VwGH vom 29.04.2015, 2012/13/0099

VwGH vom 29.04.2015, 2012/13/0099

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2011/13/0110 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0592-W/09, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Säumniszuschlag für die Jahre 1999 bis 2002, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts des Bundes mit eigener Rechtspersönlichkeit.

Im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung der Jahre 1999 bis 2002 vertrat der Prüfer die Auffassung, die Beschwerdeführerin sei als Dienstgeberin der ihr durch das Bundesmuseen-Gesetz (BGBl. I Nr. 115/1998) bzw. das Bundesmuseen-Gesetz 2002 (BGBl. I Nr. 14/2002) zur Dienstleistung zugewiesenen Bundesbeamten anzusehen und daher nach § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen (DB) verpflichtet.

Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht des Prüfers und schrieb der Beschwerdeführerin mit Bescheiden vom u. a. Dienstgeberbeiträge für die Kalenderjahre 1999 bis 2002 samt Säumniszuschlägen vor.

In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, der Begriff des Dienstgebers im Sinne des § 41 FLAG 1967 stimme aufgrund des in Abs. 2 enthaltenen Verweises auf das Dienstverhältnis nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 mit jenem des Arbeitgebers im Sinne des § 47 EStG 1988 überein. Im Fall der Arbeitskräfteüberlassung sei Arbeitgeber derjenige, der die Arbeitnehmer dem Dritten überlasse und diese entlohne, und nicht derjenige, der diese Arbeitskräfte in seinem Betrieb zur Arbeitsleistung einsetze. Arbeitgeber der der Beschwerdeführerin nach § 10 Abs. 2 Bundesmuseen-Gesetz zur Dienstleistung zugewiesenen Beamten sei daher der Bund. Dieser entscheide über die Höhe der Bezüge, das Urlaubsausmaß sowie über eine allfällige Kündigung oder Entlassung. Auch sei der Bund Träger der Pensionsverpflichtungen und blieben die Beamten im Fall des Ablaufs der Dienstzuweisung weiterhin Beamte des Bundes. Weiters sei der Bund bei Meinungsverschiedenheiten aus dem Beamtendienstverhältnis zuständig. Die Beschwerdeführerin treffe lediglich eine Refundierungspflicht nach § 10 Abs. 4 Bundesmuseen-Gesetz. Im Übrigen obliege die Lohnverrechnung, die Führung des Lohnkontos, die Genehmigung von Dienstreisen sowie die Ermittlung der Lohnabgaben dem Bund und würden letztere auch über das Abgabenkonto des Bundes abgeführt. Auch wäre die spezielle gesetzliche Regelung für Bundesbeamte in § 10 Abs. 2 Bundesmuseen-Gesetz, wonach diese der jeweiligen Anstalt zur Dienstleistung zugewiesen würden, unverständlich, wenn die Beschwerdeführerin ohnehin Arbeitgeberin dieser Bundesbeamten hätte werden sollen. Aus dieser gesetzlichen Bestimmung folge auch, dass der Einsatz der betreffenden Beamten ausschließlich durch den Bund bestimmt werde und der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin in Personalangelegenheiten dieser Beamten dem Bundesminister weisungsunterworfen sei.

Die belangte Behörde gab der Berufung nach Abhaltung eines Erörterungstermins gemäß § 279 Abs. 3 BAO nur insoweit Folge, als sie die Bezüge eines behinderten Dienstnehmers nach § 41 Abs. 4 lit. e FLAG 1967 aus der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Dienstgeberbeiträge für die Kalenderjahre 1999 bis 2002 ausschied. Weiters änderte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Bescheide insoweit ab, als sie die gesamten Dienstgeberbeiträge für die Kalenderjahre 1999 bis 2002 und nicht nur die Nachforderungsbeträge bescheidmäßig festsetzte.

