicht habe zielgenau regeln wollen. Aber auch eine teleologische Interpretation der Bestimmung führe zum selben Ergebnis der Kapitalertragsteuerpflicht des Wertes des eingebrachten Betriebes:

Wenn nach dem (engen) Gesetzeswortlaut des mit dem AbgÄG 2001 neu eingefügten zweiten Satzes eine Verrechnung des Buchverlustes bei der übertragenden Gesellschaft mit Gewinnanteilen im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988, dh. also solchen Gewinnanteilen, die diese Eigenschaft aufgrund einer (weiteren vorangehenden) Umgründung nicht mehr hätten und in einer Kapitalrücklage enthalten seien, unter die Ausschüttungsfiktion falle, müsse dies umso mehr bei einer Verrechnung mit offen ausgewiesenen (unternehmensrechtlichen) Gewinnanteilen der übertragenden Gesellschaft gelten. Beiser , Die Einmalerfassung bei der Einlagenrückzahlung in Kombination mit Umgründungen, ÖStZ 2002, 69, sowie Kirchmayr , Die Besteuerung von Beteiligungserträgen (Wien 2004), 233 ff, zeigten im Übrigen auf, dass § 9 Abs. 6 UmgrStG bereits vor der Ergänzung durch das AbgÄG 2001 die gegenständliche Gestaltung als kapitalertragsteuerpflichtige Ausschüttung erfasst habe.

Auch mit dem Einwand, die Einbringungsbilanz und damit das Einbringungskapital seien zu berichtigen, weil in der bisherigen Einbringungsbilanz ein dem eingebrachten Betrieb zugehöriges Bankkonto nicht enthalten sei und ein dem (bei der A GmbH verbliebenen) Vermietungsbereich zuzurechnendes Bankkonto zu Unrecht ausgewiesen sei, lasse sich für die Beschwerdeführerin nichts gewinnen.

In der Bilanz der A GmbH zum sei unter den Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten ua. das in Rede stehende Konto xxx bei der Sparkasse D mit einem Betrag von 105.535,14 EUR angeführt. Es sei auch in der Eröffnungsbilanz der A GmbH zum wieder ausgewiesen. Das Konto yyy bei der H-Bank sei in der Schlussbilanz der A GmbH zum mit einem Guthaben von 4.783,60 EUR enthalten. Dieses sei laut Einbringungsbilanz in die B GmbH eingebracht worden. Die Beschwerdeführerin habe nicht näher erläutert, weshalb richtigerweise das (negative) Sparkassenkonto und nicht das (positive) Konto bei der H-Bank zum Einbringungsvermögen gehören solle. Aus den Firmenbuchabfragen gehe nicht hervor, dass berichtigte Umgründungsbilanzen vorgelegt worden wären. Zudem habe das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die A GmbH nach Punkt 3 des Sacheinlagevertrages insbesondere auch die Bankkonten laut Einbringungsbilanz übertragen habe. Weshalb die Erfassung bzw. Nichterfassung der in Rede stehenden Konten in der (bisherigen) Einbringungsbilanz dem Einbringungsvertrag und dem Willen der Vertragsparteien widersprechen sollte, sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Umfang des eingebrachten Vermögens:

Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe den Umfang des eingebrachten Vermögens unrichtig festgestellt. Statt des Kontos bei der Sparkasse D habe sie das Konto bei der H-Bank dem Einbringungsvermögen zugeordnet.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides dargetan. Die belangte Behörde hat ihre Sachverhaltsfeststellung unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und der von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren erhobenen Einwendungen getroffen. Sie hat sich bei der Beweiswürdigung, die nicht als unschlüssig erkannt werden kann, insbesondere auf die Bilanzen der A GmbH und der B GmbH, den Sacheinlagevertrag und die Einbringungsbilanz gestützt.

2. Ausschüttungsfiktion:

§ 9 Abs. 6 UmgrStG idF AbgÄG 2001, BGBl. I Nr. 144/2001, lautet:

"Der Unterschiedsbetrag zwischen dem sich aus der der Umwandlung zugrundeliegenden Bilanz (Jahresabschluss oder Schlussbilanz) ergebenden Reinvermögen (vermindert um Gewinnausschüttungen im Sinne des § 8 Abs. 4) und dem eingezahlten und eingeforderten Nennkapital (vermindert um darin enthaltene Gewinnteile im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988) und Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 12 des Einkommensteuergesetzes 1988 gilt mit dem Tag der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses zur Eintragung in das Firmenbuch als an die Rechtsnachfolger offen ausgeschüttet. Dabei gilt als Gewinnanteil im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 weiters ein auf Grund einer der Umwandlung vorangegangenen Einbringung nach Art. III oder Abspaltung nach Art. VI bei der übertragenden Körperschaft entstandener Buchverlust, soweit er bei dieser gegen Gewinnanteile im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 verrechnet worden ist. Der Tag der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses zur Eintragung in das Firmenbuch gilt als Tag des Zufließens im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 1 des Einkommensteuergesetzes 1988."

