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VwGH vom 23.03.2006, 2005/07/0109

VwGH vom 23.03.2006, 2005/07/0109

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde 1. der V-GmbH & Co KG in G, und 2. der E-AG in M, beide vertreten durch Onz - Onz - Krämmer - Hüttler, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. RU4-B-049/016, betreffend Feststellung nach dem Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei: Bund, vertreten durch die Zollämter Wiener Neustadt und Graz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruches, dass für die Abfälle der Zuschlag gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 ALSAG zu entrichten ist, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Parteien beantragten bei der Bezirkshauptmannschaft T (BH) die bescheidmäßige Feststellung, um welche Art von Abfall gemäß § 6 Abs. 1 des Altlastensanierungsgesetzes, BGBl. Nr. 299/1989 (ALSAG) es sich bei dem am Standort des Wärmekraftwerkes D in der betriebseigenen Monodeponie abgelagerten Abfall handle. Weiters wurde der Antrag gestellt, festzustellen, dass die Zuschläge nach § 6 Abs. 2 ALSAG nicht anzuwenden seien.

Mit Bescheid vom stellte die BH gemäß § 10 Abs. 1 ALSAG fest, dass es sich bei der am Standort des Wärmekraftwerkes D betriebenen betriebseigenen Monodeponie, welche mit Bescheid des LH vom wasserrechtlich genehmigt worden sei, um eine Baurestmassendeponie handle und keine Voraussetzungen vorlägen, die Zuschläge gemäß § 6 Abs. 2 ALSAG anzuwenden.

Die mitbeteiligte Partei berief.

Die belangte Behörde holte Gutachten einer deponietechnischen Amtssachverständigen und einer chemisch-technischen Amtssachverständigen ein.

Die deponietechnische Amtssachverständige beschäftigte sich mit der Frage, ob die Deponie der mitbeteiligten Parteien über ein Deponiebasisdichtungssystem oder eine vertikale Umschließung, die den technischen Vorgaben des ALSAG entspricht, verfügt. Sie kam zu dem Ergebnis, die vorhandene Deponiebasisdichtung sei aus technischer Sicht als einer Dichtung für Baurestmassendeponien nach der Deponieverordnung gleichwertig anzusehen.

Der chemisch-technischen Amtssachverständigen stellte die belangte Behörde unter anderem die Frage, ob die Anpassung der Deponie an den Stand der Technik abgeschlossen sei und der in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996 (Deponieverordnung) festgelegte Stand der Technik (mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem) eingehalten werde und zwar auch hinsichtlich der Qualität der abgelagerten Materialien.

Die Amtssachverständige führte dazu im Wesentlichen aus, das Rea-Produkt (der auf der Deponie abgelagerte Abfall) weise unmittelbar nach seinem Anfall erhöhte Werte bei den Parametern elektrische Leitfähigkeit, Chlorid und Nitrit auf. Zum Zeitpunkt der Anlieferung der Abfälle lägen Grenzwerterhöhungen gegenüber den Anforderungen für eine Bodenaushubdeponie bzw. für eine Baurestmassendeponie vor, die zeitlich auf wenige Monate begrenzt seien. Das Rea-Produkt durchlaufe jedoch in der Folge einen Abbindungs- und Hydratisierungsprozess in der Deponie, wodurch die Leitfähigkeit vermindert und die Schadstoffe mobilisiert würden. Nach Abschluss dieses Prozesses halte der Abfall die Kriterien der Deponieverordnung für Baurestmassendeponien (Anlage 1, Tabelle 3 und 4) ein.

Mit Bescheid vom entschied die belangte Behörde über die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Feststellungsbescheid wie folgt:

"Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft T vom , Zl. 9-U-40-2000 wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Abfälle, die in der auf dem Standort des Wärmekraftwerkes D betriebenen betriebseigenen Monodeponie, bewilligt mit Bescheid vom im Zeitraum bis abgelagert wurden, entsprechen den Kriterien für Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996 und sind daher der Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG i.d.F. BGBl. 201/1996 zuzuordnen. Es ist für diese Abfälle der Zuschlag gemäß § 6 Abs. 2 Z. 2 ALSAG i.d.F.

