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VwGH 13.12.2011, 2008/05/0158

VwGH 13.12.2011, 2008/05/0158

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauG Bgld 1997 §17 Abs1 Z1;
BauG Bgld 1997 §5 Abs2;
VwRallg;
RS 1
Das Bgld BauG enthält keine Definition des Begriffes Nebengebäude; aus § 5 Abs. 2 2. Satz Bgld BauG ergibt sich aber, dass es sich bei Nebengebäuden um untergeordnete Bauten handeln muss. Die beispielhafte Anführung von "Garagen" bei den zu Wohngebäuden dazugehörenden Nebengebäuden, für die nach § 17 Abs. 1 Z. 1 Bgld BauG das Anzeigeverfahren zulässig ist, bedeutet keineswegs, dass der Gesetzgeber "Garagen" stets als "Nebengebäude" definiert sehen will. Nach der Rechtsprechung des VwGH versteht man grundsätzlich unter einem Nebengebäude ein Gebäude, das zu einem anderen, dem Hauptgebäude, hinzukommt, das also in der Regel im Vergleich zum gegebenen oder voraussehbaren Hauptgebäude nur untergeordnete Bedeutung hat (vgl. das hg Erkenntnis vom , Zl. 2005/05/0147 zur Rechtslage in Kärnten). Zur Abgrenzung zum Zubau hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2000/05/0245, ergangen zur OÖ Bauordnung, ausgeführt, ein Zubau liegt vor, wenn eine Verbindung des Gebäudes mit dem Zubau vorliegt, sei es durch eine Verbindungstüre, sei es in Form eines abgeschleppten Daches, das über den Zubau reicht, sodass zumindest optisch der Eindruck eines Gesamtbauwerkes entsteht. Im zitierten Erkenntnis vom wurde schließlich ausgeführt, dass der Anbau der statisch unabhängigen Nebengebäude an das Hauptgebäude deren Beurteilung als Nebengebäude nicht hindert. Dem entspricht die Darlegung in dem bei Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht2, 141, wiedergegebenen Durchführungserlass, wonach ein Gebäude als "Nebengebäude" in der Abstandsfläche dann in Frage kommt, wenn es zumindest bautechnisch einen selbstständigen Baukörper bildet (d.h. bei einem Abbruch des Hauptgebäudes muss es für sich alleine weiter bestehen können) sowie von Funktion und Aussehen her ein selbständiger Baukörper sein kann.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2004/05/0189 E VwSlg 17112 A/2007 RS 2 (hier: ohne zweiten Satz)
Normen
BauG Bgld 1997 §5 Abs2;
VwRallg;
RS 2
Eine Verbindungstüre oder ein Verbindungsgang zum Hauptgebäude allein schaden bei der Beurteilung, ob ein Nebengebäude vorliegt, nicht und dürfen daher vorhanden sein; als Nebengebäude kommen idR Garagen, Geräte- und Holzlagerschuppen, Gartenpavillons u.ä. in Frage (vgl. - zur Frage der Verbindung zum Hauptgebäude - das zur Bauordnung für Wien ergangene, insofern aber einschlägige E vom , 2007/05/0143, mwH). Für die Beurteilung der Frage, ob ein Bauwerk als Nebengebäude zu beurteilen ist, ist das äußere Erscheinungsbild maßgeblich.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der E W in W, vertreten durch Mag. Claus Schützenhöfer, Rechtsanwalt in 8230 Hartberg, Baumschulgasse 5, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom , Zl. OW-02-04-54-3, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Parteien: 1. Gemeinde W, 2. A P, 3. B L, beide in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1286, 40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A) Zum angefochtenen Bescheid

1. Mit rechtskräftigem Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde - unstrittig - der zweit- und drittmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Zubaus an ein Wohnhaus auf den Grundstücken Nrn. 105 und 106 der Liegenschaft EZ. 45, KG S erteilt. Laut genanntem Bescheid wurde die offene Bebauungsweise zugelassen.

2.1. Mit Antrag vom suchten die zweit- und drittmitbeteiligten Bauwerber gemäß § 18 Burgenländisches Baugesetz 1997 (in der Folge: Bgld. BauG) um die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes auf der näher bezeichneten Liegenschaft an. In der Baubeschreibung finden sich nachstehende Ausführungen:

In die nördliche Zwischenlage von 3 m wird ein Nebengebäude mit 1, 8 m Breite und einem Abstand von 1, 2 m von der Nachbargrenze errichtet. Das Gebäude wird ca. 3 m hoch - die Außenmauer wird max. 3 m, in verglichener Höhe zum Anrainergrundstück - errichtet. Die Maueroberkante wird unter der im Gesetz vorgesehenen Höhe von 3 m mit weniger als 45 Grad Neigung des Daches an der Grundgrenze ausgeführt.

