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VwGH vom 19.01.2010, 2008/05/0162

VwGH vom 19.01.2010, 2008/05/0162

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der B Aktiengesellschaft in Krems an der Donau, vertreten durch Dr. Ingrid Auer und Dr. Michael Auer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Naglergasse 6, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Krems an der Donau vom , Zl. MD-L-1/2008/Mag.H/R, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. D GmbH in Salzburg, 2. R GmbH in St. Pölten, beide vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadt Krems hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom beantragten die mitbeteiligten Parteien die baubehördliche Bewilligung für die "Erweiterung EKZ W" auf näher bezeichneten Grundstücken der KG Krems unter Hinweis auf die beigelegten Projektsunterlagen. Die mitbeteiligten Bauwerberinnen führten in ihrem Antrag aus, dass mit dem eingereichten Bauvorhaben die Umgestaltung des derzeit bestehenden Einkaufszentrums W geplant sei. Ca. zwei Drittel des bestehenden Einkaufszentrums sollen abgebrochen und statt dessen ein neues Einkaufszentrum errichtet werden; ein Drittel des bestehenden Einkaufszentrums soll erhalten, ergänzt bzw. umgebaut werden. Das durch diese Maßnahmen wesentlich vergrößerte Gebäude soll über fünf Geschosse verfügen. Die zwei Unterschosse seien für die Parkgarage, die Technik- und Lagerräume sowie den Ladehof vorgesehen. Im Erdgeschoss seien neben den Verwaltungs- und Nebenräumlichkeiten ein Möbelhaus, ein Markt samt Lager sowie diverse "Shops" geplant. Vom ersten Obergeschoss, in welchem neben Verwaltungsräumlichkeiten die zweite Ebene des Möbelhauses, weitere "Shops" und Gastronomiebetriebe vorgesehen seien, solle durch einen geschlossenen Verbindungssteg über die Wienerstraße das auf der gegenüber liegenden Straßenseite gelegene "Bcenter" erreicht werden können. Im zweiten Obergeschoss seien die dritte Ebene des Möbelhauses, weitere Verwaltungsräumlichkeiten, Nebenräume und Lager vorgesehen. Auf dem Flachdach würden die Räume für die Heizzentrale und die Lüftungstechnik errichtet. Das Einkaufszentrum werde eine Bruttogeschossfläche von 36.098,94 m2 umfassen, wovon 24.571 m2 als Verkaufsfläche genutzt werden sollen. Derzeit bestünden 332 Kfz-Abstellplätze (in der bestehenden Tiefgarage 174, auf dem Freiparkplatz weitere 158). Im Zuge der geplanten Baumaßnahmen sollen zwei unterirdische Parkebenen mit insgesamt 821 Kfz-Abstellplätze errichtet werden; 344 Kfz-Abstellplätze seien in der ersten Tiefgaragenebene, 477 Kfz-Abstellplätze in der zweiten Tiefgaragenebene vorgesehen. Neben weiteren sechs Oberflächenparkplätzen würden damit 495 Kfz-Abstellplätze neu geschaffen.

Die Baugrundstücke befinden sich im Bauland-Gebiet für Einkaufszentrum mit einer maximal zulässigen Bruttogeschossfläche von 36.100 m2.

