VwGH vom 16.09.2015, 2012/13/0046
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde der M A in W, vertreten durch Dr. Alejandra Navarro de Chalupa, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Kantgasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/1508-W/06, betreffend Umsatzsteuer 2002, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei ist ein Verein, der eine "Montessori-Diplomausbildung" für Lehrerinnen und Lehrer, Kindergärtnerinnen und Kindergärtner, Eltern und "andere Interessierte" anbietet. Die Kurse schließen mit dem "Diplom der Österreichischen Gesellschaft für Montessori-Pädagogik" ab. Strittig ist für das Streitjahr 2002 die von der beschwerdeführenden Partei in Anspruch genommene Steuerfreiheit der erzielten Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994.
Mit dem angefochtenen, der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des Finanzamts über Umsatzsteuer für das Streitjahr in einem anderen Punkt stattgebenden Bescheid verneinte die belangte Behörde die Steuerfreiheit der Umsätze. Sie begründete dies im Wesentlichen wie folgt:
"Gegenständlich ist zu prüfen, ob von der Bw. eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird. Maßstab für diese Vergleichbarkeit ist der Inhalt des Lehrstoffes. Der Lehrstoff der Bw. muss dabei dem Umfang und dem Lehrziel nach annähernd dem einer öffentlichen Schule (z.B. dem der BAKIP (Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik)) entsprechen. Die Übereinstimmung im Lehrstoff darf sich nicht bloß auf einen untergeordneten Teil oder einzelne Gegenstände beschränken.
Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist nach Ansicht des UFS die unterschiedliche Zulassung zu der Bw. und zu den öffentlichen Bildungseinrichtungen:
Zum Beispiel ist bei der Aufnahme als Kindergartenpädagoge in öffentlichen Vergleichsinstituten für die Zulassung zur Ausbildung eine gesetzlich vorgeschriebene Eignungsprüfung vorgesehen (in Prüfungsform).
Es gibt zwei Wege, die Ausbildung in der BAKIP zu absolvieren:
1.) Die fünfjährige Ausbildung nach einer Eignungsprüfung im Zuge der Oberstufe. Der Abschluss erfolgte mit Reifeprüfung und Diplom für Kindergartenpädagogen/In.
2.) Die Ausbildung zum Kindergartenpädagogen im Rahmen eines 6-semestrigen Kollegs. Voraussetzung sind abgelegte Reifeprüfung oder Berufsreifeprüfung und abgelegte und bestandene Eignungsprüfung.
Zum Unterschied dazu findet bei der Bw. das Auswahlverfahren im Zuge eines dreitä(g)igen Einführungsseminars statt. In Zweifelsfällen, ob eine Eignung für den Beruf besteht oder nicht, finden dann noch in Einzelfällen Einzelgespräche statt. Die Bw. hat dieses Auswahlverfahren laut ihren eigenen Aussagen derart gestaltet, da eine Intention der Montessori-Pädagogik Vermeidung unnötigen Stresses ist.
Die Art des Auswahlverfahrens entspricht laut Bw. der Philosophie der Montessori-Pädagogik und ein herkömmliches Prüfungsverfahren würde nach Aussage der Bw. den Montessori-Lehransatz verletzen.