… Das Dach wird mit gleicher Neigung zum Hauptgebäude, jedoch abgesetzt zum Hauptdach ausgeführt. Die Wände und die Mauerauflagesäulen sind mit dem Hauptgebäude nicht verbunden. Das Nebengebäude ist ein eigener Baukörper, wobei die Fundamentplatte aus statischen Gründen nicht mit der Platte des Wohngebäudes verbunden ist. Wohn- und Nebengebäude können getrennt abgetragen werden. Vom Hauptgebäude zum Nebengebäude ist eine Verbindung vorgesehen, ( durch das äußere Erscheinungsbild ist der Charakter eines Nebengebäudes ersichtlich). Durch die Nutzung ist zusätzlich ersichtlich, dass beide Objekte nicht als Einheit betrachtet werden können.

Das Nebengebäude wird als Holzlagerraum genutzt.

Die Fundamentplatte und Teile der Außenmauer sind bereits ausgeführt. …

2.2. Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 107 der Liegenschaft EZ. 18, KG S, das unmittelbar an die zu bebauenden Grundstücke angrenzt. Sie erhob gegen das Bauvorhaben schriftliche Einwendungen, weil der Mindestabstand nicht eingehalten werde.

2.3. Über dieses Vorhaben fand am eine mündliche Verhandlung statt, in deren Rahmen der bautechnische Sachverständige seinen Befund mit hier auszugsweise widergegebenem Inhalt erstattete:

Das Nebengebäude wird im Abstand von ca. 1,20 m von der Grundgrenze der (beschwerdeführenden) Nachbarin … errichtet. In verglichener Höhe und bei einer Dachneigung von max. 45 Grad wird die im Gesetz vorgesehene Höhe von 3 m Mauerhöhe gemessen vom angrenzenden Grundniveau … nicht überschritten. Durch die Ausführung des Zubaus, abgesetztes Dach und eigene Mauern, bzw. Mauerpfeiler ist die Widmung als Nebengebäude-Holzlagerraum, ersichtlich. Zwischen Haupt- und Nebengebäude besteht kein bautechnischer, funktioneller Zusammenhang, so dass beide Gebäude als eigene Einheit zu betrachten sind. Die Herstellung einer Verbindung des Hauptgebäudes mit dem Nebengebäude beeinträchtigt den Charakter eines Nebengebäudes nicht, vielmehr kommt es für die Beurteilung der Frage, ob ein Bauwerk als Nebengebäude zu beurteilen ist, auf das äußere Erscheinungsbild an … . Das äußere Erscheinungsbild - max. 3 m verglichene Höhe, das abgesetzte Dach und die beabsichtigte Nutzung wird für die Beurteilung als Nebengebäude als Grundlage angenommen. Ein Abbruch beider Gebäude ist ohne Beeinträchtigung des anderen Gebäudes möglich.

Die bereits ausgeführte Fundierung und das teilweise Aufmauern der Außenwände beeinträchtigen die Genehmigung für die Errichtung des Objektes nicht. Die beantragte Ausführung und die teilweise bereits durchgeführten Vorarbeiten widersprechen nicht dem Baugesetz, betreffend gesetzliche Bestimmungen für die Ausführung und beeinträchtigen außerdem nicht die Rechte der Anrainer. Es kann daher nach Einhalten der gesetzlichen Fristen mit dem Weiterbau und der Fertigstellung des Nebengebäudes begonnen werden.

Die Beschwerdeführerin erschien trotz Ladung nicht zur mündlichen Verhandlung. Ihr in der Verhandlung anwesender Sohn konnte keine Vertretungsbefugnis für seine Mutter vorweisen.

2.4. Mit Bescheid vom erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der zweit- und drittmitbeteiligten Partei die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes auf der Grundlage der mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Baubeschreibung und der Planunterlagen, sowie unter Vorschreibung von Auflagen. Es wurde festgehalten, dass die Beschwerdeführerin nicht in ihren subjektiv, öffentlichen Rechten verletzt werde.