BGBl. 201/1996 zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 6 und 10 Altlastensanierungsgesetz 1989 -

ALSAG, BGBl. Nr. 299/1989 i.d.F. BGBl. Nr. 201/1996."

Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben.

In der Begründung vertrat die belangte Behörde die

Auffassung, eine "langfristige Ablagerung" im Sinne des § 6 Abs. 1 ALSAG liege erst nach Abschluss des Abbindeprozesses vor. Zu diesem Zeitpunkt erfüllten die Abfälle die Anforderungen der Deponieverordnung. Sie seien daher dem § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG zuzuordnen.

Dieser Bescheid wurde auf Grund einer Beschwerde des Bundes vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , 2003/07/0115, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründet wurde diese Entscheidung damit, der Tatbestand des "langfristigen Ablagerns" im Sinne des § 6 Abs. 1 ALSAG sei entgegen der Auffassung der belangten Behörde nicht erst mit dem Ende des Abbindeprozesses verwirklicht, sondern schon zum Zeitpunkt des Einbringens der Abfälle in die Deponie. Dies habe zur Folge, dass die Zuordnung der Abfälle zur Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG rechtswidrig sei.

Mit Bescheid vom entschied die belangte Behörde (neuerlich) über die Berufung der mitbeteiligten Partei und traf folgende Entscheidung:

"Die Abfälle, die in der auf dem Standort des Wärmekraftwerkes D betriebenen betriebseigenen Monodeponie, bewilligt mit Bescheid vom im Zeitraum - abgelagert wurden, entsprechen der Abfallkategorie des § 6 Abs. 1 Z. 4 ALSAG i.d.F. BGBl. 201/1996.

Es ist für diese Abfälle der Zuschlag gemäß § 6 Abs. 2 Z. 3 ALSAG i.d.F. BGBl. 201/1996 zu entrichten."

In der Begründung wird ausgeführt, die Deponie sei mit Bescheid vom in der Fassung des Berufungsbescheides vom wasserrechtlich bewilligt worden. Mit Bescheid vom sei die projekts- und bedingungsgemäße Ausführung der Deponie mit der Maßgabe festgestellt worden, dass die Abdichtung der Deponie durch eine HDPE-Folie (anstelle einer Folie auf Bitumenbasis) nachträglich genehmigt worden sei.

Demnach verfüge die Deponie über folgendes Deponiebasisdichtungssystem:

Auf einem verdichteten Planum an der Basis sei eine 2 mm starke HDPE-Folie aufgelegt, darüber befinde sich eine Flächendrainage mit einer Mächtigkeit von 0,3 m und darin verlegten Sickerwasserleitungen (PVC DN 100-DN 150). Darüber liege eine mindestens zweilagige Schicht von je 20 bis 25 cm, hergestellt aus einer Mischung von betriebseigenen Abfällen mit einem Durchlässigkeitsbeiwert von Kf = 1,3 bis 3,2 x 10-10 m/s.

Ein Privatgutachten vom weise unter Bezugnahme auf bodenphysikalische Untersuchungen von neun Bohrkernen des Deponiegutes nach, dass die eingebauten Abfälle sehr geringe Durchlässigkeiten zwischen 1,3 x 10-10 m/s bis 4,1 x 10-8 m/s aufwiesen. Die abgelagerten Abfälle verfügten damit über einen sehr einheitlichen Aufbau (Monolithcharakter) mit hoher Undurchlässigkeit. Eine Durchsickerung von auf dem Deponiekörper auftreffenden Niederschlagswässern bis zu einem Basisentwässerungssystem sei deshalb sehr unwahrscheinlich; das auftreffende Niederschlagswasser fließe vielmehr oberflächlich ab, weshalb aus fachlicher Sicht eine Basisentwässerungsschicht bei der gegenständlichen Deponie überhaupt entbehrlich wäre. Aus technischer Sicht sei das gegenständliche Deponiebasisdichtungssystem verglichen mit dem in der Deponieverordnung für Baurestmassendeponien vorgesehenen gleichwertig.

