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VwGH vom 20.10.2005, 2005/07/0112

VwGH vom 20.10.2005, 2005/07/0112

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des A R in A, vertreten durch Mag. Gerald Hamminger, Rechtsanwalt in 5280 Braunau, Industriezeile 54, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. UR- 180138/1-2005-Sz, betreffend einen abfallwirtschaftsrechtlichen Behandlungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Unter dem Datum des erließ die Bezirkshauptmannschaft B (BH) gegenüber dem Beschwerdeführer einen auf § 73 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 102 (AWG 2002), gestützten Bescheid mit folgendem Spruch:

"Herrn (Beschwerdeführer) wird aufgetragen, nachstehend angeführte, auf dem Grundstück Nr. 396/2, KG S, Gemeinde A, gelagerten Abfälle (Autowracks) bis längstens einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und der Behörde bis zu diesem Zeitpunkt einen entsprechenden Entsorgungsnachweis vorzulegen.

1 Pkw der Marke Mazda 626, Farbe grün

1 Pkw der Marke Mazda 626, Farbe blau."

In der Begründung dieses Bescheides heißt es, es sei festgestellt worden, dass auf einer unbefestigten Fläche ein grüner PKW der Marke Mazda 626 und ein blauer PKW der Marke Mazda 626 gelagert würden, wobei beide Fahrzeuge als schrottreif anzusehen seien. Durch die derzeitige Lagerung der Autowracks könne die Gesundheit von Menschen gefährdet bzw. unzumutbare Belästigungen hervorgerufen werden, eine Gefahr für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen bzw. für den Boden verursacht werden, die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt und die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden. Im Umkreis von fünf Metern um den Lagerungsort befinde sich ein Brunnen und aus den Kraftfahrzeugen träten umweltgefährdende Betriebsflüssigkeiten aus, wodurch auch eine Gefährdung des Bodens eintrete und die Verletzungsgefahr für Personen bzw. spielende Kinder durch die freie Zugänglichkeit zu den KFZ gegeben sei. Es seien bereits Tropfverluste von umweltgefährdenden Betriebsmitteln aus den KFZ festgestellt worden, welche auf Grund der fehlenden Motorhaube bei Niederschlag ausgewaschen werden und in den Untergrund gelangen könnten. Darüber hinaus sei auch auf Grund der beschädigten Starterbatterien der Austritt von Batterieflüssigkeiten zu befürchten.

Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Unter dem Datum des erließ die BH gegenüber dem Beschwerdeführer einen weiteren Bescheid, dessen Spruch lautet:

"Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom , UR01-5-2003, wird wie folgt abgeändert:

Herrn (Beschwerdeführer) wird aufgetragen, nachstehend angeführten auf dem Grst. 396/2, KG S, Gemeinde A, gelagerten Abfall bis längstens einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und der Behörde bis zu diesem Zeitpunkt einen entsprechenden Entsorgungsnachweis vorzulegen:

PKW der Marke Mazda 626, Farbe grün."

Als Rechtsgrundlage gab die BH "§ 68 Abs. 2 AWG 1991

i. d.g.F." an.

In der Begründung heißt es, im Zuge einer neuerlichen Überprüfung am habe festgestellt werden können, dass der im Behandlungsauftrag vom angeführte blaue Mazda 626 im Freien unter einer Plane gelagert werde, wobei dieses Fahrzeug einen optisch einwandfreien Zustand aufweise und lediglich das linke Vorderlicht beschädigt sei. Weiters habe zum Zeitpunkt der Überprüfung die Gefahr eines Austrittes von Betriebsstoffen nicht festgestellt werden können.

Gemäß § 68 Abs. 2 AVG könnten von Amts wegen Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen sei, sowohl von der Behörde oder vom unabhängigen Verwaltungssenat, die oder der den Bescheid erlassen habe, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Da im Zuge der neuerlichen Überprüfung habe festgestellt werden können, dass der blaue PKW der Marke Mazda 626 keinen Abfall im Sinne der Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes darstelle, zumal dieser noch mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand repariert werden könne und auch die im § 1 Abs. 3 AWG genannten öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt würden, sei von der Behörde festzustellen, dass dieses Auto keinen Abfall darstelle und es sei somit der Behandlungsauftrag vom entsprechend abzuändern gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin machte er geltend, seine beiden PKW stellten keinen gefährlichen Abfall dar. Der grüne Mazda sei technisch genau in dem selben Zustand wie der nun nicht mehr als gefährlicher Abfall bezeichnete blaue Mazda. Der grüne Mazda habe hinten und vorne neue Bremsen und stehe ordnungsgemäß in der Garage. Die kleinen äußeren Reparaturen würden auch kein Vermögen kosten. Von einem Rechtsanwalt habe er die Auskunft erhalten, dass das Auto kein Abfall sei, wenn es für ihn einen Wertgegenstand darstelle.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass dessen Spruch wie folgt zu lauten hat:

"Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom , UR01-5-2003, wird wie folgt abgeändert:

Der blaue PKW der Marke Mazda 626 ist vom Behandlungsauftrag gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 nicht umfasst."

In der Begründung heißt es, Ziel des erstinstanzlichen Bescheides sei es gewesen, festzuhalten, dass der blaue PKW nicht mehr dem Abfallbegriff zuzuordnen sei. Allerdings habe die BH dabei eine Formulierung gewählt, die dem Fahrzeugeigentümer den Eindruck vermittelt habe, als ob neuerlich vorgeschrieben würde, dass der grüne PKW Abfall darstelle und daher zu entsorgen sei. Die Berufung richte sich folglich auch nicht gegen den Umstand, dass der blaue PKW nun nicht mehr zu entsorgen sei, sondern gegen die Tatsache, dass der grüne PKW weiterhin von der BH als Abfall angesehen werde.

Zur Klarstellung der Tatsache, dass der blaue PKW der Marke Mazda 626 nicht mehr als Abfall angesehen werde, habe daher die belangte Behörde den Spruch des angefochtenen Bescheides abgeändert.

Zur Berufung des Beschwerdeführers betreffend den grünen PKW werde festgehalten, dass der im Bescheid der BH vom erteilte Behandlungsauftrag betreffend den grünen PKW in Rechtskraft erwachsen sei, da der Beschwerdeführer kein Rechtsmittel dagegen ergriffen habe. Es liege daher hinsichtlich dieses Fahrzeugwracks entschiedene Sache vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde hätte weder entschiedene Sache noch das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Behandlungsauftrag nach § 73 AWG 2002 hinsichtlich des grünen Mazda 626 annehmen dürfen.

Entschiedene Sache liege schon deswegen nicht vor, weil sich der Sachverhalt zwischen der Entscheidung der BH vom und jener vom wesentlich geändert habe. Dies habe die BH auch richtig erkannt, in dem sie einen neuen Bescheid hinsichtlich des PKW Mazda 626, blau, erlassen habe. Es sei unzutreffend, dass lediglich eine missverständliche Formulierung der BH vorliege.

Die BH sei bei ihrer Entscheidung vom davon ausgegangen, dass sowohl der grüne als auch der blaue Mazda 626 auf einer unbefestigten Fläche gelagert würden, was zu Gefahren für die Umwelt führe. Diese Feststellungen hätten sich zumindest hinsichtlich des blauen Mazda 626 als völlig unhaltbar erwiesen. Die BH habe daher auch hinsichtlich dieses PKW den Abänderungsbescheid vom aufgehoben. Gegen diesen Abänderungsbescheid habe der Beschwerdeführer berufen und beantragt, die Rechtswirkungen dieses Abänderungsbescheides auch auf den grünen Mazda 626 auszudehnen. Eine Entscheidung der Berufungsbehörde stehe noch aus.

In Verkennung der Sachlage gingen die Behörden beider Rechtsstufen hinsichtlich des grünen Mazda 626 davon aus, dass dem mit Bescheid der BH vom erlassenen Behandlungsauftrag nicht entsprochen worden sei. Der grüne Mazda sei in eine Holzhütte mit flüssigkeitsdichtem Boden verbracht worden. Von ihm gingen daher keine Gefahren mehr aus. Beim Lokalaugenschein habe der Amtssachverständige auch keinerlei technische Feststellungen darüber getroffen, dass es sich bei diesem Fahrzeug um Abfall handle.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit ihrem Bescheid vom hat die BH dem Beschwerdeführer einen Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002 erteilt, der zwei Autowracks, nämlich einen PKW der Marke Mazda 626 mit grüner und einen PKW der Marke Mazda 626 mit blauer Farbe betraf.

Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer nicht bekämpft und ist daher in Rechtskraft erwachsen.