Bereits diese unterschiedlichen Ansätze des Auswahlverfahrens spiegeln die unterschiedlichen Intentionen der Bw. und der Vergleichsinstitutionen wider, sich sozusagen die 'passenden Schüler' auszuwählen. Wenn auch die Bw. im Zuge des Berufungsverfahrens betonte, dass lediglich die 'Lehr- bzw. Lern'- Methode der Bw. gegenüber den Vergleichsinstitutionen eine andere sei, so zeigen bereits die unterschiedlichen Auswahlverfahren bei der Bw. bzw. bei den Vergleichsinstitutionen die unterschiedlichen Intentionen zwischen den öffentlichen Institutionen und der Bw. wider. Aufgrund der beiden völlig unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen bzw. -erfordernisse und Auswahlverfahren ist der UFS zu der Ansicht gelangt, dass sich durch diese unterschiedlichen Zugangsvoraussetzungen und die unterschiedlichen Auswahlverfahren auch bei den Vergleichsinstitutionen und der Bw. völlig unterschiedlichen Schülergruppierungen (für die Bw. bzw. demgegenüber für die Vergleichsinstitutionen) qualifizieren werden. Die bereits bei den Ausgangsvoraussetzungen und den Auswahlverfahren 'gelebten' unterschiedlichen Intentionen zwischen der Bw. und den Vergleichsinstituten bekräftigen die Ansicht des UFS, dass auch die Tätigkeiten der Bw. und der Vergleichsinstitutionen bereits aufgrund der unterschiedlichen 'gelebten' Intentionen nicht vergleichbar iSd o.a. § 6 UStG 1994 idgF sind, weshalb die Umsatzsteuerfreiheit der Umsätze der Bw. schon allein aus diesem Grund nicht lukriert werden kann.
In diesem Zusammenhang ist als weiteres Unterscheidungsmerkmal zwischen der Bw. und den von ihr genannten Vergleichsinstituten, wie zum Beispiel der BAKIP, anzuführen, dass das Zeugnis der BAKIP ein Diplom iSd Artikels 11 Buchstabe c) der Richtlinie 2005/36/EG darstellt, wohingegen das Diplom bzw. der Schulabschluss der Bw. kein Diplom iSd angeführten Richtlinie ist.
Die Bildungs- und Ausbildungsgänge an den österreichischen berufsbildenden höheren Schulen einschließlich deren Sonderformen sowie die Bildungs- und Ausbildungsgänge an Meisterschulen, Meisterklassen, Werkmeister- und Bauhandwerkerschulen, deren Struktur in Rechts- und Verwaltungsvorschriften festgelegt ist, sind dem Diplomniveau der Richtlinie 2005/36/EG zuzuordnen (gemäß Artikel 13 Absatz 2 Unterabsatz 3 und Anhang III). Das Zeugnis stellt somit ein Diplom im Sinne des Artikels 11 Buchstabe c) der Richtlinie 2005/36/EG dar.
Wie die Richtlinie ausdrücklich klarstellt, eröffnet dieser Ausbildungsabschluss den Zugang zu einem reglementierten Beruf in einem anderen EU-Mitgliedstaat, der für den Berufszugang den erforderlichen Abschluss einer Hochschul- oder Universitätsausbildung von (bis zu) vier Jahren verlangt. Die Richtlinie eröffnet somit den Berufszugang, regelt aber keine Gleichhaltung von akademischen Graden.
Der erfolgreiche Abschluss eines Kollegs stellt ein Diplom im Sinne des Artikels 11 Buchstabe c) Ziffer i der Richtlinie dar und entspricht gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Richtlinie einem Ausbildungsnachweis, der eine Hochschul- oder Universitätsausbildung von (bis zu) vier Jahren abschließt, unabhängig davon, ob die im Aufnahmestaat geforderte Ausbildung
Artikel 11 Buchstabe d) oder Artikel 11 Buchstabe e) der Richtlinie zuzuordnen ist.
Z.B. gilt der erfolgreiche Abschluss der Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik sowie der Bildungsanstalt für Sozialpädagogik als Absolvierung eines besonders strukturierten Ausbildungsgangs gemäß Artikel 11 Buchstabe c) Ziffer ii und Anhang II der Richtlinie.
