VwGH vom 23.07.2009, 2008/05/0127
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des F B in Moosdorf, vertreten durch Dr. Andreas Reischl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Dr. Franz-Rehrl-Platz 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. IKD(BauR)-013968/2-2008-Sa/Vi, betreffend Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Moosdorf in Moosdorf, vertreten durch Mag. Christoph Aumayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Braunauer Straße 2), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde dem Beschwerdeführer antragsgemäß die Bewilligung zur Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses und einer Garage auf einem näher bezeichneten Grundstück in der KG Moosdorf erteilt.
Mit Schriftsatz vom , bei der Baubehörde eingelangt am , erstattete der Beschwerdeführer die Anzeige der Baufertigstellung gemäß § 42 Oö. Bauordnung 1994.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde "die Ausführung des baubewilligungspflichtigen Bauvorhabens" 'Neubau eines Wohnhauses mit Garage' ... untersagt" (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer aufgetragen, innerhalb einer Frist von 12 Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides eine baubehördliche Bewilligung für die verfahrensgegenständliche bauliche Anlage zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb von 24 Monaten nach Ablauf der Frist zur Beantragung der Baubewilligung zu beseitigen und den vorherigen Zustand wieder herzustellen (Spruchpunkt II.). In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Baubewilligungsbescheid vom in Rechtskraft erwachsen sei, mit der Realisierung des Bauvorhabens zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung bereits begonnen worden sei und mangels Fertigstellung des Baus die rechtskräftige Baubewilligung daher fünf Jahre danach am ex lege erloschen sei. Es läge nunmehr für die errichtete bauliche Anlage keine Baubewilligung vor.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, dass das gegenständliche Bauvorhaben bereits abgeschlossen sei. Eine Untersagung der Ausführung sei daher nicht mehr möglich. Der Beschwerdeführer sei von der Baubehörde nicht darauf hingewiesen worden, eine Fertigstellungsanzeige zu erstatten. Er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass die Fertigstellungsmeldung binnen fünf Jahren überreicht werden müsse. Die Baubehörde hätte die Fertigstellungsmeldung lediglich zur Kenntnis nehmen müssen. Die Bauausführung sei bescheidmäßig erfolgt. Die Baubehörde hätte den Beschwerdeführer davon in Kenntnis setzen müssen, dass die Frist zur Abgabe der Baufertigstellungsmeldung auslaufe, und ihn auffordern müssen, entweder eine Baufertigstellungsmeldung zu übergeben oder einen Antrag auf Fristverlängerung zu stellen.
(Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte der Beschwerdeführer, die Frist für die Fertigstellung des Bauvorhabens bis zu verlängern. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom als unzulässig zurückgewiesen.)
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die Berufungsbehörde aus, dass die Baubewilligung fünf Jahre nach ihrer Erteilung ex lege abgelaufen sei, zumal der Beschwerdeführer mit den Bauarbeiten bereits zum Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung begonnen habe. Die Baubewilligung erlösche ex lege, wenn nicht rechtzeitig vor Ablauf der Frist bei der Baubehörde erster Instanz ein Antrag auf Fristverlängerung eingebracht werde. Eine Verpflichtung der Behörde, den Bauwerber von dem Ablauf der Baubewilligung in Kenntnis zu setzen, bestehe nicht. Im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides sei nicht klar gewesen, ob die Fertigstellung bereits erfolgt sei. Die ohne jegliche weitere Präzisierung in der Berufungsschrift getroffene Behauptung, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bereits klar gewesen sei, dass die Fertigstellung erfolgt sei und demnach kein Grund zur Bescheiderlassung vorliege, zumal weitere Bauausführungen nicht vorgenommen würden, sei nicht geeignet, eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen, zumal baupolizeiliche Aufträge hinsichtlich bewilligungsloser baulicher Anlagen unabhängig von der achtwöchigen Untersagungsfrist auf Grund einer Fertigstellungsanzeige jederzeit möglich seien, wobei diese Frist im gegenständlichen Fall, wenn auch nicht relevant, ohnehin nicht überschritten worden wäre.