2.5. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung, in der sie geltend machte, der Mindestabstand zu ihrem Grundstück werde nicht eingehalten. Zudem bediene sich die mitbeteiligte Gemeinde eines Sachverständigen, bei dem gegenständlich eine Befangenheit vorliege. Nunmehr hätten die Bauwerber (Bauträger) Pläne eingebracht, die formell von einem befugten Planverfasser unterfertigt worden seien. Darüber hinaus werde auf die (beigelegte) Berufung vom verwiesen, in der die Beschwerdeführerin bereits zum Bescheid 03/ 07- 5 vom (offenbar betreffend ein Vorläuferprojekt) eine begründete Berufung eingebracht habe. Diese Berufungsgründe seien auch gegenständlich zutreffend. Zudem liege auch für das tatsächlich errichtete Hauptgebäude keine entsprechende Baugenehmigung vor.

2.6. Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies mit Bescheid vom die Berufung als unbegründet ab.

2.7. Dagegen brachte die Beschwerdeführerin eine Vorstellung ein, in der sie rügte, es handle sich gegenständlich weder um zwei getrennte Gebäude noch um ein Nebengebäude. Eine Befangenheit des Sachverständigen sei aufgrund mehrfacher Planungstätigkeiten (vertragliches Naheverhältnis) zum Bauträger und Grundeigentümer gegeben. Darüber hinaus entspreche das errichtete Hauptgebäude weder dem Baubescheid noch den Auswechslungsplänen. Der Mindestabstand werde nicht eingehalten. Für den tatsächlich errichteten Zubau liege entgegen der Feststellung keine gültige Baugenehmigung vor.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und die Entscheidung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde bestätigt.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der projektierte Holzlagerraum in der seitlichen Abstandsfläche zum Grundstück der Beschwerdeführerin liege. Er sei seiner Art nach dem Verwendungszweck des Hauptgebäudes untergeordnet und damit als untergeordneter Bau im Sinn des § 5 Abs. 2 Bgld. BauG zu werten. Es bestehe nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen kein bautechnischer oder funktioneller Zusammenhang solcherart, dass das Wohngebäude und der Holzlagerraum als eine Einheit betrachtet werden müssten. Diese Ausführungen seien durch ein gleichwertiges Gutachten nicht bekämpft worden. Die im Einreichplan dargestellte Höhe des Holzlagerraumes überschreite nicht die in § 5 Abs. 2 leg. cit. normierte Höhe für untergeordnete Bauten. Auch die vorgesehene Dachneige finde in der genannten Bestimmung Deckung. Ungeachtet des Nichtbestehens eines Antrages auf Ablehnung des von der mitbeteiligten Gemeinde herangezogenen Sachverständigen biete die Aktenlage keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass die Unbefangenheit nicht gegeben sei. Eine Zusammenarbeit auf vertraglicher Basis zwischen dem Bauträger und dem Sachverständigen allein begründe keine Befangenheit, wenn nicht besondere Umstände im gegenständlichen Bauverfahren hervorkämen, die die volle Unbefangenheit des Sachverständigen in Zweifel stellten. Solche besonderen Umstände würden von der Beschwerdeführerin aber nicht vorgebracht. Zusammengefasst lasse sich daher feststellen, dass die geplante Bauführung die Beschwerdeführerin nicht in subjektiv- öffentlichen Rechten verletze.

B. Zum Beschwerdeverfahren

1. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes - in eventu - Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie nahm jedoch Abstand von der Möglichkeit der Erstattung einer Gegenschrift; Gleiches gilt für die mitbeteiligten Parteien.

3. Mit einem Schreiben der mitbeteiligten Gemeinde vom teilte diese mit, dass die zweit- und drittmitbeteiligte Partei den Antrag betreffend Errichtung eines Nebengebäudes zurückgezogen hätten und der bereits errichtete Teil wieder abgetragen worden sei. In einer vom Verwaltungsgerichtshof aufgetragenen Stellungnahme teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie ihre Beschwerde aufrecht erhalte, weil die Abtragung nicht zur Gänze erfolgt sei. Die mitbeteiligte Gemeinde teilte dazu mit, dass der Sockel, auf dem das in Rede stehende Nebengebäude aufruhe, noch bestehe.

C. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. § 5 Bgld. BauG (id hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 18/2005) hat folgenden Wortlaut:

"Bebauungsweisen und Abstände

§ 5

(1) Sofern Bebauungspläne/Teilbebauungspläne oder Bebauungsrichtlinien nicht vorliegen, hat die Baubehörde unter Berücksichtigung des Baubestandes und des Ortsbildes für ein Baugrundstück eine der folgenden Bebauungsweisen zuzulassen:

1. geschlossene Bebauung, wenn die Hauptgebäude in geschlossener Straßenfront beidseitig an die seitlichen Grundstücksgrenzen anzubauen sind,

2. halboffene Bebauung, wenn die Hauptgebäude an einer seitlichen Grundstücksgrenze anzubauen sind und gegen die andere seitliche Grundstücksgrenze ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist,

3. offene Bebauung, wenn gegen beide seitlichen Grundstücksgrenzen ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist. Für die offene Bebauungsweise ist eine Grundstücksbreite von mindestens 15 m erforderlich.

(2) Bei allen Bebauungsweisen ist vom Hauptgebäude gegen die hintere Grundstücksgrenze ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. In der seitlichen und hinteren Abstandsfläche sind Nebengebäude und andere untergeordnete Bauten bis zu einer Außenwandhöhe von 3 m, bezogen auf das verglichene Gelände, und mit einer Dachneigung von höchstens 45 Grad zulässig, sofern die maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden.

(3) Die Baubehörde kann in Ausnahmefällen unter besonderer Berücksichtigung des Anrainerschutzes, der Baugestaltung und der örtlichen Gegebenheiten abweichend von den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 die Abstände von Bauten zu den Grundstücksgrenzen durch die Festlegung von vorderen, seitlichen und hinteren Baulinien bestimmen, die auch als zwingende Baulinien festgelegt werden können. Baulinien sind die Grenzlinien, innerhalb derer Bauten errichtet werden dürfen; zwingende Baulinien sind jene Grenzlinien, an die anzubauen ist.

(…)".

§ 18 Abs. 11 Bgld. BauG (idF LGBl. Nr. 13/2006) lautet:

"Baubewilligung und Bewilligungsverfahren

§ 18. ...

(11) Der Baubewilligungsbescheid ist allen Parteien zuzustellen. Dem Bauwerber sind gleichzeitig mit dem Bescheid zwei mit einem Bewilligungsvermerk ('Baubewilligung', Bezeichnung der Behörde, Aktenzahl, Ort, Datum und Unterschrift) versehene Ausfertigungen der Baupläne und Baubeschreibungen zurückzustellen, wobei eine auf der Baustelle aufzulegen ist. Mit der Bauausführung darf erst begonnen werden, wenn die Baubewilligung in Rechtskraft erwachsen ist."

§ 21 Bgld. BauG (idF LGBl. Nr. 18/ 2005) lautet:

"(1) Parteien im Bauverfahren sind

1.

der Bauwerber,

2.

der Grundeigentümer bzw. die Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist, sowie

3. die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind (Nachbarn).

(2) Ein Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), so hat die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten und im Bescheid darauf hinzuweisen; kommt keine Einigung zustande, sind die streitenden Parteien hinsichtlich dieser Einwendung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies ist unter Anführung der Einwendung in der Verhandlungsschrift und im Bescheid ausdrücklich anzuführen.

(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (zB Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.

(5) Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen.

(6) Im Bauverfahren übergangene Parteien können ihre Rechte bis spätestens zwei Wochen nach Baubeginn bei der Baubehörde geltend machen."

2. Vorliegend ist die Parteistellung der Beschwerdeführerin als Nachbarin iSd § 21 Abs. 1 Z 2 leg. cit. unstrittig. Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0174).

3. Bei einem Bauverfahren handelt es sich um ein Projektgenehmigungsverfahren. Entscheidend ist der in den Einreichplänen und in der Baubeschreibung zum Ausdruck gebrachte Bauwille eines Bauwerbers (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/05/0296, und vom , Zl. 2008/05/0011). Soweit sich die Beschwerde auf das (mit (offenbar rechtskräftigem) Bescheid abgeschlossene) Verfahren zur Errichtung des Haupthauses bzw. das Projekt für einen Zubau (offenbar das schon angesprochene Vorläuferprojekt zum gegenständlichen Bauverfahren) bezieht bzw. aufzeigen möchte, dass bereits das Haupthaus in rechtswidriger Weise errichtet wurde, ist ihr daher entgegenzuhalten, dass weder das Haupthaus noch das frühere Zubauprojekt verfahrensgegenständlich sind.