Ein weiteres wesentliches Unterschiedsmerkmal zwischen der Bw. und den von ihr genannten Vergleichsinstituten ist, dass das Ausbildungsziel ein anderes ist. Als ausgebildeter Montessori-Pädagoge/In ist es nicht möglich, an jeder öffentlichen Schule als Lehrer zu unterrichten. Die Montessori-Ausbildung ist daher nach Ansicht des UFS wie bereits des Finanzamtes dahingegen im Bereich des öffentlichen Schulwesens eine anerkannte Zusatzausbildung. Dies reicht jedoch nicht aus, um die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerfreiheit iSd o.a. § 6 leg. cit. zu erfüllen, zumal daraus eindeutig ersichtlich ist, dass das Lehrziel zwischen der Bw. und den gegenständlichen Vergleichsinstitutionen unterschiedlich ist. Die Absolventen der öffentlichen Vergleichsinstitute werden zu selbständigen 'klassenführenden' Pädagogen in öffentlichen Bildungseinrichtungen ausgebildet und erhalten auch eine diesbezügliche Berufsberechtigung im gesamten EU-Raum, währenddessen die Bw. die Absolventen als selbständige Montessori-Pädagogen grundsätzlich für Montessori-Einrichtungen ausbildet, und die, wie die Bw. ausführt, weltweit in etwa 200 Montessori-Institutionen arbeiten können. Als wesentliches Unterscheidungskriterium ist anzuführen, dass die bei der Bw. ausgebildeten 'Montessori-Pädagogen' keine EU-weite Berufsberechtigung für öffentliche Bildungseinrichtungen haben.
Als wesentlicher Unterschiedspunkt ist also, wie der Finanzamtsvertreter bereits in der mündlichen Verhandlung betonte, anzuführen, dass das Diplom von der BAKIP (von der Bw. als Vergleichsinstitut genannt) von der EU völlig anerkannt ist, hingegen ist die Ausbildung der Bw. innerhalb der EU nicht völlig anerkannt.
Wie bereits das Finanzamt ausführte, sind gem. § 6 Abs 1 Z. 11 lit a UStG die Umsätze von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, soweit es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemeinbildender oder berufsbildender Art oder der Berufsausbildung dienende Fertigkeiten handelt und nachgewiesen werden kann, dass eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird, von der Umsatzsteuer befreit. Wesentliche Voraussetzung ist u.a., dass eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird. Vergleichbarkeit bedeutet wesentliche Übereinstimmung in Bezug auf Lehrstoff nach Umfang und Lehrziel, wobei bezüglich der Vergleichbarkeit ein strenger Maßstab anzulegen ist.
Da die Lehrziele in der Bw. und in öffentlichen Vergleichsinstitutionen (beispielsweise der BAKIP) nicht wesentlich übereinstimmen, zumal die öffentlichen Schulen im berufungsrelevanten Vergleichsbereich Pädagogen und Pädagoginnen bzw. Lehrer und Lehrerinnen für Unterrichtstätigkeit bzw. Erziehungstätigkeit in öffentlichen Schulen bzw. in öffentlichen Einrichtungen wie Kindergärten ausbilde(n), wobei die Schüler der diesbezüglichen öffentlichen Schulen bzw. Einrichtungen die dementsprechenden umfangreichen EU-weiten Berufsberechtigungen erhalten, bildet die Bw. dahingegen eben ihre Schüler für Schulen bzw. Einrichtungen, die im Sinne der Montessori-Pädagogik geführt werden, aus. Das heißt, die 'Lehrer' bzw. 