§ 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 lautet:

"Nicht zu den Einlagen gehören Beträge, die unter § 32 Z 3 fallen oder die infolge einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes die Eigenschaft einer Gewinnrücklage oder eines Bilanzgewinnes verloren haben."

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis gekommen, es liege ein Anwendungsfall des § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG vor. Nach dieser Bestimmung ist im Betrag, der durch die Umwandlung als offen ausgeschüttet gilt, auch zu erfassen: "ein auf Grund einer der Umwandlung vorangegangenen Einbringung nach Art. III … bei der übertragenden Körperschaft entstandener Buchverlust, soweit er bei dieser gegen Gewinnanteile im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 verrechnet worden ist."

Im gegenständlichen Fall steht allerdings außer Frage, dass die (übertragende) A GmbH den aufgrund der Schwesterneinbringung (side stream) entstandenen Buchverlust nicht mit Gewinnanteilen iSd § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 verrechnet hat. Obwohl sohin § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG seinem Wortlaut nach offenkundig nicht erfüllt ist, nimmt die belangte Behörde einen Anwendungsfall dieser Bestimmung an.

Die belangte Behörde stützt sich bei der Auslegung des Normgehaltes des § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG auf die Ausführungen von Schwarzinger/Wiesner , Die Ausschüttungsfiktion gemäß § 9 Abs. 6 UmgrStG auf dem Prüfstand, in: Einkommensteuer Körperschaftsteuer Steuerpolitik, Gedenkschrift für Peter Quantschnigg, Seite 410. Diese Autoren weisen in ihrem Beitrag einleitend auf den im österreichischen Ertragsteuerrecht verankerten Grundsatz der "Einfachbesteuerung" der von Körperschaften erzielten Gewinne hin, wonach die eine Halbbesteuerung (mit 25% Körperschaftsteuer) auf der Ebene der Körperschaft eintrete und die weitere Halbbesteuerung (mit 25% Kapitalertragsteuer) durch die Erfassung als Einkünfte der Gesellschafter erfolge. Umwandlungen von Kapitalgesellschaften nach Art II UmgrStG würden ohne gesetzliche Vorkehrung dazu führen, dass die zweite Halbbesteuerung (in Form der steuerpflichtigen Gewinnausschüttung an die Gesellschafter) entfiele. Aus diesem Grund habe der Gesetzgeber von Anfang an in § 9 UmgrStG (zunächst in Abs. 5, seit dem StRefG 1993, BGBl. Nr. 818, in Abs. 6) normiert, dass das Reinvermögen der umzuwandelnden Gesellschaft (adaptiert um bestimmte Korrekturposten) mit der Anmeldung des Umwandlungsbeschlusses als offen ausgeschüttet zu behandeln sei. Schwarzinger/Wiesner erläutern sodann, Ende der Neunzigerjahre sei es zu Gestaltungen gekommen, bei welchen im Wege eines Mehrfachzuges iSd § 39 UmgrStG einer Schwesterneinbringung eine errichtende Umwandlung angeschlossen worden sei; diese Gestaltungen hätten nach seinerzeitiger Einschätzung dazu geführt, dass Gewinne auf die Gesellschafter übergingen, ohne dass es zur zweiten Halbbesteuerung komme. Darauf habe der Gesetzgeber mit dem AbgÄG 2001 reagiert, indem er in § 9 Abs. 6 UmgrStG u.a. den in Rede stehenden zweiten Satz eingefügt habe.

Schwarzinger/Wiesner räumen sodann ein, insbesondere Kauba (SWK 2002, S 778) zeige auf, dass die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung grundsätzlich nicht geeignet ist, die angesprochenen Fallgestaltungen (Schwesterneinbringungen, aber auch Abspaltungen) zu erfassen. Sie meinen aber, es sei "dem Gesetzgeber nicht zu unterstellen, dass er die zu diesem Zeitpunkt bekannte steuersparende Gestaltung nicht zielgenau regeln wollte."

Diesem Argument ist allerdings nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes entgegen zu halten, dass auch dem Worlaut einer Gesetzesbestimmung Bedeutung zukommt.