Die belangte Behörde vertrat jedoch wie das Finanzamt die Ansicht, dass die Beschwerdeführerin hinsichtlich der ihr zur Dienstleistung zugewiesenen Bundesbeamten Dienstgeberin im Sinne des § 41 FLAG 1967 sei und sie daher die Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrags treffe. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes decke sich der Begriff des Dienstgebers im FLAG 1967 mit jenem des Arbeitgebers im EStG 1988. Nach § 47 Abs. 1 EStG 1988 sei Arbeitgeber, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 leg. cit. auszahle. Maßgeblich sei, wer den Lohnaufwand und somit die "Last der Auszahlung" tatsächlich trage, d. h. bei wem der Lohnaufwand "eine endgültige Betriebsausgabe" bilde. Der rein manipulativen Tätigkeit des Auszahlens komme dabei keine Bedeutung zu. Im Beschwerdefall sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin dem Bund nach § 10 Abs. 4 Bundesmuseen-Gesetz den gesamtem Lohnaufwand (Aktivbezüge samt Nebenkosten und Pensionsbeitrag) zu ersetzen und damit im Ergebnis den gesamten Lohnaufwand zu tragen habe. Schon deshalb sei die Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin im Sinne des § 47 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen. Daran könne auch die Lohnverrechnung, die Führung der Lohnkonten etc. durch den Bund nichts ändern, da rein manipulative Tätigkeiten für die Frage der Arbeitgebereigenschaft nicht von entscheidender Bedeutung seien.

Weiters normiere § 10 Abs. 1 Bundesmuseen-Gesetz, dass die in § 2 Abs. 1 leg. cit. genannten Anstalten, zu denen auch die Beschwerdeführerin gehöre, Arbeitgeber ihres Personals seien. Mangels weiterer Einschränkung könne diese Bestimmung nur dahingehend verstanden werden, dass damit das gesamte Personal (Angestellte, Vertragsbedienstete und Beamte) gemeint sei. Die weiteren Absätze des § 10 leg. cit. legten nur fest, in welche Rechtsposition die Anstalt hinsichtlich des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses eintrete bzw. welche Rechte und Pflichten sie bei den einzelnen Beschäftigungsverhältnissen zu beachten habe. Auch folge aus § 10 Abs. 2 Bundesmuseen-Gesetz eindeutig, dass für die Personalangelegenheiten der Bundesbeamten der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin zuständig sei und knüpfe der steuerrechtliche Arbeitgeberbegriff nicht daran an, wem gegenüber ein leitendes bzw. vertretungsbefugtes Organ einer Gesellschaft allenfalls weisungsgebunden sei.

Die Ausgliederung der Bundesmuseen aus der staatlichen Verwaltung und die Übertragung ihrer Aufgaben auf mit voller Rechtsfähigkeit ausgestattete Rechtsträger entspreche einem Betriebsübergang, bei dem ein Unternehmen samt seinen Beschäftigten auf einen anderen Rechtsträger übergehe. § 3 Abs. 1 AVRAG bestimme für diesen Fall, dass derjenige, auf den das Unternehmen übergehe, als neuer Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eintrete. Dem entspreche § 10 Bundesmuseen-Gesetz, wonach das aus der Bundesverwaltung ausgegliederte Museum "neue" Arbeitgeberin sämtlicher schon bisher in diesem Bereich Beschäftigter werde und die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber sämtlichen Beschäftigten (Angestellten, Vertragsbediensteten und Beamten) fortsetze. Die Beibehaltung der dienstrechtlichen Stellung als Bundesbeamte führe nicht zwingend zum Ergebnis, dass der Bund weiterhin Arbeitgeber im steuerrechtlichen Sinn sei.

Auch liege keine Arbeitskräfteüberlassung vor, da die Zuweisung der Bundesbeamten zur dauernden Dienstleistung nur ein Teil des Gesamtkonzeptes der "Ausgliederung der Museen aus der Bundesverwaltung" sei und es sich dabei insgesamt um einen Unternehmensübergang handle. Auch fehle es am Kriterium der Dauerhaftigkeit der Gestellung, da neues Personal nicht beim Bund angestellt und der Beschwerdeführerin überlassen werde. Weiters spreche auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin dem Bund lediglich den Lohnaufwand zu ersetzen habe, gegen das Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Beschwerdeführerin hinsichtlich der ihr zur Dienstleistung gesetzlich zugewiesenen Bundesbeamten zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen verpflichtet ist.

§ 41 Abs. 1 und 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 - FLAG (BGBl. Nr. 376/1967) in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung lauten:

"(1) Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.

(2) Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988."