4.1. Gegenstand des angefochtenen Bescheides im vorliegenden Fall ist einzig die baubehördliche Bewilligung der Errichtung eines in Rede stehenden Nebengebäudes. Diese hätte den Ausführungen der Beschwerdeführerin zufolge nicht erteilt werden dürfen, weil es sich um kein Nebengebäude iSd § 5 Abs. 2 Bgld. BauG handle. Die Beschwerde meint, dass deshalb eine Verletzung der Einhaltung von Abstandsvorschriften vorliege. Sie bringt dazu begründend vor, dass die höchste zulässige Höhe von 3 m überschritten werde, dass das Nebengebäude ausschließlich über das Haupthaus zu betreten sei und über keine eigenen Außenwände verfüge. Außerdem würden sowohl das Haupthaus als auch der Holzlagerraum den vorgeschriebenen Mindestabstand überschreiten.

4.2. Da - wie erwähnt - den Gegenstand der baubehördlichen Entscheidung das durch Bauplan und Baubeschreibung konkretisierte Bauvorhaben darstellt, fordert § 18 Abs. 11 Bgld. BauG konsequenterweise, dass dem Bauwerber u.a. zwei mit dem dort normierten Bewilligungsvermerk versehene Ausfertigungen der Baupläne zurückzustellen sind, wobei eine dann auf der Baustelle aufzulegen ist. Diese Auflage ist für die in § 25 Bgld. BauG vorgesehene Bauüberprüfung durch Organe der Baubehörde von Bedeutung, die Unterlassung der Auflage kann eine Verwaltungsstrafe nach § 34 Bgld. BauG nach sich ziehen.

Bei den vorgelegten Verwaltungsakten findet sich aber kein Bauplan, der mit einem solchen Bewilligungsvermerk bezüglich der Erteilung der vorliegend maßgeblichen Baubewilligung vom versehen wäre; vorhanden ist lediglich ein Plan mit einem Bewilligungsvermerk aus dem Jahr 2007, der dem gegenständlichen Bauansuchen vom August 2007 beigeschlossen wurde. Damit wurde das gegenständliche Bauvorhaben in der Baubewilligung aber dem § 18 Abs. 11 Bgld. BauG widersprechend nicht hinreichend konkretisiert. Dies hat die belangte Behörde übersehen und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

4.3.1. Sollte es sich bei dem dem Bauansuchen angeschlossenen Plan um den Plan handeln, der im Baubewilligungsverfahren nach § 18 Abs. 11 Bgld. BauG mit dem Bewilligungsvermerk zu versehen gewesen wäre, ist Folgendes festzuhalten: Die Baubehörden gingen - gestützt auf den in der mündlichen Verhandlung erstatteten Befund des bautechnischen Amtssachverständigen - vom Vorliegen eines in der Abstandsfläche zulässigen Nebengebäudes iSd § 5 Abs. 2 Bgld. BauG aus. Diese Auffassung wird auch im bekämpften Bescheid vertreten.

4.3.2. Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte gegenläufige Gutachten vom eines von ihr beauftragten bautechnischen Sachverständigen wurde erst nach Zustellung des angefochtenen Bescheides (aktenkundig wurde dieser der mitbeteiligten Gemeinde am zugestellt, seitdem steht der Bescheid in Geltung) erstellt und erstmals mit der Beschwerde vorgelegt, weshalb es sich dabei um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG; vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0229).