Die ErlRV zum AbgÄG 2001 führen an, der zweite Satz des § 9 Abs. 6 UmgrStG solle der Absicherung der Ausschüttungsfiktion dienen. Die Verwaltungspraxis sei davon ausgegangen, dass bei der Kombination von Schwesterneinbringung und anschließender Umwandlung Gewinnanteile der übertragenden Körperschaft nicht auf die umzuwandelnde Kapitalgesellschaft übergehen könnten, gleichzeitig aber der ausschüttungsfähige Gewinn bei der übertragenden Kapitalgesellschaft mit dem umgründungsbedingt entstandenen steuerneutralen Buchverlust verrechnet werde. Als Folge der Novellierung soll in Höhe des bei der übertragenden Gesellschaft zur Saldierung von Gewinnteilen verwendeten Buchverlustes bei der umzuwandelnden Gesellschaft das Vorhandensein entsprechender Gewinnteile angenommen werden.

Erläuterungen zur Regierungsvorlage kommt, wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom , 2010/15/0112, zum Ausdruck gebracht hat, keine normative Bedeutung zu. Daran ändert nichts, dass solche Erläuterungen im Rahmen der Interpretation des Gesetzes einen Hinweis auf das Verständnis des Gesetzes bieten können.

Im Beschwerdefall ist von Bedeutung, dass der zweite Satz des § 9 Abs. 6 UmgrStG seinen Anwendungsbereich ausdrücklich auf Buchverluste beschränkt, die bei der übertragenden Gesellschaft gegen Gewinnanteile im Sinne des § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 verrechnet worden sind, und ein solcher Fall nur ausnahmsweise, gegenständlich aber jedenfalls nicht vorliegt.

Die belangte Behörde erkennt durchaus, dass ihr Interpretationsergebnis in offenem Widerstreit zum Wortlaut der Norm steht. Daher stellt sie folgende ergänzende Überlegung an:

Wenn schon in dem von § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG geregelten (Ausnahme)Fall des Vorhandenseins von Gewinnanteilen iSd § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988 bei der einbringen Gesellschaft (und der Verrechnung des Buchverlustes mit diesen Gewinnanteilen iSd § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988) die Ausschüttungsfiktion greifen soll, so müsse dies umso mehr für den Normalfall der Verrechnung mit offen ausgewiesenen Gewinnanteilen der übertragenden Gesellschaft gelten. Dieser Schluss der belangten Behörde erweist sich aber nicht als zwingend, ist es dem Gesetzgeber doch unbenommen, für Gewinnanteile iSd § 4 Abs. 12 Z 2 EStG 1988, also Beträge, die infolge einer zusätzlichen, also weiteren, früheren Umgründung die Eigenschaft einer Gewinnrücklage oder eines Bilanzgewinnes verloren haben, eine entsprechend strengere Regelung anzuordnen.

Bei der Interpretation einer Gesetzesnorm ist auf den Wortsinn und insbesondere auch auf den Zweck der Regelung und den Zusammenhang mit anderen Normen abzustellen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2009/15/0168, und vom , 2008/15/0193).

Der Auslotung des Zwecks der in Rede stehenden Norm hat voranzugehen, ob die in den ErlRV zum AbgÄG 2001 angeführten Fallgestaltungen tatsächlich zu dem von Schwarzinger/Wiesner beschriebenen Ausfall der zweiten Halbbesteuerung führen:

Die Regelung des § 9 Abs. 6 UmgrStG ordnet - auch in der Fassung vor dem AbgÄG 2001 - an, dass der Betrag der fiktiven Ausschüttung um Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 zu mindern ist. Solcherart kommt der Frage nach den Auswirkungen von Gestaltungen wie insbesondere der Schwesterneinbringung, auf den Stand der Einlagen iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988 der aufnehmenden Kapitalgesellschaft wesentliche Bedeutung zu.

Schwarzinger/Wiesner führen aus (aaO, 408), das Evidenzkonto der aufnehmenden Gesellschaft erfahre durch den Vorgang nur dahingehend eine Änderung, dass der Stand des Evidenzkontos der einbringenden Gesellschaft dem Verkehrswertverhältnis entsprechend auf den einzubringenden Betrieb und das Restvermögen aufgeteilt werde und mit dem auf den einzubringenden Betrieb entfallenden Teil auf die aufnehmende Gesellschaft übergehe.