'Pädagogen', die an öffentlichen Schulen für öffentliche Schultätigkeit ausgebildet werden, dürfen nicht in 'Montessori-Einrichtungen' bzw. '(bestimmte(n)) Alternativschulen' selbständig als 'klassenführende' Pädagogen bzw. Lehrer arbeiten. Gleichermaßen dürfen auch Lehrer bzw. Pädagogen, die von der Bw. für Montessori-Schulen bzw. Montessori-Einrichtungen (z.B. Montessori-Kindergärten) ausgebildet wurden, nicht selbständig als 'klassenführende' Lehrer bzw. Pädagogen an öffentlichen Vergleichs-Schulen bzw. öffentlichen Vergleichs-Einrichtungen wie öffentlichen Kindergärten arbeiten. Wiewohl die Montessori-Pädagogen als Montessori-(Lehr)Kräfte möglicherweise in öffentlichen Schulen ihr Wissen zur Verfügung stellen könnten, gilt die Montessori-Pädagogik in öffentlichen Schulen nur als Zusatzqualifikation und ist nicht ausreichend für die selbständige 'klassenführende' Lehrer- bzw. Pädagogentätigkeit an öffentlichen Schulen. Umgekehrt ist es durchaus vorstellbar, dass (an öffentlichen Vergleichsinstitutionen) für den Unterricht an öffentlichen Einrichtungen ausgebildete Pädagogen auch ihr Wissen als Zusatzwissen in Montessori-Schulen bzw. Montessori-Kindergärten einbringen könnten, allerdings dann dort auch nicht selbständig klassenführend als 'Montessori-Pädagogen' bzw. 'Montessori-Lehrer', sondern 'nur' zum Anbieten ihrer Qualifikation eben als Zusatzwissen in 'Begleitung' zum Montessori-Lehrer bzw. Montessori-Pädagogen, der eben wiederum für die Montessori-Einrichtungen aufgrund seiner Ausbildung bei der Bw. seine Berufsberechtigung für die Montessori-Schulen bzw. Montessori-Kindergärten bzw. Montessori-Einrichtungen hat. Wie die Bw. in der mündlichen Berufungsverhandlung ausführte, haben eben die an den öffentlichen Vergleichsinstituten ausgebildeten Lehrer umgekehrt auch nicht die nötige Qualifikation bzw. Berufsberechtigung, um als Montessori-Lehrer bzw. Montessori-Pädagoge selbständig 'klassenführend' in Montessori-Einrichtungen bzw. Montessori-Schulen oder auch Montessori-Kindergärten tätig sein zu können.
Wenn nun die Bw. ausführt, dass umgekehrt auch das staatliche Diplom nicht ausreicht, um in einer Montessori-Einrichtung zu unterrichten, so bestätigt dies weiters die Ansicht des UFS, dass die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit iSd § 6 Abs. 1 Z. 11 lit a UStG 1994 nicht vorliegen, zumal nicht nachgewiesen werden konnte, dass eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird, zumal eben keine vergleichbare Tätigkeit durch die Bw. im Vergleich mit den öffentlichen Schulen ausgeübt wird, da eben, wie die Bw. selbst bestätigt, auch das staatliche Diplom im Gegenzug (dazu) nicht ausreicht, um in einer Montessori-Einrichtung selbständig 'klassenführend' zu unterrichten. Als ausgebildeter Montessori-Pädagoge ist es eben auch nicht möglich, an jeder öffentlichen Schule selbständig 'klassenführend' zu unterrichten. Wenn es sich auch bei der Montessori-Ausbildung nach Ansicht des UFS - wie bereits das Finanzamt ausgeführt hat - zweifellos um eine anerkannte Zusatzausbildung für die Arbeit an öffentlichen Schulen handelt, so konnte dennoch aus den angeführten Gründen nicht nachgewiesen werden, dass von der Bw. eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird. Dies ist jedoch unabdingbare Voraussetzung für das Lukrieren der Steuerfreiheit iSd § 6 Abs. 1 Z 11 lit a leg. cit. Angeführt wird, dass jedenfalls ein Teil der Tätigkeit bzw. des Umsatzes der Bw. (sicherlich unstrittigerweise) von vorneherein nicht unter die 'Vergleichbarkeitsbeurteilung' mit der Tätigkeit von öffentlichen Schulen fällt bzw. fallen würde, weshalb eine allfällige Gewährung der Umsatzsteuerfreiheit (was jedoch gegenständlich nach Ansicht des UFS nicht vorliegt) lediglich nur einen Teilbereich der Gesamtumsätze der Bw. betreffen würde, weshalb es dann bezüglich Umsatzsteuer zu einer Aufteilung in steuerfreie und steuerpflichtige Umsätze kommen müsste (was jedoch berufungsgegenständlich ohnehin nicht vorliegt, da die Umsatzsteuerfreiheit nach Ansicht de(s) UFS insgesamt für den kompletten Umsatz der Bw. nicht anzuerkennen ist).