Getrennt durch die Wienerstraße grenzt an die Baugrundstücke das Einkaufszentrum "B-Center" der Beschwerdeführer. Dieses Einkaufszentrum befindet sich auf einem Baulandgrundstück, für welches kein Bebauungsplan gilt.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom wurde gemäß § 3 Abs. 7 iVm § 3a Abs. 6 iVm Anhang 1 Z. 19 lit. a Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 - UVP-G 2000 auf Grund ihrer Einzelfallprüfung festgestellt, dass die Umgestaltung des derzeit auf den Baugrundstücken bestehenden "Einkaufszentrums W" durch Abbruch von ca. zwei Drittel des bestehenden Einkaufszentrums und Errichtung eines neuen Betriebsgebäudes sowie zusätzlicher Kfz-Abstellplätze nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt. Grundlage dieser Feststellung war der Antrag der erstmitbeteiligten Partei vom , wonach das Einkaufszentrum eine Bruttogeschossfläche von 36.098,49 m2 mit einer Verkaufsfläche von 25.409 m2 umfassen und eine Grundfläche von 18.589 m2 (weniger als 25 % des Schwellenwertes) in Anspruch nehmen soll. Im Vergleich zum Bestand würden 516 neue Kfz-Abstellfläche (mehr als 25 % des Schwellenwertes) geschaffen. In der näheren Umgebung befände sich das "B Center" mit 547 und ein "I" mit insgesamt 39 Stellplätzen. Weitere Einkaufszentren oder einzelne Handelsbetriebe befänden sich nicht im unmittelbaren Umgebungsbereich.

In der mündlichen Verhandlung vom gab der Vertreter der Beschwerdeführerin die Erklärung ab, dass die geplante Fußgängerbrücke sinnvoll sei und grundsätzlich begrüßt werde. Die Eigentümerzustimmung werde jedoch von einer noch nicht gegebenen zivilrechtlichen Einigung mit den Projektbetreibern abhängig gemacht. Für den Fußgängerübergang lägen noch keine Detailplanung, keine Anschlussplanung (Brandschutzbereiche), keine Statikberechnung (Fundierung auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin) und keine Kotierung vor.

Mit Schreiben vom wurde die mitbeteiligte Partei aufgefordert, eine vertragliche Vereinbarung mit der Beschwerdeführerin betreffend die Brücke über die Wienerstraße vorzulegen.

In der am fortgesetzten mündlichen Verhandlung erklärten die Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Parteien, dass keine zivilrechtliche Einigung betreffend die Ausführung der Brücke zustande gekommen sei, weshalb die eingereichte Brücke in dieser Form nicht bewilligt werden könne. Die mitbeteiligten Parteien beantragten deshalb die Abänderung des Projektes durch Errichtung einer Brücke, die nunmehr im Bereich der Verkehrsfläche der Wienerstraße unmittelbar vor der Grundgrenze der Nachbarliegenschaft der Beschwerdeführerin enden soll, und legten entsprechende geänderte Projektsunterlagen vor. Diese Unterlagen wurden zum Verhandlungsgegenstand gemacht.

Die Beschwerdeführerin wendete ein, die Bauwerberin habe eine Projektsänderung beantragt, die ohne vorgelagertes Prüfungsverfahren verhandelt werden solle. Durch die Neueinreichung, die im Übrigen nicht behindertengerecht geplant sei, werde die Beschwerdeführerin in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beeinträchtigt. Dies betreffe vor allem den Lichteinfall; die Bebaubarkeit der eigenen Liegenschaft werde beeinträchtigt. Es müsse das Recht erhalten bleiben, ihre Liegenschaft bis zur Grundstücksgrenze zu verbauen. Dieses Recht werde mit dem überraschenden, geradezu überfallsartigen Projektsänderungsantrag entscheidend eingeschränkt. Die Planungsunterlagen seien unvollständig. Die Ableitung der Dachwässer könne nicht ersehen werden; eine Statik liege ebenfalls nicht vor. Eine Detailplanung und vor allem deren Auswirkungen auf die Umwelt und den Verkehr liege nicht vor.

Das geänderte Projekt sei UVP-pflichtig. Die Baubehörde sei daher sachlich unzuständig. Zuständig sei die NÖ Landesregierung, weil bei Ausführung des Projektes mit erheblichen schädlichen, belästigenden und belastenden Auswirkungen auf die Umwelt gemäß UVP-G 2000 zu rechnen sei.