Im gegebenen Zusammenhang ist entscheidend, dass die Schwesterneinbringung nach Art III UmgrStG in der Tat das ertragsteuerliche Einlagekapital in Summe (in einer Zusammenschau der Evidenzkonten von einbringender und der aufnehmender GmbH) unverändert lässt. Es wechselt lediglich ein Teil des zunächst auf dem Evidenzkonto der einbringenden Gesellschaft ausgewiesenen steuerlichen Eigenkapitals auf die aufnehmende Gesellschaft (vgl. zB Matzka/Walter , GeS 2003, 121, und nochmals Schwarzinger/Wiesner , aaO). Die Schwesterneinbringung erhöht in Summe den Einlagestand iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988 nicht, soweit die Gesellschafter nicht zusätzlich (Bar)Einlagen tätigen; das Einlagekapital wird bloß neu aufgeteilt. Diesen im gegebenen Zusammenhang entscheidenden Umstand hat Beiser in ÖStZ 2002, 69 ff, aufgezeigt und daraus überzeugend abgeleitet, dass die in Rede stehende Gestaltung die durchgängige Einmalerfassung nicht beeinträchtigt.

Kirchmayr , Die Besteuerung von Beteiligungserträgen, 233 ff, bestätigt diese Einschätzung. Auch sie hält für entscheidend, dass die in Rede stehende Schwesterneinbringung (wie die Abspaltung) keine andere Auswirkung auf den Einlagenstand hat als eine "anteilige Evidenzkontenverschiebung", und verweist darauf, dass die Regelung der Ausschüttungsfiktion nach § 9 Abs. 6 erster Satz UmgrStG weder dem Wortlaut noch dem Gesetzeszweck nach einen handelsrechtlichen Bilanzgewinn oder handelsrechtliche Gewinnrücklagen voraussetzt. Bei der tatsächlichen Ausschüttung oder bei der fiktiven Ausschüttung im Wege der Umwandlung liege ein steuerlicher Kapitalertrag immer dann vor, wenn keine Einlagenrückzahlung iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988 gegeben sei. Gesellschaftsrechtliche Kapitalrücklagen sprächen keinesfalls gegen steuerliche Kapitalerträge; es komme einzig darauf an, ob den Kapitalrücklagen Einlagen iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988 gegenüberstünden.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht, dass die Ausschüttungsfiktion des § 9 Abs. 6 UmgrStG nicht im handelsrechtlichen/unternehmensrechtlichen Jahresabschluss als Bilanzgewinn oder Gewinnrücklage ausgewiesene Gewinne voraussetzt. Sie erfasst vielmehr jegliche Eigenkapitalposition der umzuwandelnden GmbH, allerdings ist der Stand des Evidenzkontos in Abzug zu bringen. Es hat daher auf das steuerliche Ergebnis keinerlei Einfluss, dass bei der Schwesterneinbringung in eine neu gegründete Gesellschaft (oder der Abspaltung) die bei der übertragenden Gesellschaft erwirtschafteten Gewinne in der Unternehmensbilanz der übernehmenden Gesellschaft nicht mehr als Gewinne ausgewiesen werden. Solcherart trifft es von vornherein nicht zu, dass bei der in Rede stehenden Mehrfachumgründung (Kombination aus Schwesterneinbringung bzw. Abspaltung und Umwandlung) ein Entfall der zweiten Besteuerungsebene eintritt. Es wird also bereits § 9 Abs. 6 erster Satz UmgrStG der Systematik der Einmalbesteuerung (Körperschaftsteuer plus Kapitalertragsteuer) gerecht, indem das Eigenkapital der umgewandelten Gesellschaft, soweit es den Evidenzkontostand iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988 dieser Gesellschaft übersteigt, als fiktive Ausschüttung erfasst wird. Daher erschließt es sich als durchaus systemgerecht, dass § 9 Abs. 6 zweiter Satz UmgrStG - zumindest auf Gestaltungen wie die streitgegenständliche - nicht anwendbar ist.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheide zwar zutreffend (ergänzend) auf die oben angeführten Literaturstellen von Beiser und Kirchmayr verwiesen, die nachweisen, dass sich die Kapitalertragsteuerpflicht des streitgegenständlichen Vorgangs bereits aus § 9 Abs. 6 erster Satz UmgrStG ergibt. Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Kapitalertragsteuer hat sie es allerdings unterlassen, vom Wert des in die B GmbH eingebrachten Betriebes von 382.089,69 EUR (zuzüglich des Stammkapitals der B GmbH) den Stand des Evidenzkontos der B GmbH (§ 4 Abs. 12 EStG 1988) in Abzug zu bringen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am