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VwGH vom 25.07.2013, 2010/07/0220

VwGH vom 25.07.2013, 2010/07/0220

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des Ing. KA in U, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2010/16/1667 und 1669-6, betreffend Übertretungen nach dem WRG 1959 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft I (BH) vom wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Geschäftsführer der A GmbH und Co KG und sohin als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener zu verantworten, dass durch die A GmbH und Co. KG in der "Wasserkraftanlage P",

"a) entgegen der Festlegung im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes vom … nämlich für die Erhaltung des ökologischen Zustandes des P an der Wasserfassung des gegenständlichen Kraftwerkes ganzjährig eine Pflichtwassermenge von mindestens 50 l/s und im Monat Oktober jeweils eine Pflichtwassermenge von mindestens 100 l/s in das Bachbett des P abzugeben, am , um 13.15 Uhr, lediglich eine Wassermenge von 76 l/s als Pflichtwasser abgegeben wurde, sowie

b) entgegen der Festlegung im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes vom … für die Erhaltung des ökologischen Zustandes des P an der Wasserfassung des gegenständlichen Kraftwerkes ganzjährig eine Pflichtwassermenge im Ausmaß von mindestens 50 l/s und in den Monaten Mai und September eines jeden Jahres jeweils eine Pflichtwassermenge von mindestens 200 l/s in das Bachbett des P abzugeben, am … lediglich eine Pflichtwasserabgabe von 55 l/s erfolgte …."

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 137 Abs. 2 Z 1 und 7 WRG 1959 verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn zu a) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.500,-- und zu

b) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 2.000,-- verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde wie folgt:

"Der unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied … über die Berufung des … (Beschwerdeführer) … gegen das Straferkenntnis der … (BH) … vom … nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung … wie folgt:

Hinsichtlich Punkt a) und b) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs. 2 VStG erwachsen Berufungskosten in der Höhe von a) Euro 300,00, b) 400,00.

Hinsichtlich Punkt a) wurde eine Übertretung nach § 137 Abs. 2 Ziff. 7 Wasserrechtsgesetz 1959 iVm Spruchpunkt III/1 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom , … begangen.

Hinsichtlich Punkt b) wurde eine Übertretung nach § 137 Abs. 2 Ziff. 7 Wasserrechtsgesetz 1959 iVm Spruchpunkt III/1 des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom , … begangen."

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer Geschäftsführer und Gesellschafter der A GmbH und Co. KG sei. Er betreibe eine Wasserkraftanlage am P, für die die wasserrechtlichen Bewilligungsbescheide des Landeshauptmannes von Tirol (LH) vom und vom bestünden. Mit wasserrechtlichem Überprüfungsbescheid des LH vom sei die Anlage "für überprüft erklärt" worden. Hinsichtlich der Beschränkung der Wasserentnahme (Pflichtwasserabgabe und Wasservorbehalt) werde festgestellt, dass die Spruchpunkte III beider Bewilligungsbescheide weiterhin gelten würden. Somit seien unterschiedliche Pflichtwassermengen im September und im Oktober jeden Jahres vorgeschrieben. Am und am habe jeweils im Bachprofil des P, bei dem sogenannten "Schützhaus", somit vor dem Entsander, eine Messung durch den Sachbearbeiter der Hydrografie stattgefunden, wobei ein zulässiges Messverfahren mittels hydrografischem Flügel nach Herstellung eines Messprofils durchgeführt worden sei. Die wasserrechtlich vorgeschriebenen Mindestwassermengen des Bescheides des LH vom , Spruchpunkt III./1. (im Oktober mindestens 100 l/s) seien nicht eingehalten worden, da lediglich eine Wassermenge von 76 l/s als Pflichtwasser (Feststellung am ) abgegeben worden sei. Laut dem Überprüfungsbescheid sei auch der Septemberwert gemäß der Erstbewilligung einzuhalten gewesen. Der Pflichtwassermengenwert von 200 l/s für September sei jedoch nicht eingehalten worden. Es sei lediglich eine Pflichtwasserabgabe von 55 l/s erfolgt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei der Verstoß gegen Auflagen für die Mindestwassermenge eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides als Übertretung nach § 137 Abs. 2 Z. 7 WRG 1959 zu bestrafen. Diese Bestimmung sei die lex specialis zu Z. 1 leg. cit. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 137 Abs. 2 Z. 7 WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu EUR 14.530,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen oder die gemäß § 21a in Bescheiden nachträglich vorgeschriebenen anderen oder zusätzlichen Auflagen nicht einhält.