Hiezu führte der bautechnische Amtssachverständige aus, dass eine reduzierte Variante der Brückenkonstruktion über die Wienerstraße von der mitbeteiligten Partei zur Bewilligung eingereicht worden sei. In dieser nunmehr beantragten Version soll ein Abgang vor der Grundgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin auf öffentlichem Gut erfolgen. Dazu sei es erforderlich, die Wienerstraße um rund 1,20 m nach Norden zu verschwenken. Die Konstruktion werde in Stahlbauausführung mit Sicherheitsverglasung ausgeführt. Die Fundamentierung für den südseitigen Abgang auf öffentlichem Gut werde einschließlich der vorgesehenen Treppen in gedeckter Ausführung errichtet. Die Entwässerung erfolge in Richtung Einkaufszentrum der mitbeteiligten Partei und werde in die vorhandene Entwässerungsanlage integriert. Der Übergang sei bis zum thermischen Abschluss beheizt. Das Lichtraumprofil zur Wienerstraße bleibe entsprechend der ursprünglichen Brücke unverändert. Der Abschluss der Verbindungsbrücke werde mit einem Fluchtstiegenhaus hergestellt, welches zur Verbindungsbrücke hin mit einer Brandschutzschleuse ausgestattet sei und entlang der Grundgrenze mit einer Stahlbetonscheibe ende. In diesem Bereich sei eine nicht verglaste Belichtungs- und Belüftungsfläche, die sich über die gesamte Höhe des Stiegenhaustraktes erstrecke, vorgesehen. Die Außenmauer des in Stahlbeton projektierten Stiegenhauses soll in einem Abstand von 10 cm zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin errichtet werden. Im Übrigen bleibe das Projekt unverändert. Die Änderung der Brückenkonstruktion sei eine wesentliche Verbesserung im Hinblick auf die nach wie vor ungeklärte Fluchtwegsituation im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Einbindung in das "B Center", da eine direkte Fluchtmöglichkeit ins Freie vom ersten Obergeschoss über die Verbindungsbrücke ermöglicht werde. Die Verkürzung der Brücke sei eine unwesentliche Abänderung des Bauvorhabens. Im Hinblick auf die geplante Öffnung in unmittelbarer Nähe der Grundgrenze zur Anrainerliegenschaft (Abstand 10 cm) sei festzuhalten, dass Öffnungen in Gebäudeteilen an einer Grundgrenze zur Verkehrsfläche zulässig seien; es sei daher im Umkehrschluss auch zulässig, dass ein solches Gebäude oder ein Brückenbauteil auf öffentlicher Verkehrsfläche errichtet werde. Die Einhaltung von Abständen zur Grundgrenze in Form eines Bauwichs etc. gelte grundsätzlich nur für den Baulandbereich und nicht für die Verbauung gewidmeter Verkehrsflächen. Der Brandschutz sei jedoch zu wahren. Im Hinblick auf eventuelle Beeinträchtigungen einer zukünftigen Bebauung des Anrainergrundstückes im Bereich des Bauwichs bzw. eines Lichteinfallswinkels von Hauptfenstern sei festzuhalten, dass eine eventuelle Verbauung dieses Bauwichs bis zur Grundgrenze (Straßenfluchtlinie) grundsätzlich möglich sei, dies jedoch in einem gesonderten Verfahren einer Beurteilung zu unterziehen sei, welches hier nicht Gegenstand sei. Derzeit weise das Anrainergebäude einen Abstand von 8,70 m im ungünstigsten Fall zur Außenfront des Stiegenhaustraktes auf, sodass hier bei einer Stiegenhaushöhe von 12,70 m ein Schüttkegel im Einsturzfalle mit einem Ausmaß von 6,35 m keine Gefährdung für das Anrainergebäude darstelle. Zur Belichtung von Hauptfenstern sei festzustellen, dass es sich bei dem Anrainergebäude um ein Einkaufszentrum handle, in dem besonders in diesem Bereich keinerlei Hauptfenster von Wohn- und Aufenthaltsräumen vorhanden seien, die schützenswert seien oder bzw. beeinträchtigt werden könnten.