Das Rea-Produkt (das sei der auf der betrieblichen Monodeponie abgelagerte Abfall) weise unmittelbar nach seiner Einbringung erhöhte Werte bei den Parametern elektrische Leitfähigkeit, Chlorid und Nitrit auf. Es durchlaufe jedoch im Deponiekörper in der Folge einen Abbindungs- und Hydratisierungsprozess, wodurch sich die Leitfähigkeit vermindere und die Schadstoffe immobilisiert würden. Dieser Prozess vollziehe sich auch unter natürlichen Bedingungen und hinterlasse einen inerten, monolithischen Baukörper. Nach Abschluss des Prozesses entspreche der Abfall nachweislich den Kriterien für Baurestmassendeponien im Sinne der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabelle 3 und 4). Der Abschluss dieses Konditionierungsvorganges werde von der Deponieaufsicht kontrolliert und ergebe sich sodann die Eignung zur Deponierung (Belassung) in der betrieblichen Deponie. Es sei prozesstechnisch erforderlich, dass dieser Abbindungs- bzw. Hydratisierungsprozess auf der Deponie selbst erfolge.

Diese Feststellungen ergäben sich aus den im ersten Rechtsgang abgegebenen Gutachten der deponietechnischen sowie der chemisch-technischen Amtssachverständigen. Diese Gutachten seien schlüssig und nachvollziehbar und seien von den Verfahrensparteien in ihren rechtlich relevanten Inhalten nicht bekämpft bzw. nicht auf gleicher fachlicher Ebene widerlegt worden. Auf diese Ermittlungsergebnisse des ersten Rechtsganges könne auch zurückgegriffen werden, da sich der maßgebliche Sachverhalt nicht geändert habe und im Verwaltungsverfahren kein Unmittelbarkeitsgrundsatz gelte.

In rechtlicher Hinsicht führt die belangte Behörde aus, nach dem Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/07/0115, würden die in den Deponiekörper eingebrachten Abfälle bereits zum Zeitpunkt ihrer Einbringung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 1 ALSAG langfristig abgelagert. Diese Rechtsauffassung sei für die belangte Behörde bindend.

Davon ausgehend sei die Frage zu entscheiden, ob die gegenständlichen Ablagerungen den Tarifen des § 6 Abs. 1 oder jenen des § 6 Abs. 4 ALSAG unterlägen. Das Verhältnis dieser beiden Tarifsysteme sei dadurch gekennzeichnet, dass die in § 6 Abs. 1 ALSAG enthaltenen Tarife dann nicht zur Anwendung kämen, wenn die Ablagerung dem § 6 Abs. 4 ALSAG zu unterstellen sei.

Entscheidend dafür, ob die Ablagerungen dem § 6 Abs. 4 zu unterstellen seien, sei, ob die Deponie über ein Deponiebasisdichtungssystem verfüge, welches jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 8a ALSAG und den dort weiter verwiesenen Bestimmungen des § 2 Abs. 8b und 8c ALSAG entspreche.

Dies sei nicht der Fall:

Nach § 2 Abs. 8c ALSAG sei ein Basisentwässerungssystem ein solches zur Ableitung der bis zur Deponiebasis durchdringenden Deponiesickerwässer aus dem Deponiekörper. Aus der Wortfolge "bis zur Deponiebasis" ergebe sich, dass das Entwässerungssystem oberhalb der Deponiebasis aufzubringen sei. Bei der gegenständlichen Deponie befinde sich die als Basisentwässerungssystem anzusprechende Flächendrainage samt darin verlegten Sickerwasserleitungen aber nicht oberhalb, sondern unterhalb der Deponiebasis, weshalb den Anforderungen des § 2 Abs. 8c ALSAG nicht entsprochen werde. Dies genüge, um im Sinne des § 6 Abs. 4 letzter Satz ALSAG die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das Deponiebasisdichtungssystem der gegenständlichen Deponie den Anforderungen des § 2 Abs. 8a (samt den darin weiter verwiesenen Bestimmungen) ALSAG nicht entspreche. Deshalb bemesse sich der Altlastenbeitrag nicht nach § 6 Abs. 4 ALSAG, sondern nach § 6 Abs. 1 leg. cit. Es sei zwar einzuräumen, dass nach den Feststellungen aus technischer Sicht von einer Gleichwertigkeit des ausgeführten Deponiebasisdichtungssystems auszugehen sei; diese Gleichwertigkeit liege zum einen im sehr einheitlichen Aufbau (Monolithcharakter) des Ablagerungsgutes, der ein Durchdringen von Sickerwässern bis zur Deponiebasis verhindere. Zum anderen sei durchaus zuzugestehen, dass auch die im § 2 Abs. 8b Deponieverordnung normierten Anforderungen an die Deponiebasisdichtung durch die Ausführung der konkreten Deponie "übererfüllt" würden.

