VwGH vom 27.06.2018, Ra 2017/15/0079
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der S GmbH in I, vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Reichsstraße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom , Zl. LVwG-361-3/2016-R11, betreffend Vergnügungssteuer für August 2015 bis November 2015 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Abgabenkommission der Marktgemeinde Lustenau; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Dir Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der Marktgemeinde Lustenau Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Lustenau vom wurde Vergnügungssteuer für das Aufstellen oder den Betrieb von zwei Wettterminals in den Monaten August 2015 bis November 2015 an einer näher genannten Betriebsstätte festgesetzt;
weiters wurde auch ein Säumniszuschlag festgesetzt.
2 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Sie machte geltend, es handle sich nicht um Wettterminals.
3 Mit Bescheid vom wies die Abgabenkommission
der Marktgemeinde Lustenau die Berufung der Revisionswerberin als unbegründet ab.
4 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde. 5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht
der Beschwerde keine Folge. Es sprach aus, dass gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
6 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe von August bis November 2015 in einer näher genannten Betriebsstätte zwei Terminals aufgestellt und betrieben. Die Terminals seien frei zugänglich gewesen; sie hätten von den Kunden über den Touchscreen selbst bedient werden können. Auf den Terminals hätten Wetten aufgerufen werden können. Die Kunden hätten Wetten auswählen und den Wetteinsatz und den Wettgegenstand bestimmen können. Die Terminals seien an einen Drucker angeschlossen gewesen, mit dem ein Wettticket habe ausgedruckt werden können. Auf den Wetttickets seien die zuvor ausgewählten Wetten aufgeführt worden; sie hätten folgenden Vermerk enthalten: "Das ist ein unverbindlicher Wettwunsch. Gegen Vorlage und Bezahlung dieses Wettwunsches bis (Datum, Uhrzeit) erhalten sie eine gültige Quittung."
7 Mit dem Ausdruck eines Wetttickets sei noch keine Wette abgeschlossen worden. Der Kunde habe das Wettticket einem Lokalbediensteten vorlegen können. Der Lokalbedienstete habe die auf dem Wettticket aufgeführten Wetten in ein Annahmeterminal eingegeben oder das Wettticket eingescannt. Das Annahmeterminal sei nur Lokalbediensteten zugänglich. Mit Bezahlung des Wetteinsatzes sei eine Wette abgeschlossen worden. Der Kunde habe vom Lokalbediensteten darüber eine Quittung erhalten. Es sei möglich gewesen, dass die auf dem Wettticket angeführten Wetten nicht mehr zur Verfügung gestanden seien, wenn sich etwa die Wettquote geändert habe. In diesem Fall hätten die auf dem Wettticket angeführten Wetten nicht abgeschlossen werden können. Ein Kunde habe auch dann beim Lokalbediensteten eine Wette abschließen können, wenn er vorher kein Wettticket ausgedruckt habe oder wenn die auf dem Wettticket angeführte Zeit verstrichen sei.
8 Das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals unterliege der Vergnügungssteuer.
9 Ein Wettterminal sei eine technische Einrichtung in einer Betriebsstätte, die geeignet sei, einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen. Das wesentliche Merkmal eines Wettterminals liege in seiner Eignung, einer Person unmittelbar - also grundsätzlich ohne Dazwischentreten einer anderen Person in der Betriebsstätte - die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen. Diese Eignung sei gegeben, wenn der Kunde an der technischen Einrichtung den Wettgegenstand und den Wetteinsatz (selbst) bestimmen könne. Der vorliegende Sachverhalt lasse sich mit jenem vergleichen, der dem Erkenntnis des , zu Grunde liege. Damals sei am Terminal angezeigt worden: "Bitte Aufsicht rufen, um die Wette abzuschließen." Auch in jenem Fall sei ein annahmefähiges Offert des Wettkunden erst dann vorgelegen, wenn er einen Lokalbediensteten gerufen habe. Die technische Einrichtung sei als Wettterminal qualifiziert worden. Es könne keine Rolle spielen, ob der Lokalbedienstete den Kunden oder der Kunde den Lokalbediensteten aufsuche. Es spiele auch keine Rolle, dass der Lokalbedienstete die Bezahlung des Wetteinsatzes und den Abschluss der Wette an einem anderen Terminal vornehme als an jenem, an dem der Wettkunde zuvor den Wetteinsatz und den Wettgegenstand festgelegt habe. Auch in diesem Fall diene das Einschalten des Betreibers bloß der Entrichtung des Entgelts; die dem Zahlungsvorgang vorangehende Festlegung des Wettgegenstands und die Auswahl des Wetteinsatzes sei davon nicht betroffen. Dass es möglich sei, dass die vom Kunden am Terminal ausgewählte Wette in dieser Form nicht mehr zur Verfügung stehe, schade nicht. In diesem Fall schließe der Kunde eben keine Wette ab oder er schließe eine andere Wette direkt beim Lokalbediensteten ohne Wettterminal ab. Das ändere aber nichts daran, dass in all jenen Fällen, in denen es zu keiner Änderung komme, die Wette über ein Wettterminal abgeschlossen werde, da die vorangehende Festlegung des Wettgegenstands und des Wetteinsatzes an einem Wettterminal erfolgt sei.