Der brandschutztechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten aus, dass die gekürzte Brücke mit Stiegenabgang ins Freie rettungstechnisch eine Verbesserung darstelle, weil direkt ein Ausgang ins Freie geschaffen werde. Aus brandschutztechnischer Sicht bestehe kein Einwand gegen die Erteilung der beantragten Abänderung im Bereich der Brücke.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Krems vom wurde die baubehördliche Bewilligung für die Änderung, Umgestaltung und Erweiterung des "EKZ W" einschließlich Heizungsanlagen, Lüftungsanlagen, Aufzugsanlagen und Fahrtreppen (Spruchpunkt I.) und die gewerbebehördliche Generalgenehmigung für diese Maßnahmen (Spruchpunkt II.) unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Die Baubehörde stützte ihre Entscheidung insbesondere auf das Gutachten ihres bautechnischen Amtssachverständigen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. In der Begründung wurde hiezu entscheidungswesentlich ausgeführt, dass der Umfang des Projektes von der Konsenswerberin bereits mit Schriftsatz vom festgelegt und in den Plänen näher ausgeführt worden sei. Das Projekt sei in einem Punkt, nämlich - wie in der Verhandlungsschrift vom ausgeführt - durch Errichtung der Verbindungsbrücke zwischen dem "EKZ W" und dem "B Center" in der Form abgeändert worden, dass diese Brücke vor der Grundstücksgrenze der Liegenschaft der Beschwerdeführerin ende. Durch diese Umplanung habe sich die Charakteristik des eingereichten Bauprojektes nur in einer Kleinigkeit geändert; darin sei zweifelsohne keine wesentliche Änderung des Projektes zu erblicken. Gegenstand des Feststellungsverfahrens nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 vor der NÖ Landesregierung sei das Projekt in jenem Umfang gewesen, wie es von der mitbeteiligten Partei mit Schriftsatz vom bei der Baubehörde erster Instanz eingereicht worden sei. Da dieses Projekt nur in dem oben angeführten Punkt der Umplanung der Brücke über die Wienerstraße eine Veränderung erfahren habe, aber gerade jene Kriterien des § 3a Abs. 6 UVP-G 2000 in Verbindung mit dessen Anhang 1 Z. 19 lit. a durch die Änderung nicht betroffen seien, liege kein neues Projekt vor, das einer erneuten Prüfung im Sinne des § 3 UVP-G 2000 unterzogen hätte werden müssen.

Eine Einschränkung der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Möglichkeit der Verbauung ihrer Liegenschaft bis zur Grundgrenze sei nicht zu erblicken. Die Brücke beeinträchtige diese Möglichkeit nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie führt u.a. aus, dass für das neue Projekt die NÖ Landesregierung (als UVP-Behörde) zuständig gewesen sei. Das bewilligte Bauvorhaben sei mit erheblich schädlichen, belästigenden und belastenden Auswirkungen auf die Umwelt gemäß UVP-G 2000 verbunden. Auf Grund einer Kumulierung dieser Auswirkungen auf die Umwelt sei das Vorhaben nach dem UVP-G 2000 genehmigungspflichtig, weil Handels- und Gewerbebetriebe in Verbindung mit Dienstleistungs- und Freizeiteinrichtungen vorlägen, die alle in einem Naheverhältnis oder auch räumlich wie in einem betriebsorganisatorischen Zusammenhang stünden. Auf Grund der räumlichen Nähe der Liegenschaft der Beschwerdeführerin seien alle Schwellenwerte nach dem UVP-G 2000 überschritten. Eine Kumulierung der Auswirkungen sei von der NÖ Landesregierung nicht geprüft worden. Die belangte Behörde habe die diesbezüglichen Einwendungen der Beschwerdeführerin ignoriert.

Das Projekt, welches dem Bewilligungsbescheid zu Grunde liege, sei mit dem ursprünglich beantragten Projekt vom nicht vergleichbar.