Diese Gleichwertigkeit sei aber rechtlich irrelevant, da § 2 Abs. 8c ALSAG keinerlei Abweichungen oder Ausnahmen von den dort normierten Anforderungen zulasse (eben auch nicht gleichwertige Vorsorgen).

Damit richte sich die Abgabenpflicht nach § 6 Abs. 1 ALSAG. Der Tatbestand der langfristigen Ablagerung sei bereits mit dem Einbringen der Abfälle in die Deponie erfüllt gewesen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Abfälle den Kriterien für Baurestmassen im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 ALSAG nicht entsprochen, weshalb sie der Kategorie "alle übrigen Abfälle" im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 4 ALSAG zuzuordnen seien. Für die Ablagerung dieser Abfälle sei gesetzlich der Zuschlag des § 6 Abs. 2 Z. 3 ALSAG vorgesehen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom , B 1229/04-12, ihre Behandlung ab und trat sie mit Beschluss vom , B 1229/04-15, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringen die beschwerdeführenden Parteien vor, der Verwaltungsgerichtshof habe sich im Vorerkenntnis vom , 2003/07/0115, nicht mit der Frage auseinander zu setzen gehabt, ob ein Fall des § 6 Abs. 4 ALSAG vorliege, ob also die Abfälle auf einer nach Maßgabe dieser Bestimmung an den Stand der Technik angepassten Deponie abgelagert worden seien. Für die Frage, ob sich der Altlastenbeitrag nach § 6 Abs. 1 ALSAG oder nach § 6 Abs. 4 leg. cit. richte, entfalte das Vorerkenntnis daher keine Bindungswirkung.

Im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof sei von den beschwerdeführenden Parteien argumentiert worden, die von der belangten Behörde angenommene Nichtzulassung von Ausnahmen für gleichwertige Alternativlösungen hinsichtlich des Basisentwässerungssystems zu § 2 Abs. 8c ALSAG sei verfassungswidrig. Dem habe das Bundeskanzleramt entgegen gehalten, § 2 Abs. 8c ALSAG lasse die konkrete Ausgestaltung des Basisentwässerungssystems im Wesentlichen offen und definiere es nur über den Zweck, weshalb sich die Frage der Notwendigkeit einer ausdrücklichen Normierung von Alternativen gar nicht stelle. Auch der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Ablehnungsbeschluss vom , B 1229/04, die Auffassung vertreten, dass das Gesetz die Möglichkeit einer Berücksichtigung der individuellen Gestaltung des Basisentwässerungssystems eröffne.

Die gegenständliche Deponie verfüge über zwei als Deponiebasis anzusprechende Barrieren, nämlich eine (unterhalb gelegene) HDPE-Folie einerseits und eine (darüber gelegene) mineralische Dichtungsschicht; dazwischen liege die Basisentwässerung. Der im § 1 Abs. 8b ALSAG geforderten Deponiebasisdichtung entspreche im vorliegenden Fall die obere "Barriere".