In der dagegen erhobenen Vorstellung führte der Beschwerdeführer entscheidungswesentlich aus, dass die Baubehörden gegen § 13a AVG verstoßen hätten. Ihm sei mit Schreiben des Gemeindeamtes der mitbeteiligten Gemeinde vom aufgetragen worden, die Fertigstellung des Bauvorhabens anzuzeigen oder sich mit dem Bauamt in Verbindung zu setzen, sollte die Fertigstellung nicht erfolgt sein. Dieses Schreiben habe sich zwar auf Baubewilligungen aus den Jahren 1984 bzw. 1990 bezogen. Auf Grund dieser Vorgehensweise der Behörde habe jedoch der Beschwerdeführer davon ausgehen können, dass er für die Meldung der Fertigstellung wesentlich länger Zeit habe; jedenfalls habe er darauf vertrauen können, dass er neuerlich von der Behörde informiert werde, sollte der Ablauf der Fertigstellungsfrist bevorstehen. Die Baubehörden hätten damit ihre Manuduktionspflicht verletzt. Im Übrigen sei die Bauausführung hinsichtlich des gegenständlichen Neubaus bereits vor langer Zeit abgeschlossen gewesen. Der Beschwerdeführer habe lediglich die Abgabe der Fertigstellungsanzeige verabsäumt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt werde. Das Erlöschen der Baubewilligung werde nur dann verhindert, wenn innerhalb der dreijährigen Frist des § 38 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994 mit der Bauausführung begonnen und das Bauvorhaben gemäß § 38 Abs. 2 leg. cit. innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Bauausführung fertig gestellt und die Fertigstellung gemäß § 42 Abs. 1 leg. cit. auch angezeigt werde. Nach dem klaren Wortlaut des § 38 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 seien demnach sowohl die Fertigstellung als auch die Anzeige der Fertigstellung erforderlich, um das Erlöschen der Baubewilligung zu verhindern. Da im Beschwerdefall der Baubewilligungsbescheid mit rechtskräftig geworden sei und der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen zu diesem Zeitpunkt schon mit der Bauausführung begonnen gehabt habe, sei die Frist für die rechtzeitige Erstattung der Fertigstellungsanzeige am abgelaufen. Daher sei die Baubewilligung erloschen. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Ergänzung vom behaupte, die Bauarbeiten seien bereits Ende 2003 beendet worden, sei zu hinterfragen, warum neuerlich ein Antrag um Fristverlängerung eingebracht worden sei und nicht - wie vorgeschrieben - rechtzeitig eine Baufertigstellungsanzeige erfolgt sei. Der Antrag auf Fristverlängerung gemäß § 38 Abs. 4 Oö. Bauordnung 1994, der gleichzeitig mit der Berufung eingebracht worden sei, sei nicht rechtzeitig gewesen, da entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers dieser Antrag vor Ablauf der Frist hätte gestellt werden müsse. Eine Verletzung des § 13a AVG liege nicht vor. Der Beschwerdeführer sei sowohl in der mündlichen Bauverhandlung als auch im Bescheid vom ordnungsgemäß darauf hingewiesen worden, dass die Fertigstellung der Bauarbeiten schriftlich anzuzeigen seien. Dass im Baubewilligungsbescheid keine Frist angegeben worden sei, könne für sich allein noch nicht die Verletzung des § 13a AVG bewirken. Für den Beschwerdeführer sei erkennbar gewesen, dass die Anzeige unmittelbar nach Beendigung der Bauarbeiten durchzuführen sei. Dies ergebe sich auch aus der Verhandlungsschrift der mündlichen Bauverhandlung, in welcher ausgeführt werde, dass vor Benützung die Fertigstellung bei der Behörde schriftlich anzuzeigen sei. Wenn daher laut Aussage des Beschwerdeführers Ende 2003 der Bau beendet gewesen sei, wäre es dem Beschwerdeführer möglich gewesen, zu diesem Zeitpunkt bereits eine Fertigstellungsanzeige einzureichen und so die Fristversäumnis zu verhindern. Aus dem Gesetz ergebe sich keine Verpflichtung der Baubehörde, den Bauwerber von dem drohenden Ablauf der Frist für die Baufertigstellungsanzeige bzw. über die Frist betreffend das Erlöschen der Baubewilligung zu informieren.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt - wie schon im Verfahren vor der Berufungsbehörde - vor, er habe bereits im Jahre 2003 das gegenständliche Bauvorhaben vollendet. Das Dach sei im Jahre 1987, der Außenverputz im Jahre 2003 fertig gestellt gewesen. Die Fenster seien im November 2003 eingebaut worden, der Einbau und die Inbetriebnahme des Ofens sei im Dezember 2003 erfolgt. Die Anzeige der Fertigstellung sei für die Hinderung des Erlöschens der Baubewilligung nicht erforderlich. Es seien allein die tatsächlich durchgeführten Baumaßnahmen für die Beurteilung ausschlaggebend, ob das Bauvorhaben innerhalb der fünfjährigen Frist fertig gestellt worden sei oder nicht. Wenn aber das Datum der Vollendung des Bauvorhabens für die Beurteilung der Rechtsfolgen des Erlöschens der Baubewilligung erforderlich sei, wäre die Behörde zu einer entsprechenden Beweisaufnahme verpflichtet gewesen.
Die belangte Behörde vertritt im angefochtenen Bescheid die Rechtsauffassung, für die Hinderung des Erlöschens der Baubewilligung im Sinne des § 38 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 wäre die Fertigstellungsanzeige erforderlich gewesen.