Die Ausführungen der belangten Behörde, dass nach Einreichung am nur mehr eine Änderung in einem Punkt (Ausführung der Brücke) von den Konsenswerbern vorgenommen worden sei, treffe nicht zu und sei aktenwidrig. Das Feststellungsverfahren nach dem UVP-G 2000 sei im Jahre 2006 durchgeführt worden, obwohl noch nicht sämtliche entscheidungsrelevanten Pläne, Beilagen und Unterlagen vorgelegen seien. Sowohl das erschütterungstechnische Gutachten als auch die lufttechnische Untersuchung, das Brandschutzkonzept, die Elektrotechnikversion 2 sowie die Pläne für die Rolltreppen und Aufzüge hätten bereits bei der Einreichung im Dezember 2005 vorliegen müssen. Erst nach dem Feststellungsverfahren nach dem UVP-G 2000 seien die entscheidungswesentlichen Unterlagen von den Konsenswerberinnen vorgelegt worden. Das rechtswidrig bewilligte Vorhaben sei mit dem Vorhaben, welches der NÖ Landesregierung vorgelegen sei, nicht vergleichbar.

Die Planänderung bezüglich des Verbindungsstegs zwischen dem "EKZ W" und dem "B-Center" sei im Jahre 2007 erfolgt. Auf Grund der umfassenden Änderungen und Nachreichungen von verfahrens- und bewilligungsrelevanten Unterlagen und Beilagen liege somit ein neuer Antrag vor.

Die belangte Behörde sei auf den Einwand der Beschwerdeführerin, dass das Recht, ihre Liegenschaft bis zur Grundstücksgrenze zu verbauen, erhalten bleiben müsse, nicht eingegangen. Diesbezüglich verweise die belangte Behörde in ihrem Bescheid nur auf die "ausführliche" Begründung des erstinstanzlichen Bescheides. Die Behörden hätten keine nachvollziehbaren Sachverhaltsfeststellungen darüber getroffen, ob die Beschwerdeführerin durch die geplante Bauführung in der Möglichkeit der Bebauung ihrer Liegenschaft bis zur Grundgrenze beeinträchtigt werde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligten Parteien - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) im Zeitpunkt der Erlassung des Feststellungsbescheides idF BGBl. Nr. 14/2005 hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes die gemäß § 39 Abs. 1 leg. cit. zuständige Landesregierung festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand des Anhanges 1 oder des § 3a Abs. 1 bis 3 durch das Vorhaben verwirklicht wird.

Die Niederösterreichische Landesregierung hat im Beschwerdefall mit Bescheid vom gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 festgestellt, dass das zu beurteilende Bauvorhaben nicht der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 unterliegt.

Nachbarn können im Baubewilligungsverfahren im Rahmen ihres Mitspracherechtes zwar die Frage der Zuständigkeit der vollziehenden Behörden aufwerfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0091, VwSlg Nr. 16.654/A). Die Baubehörden haben im Beschwerdefall aber zutreffend ihre Zuständigkeit auf die Bindungswirkung des Feststellungsbescheides der Niederösterreichischen Landesregierung vom gestützt. Eine rechtskräftige Feststellung nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 entfaltet nämlich eine Bindung für alle relevanten Verfahren. Die Rechtmäßigkeit eines nach einer Einzelfallprüfung ergangenen Feststellungsbescheides nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000, der sich auf das eingereichte Bauprojekt bezieht, ist im Baubewilligungsverfahren keiner Überprüfung zu unterziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0218, VwSlg Nr. 16.431/A, mwN). Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, dass das Bauvorhaben mit dem im Feststellungsverfahren gegenständlichen Projekt hinsichtlich der für die Beurteilung der UVP-Pflicht relevanten Punkte ident ist. Diese Identität könnte etwa dann verneint werden, wenn die Lage des Bauvorhabens so verändert würde, dass die umweltrelevanten Auswirkungen anders zu beurteilen wären (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Im Beschwerdefall wurde das bewilligte Vorhaben von den mitbeteiligten Bauwerberinnen gegenüber dem im Feststellungsverfahren nach § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 von der Niederösterreichischen Landesregierung beurteilten Vorhaben nur hinsichtlich der Ausgestaltung des Übergangs zum Einkaufszentrum der Beschwerdeführerin abgeändert. Die umweltrelevanten Schwellenwerte haben sich mit der Projektsänderung nicht verändert. Die nicht näher begründeten gegenteiligen Behauptungen der Beschwerdeführerin sind durch die Verfahrensergebnisse und die vorliegenden Verwaltungsakten nicht gedeckt.

