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VwGH vom 20.10.2009, 2008/05/0078

VwGH vom 20.10.2009, 2008/05/0078

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der Kärntner Landesregierung in 9020 Klagenfurt, Mießtaler Straße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-1001-1002/2007, betreffend Übertretung des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes 1990 (mitbeteiligte Partei: Dkfm. K S in L, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft W vom wurden M. H. zur Last gelegt, als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der L. A. GmbH mit Sitz in L Verletzungen des § 15 Abs. 1 lit b iVm § 6 Abs. 1 Kärntner Ortbildpflegegesetz 1990 (Aufstellung zweier bewilligungspflichtiger Werbetafeln ohne erforderliche Bewilligung auf näher bezeichneten Grundstücken) begangen zu haben; es wurde über ihn wegen dieser beiden Verwaltungsübertretungen eine Geldstrafe von je EUR 100,- verhängt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom wurde seiner Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren im Sinn des § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschuldigte habe im Zuge der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem UVS eine Vereinbarung zwischen der L. A. GmbH und dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Mitbeteiligten vorgelegt, aus der hervorginge, dass Letztgenannter ausdrücklich seine Zustimmung erteilt habe, zum verantwortlichen Beauftragten der L. A. GmbH bestellt zu werden. Sein Aufgabenbereich umfasse die Koordination und Abwicklung der Aufstellung von Werbetafeln der L. A. GmbH, insbesondere auch die Einleitung allenfalls notwendiger behördlicher Genehmigungsverfahren. Diese Vereinbarung sei am geschlossen und sowohl vom Mitbeteiligten als auch einem Vertreter der L. A. GmbH unterfertigt worden. Deswegen sei der UVS von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Mitbeteiligten als verantwortlichem Beauftragten ausgegangen. Da die Verwaltungsübertretung sohin nicht dem Berufungswerber zuzurechnen gewesen sei, sei der Berufung Folge zu geben gewesen.

Mit wurde gegen den nunmehr Mitbeteiligten eine Strafverfügung wegen Verletzung des § 15 Abs. 1 lit b iVm § 6 Abs. 1 Kärtner Ortsbildpflegegesetz 1990 erlassen, die dieser, vor allem wegen des Einwandes der eingetretenen Verfolgungsverjährung, beeinspruchte.

Mit Straferkenntnis der BH W vom wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt:

"Sie haben als gemäß § 9 VStG 1991 verantwortlich Beauftragter der durchführenden L.A. GmbH, mit dem Sitz in L, zu verantworten, dass, wie am anlässlich eines Ortsaugenscheines durch den amtstechnischen Sachverständigen der Baupolizei der Stadtgemeinde W , Herrn Ing. K., festgestellt werden konnte, im Ortsbereich von W, Ortsteil P, konkret


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1)
auf der Parzelle Nr. 230/ 6, KG P,
2)
auf der Parzelle Nr. 243/ 14, KG P,
beide Gemeinde und Bezirk W , jeweils eine bewilligungspflichtige Werbeanlage (Werbetafel) bestehend aus Formrohrgestellen mit Abspreizungen, welche mit Stahlanker im Boden befestigt waren (das Ausmaß der Tafeln betrug 3,5 x 2,6 Meter, Gesamthöhe ca. 3,1 Meter) ohne Bewilligung nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz errichtet wurde (aufgrund des Ausmaßes der Werbeanlagen wären sie nach dem Kärntner Ortsbildpflegegesetz bewilligungspflichtig); somit
1) und 2) eine bewilligungspflichtige Maßnahme gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. ohne Bewilligung errichtet wurde.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1) und 2) § 15 Abs. 1 lit b iVm § 6 Abs. 1 Kärntner Ortsbildpflegegesetz 1990 idgF".
Über den Mitbeteiligten wurde eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt EUR 200,- verhängt.
In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Mitbeteiligte unter anderem vor, die BH W sei örtlich unzuständig, da der Sitz des Unternehmens, als zu dessen Vertretung nach außen befugtes Organ er zur Verantwortung gezogen worden sei, im Sprengel der BH L sei, sodass allenfalls diese zur Strafverfolgung berufen gewesen wäre.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Mitbeteiligten Folge und behob das Straferkenntnis.
Begründend wurde dazu ausgeführt, der Mitbeteiligte sei jeweils für ein der L. A. GmbH zurechenbares Verhalten von Mitarbeitern dieser Gesellschaft zur Verantwortung gezogen worden. Im Rahmen des durchgeführten Verfahrens sei kein Umstand zutage getreten, wonach der Mitbeteiligte selbst die Plakattafeln auf den näher bezeichneten Orten aufgestellt habe; vielmehr habe er durch entsprechende Anweisungen und Dispositionen sowie die Einrichtung eines effektiven Kontrollsystems dafür zu sorgen gehabt, dass durch die Mitarbeiter der L. A. GmbH keine Verstöße gesetzt würden. Es sei hier trotz Anführung der Aufstellungsorte der Plakattafeln der Sitz des Unternehmens als Tatort anzunehmen, da unter Berücksichtigung des Tatbildes die Anweisungen, Dispositionen und Kontrolle der Aufstellung der Tafeln am Unternehmenssitz vorzunehmen gewesen seien. Es sei kein Grund ersichtlich, der die Annahme rechtfertigen würde, dass diese Dispositionen an den Aufstellungsorten zu treffen gewesen wären oder zweckmäßigerweise nur dort getroffen hätten werden können. Es habe unter Berücksichtigung des hier anzuwendenden Tatbildes kein Grund gefunden werden können, der die hier vorliegenden Fälle als Ausnahme des Regelfalles der Zuständigkeit nach dem Unternehmenssitz bei Übertretungen, die aufgrund von § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten seien, darstellen könne. Die erstinstanzliche Behörde sei somit offensichtlich unzuständig gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde (Amtsbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG in Verbindung mit § 12 Abs. 2 des Kärntner Verwaltungssenatsgesetzes) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde sowie der Erstattung der Pauschalbeträge für den Vorlageaufwand.
Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen - in eventu - als unbegründet abzuweisen und die Beschwerdeführerin zum Kostenersatz zu verhalten.