Mit Bescheid des LH vom wurde der A GmbH und Co. KG die Errichtung, der Bestand und der Betrieb einer Wasserkraftanlage am P bewilligt. Unter Spruchpunkt III./1. wurde eine Beschränkung der Wasserentnahme (Pflichtwasserabgabe und Wasservorbehalt) gemäß § 13 WRG 1959 vorgeschrieben. Diese Auflage lautet wie folgt:

"Für die Erhaltung des ökologischen Zustandes des P ist an der Wasserfassung des gegenständlichen Kraftwerkes ganzjährig eine Pflichtwassermenge im Ausmaß von mindestens 50 l/s und im Monat Oktober jeweils eine Pflichtwassermenge von mindestens 100 l/s in das Bachbett des P abzugeben. Die Dotiereinrichtung für die dauernde Abgabe der Pflichtwassermenge im Ausmaß von 50 l/s ist im Werkskanal bzw. im Kiesfang als ausreichend dimensioniertes Rohr unmanipulierbar zu installieren.

Ziel dieser Pflichtwasserabgabe ist es, dass an der Mündung des P in die Ö jahresdurchgängig eine Wasserführung von mindestens 70 l/s gegeben ist."

Mit Schreiben vom beantragte die A GmbH und Co. KG beim LH die wasserrechtliche Bewilligung für eine Änderung dieser Kraftwerksanlage durch Erhöhung der Konsenswassermenge von bisher maximal 700 l/s auf künftig 1.050 l/s.

Mit Bescheid des LH vom wurde diesem Antrag Folge gegeben; als bewilligter Projektsumfang werden folgende Punkte angeführt:

"1. Erhöhung der Ausbauwassermenge von bisher maximal 700 l/s auf künftig maximal 1.050 l/s;

2. Anpassung der Wasserfassung und des Entsanders an die erhöhte Ausbauwassermenge;

3. Einbau von zwei Maschinensätzen mit einer Ausbauwassermenge von 860 l/s bzw. 190 l/s anstatt bisher 500 l/s und 200 l/s;

4. Einbau von zwei Generatoren mit 3.000 kVA und 700 kVA anstatt bisher 2.500 kVA und 1.000 kVA;

5. Änderungen und Anpassungen der übrigen maschinellen Ausstattung;

6. Infolge dieser Projektsänderung ergeben sich auch geringfügige Änderungen bei den Höhenverhältnissen;"

Gemäß Spruchpunkt III. wurde als Beschränkung der Wasserentnahme (Pflichtwasserabgabe und Wasservorbehalt) nach § 13 WRG 1959 vorgeschrieben:

"1. Für die Erhaltung des ökologischen Zustandes des P ist an der Wasserfassung des gegenständlichen Kraftwerkes ganzjährig eine Pflichtwassermenge im Ausmaß von mindestens 50 l/s und in den Monaten Mai und September jeden Jahres jeweils eine Pflichtwassermenge von mindestens 200 l/s in das Bachbett des P abzugeben. Ziel dieser Pflichtwasserabgabe ist es, dass an der Mündung des P in die Ö jahresdurchgängig eine Wasserführung von mindestens 70 l/s gegeben ist.

2. Die Abgabe dieser Pflichtwassermenge hat über ein ausreichend dimensioniertes Rohr im Bereich der Wasserfassung zu erfolgen."

Im Kollaudierungsbescheid des LH vom wird in Spruchteil A Punkt III. angeordnet, dass die Beschränkung der Wasserentnahme gemäß den Spruchpunkten III. der Bescheide des LH vom und vom "weiterhin gilt".

Dieser rechtskräftigen Anordnung im wasserrechtlichen Kollaudierungsbescheid vom kommt eine eigenständige normative Bedeutung zu. Durch den Kollaudierungsbescheid vom wurde die in Spruchpunkt III./1. des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom enthaltene Beschränkung der Wasserentnahme neben jener des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom wieder in Geltung gesetzt. Es wäre am Beschwerdeführer gelegen diese eigenständige normative Anordnung des Kollaudierungsbescheides vom im Berufungsweg zu bekämpfen.