Die von der Beschwerdeführerin behauptete Unzuständigkeit der Baubehörden liegt somit nicht vor.

Die Beschwerdeführerin rügt, dass durch das Vorhaben der mitbeteiligten Parteien die Bebaubarkeit ihrer Liegenschaft durch den bis an die Grundstücksgrenze heranreichenden brückenartigen Straßenübergang - bezogen auf die damit verbundene Einschränkung der Belichtungsverhältnisse - beeinträchtigt werde.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 Niederösterreichische Bauordnung 1996 (BO) haben in Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichen Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind Parteistellung (Nachbarn).

Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiven öffentlichen Rechten berührt sind. Beteiligte sind alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden.

§ 6 Abs. 2 BO hat folgenden Wortlaut:

"(2) Subjektivöffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die

1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4) sowie

2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben, gewährleisten und über

3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen."

Die Beschwerdeführerin hat im Baubewilligungsverfahren rechtzeitig Einwendungen gegen das bewilligte Bauvorhaben wegen Verletzung der zulässigen Bebauungsweise und des Bauwichs gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 BO erhoben. Sie wurde in dem von ihr auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend gemachten Recht aus folgenden Gründen verletzt:

Der nahe der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin vorgesehene Bau (Brückenübergang) befindet sich im ungeregelten Baulandbereich. Für solche Bauwerke bestimmt § 54 BO:

"§ 54

Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich

Ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks ist unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegung der Bebauungsweise oder -höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk

in seiner Anordnung auf dem Grundstück oder Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweicht oder

den Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigen würde.

Zur Wahrung des Charakters der Bebauung dürfen hievon Ausnahmen gewährt werden, wenn dagegen keine hygienischen oder brandschutztechnischen Bedenken bestehen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zwar ausgeführt, dass § 54 BO dem Nachbarn nicht weitergehende Mitspracherechte einräumt, als im § 6 Abs. 2 leg. cit. umschrieben ist; die subjektiven öffentlichen Rechte der Nachbarn sind daher im Rahmen des § 54 BO darauf beschränkt, dass ein Einfluss auf den Lichteinfall auf die Nachbarliegenschaft ausgeübt wird.

Eine Verletzung von Nachbarrechten kann aber dann gegeben sein, wenn der Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigt wird. Der im § 54 BO zweiter Fall verwendete Begriff "zulässige Gebäude" (und nicht etwa: "zugelassene Gebäude") bezieht sich nicht nur auf die Hauptfenster bestehender (bewilligter oder als konsensgemäß zu beurteilender) Gebäude auf den Nachbargrundstücken, sondern auch auf zukünftig bewilligungsfähige Gebäude (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0189, mwN).

Die belangte Behörde hätte daher im Beschwerdefall prüfen müssen, ob das bewilligte Bauvorhaben den Lichteinfall unter 45 Grad zukünftiger bewilligungsfähiger Neu- und Zubauten auf dem Nachbargrundstück der Beschwerdeführerin beeinträchtigen würde (vgl. zur Relevanz der Prüfung einer Beeinträchtigung des Lichteinfalles bei einem brückenartigen Überbau das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0197). Die belangte Behörde hat diesbezüglich jedoch nur ausgeführt, dass "auf die ausführliche Begründung im bekämpften Bescheid zu verweisen" ist, "vor allem was die Beurteilung der Hauptfenster zulässiger Gebäude betrifft". Im erstinstanzlichen Bescheid wird jedoch - so wie im Gutachten des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen - nur darauf verwiesen, dass diese Frage in "einem gesonderten Verfahren einer Beurteilung zu unterziehen ist". Diese Auffassung ist mit der wiedergegebenen, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vereinbar.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage die für die Beurteilung der gemäß § 54 zweiter Fall BO maßgeblichen Rechtsfrage erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, war der angefochtene Bescheid aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am