Im Sinne der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Ablehnungsbeschluss geäußerten Rechtsansicht (Möglichkeit der Berücksichtigung der individuellen Gestaltung) sei offenbar auch § 2 Abs. 8c ALSAG und die darin enthaltene Wortfolge "bis zur Deponiebasis" nicht so zu verstehen, dass das Basisentwässerungssystem zwingend und in jedem Fall oberhalb der im § 2 Abs. 8b ALSAG genannten Deponiebasisdichtung anzubringen sei, solange es nur verlässlich gewährleiste, dass es Deponiesickerwässer erfasse und ableite. Dies sei bei der vorliegenden Ausführung (auf Grund der darunter liegenden HDPE-Folie) der Fall.

Dem stehe auch die vom Gesetz geforderte Funktion des Basisentwässerungssystems zur Ableitung der Deponiewässer "aus dem Deponiekörper" nicht entgegen, da der Deponiekörper nach der Legaldefinition im § 2 Abs. 8 ALSAG das Deponiebasisdichtungssystem als Ganzes - und damit nach § 2 Abs. 8a ALSAG auch das Basisentwässerungssystem - umfasse. Auch ein unterhalb der Deponiebasisdichtung eingerichtetes Basisentwässerungssystem - das selbst noch zum Deponiekörper zähle - könne damit Deponiesickerwässer "aus dem Deponiekörper" ableiten.

Auch die Deponieverordnung regle nicht definitiv, ob das Entwässerungssystem oberhalb oder unterhalb der Deponiebasisdichtung zu errichten sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber Abstand genommen.

Die mitbeteiligte Partei hat zwei Gegenschriften erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Spruch des angefochtenen Bescheides bezieht sich auf Abfälle, die im Zeitraum bis abgelagert wurden. In diesem Zeitraum stand § 6 ALSAG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 in Geltung. Er lautete auszugsweise:

"§ 6. (1) Der Altlastenbeitrag beträgt für das langfristige Ablagern oder das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes je angefangene Tonne für

1. Baurestmassen

ab ..................................... 60 S

ab ..................................... 80 S

ab ..................................... 100 S 2. Erdaushub

ab ..................................... 80 S

ab ..................................... 100 S 3. Abfälle, soweit sie den Kriterien für

Baurestmassendeponien der Deponieverordnung (Anlage 1, Tabellen 3 und 4), BGBl. Nr. 164/1996, entsprechen, und ein diesbezüglicher Nachweis durch eine Gesamtbeurteilung gemäß § 6 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, erbracht sowie eine Eingangskontrolle gemäß § 8 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, vorgenommen wird

ab ..................................... 120 S

ab ..................................... 150 S

ab ..................................... 300 S

ab ..................................... 600 S 4. alle übrigen Abfälle

ab ..................................... 150 S

ab ..................................... 200 S

ab ..................................... 400 S

ab ..................................... 600 S sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen.

(2) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert und verfügt die Deponie weder über ein Deponiebasisdichtungssystem noch über eine vertikale Umschließung, erhöht sich der Beitrag je angefangene Tonne für


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 1 und 2 um 30 S,
2.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 3 um 200 S,
3.
Abfälle gemäß Abs. 1 Z 4 um 400 S.
Im Falle der Einbringung in geologische Strukturen (Untertagedeponien) ist der Zuschlag nicht abzuführen, wenn das anstehende Gestein einen Wassereintritt dauerhaft verhindert.

(3) ......

(4) Werden Abfälle auf einer Deponie abgelagert, die nach dem in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik genehmigt wurde (Neuanlage) oder deren Anpassung an den für den jeweiligen Deponietyp in der Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, festgelegten Stand der Technik, mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem abgeschlossen wurde (Altanlage), beträgt der Altlastenbeitrag je angefangene Tonne für

1. Baurestmassendeponien

ab ..................................... 60 S

ab ..................................... 80 S

ab ..................................... 100 S 2. Reststoffdeponien

ab ..................................... 150 S

ab ..................................... 200 S 3. Massenabfalldeponien

ab ..................................... 200 S

ab ..................................... 300 S Baurestmassen-, Reststoff- oder Massenabfalldeponien im Sinne

dieses Bundesgesetzes haben zumindest über ein Deponiebasisdichtungssystem, welches jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 8a entspricht, oder über eine vertikale Umschließung, welche jedenfalls den Anforderungen des § 2 Abs. 10 entspricht, zu verfügen."