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Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGG werden die Grenzen des Rechtsstreites bei Amtsbeschwerden durch die Anfechtungserklärung des Beschwerdeführers gezogen.
Die belangte Behörde (wie auch der Mitbeteiligte) gehen - unter Heranziehung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - davon aus, dass die Behörde erster Instanz örtlich unzuständig gewesen sei, da der Sitz der Unternehmensleitung in L sei und zur Strafverfolgung daher allenfalls die Bezirkshauptmannschaft L örtlich zuständige Behörde gewesen wäre.
Die Beschwerdeführerin jedoch erachtet diese Rechtsansicht der belangten Behörde als insofern verfehlt, weil es sich bei den dem Mitbeteiligten zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen um Begehungsdelikte handle und als Tatort somit der Ort anzusehen sei, an dem die Werbeanlagen tatsächlich aufgestellt worden seien und nicht der Sitz der Unternehmensleitung. Begehungsdelikte würden nicht allein dadurch zu Unterlassungsdelikten, dass sie von nach außen vertretungsbefugten Organen bzw. von verantwortlichen Beauftragten begangen würden.
Dieses Vorbringen führt die Beschwerdeführerin im Ergebnis zum Erfolg.
Die relevanten Bestimmungen des Kärntner
Ortsbildpflegegesetzes 1990 lauten:
"§ 6
Bewilligungspflichtige Werbeanlagen und Werbungen

(1) Die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeanlagen, Anlagen zur Anbringung von Werbematerial sowie die sonstige Anbringung von Werbung bedürfen einer Bewilligung. Von der Bewilligungspflicht sind ausgenommen Werbungen und Dankadressen im Sinne des § 4 Abs. 3 lit d während des dort angeführten Zeitraumes, Werbungen auf nicht ortsfesten Plakatständern und Fahnen mit Werbeaufschriften (§ 5 Abs. 3), Werbungen auf Transparenten (§ 5 Abs. 1 lit d) und auf Dachflächen (§ 5 Abs. 1 lit k) sowie Werbungen auf Anlagen, die ausschließlich für die Anbringung von Werbungen bestimmt sind und die nach dem ersten Satz bewilligt wurden.

(...)

§ 15

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer

(... b) bewilligungspflichtige Maßnahmen gemäß § 6 Abs. 1 ohne

Bewilligung oder abweichend von dieser errichtet oder ändert;

(...)

2) Verwaltungsübertretungen sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-

zu bestrafen."

Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1991 lauten:

"Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9

(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(...)

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

...

Zuständigkeit

(...)

§ 27

(1) Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist."

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Eine Verwaltungsübertretung ist regelmäßig als dort begangen anzusehen, wo der Täter gehandelt hat oder, bei Unterlassungsdelikten, hätte handeln sollen. In Ansehung einer auf § 15 Abs. 1 lit. b iVm § 6 Abs. 1 des Kärntner Ortsbildpflegegesetzes 1990 gestützten Bestrafung wegen der Errichtung bewilligungspflichtiger Werbeanlagen ohne Bewilligung kann nicht angenommen werden, dass diese Übertretung - bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungen - nicht am Ort der Errichtung, sondern am hievon abweichenden Sitz der Unternehmensleitung begangen worden wäre.

Das dem Mitbeteiligten zur Last gelegte, mit Strafe bedrohte Verhalten ist ein Begehungsdelikt. Tatort ist der Ort, wo die Werbetafeln aufgestellt wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/02/0153). Es besteht daher kein Hinweis auf eine gemäß § 27 Abs. 1 VStG andere örtlich zuständige Behörde als diejenige, in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich die nicht durch behördliche Bewilligung gedeckte Aufstellung von bewilligungspflichtigen Werbetafeln vorgenommen worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/05/0282). Dem widerspricht auch nicht die von der belangten Behörde zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/07/0118; VwSlg. 16.981/A, und vom , Zl. 2006/07/0118), da dieser zufolge stets auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen ist.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren materiell zu prüfen haben, ob die gegenständlichen Werbeanlagen bewilligungspflichtig im Sinn des § 6 des Kärntner Ortsbildschutzgesetzes 1990 sind (bzw. ob nicht bereits Verfolgungsverjährung betreffend den Mitbeteiligten eingetreten ist).

Ein Kostenausspruch hatte zu entfallen, weil von der Beschwerdeführerin keine Kosten angesprochen worden sind.

Wien, am