4.3.3. Gemäß der Bestimmung des § 5 Abs. 2 Bgld. BauG sind (wie schon angesprochen) in den hinteren und seitlichen Abstandsflächen Nebengebäude zulässig. Das Bgld. BauG enthält keine Definition des Begriffes Nebengebäude. Aus § 5 Abs. 2 zweiter Satz Bgld. BauG ergibt sich aber, dass es sich bei Nebengebäuden um untergeordnete Bauten handeln muss (vgl. dazu und zum Folgenden das zum Bgld. BauG ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0189, Slg.Nr. 17112 A, mwH). In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes versteht man grundsätzlich unter einem Nebengebäude ein Gebäude, das zu einem anderen, dem Hauptgebäude, hinzukommt, das also in der Regel im Vergleich zum gegebenen oder voraussehbaren Hauptgebäude nur untergeordnete Bedeutung hat. Zur Abgrenzung zum Zubau hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, ein Zubau liege vor, wenn eine Verbindung des Gebäudes mit dem Zubau vorliege, sei es durch eine Verbindungstüre, sei es in Form eines abgeschleppten Daches, das über den Zubau reicht, sodass zumindest optisch der Eindruck eines Gesamtbauwerkes entsteht. Ferner wurde ausgeführt, dass der Anbau der statisch unabhängigen Nebengebäude an das Hauptgebäude deren Beurteilung als Nebengebäude nicht hindere. Ein Gebäude kommt als "Nebengebäude" in der Abstandsfläche dann in Frage, wenn es zumindest bautechnisch einen selbstständigen Baukörper bildet (d.h. bei einem Abbruch des Hauptgebäudes muss es für sich alleine weiter bestehen können) sowie von Funktion und Aussehen her ein selbständiger Baukörper sein kann (vgl. das Erkenntnis VwSlg. Nr. 17112 A/2007, unter Hinweis auf den bei Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht, 20062, S. 141, wiedergegebenen Durchführungserlass). Eine Verbindungstüre oder ein Verbindungsgang zum Hauptgebäude allein schaden bei dieser Beurteilung nicht und dürfen daher vorhanden sein; als Nebengebäude kommen idR Garagen, Geräte- und Holzlagerschuppen, Gartenpavillons u.ä. in Frage (vgl. dazu Pallitsch/ Pallitsch, a.a.O, S. 142, sowie - zur Frage der Verbindung zum Hauptgebäude - das zur Bauordnung für Wien ergangene, insofern aber einschlägige hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0143, mwH). In der zuletzt zitierten Entscheidung (in der diesbezüglich auch auf das im oben wiedergegebenen Gutachten angesprochene hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0241, verwiesen wird) hat der Gerichtshof auch die Auffassung vertreten, dass für die Beurteilung der Frage, ob ein Bauwerk als Nebengebäude zu beurteilen ist, das äußere Erscheinungsbild maßgeblich ist.

4.3.4. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem bei den Verwaltungsakten befindlichen Einreichplan (die unter a) im Bauansuchen verzeichnete "Beilage A" mit der Bezeichnung "Nebengebäudeanbau"), dass der im Zubau projektierte (Holz)Lagerraum nur durch den Vorraum des Haupthauses betreten werden kann. Ferner soll der Zubau offensichtlich teilweise ohne eigene Seitenwand an das Hauptgebäude (nämlich zu dem dort für das Hauptgebäude ausgewiesene "Zimmer") angebaut werden, weshalb diesbezüglich auf dem Boden der Rechtsprechung ohne nähere technische Begründung nicht von einer statischen Selbständigkeit ausgegangen werden kann (vgl. nochmals das Erkenntnis VwSlg. Nr. 17112 A/2007). Insofern erweist sich die (auch) dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende (oben wiedergegebene) Auffassung des bautechnischen Amtssachverständigen, dass zwischen Haupt- und Nebengebäude kein bautechnischer, funktioneller Zusammenhang bestehe, sodass beide Gebäude als eigene Einheit zu betrachten seien, als nicht nachvollziehbar. Ferner wurde vorliegend auch nicht schlüssig begründet, warum vom selbständigen Weiterbestehend des Nebengebäudes im Falle des Abbruches des Haupthauses auszugehen sei, obwohl aus dem Plan ersichtlich ist, dass (wie erwähnt) zu einer Seite ("Zimmer") keine Außenwand vorgesehen ist. Weiters ergibt sich aus dem Einreichplan im Zusammenhalt mit der oben wiedergegebenen Baubeschreibung und dem besagten Gutachten, dass das Projekt zwar kein über den Zubau reichendes abgeschlepptes Dach, aber doch über ein Dach mit gleicher Neigung wie zum Hauptgebäude in Aussicht nimmt, das in Verlängerung des zu einem geringen Teil ohnehin auch über den projektierten Zubau reichenden Daches des Hauptgebäudes und direkt unter dieses anschließend ausgeführt werden soll. Damit kann (insbesondere auch auf dem Boden der im Einreichplan dargestellten Ansichten) aber nicht gesagt werden, dass optisch kein Eindruck eines Gesamtbauwerkes entstehe; auch insofern erweist sich das genannte Gutachten als unschlüssig.

5. Der angefochtene Bescheid war daher von einem nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

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Normen
BauG Bgld 1997 §17 Abs1 Z1;
BauG Bgld 1997 §5 Abs2;
VwRallg;
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2008050158.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAE-74282