§ 10 Bundesmuseen-Gesetz (BGBl. I Nr. 115/1998), der durch das Bundesmuseen-Gesetz 2002 (BGBl. I Nr. 14/2002) keine inhaltliche Änderung erfahren hat, lautet:

"(1) Die Anstalten gemäß § 2 Abs. 1 sind Arbeitgeber ihres Personals; auf Dienstverträge ist das privatrechtlich jeweils erforderliche Gesetz, insbesondere das Angestelltengesetz, anzuwenden.

(2) Beamte, die am Tag vor Erlangung der Rechtspersönlichkeit einer Einrichtung gemäß § 1 deren Personalstand angehören, werden (...) in das Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten - Zentralleitung versetzt und gleichzeitig jener Anstalt, deren Aufgaben sie überwiegend besorgen, zur dauernden Dienstleistung zugewiesen, solange sie nicht zu einer anderen Bundesdienststelle versetzt werden. Der für die Personalangelegenheiten dieser Beamten zuständige Geschäftsführer ist in dieser Funktion an die Weisungen des Bundesministers (...) gebunden.

(3) Bundesbeamte gemäß Abs. 2 haben, wenn sie innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Gesamtrechtsnachfolge ihren Austritt aus dem Bundesdienst erklären, (...) Anspruch auf Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zur Anstalt zu den zu diesem Zeitpunkt für neueintretende Arbeitnehmer geltenden Bestimmungen. Die beim Bund verbrachte Dienstzeit ist dabei für alle zeitabhängigen Ansprüche anzurechnen.

(4) Für die Bundesbeamten gemäß Abs. 2 hat die Anstalt dem Bund den gesamten Aktivitätsaufwand samt Nebenkosten zu ersetzen und einen Beitrag zur Deckung des Pensionsaufwandes zu leisten. (...)

(5) Vertragsbedienstete des Bundes, die am Tag vor der Erlangung der Rechtspersönlichkeit einer Einrichtung gemäß § 1 angehören, werden ab dem Zeitpunkt der Erlangung der Rechtspersönlichkeit Arbeitnehmer jener Anstalt, deren Aufgaben sie überwiegend besorgen. Die Anstalt setzt die Rechte und Pflichten des Bundes gegenüber den Vertragsbediensteten fort. (...)"

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2008/13/0092, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, zum Ausdruck gebracht, dass im Fall einer gesetzlichen Zuweisung von Bundesbediensteten zur Dienstleistung an ausgegliederte Rechtsträger an der Arbeitgeberstellung des Bundes keine Änderung eintritt (wobei die Überlassung der Beamten an den ausgegliederten Rechtsträger für sich noch keinen Betrieb im Sinne des § 42 Abs. 1 lit. a FLAG idF vor Art. 7 Z 12 FAG 2008, BGBl. I Nr. 103/2007, darstellte, vgl. das Erkenntnis vom , 2009/13/0160, 2010/13/0090, mwN). Zwar ist das Erkenntnis vom zur Kommunalsteuer ergangen, es ist jedoch auf die Verpflichtung zur Entrichtung des Dienstgeberbeitrages übertragbar, knüpft § 2 KommStG 1993 (idF vor dem Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000) doch wie § 41 Abs. 2 FLAG 1967 an das Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 an.

Dass diese Beurteilung auch dem Konzept des Gesetzgebers im Rahmen der Ausgliederungsgesetze entspricht, geht auch aus den im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/13/0017, wiedergegebenen Gesetzesmaterialien zum § 15 Abs. 3 Poststrukturgesetz (Art. 95 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201) hervor. In diesen wird nämlich der Bund in Bezug auf die an die ausgegliederten Rechtsträger zugewiesenen Beamten ausdrücklich als Personalüberlasser genannt (und deshalb die im § 15 Abs. 3 leg. cit. geschaffene Ausnahmeregelung, vgl. nunmehr auch § 2 lit. c KommStG 1993 idF BGBl. I Nr. 142/2000, für notwendig erachtet).

Liegen solcherart gesetzlich angeordnete Arbeitskräfteüberlassungen vor, tritt damit keine Änderung in der Dienstgeberstellung des Bundes als Personalüberlasser ein.

Da somit die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Das Mehrbegehren findet darin keine Deckung, weil der Pauschalsatz für den Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthält.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am