Zunächst ist die Frage zu klären, welcher Abfallkategorie die Abfälle zu unterstellen sind, ob sie also dem § 6 Abs. 1 Z. 4 oder dem § 6 Abs. 4 Z. 1 zuzuordnen sind.

Bei der Deponie der beschwerdeführenden Parteien handelt es sich um eine "Altanlage" im Sinne des § 6 Abs. 4 erster Satz ALSAG.

Voraussetzung für eine Zuordnung der Abfälle zu dem begünstigten Beitragssatz des § 6 Abs. 4 ALSAG ist bei Altanlagen nicht nur das Vorhandensein eines Deponiebasisdichtungssystems (oder einer vertikalen Umschließung), sondern auch der Abschluss der Anpassung der Deponie an den für den jeweiligen Deponietyp in der Deponieverordnung festgelegten Stand der Technik (mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem).

Mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen von einem Abschluss der Anpassung an den Stand der Technik gesprochen werden kann, hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 98/07/0101, auseinandergesetzt und dazu ausgeführt:

"Eine auf § 2 Abs 8 AWG 1990 gestützte Wortinterpretation des Begriffes "Stand der Technik" in § 6 Abs 4 ALSAG spricht demnach für ein Verständnis der genannten Norm im Sinne der Erforderlichkeit einer Erfüllung aller Vorgaben der DeponieV 1996 mit Ausnahme der in § 6 Abs 4 ALSAG ausdrücklich ausgenommenen Anpassungserfordernisse. In die gleiche Richtung weist der Ausdruck "abgeschlossen" in den Begünstigungsvoraussetzungen für eine Altanlage. Abgeschlossen konnte die Anpassung an den Stand der Technik - mit Ausnahme der Anforderungen an den Deponiestandort und das Deponiebasisdichtungssystem - nur dann sein, wenn alle Vorgaben der DeponieV 1996 und damit auch jene zur Abfallqualität und Eingangskontrolle erfüllt waren."

Diese Auslegung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2004/07/0115, bekräftigt:

"Für Altanlagen sind die Tatbestandsvoraussetzungen der begünstigten Beitragssätze nach § 6 Abs 4 ALSAG 1989 nur dann als erfüllt anzusehen, wenn alle Vorgaben der DeponieV 1996 und damit auch jene zur Abfallqualität erfüllt sind."

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis vom , 2003/07/0115, ausgesprochen hat, wird der Tatbestand des "langfristigen Ablagerns" bereits mit der Einbringung der Abfälle in die Deponie verwirklicht. Zu diesem Zeitpunkt müssen daher auch die eingebrachten Abfälle den Vorgaben der Deponieverordnung entsprechen.

Wie ebenfalls bereits im Vorerkenntnis ausgeführt, ergibt sich aus dem Gutachten der chemisch-technischen Amtssachverständigen, dass die Abfälle in der Zeit zwischen der Einbringung in die Deponie und dem Ende des Abbindeprozesses nicht den Kriterien der Deponieverordnung entsprachen. Auch der angefochtene Bescheid enthält die Feststellung, dass sich erst nach Abschluss eines Abbindungs- und Hydratisierungsprozesses, den die Abfälle im Deponiekörper durchlaufen, ihre Eignung zur Belassung in der Deponie ergibt. Damit aber genügt die Ablagerung dieser Abfälle auf der Deponie nicht den Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 erster Satz ALSAG.

Die Zuordnung der Abfälle zu § 6 Abs. 4 ALSAG scheidet daher aus, ohne dass es in diesem Zusammenhang noch einer Erörterung der Fragen um das Deponiebasisentwässerungssystem bedürfte.

Die Frage, ob die Deponie über ein ausreichendes Basisentwässerungssystem verfügt, ist aber für die Vorschreibung von Zuschlägen entscheidend.

§ 6 Abs. 2 Z. 3 ALSAG sieht einen Zuschlag für Abfälle gemäß Abs. 1 Z. 4 dann vor, wenn Abfälle auf einer Deponie abgelagert werden, die weder über ein Deponiebasissystem noch über eine vertikale Umschließung verfügt.