10 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision. Nach Einleitung des Vorverfahrens haben die Abgabenkommission der Marktgemeinde Lustenau (belangte Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht) und die Vorarlberger Landesregierung (weitere Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG) Revisionsbeantwortungen erstattet.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. 13 Gemäß § 1 Abs. 1 Vorarlberger Gesetz über die Einhebung
einer Gemeindesteuer vom Aufwand für Vergnügungen (Gemeindevergnügungssteuergesetz, in der Folge GVStG) haben Gemeinden, die auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Beschluss der Gemeindevertretung Lustbarkeitsabgaben ausschreiben, diese Steuer nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben. Nach § 2 Abs. 3 lit. l GVStG zählt das Aufstellen oder der Betrieb von Wettterminals zu den Vergnügungen. Nach § 4 Abs. 2 GVStG ist für das Aufstellen oder den Betrieb von Wettterminals jene Person steuerpflichtig, die hiefür eine Bewilligung nach dem Wettengesetz hat oder haben müsste.
14 Nach § 1 der Verordnung der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lustenau vom hebt die Marktgemeinde Lustenau eine Vergnügungssteuer auf Wettterminals ein.
15 Ein Wettterminal ist nach § 1 Abs. 5 Vorarlberger Wettengesetz eine technische Einrichtung in einer Betriebsstätte, die geeignet ist, einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette zu ermöglichen.
16 In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Änderung des GVStG, LGBl. Nr. 9/2011, 118 BlgLT 29. GP 3, wurde damit übereinstimmend ausgeführt, Wettterminals seien dem Wettengesetz unterliegende technische Einrichtungen, die einer Person unmittelbar die Teilnahme an einer Wette ermöglichen.
17 Maßgeblich für das Vorliegen eines Wettterminals (iSd GVStG) ist, dass die technische Einrichtung die Eignung besitzt, dem Wettkunden unmittelbar die Wettteilnahme zu ermöglichen, wobei unter Wettteilnahme die Bestimmung des Wettgegenstandes und des Wetteinsatzes zu verstehen ist (vgl. ). Den Anforderungen an ein Wettterminal wird dann entsprochen, wenn vom Kunden ein verbindliches Wettangebot abgegeben wird, ohne dass dieses vom Buchmacher oder Totalisateur verpflichtend und sofort angenommen werden müsste (vgl. ). Kann ein Kunde am Terminal sowohl den Wettgegenstand als auch den Wetteinsatz selbständig wählen, so steht es der Beurteilung des Terminals als Wettterminal nicht entgegen, wenn zur Bezahlung des Wetteinsatzes ein Mitarbeiter des Lokalbetreibers zu rufen ist (vgl. ).
18 Wird das Terminal hingegen ausschließlich durch Personal des Wettunternehmers bedient und ist es in einem Bereich aufgestellt, der für den Kunden nicht bestimmt und nicht zugänglich ist, so handelt es sich um kein Wettterminal. Weist das Terminal aber jene Eigenschaft auf, die eine Wettteilnahme (Bestimmung des Wettgegenstands und des Wetteinsatzes) durch den Wettkunden selbst ermöglicht, so handelt es sich um ein Wettterminal, wobei schon die abstrakte Eignung zur Wettteilnahme reicht, um eine Umgehung durch ein technisch nicht erforderliches Dazwischentreten einer anderen Person zu vermeiden (vgl. , mwN).
19 Der Verfassungsgerichtshof hat - zum Vorarlberger Kriegsopferabgabegesetz - ausgeführt, es liege keine Gleichartigkeit dieser Abgabe mit der Wettgebühr nach dem Gebührengesetz vor, weil Steuergegenstand der Kriegsopferabgabe das aufgestellte bzw. betriebene Wettterminal sei, also eine technische Einrichtung, die einen Wettabschluss in einer bestimmten Form ermöglicht. Es werde damit ein bestimmter Vertriebsweg besteuert, der sowohl aus der Sicht der Vertreiber als auch aus Sicht der Kunden als besonderes attraktiv angesehen werde. Bei den potenziellen Kunden führe offenbar die einfache und anonyme Bedienungsmöglichkeit zu einer hohen Akzeptanz (vgl. G 6/12, VfSlg. 19638).
20 Im vorliegenden Fall waren nach dem - insoweit unstrittigen - Sachverhalt zwei verschiedene Arten von Terminals in der Betriebsstätte aufgestellt und in Betrieb.
21 Zum einen handelte es sich um ein "Annahmeterminal", das nur Lokalbediensteten zugänglich ist; insoweit liegt zweifellos kein "Wettterminal" im Sinne des GVStG vor.
22 Zum anderen waren zwei Terminals vorhanden, die von den Kunden selbst bedient werden konnten. Dort konnten Kunden Wetten auswählen und den Wetteinsatz sowie den Wettgegenstand bestimmen, dazu wurde an diesem Terminal auch ein "Wettticket" ausgedruckt. Damit stand aber das Wettangebot des Kunden - vom Kunden an diesem Terminal selbst festgelegt - fest. Dass der Kunde dieses "Wettticket" noch einem Lokalbediensteten vorlegen musste (der es sodann entweder einscannte oder neu eingab), ändert nichts daran, dass der Kunde bereits - am Kundenterminal - den Wetteinsatz und den Wettgegenstand bestimmt hatte.
23 Diese Terminals sind somit als Wettterminals iSd GVStG zu beurteilen.
24 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
25 Von der von der Revisionsbewerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
26 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150079.L00 |
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