Die Bestrafung infolge Missachtung der Spruchpunkte III./1. in den LH-Bescheiden vom und vom ist daher nicht zu beanstanden. Zutreffend ging die belangte Behörde in einer Konstellation wie der vorliegenden davon aus, dass die Bestrafung nach dem besonderen Tatbestand des § 137 Abs. 2 Z 7 WRG 1959 zu erfolgen und eine Bestrafung nach § 137 Abs. 2 Z 1 WRG 1959 zu unterbleiben hat. In diesem Zusammenhang kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Begründungsausführungen im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/07/0022, verwiesen werden.

Am und am wurden durch einen Messtrupp des hydrografischen Dienstes Tirol die verfahrensgegenständlichen Überprüfungen durchgeführt.

Die Beschwerde wendet sich gegen den Ort der Messung. So würden die Feststellungen im angefochtenen Bescheid bestätigen, dass die entscheidende Messung nach bzw. unterhalb des "Entsanders" nicht vorgenommen worden sei. Bereits daraus ergebe sich unzweifelhaft, dass der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid "zu Unrecht verurteilt worden" sei.

In einer Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen Dipl. Ing. Markus F. vom wird der Ort der Abgabe des Pflichtwassers beurteilt. Der Sachverständige hält darin fest, dass die Pflichtwasserabgabe an beiden Prüftagen hinsichtlich des Abgabeortes bescheidmäßig erfolgt sei.

Den Ausführungen des Amtssachverständigen hinsichtlich der Bescheidkonformität des Abgabeortes ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Da die Messungen - wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten nachvollziehbar ergibt - unterhalb des bescheidkonformen Abgabeortes durchgeführt wurden, vermag der Verwaltungsgerichtshof den festgestellten Pflichtwassermengen nicht entgegenzutreten. Auch die in diesem Zusammenhang - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - missverständlichen Formulierungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid können daran nichts ändern.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer den Messungen nicht beigezogen und von diesen nicht verständigt wurde, begründet keinen relevanten Verfahrensmangel.

Die Beschwerde meint, einen solchen aus § 133 Abs. 1 WRG 1959 ableiten zu können, wonach von Besichtigungen und Erhebungen, bei der fremde Anlagen oder Liegenschaften betreten werden, die davon unmittelbar Betroffenen - dringende Fälle ausgenommen - vorher zu verständigen seien.

Eine Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels scheidet allein schon deswegen aus, da der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und somit das rechtliche Gehör gewahrt wurde. Der Beschwerdeführer hat sich durch umfangreiche Beteiligung am Verfahren (Rechtfertigung, Stellungnahmen und sonstige Eingaben) auf dieses entsprechend eingelassen. Vom Ergebnis der Beweisaufnahme erlangte der Beschwerdeführer somit Kenntnis und konnte dazu auch Stellung nehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/07/0041, mwN).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Ein Kostenersatzausspruch hatte zu entfallen. Aufwandersatz kann nämlich gemäß dem sich aus § 59 VwGG ergebenden Antragsprinzip nur zugesprochen werden, wenn ein diesbezüglicher Antrag gestellt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/07/0112, mwN).

Ein solcher Antrag wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht gestellt. Nach Einleitung des Vorverfahrens teilte die belangte Behörde dem Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben vom mit, dass die Akten bereits zum Verfahren Zl. 2010/10/0237 vorgelegt worden seien. Auf die Erstattung einer Gegenschrift und die Geltendmachung eines Vorlageaufwandes im vorliegenden Beschwerdeverfahren wurde verzichtet. Nach Ablehnung der Beschwerde im Verfahren Zl. 2010/10/0237 mit hg. Beschluss vom wurden die Verwaltungsakten der belangten Behörde rückübersendet. Nach Aufforderung zur erneuten Aktenvorlage im vorliegenden Beschwerdeverfahren mit hg. Verfügung vom , Zl. 2010/07/0220-6, wurden die Verwaltungsakten mit Schreiben der belangten Behörde vom wiederum vorgelegt. Ein Begehren auf Aufwandersatz wurde nicht gestellt.

Wien, am