Liegt eines der beiden technischen Systeme vor, scheidet ein Zuschlag aus.

Dass eine vertikale Umschließung im Beschwerdefall nicht vorhanden ist, ist unbestritten.

Was unter einem Deponiebasisdichtungssystem im Sinne des § 6 Abs. 2 ALSAG zu verstehen ist, ergibt sich aus § 2 ALSAG. Dieser lautet in seiner für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung der Novellen BGBl. Nr. 201/1996 und BGBl. I Nr. 96/1997 auszugsweise:

"(8) Ein Deponiekörper im Sinne dieses Bundesgesetzes umfaßt die Gesamtheit der eingebauten Abfälle einschließlich der deponietechnischen Einrichtungen, wie das Deponiebasisdichtungssystem, die Deponieoberflächenabdeckung und das Deponieentgasungssystem, sowie sämtliche technische Bauwerke, die für dessen Standsicherheit erforderlich sind, wie zB Rand- und Stützwälle.

(8a) Ein Deponiebasisdichtungssystem im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein technisches System zur Verhinderung von Schadstofftransporten in den Untergrund, bestehend aus der Deponiebasisdichtung und dem Basisentwässerungssystem.

(8b) Eine Deponiebasisdichtung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine künstlich aufgebrachte, mindestens zweilagige mineralische Dichtungsschicht mit einer Gesamtdicke von mindestens 50 cm und einem Durchlässigkeitswert kleiner/gleich 10 hoch -9 m/s bei einem hydraulischen Gradienten von i = 30. Weiters sind gemäß § 18 Abs. 5 Deponieverordnung, BGBl. Nr. 164/1996, zulässige alternative Deponiebasisdichtungen oder Sonderkonstruktionen für Böschungsneigungen steiler 1:2 als Deponiebasisdichtung im Sinne dieses Bundesgesetzes anzusehen.

(8c) Ein Basisentwässerungssystem im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein System bestehend aus einem Flächenfilter und darin verlegten Sickerwasserleitungen zur Ableitung der bis zur Deponiebasis durchdringenden Deponiesickerwässer aus dem Deponiekörper."

Strittig ist im Beschwerdefall, ob das Basisentwässerungssystem dem Gesetz entspricht.

Aus der Wortfolge "der bis zur Deponiebasis durchdringenden Deponiesickerwässer" im § 2 Abs. 8c ALSAG allein ergibt sich nicht zwingend, dass nur ein oberhalb der Deponiebasis gelegenes Entwässerungssystem dem Gesetz entspricht. Es mag zwar durchaus sein, dass aus technischen Gründen eine Gestaltung des Deponiebasisentwässerungssystems, wie sie bei der Deponie der beschwerdeführenden Parteien vorliegt, nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 8 - 8c ALSAG genügt, etwa, weil sie nicht in der Lage ist, Schadstofftransporte in den Untergrund zu verhindern (§ 2 Abs. 8a). Zur Feststellung einer solchen Nichteignung bedarf es aber entsprechender Gutachten.

Die mitbeteiligte Partei bringt in ihren Gegenschriften vor, das Basisentwässerungssystem in der Deponie der beschwerdeführenden Parteien genüge insbesondere auch wegen Mängeln im Umfang und in der Qualität der Dichtungsschicht nicht den Anforderungen des Gesetzes.

Da es sich bei den durch dieses Vorbringen aufgeworfenen Fragen (auch) um Sachverhaltsfragen handelt, der angefochtene Bescheid dazu aber keine Feststellungen enthält, können diese Ausführungen in den Gegenschriften nicht zur Grundlage einer Abweisung der gesamten Beschwerde gemacht werden.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde, soweit sie die Feststellung betrifft, dass die Abfälle der Kategorie nach § 6 Abs. 1 Z. 4 ALSAG zuzuordnen sind, als unbegründet, weshalb sie diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Hingegen erweist sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich seines Ausspruches über die Zuschläge als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am