Die im Beschwerdefall maßgebliche Bestimmung des § 38 Oö. Bauordnung 1994, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung, LGBl. 70/1998, hat folgenden Wortlaut:
"§ 38
Erlöschen der Baubewilligung
(1) Die Baubewilligung erlischt mit Ablauf von drei Jahren nach dem Eintritt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides, wenn nicht innerhalb dieser dreijährigen Frist mit der Bauausführung begonnen wurde.
(2) Wird mit der Bauausführung innerhalb der dreijährigen Frist begonnen, erlischt die Baubewilligung, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Bauausführung fertig gestellt wurde.
..."
§ 38 Abs. 2 hatte vor der hier maßgeblichen Novelle folgenden
Wortlaut:
"Wird mit der Bauausführung innerhalb der dreijährigen Frist begonnen, erlischt die Baubewilligung, wenn das Bauvorhaben nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Bauausführung fertig gestellt und die Fertigstellung angezeigt (§ 42 Abs. 1) oder die Benützungsbewilligung beantragt (§ 42 Abs. 3) wurde."
Die Änderung des § 38 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 mit der Novelle LGBl. 70/1998 wurde im Ausschussbericht, Beilage 208/1998 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtages, XXV. Gesetzgebungsperiode, wie folgt begründet:
"Die teilweise Umformulierung des § 38 Abs. 2 ergibt sich zum einen aus der Neukonzeption der §§ 42 bis 44; zum anderen soll hiemit bewusst wieder jener Rechtszustand herbeigeführt werden, wie er zufolge § 51 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1976 gegeben war."
Die §§ 42 und 43 regeln die Baufertigstellungsanzeige bei Fertigstellung von Kleinhausbauten und Nebengebäuden bzw. sonstiger baulicher Anlagen. Der mit der Novelle LGBl. 70/1998 ebenfalls geänderte § 44 lautet in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 96/2006:
"§ 44
Benützungsrecht und Untersagung der Benützung baulicher Anlagen
(1) Bauliche Anlagen, deren Fertigstellung nach § 42 oder § 43 anzuzeigen ist, dürfen nach Ablauf von acht Wochen ab Einlangen der vollständigen und, im Fall des § 43, ordnungsgemäß belegten Baufertigstellungsanzeige benützt werden, wenn die Baubehörde
1. dem Bauherrn nicht schon vorher schriftlich mitteilt, dass eine Untersagung der Benützung nicht beabsichtigt ist, oder
2. binnen der achtwöchigen Frist die Benützung der baulichen Anlagen nicht nach Abs. 2 Z. 2, 3 oder 4 untersagt.
Die Untersagungsfrist ist gewahrt, wenn die Baubehörde den Bescheid am letzten Tag der achtwöchigen Frist nachweisbar abfertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergibt.
..."
Die Baufertigstellungsanzeige nach den §§ 42 und 43 Oö. Bauordnung 1994 stellt somit die Voraussetzung für das Recht der Benützung der jeweiligen baulichen Anlage dar. Sie ist nach der hier anzuwendenden Rechtslage für die Rechtsfolge des Erlöschens der Baubewilligung infolge Überschreitens der Baubeginnsfrist und der Bauvollendungsfrist nicht von Bedeutung. Die von der belangten Behörde vertretene gegenteilige Rechtsauffassung ist daher mit der hier anzuwendenden Rechtslage nicht vereinbar.
Von einer Bauvollendung (Fertigstellung eines Bauvorhabens) kann nicht erst dann gesprochen werden, wenn das Bauvorhaben schlüsselfertig hergestellt ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/05/0082). Die Auffassung, von einer Fertigstellung des Bauvorhabens könne erst dann gesprochen werden, wenn sämtliche Arbeiten ausgeführt worden sind, würde zu dem sinnwidrigen Ergebnis führen, dass eine Baubewilligung auch dann erlöschen könnte, wenn im Zeitpunkt des Ablaufes der Frist noch geringfügige Restarbeiten nicht durchgeführt sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/05/0146). Ausgehend von dieser ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher im Falle der Prüfung, ob gemäß § 38 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 der Baubewilligungsbescheid ex lege erloschen ist, von den Baubehörden nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens festzustellen, ob das beschwerdegegenständliche Bauvorhaben innerhalb von fünf Jahren nach Beginn der Ausführung vollendet war. Dies ist nur dann möglich, wenn Feststellungen über die tatsächlich durchgeführten Baumaßnahmen am bewilligten Vorhaben fünf Jahre nach Beginn seiner Ausführung getroffen worden sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/0772).
Da sohin die belangte Behörde die Rechtslage verkannte und auf das schon im Berufungsverfahren erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers, dass das beschwerdegegenständliche Bauvorhaben bereits im Jahre 2003 vollendet war, nicht näher eingegangen ist, belastete sie schon aus diesem Grund den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am