Mit ihrem Bescheid vom hat die BH diesen Behandlungsauftrag vom abgeändert. Aus dem Spruch im Zusammenhang mit der Begründung dieses Bescheides geht zweifelsfrei hervor, dass die BH mit diesem Abänderungsbescheid den Behandlungsauftrag für den blauen PKW aufgehoben hat, und zwar gestützt auf § 68 Abs. 2 AVG.

Dieser Abänderungsbescheid änderte nichts an der Rechtskraft des Bescheides der BH vom , soweit er den grünen PKW betraf.

Der Beschwerdeführer meint aber, es liege keine entschiedene Sache vor, weil seit der Erlassung des Behandlungsauftrages vom eine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten sei, weil dem Behandlungsauftrag vollständig entsprochen worden sei. Der grüne Mazda sei nämlich in eine Garage mit flüssigkeitsdichtem Boden verbracht worden, sodass von ihm keine Gefahr für die Umwelt mehr ausgehe. Die belangte Behörde hätte daher den Behandlungsauftrag für den grünen Mazda ersatzlos aufheben müssen.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Gegenstand des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden erstinstanzlichen Bescheides vom war - auch wenn dessen Spruch auf den ersten Blick das Gegenteil zu besagen scheint - nicht der grüne Mazda, sondern der blaue. Inhalt des erstinstanzlichen Bescheides war die von Amts wegen erfolgende Herausnahme des blauen PKW aus dem Behandlungsauftrag, nicht aber eine (neuerliche) Entscheidung über den grünen Mazda.

War aber der grüne Mazda nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides, dann war er auch nicht Sache des Berufungsverfahrens im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG und es hätte die belangte Behörde keine inhaltliche Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des Behandlungsauftrages für den grünen Mazda treffen dürfen. Über das Berufungsbegehren des Beschwerdeführers, auch den Behandlungsauftrag für den grünen Mazda aufzuheben, durfte die belangte Behörde daher gar keine meritorische Entscheidung treffen. Dies hat sie auch nicht getan, wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides deutlich wird. Dort ist nämlich die Rede davon, dass hinsichtlich des grünen Mazda entschiedene Sache vorliege. Damit hat die belangte Behörde zum Ausdruck gebracht, dass der grüne Mazda nicht "Sache" des Berufungsverfahrens war. Die Auffassung, dass entschiedene Sache vorliegt, trifft auch zu:

§ 68 Abs. 1 AVG lautet:

"Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, sind, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen."

Das Prozesshindernis der entschiedenen Sache liegt dann nicht vor, wenn der für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebliche Sachverhalt sich seither derart geändert hat, dass seine neuerliche Beurteilung einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid zur Folge hätte (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., 994ff, wiedergegebene Rechtsprechung).

Selbst wenn die Behauptung des Beschwerdeführers zutreffen würde, dass er dem Behandlungsauftrag vom entsprochen habe, stellt dies keine relevante Änderung des Sachverhaltes, die zu einer Aufhebung des Behandlungsauftrages führen könnte, dar.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Herstellung des in einem Bescheid geforderten Zustandes keine von der Berufungsbehörde zu beachtende Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes zu erblicken (vgl. die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., 913f angeführte Rechtsprechung).

Der Grundsatz, dass die Erfüllung des mit einem Bescheid erteilten Auftrages keine Sachverhaltsänderung ist, die zur Aufhebung dieses Bescheides zu führen hat, ist nicht auf den Fall einer Erfüllung des Auftrages während eines anhängigen Berufungsverfahrens beschränkt, sondern muss ebenso dann gelten, wenn der Auftrag nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides erfüllt wird.

Ein Bescheid, mit dem ein Auftrag erteilt wird, ist darauf gerichtet, dass dieser Auftrag auch erfüllt wird. Mit diesem Bescheidzweck wäre es unvereinbar, wenn der Bescheid nach seiner Befolgung (oder seiner zwangsweisen Vollstreckung) aufgehoben werden müsste.

Die Herstellung des einem Bescheid entsprechenden Zustandes spielt eine Rolle in einem allfälligen Vollstreckungs- oder Verwaltungsstrafverfahren; sie führt aber nicht zur Aufhebung des Titelbescheides.

Zu Recht ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, dass hinsichtlich des grünen Mazda entschiedene Sache vorliegt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am