Lt. MA 10 (für Personalangelegenheiten) dürfen Absolventen der Bw. ausschließlich in Montessori-Schulen bzw. in Montessori-Kindergärten bzw. in 'Alternativschulen' selbständig klassenführend unterrichten. Das Gleiche gilt umgekehrt auch für Lehrer an öffentlichen Schulen, wonach laut Auskunft des Stadtschulrates für Wien die unabdingbare Voraussetzung für eine Beschäftigung als Lehrer in einer Schule der Stadt Wien die Lehramtsprüfung (abgelegt an einer 'Vergleichsinstitution' bzw. 'Vergleichseinrichtung') ist.
Da eine Vergleichbarkeit der Tätigkeit der Bw. mit der Tätigkeit an öffentlichen Schulen bzw. Vergleichsinstitutionen somit nicht vorliegt, ist die Steuerbefreiung gem § 6 Abs 1 Z 11 lit a UStG 1994 nicht anwendbar. Insgesamt konnte von der Bw. nicht nachgewiesen werden, dass sie eine den öffentlichen Schulen bzw. öffentlichen Einrichtungen vergleichbare Tätigkeit ausübt.
Dieser Berufungspunkt ist daher abzuweisen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Von den unter § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 fallenden Umsätzen sind nach § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 die Umsätze von privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen steuerfrei, soweit es sich um die Vermittlung von Kenntnissen allgemeinbildender oder berufsbildender Art oder der Berufsausübung dienenden Fertigkeiten handelt und nachgewiesen werden kann, dass eine den öffentlichen Schulen vergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird.
Unionsrechtlich findet diese Befreiungsbestimmung ihre Grundlage im Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchstabe i der - im Beschwerdefall noch anzuwendenden - 6. EG-RL, 77/388/EWG. Diese Bestimmung umfasst "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung".
Die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2011/15/0109, behandelten Fragen der mit in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 1777/2005 des Rates vom und ihrer Nachfolgeverordnung stellen sich im vorliegenden, das Jahr 2002 betreffenden Fall noch nicht. Einer den Zweck dieser Befreiungsbestimmung nicht beachtenden engen Auslegung des § 6 Abs. 1 Z 11 lit. a UStG 1994 ist der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf das Erfordernis einer richtlinienkonformen Interpretation aber schon im Erkenntnis vom , 2009/13/0016, das ebenfalls einen Streitzeitraum vor dem Inkrafttreten der erwähnten Verordnung betraf, entgegengetreten. Dass Vergleichbarkeit nicht Identität bedeute, wurde schon in dem Erkenntnis vom , 87/13/0015, ÖStZB 1988, 349, hervorgehoben.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde auf die ihr - anders als das Erkenntnis vom - schon vorliegende Judikatur nicht Bezug genommen und nicht versucht, den Fall in Auseinandersetzung mit den bisher - meist noch ohne europarechtlichen Hintergrund - entschiedenen Fällen richtig zuzuordnen (vgl. zuletzt die Übersicht bei Rattinger in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 6 Rz 417 f). Im angefochtenen Bescheid werden in vielfacher Wiederholung im Wesentlichen drei Unterschiede zwischen der strittigen Ausbildung und der zum Vergleich herangezogenen dargestellt (Zulassungsverfahren nicht in Prüfungsform, kein Diplom im Sinne einer später erlassenen Richtlinie, keine Vermittlung der Befugnis, als "klassenführender Pädagoge" an einer öffentlichen Schule zu unterrichten). Auf diese Unterschiede stützt die belangte Behörde ohne Abwägung mit den - etwa beim Lehrstoff - auch gegebenen Gemeinsamkeiten die "Ansicht", dass die Tätigkeiten nicht "vergleichbar" seien, wozu sie ohne Judikaturnachweis oder sonstige Begründung dargelegt, bei der Prüfung der Vergleichbarkeit sei "ein strenger Maßstab anzulegen".
Letzteres entspricht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch im vorliegenden Zusammenhang - wie schon im Fall des Erkenntnisses vom , 2009/13/0016, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird - nicht dem Erfordernis einer richtlinienkonformen Interpretation, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am
Fundstelle(n):
SAAAE-74092