VwGH vom 28.01.2009, 2008/05/0057
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der Mag. H M in Tulln, vertreten durch Dr. Johann Gelbmann, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Penzinger Straße 53/8, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU1-BR-798/001-2007, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: E GmbH in Steyr, vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom wurde der mitbeteiligten Partei gemeinsam mit der gewerbebehördlichen Generalgenehmigung die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines Einkaufszentrums samt Außenanlagen mit einer Bruttogeschossfläche von 38.850 m2, bestehend aus drei Verkaufsebenen mit Geschäftslokalen und Sanitär- und Sozialräumen in allen Geschossen, Haustechnikräumen, Kundenstellplätzen (Zwischenparkdeck, erstes Obergeschoss und 3. Garagenebene im Kellergeschoss), Mitarbeiterstellplätzen im Freien sowie Revitalisierung eines historischen Kellers am Standort Hauptplatz in Tulln auf dem in der Folge neu gebildeten Grundstück Nr. 401/1, KG Tulln, erteilt.
Das Baugrundstück ist als Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtung gewidmet.
Laut Fluchtwegberechnung halten sich im Gebäude maximal
4.791 Personen auf.
Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin des Grundstückes Nr. 421, KG Tulln, Jasomirgottgasse 8. Dieses Grundstück liegt östlich des Baugrundstückes und ist von Letzterem getrennt durch die Grundstücke Nr. 411 und 419 rund 20 m entfernt (gemessen vom nächstgelegenen nordwestlichen Punkt des Grundstückes der Beschwerdeführerin zum Grenzpunkt des Baugrundstückes, der auf die Grundstücksgrenze der beiden Grundstücke Nr. 410 und 411 trifft; Grundstück Nr. 410 liegt zwischen dem Baugrundstück und Grundstück Nr. 411).
Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die baubehördliche Bewilligung für das unter Punkt A) dieses Schriftsatzes beschriebene und in den beiliegenden Projektsunterlagen dargestellte Bauvorhaben sowie die gewerbebehördliche Genehmigung für die dargestellten Änderungen der Gesamtanlage der Generalgenehmigung gemäß § 356e GewO.
Die Änderungen sind in diesem Antrag unter Punkt "A) Sachverhalt" näher beschrieben. Gegenstand dieses Abänderungsantrages waren eine Erweiterung der "Mall" und von zwei Stiegenhäusern bis in die Ebene 4 (= 2. Dachgeschoss). Am Flachdach des Einkaufszentrums (= Ebene 4) sollen zwei Lüftungszentralen errichtet werden. Insgesamt sollen in den Ebenen geänderte bzw. mehr Verkaufs- und Gastlokale geschaffen werden. Die Trafozentrale soll von Ebene 1 in Ebene 3, zugänglich vom Flachdach, verlegt werden. Eine weitere Änderung betrifft die Lkw-Anlieferung, die auf zwei Lkw-Boxen vergrößert werden soll; damit verbunden ist die Veränderung der hiefür notwendigen Umkehrschleife. Der Bereich des Umkehrplatzes in der Karlsgasse soll teilweise überbaut werden. Weitere Planänderungen betreffen die "Mallzugänge" von der Garage, eine zusätzliche Terrasse über dem Haupteingang auf Ebene 3, die Schaffung von Lichtkuppeln für Belichtung und Brandrauchentlüftung der Verkaufsflächen ebenfalls in Ebene 3, eine Umgestaltung der Fassade beim Hauptplatz, eine Einfriedung des Grundstückes Nr. 419 zur Karlsgasse sowie eine Unterkellerung weiterer Bereiche des Einkaufszentrums als Lager- und Technikräume und den Entfall der Nutzung des historischen Kapuzinerkellers.
Wesentlich für das Beschwerdeverfahren ist folgende Änderung:
"Ein zusätzlicher Fluchtweg vom Gang bei Stiege 6A und von den Stiegen 3A und B wird über die benachbarten Grundstücke Nr. 411 (Weingartner) und Nr. 419 (EKZ Tulln) zur Karlsgasse geführt. Die Notausgänge über Panikfluchttüren münden auf eine 186,78 m2 große Sammelfläche und von dort über einen 3 m breiten befestigten Fluchtweg bis zu einem Gartentor mit Panikverschluss zur Karlsgasse. Der Fluchtgang von Stiege 3 über den Keller entfällt."
Dieser geplante Fluchtweg verläuft entlang der Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführerin.
Der Antrag wurde mit Schriftsatz vom - in hier nicht relevanten Bereichen - abgeändert bzw. ergänzt.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen das Bauvorhaben Einwendungen. Unter anderem wurde eingewendet, dass auf Grund der Errichtung von zwei Lüftungszentralen in der 4. Ebene des Flachdaches erhebliche Geruchsbeeinträchtigungen entstehen würden. Abweichend vom ursprünglich eingereichten und bewilligten Projekt solle dieses nunmehr vergrößert werden. Die Belieferung der mehr als 150 "Shops" mit nur zwei Entladerampen sei in der hiefür vorgesehenen Zeit nicht möglich. Es werde zu Stauungen bei der Abwicklung der An- und Ablieferungen kommen; dies sei mit einer das ortsübliche Ausmaß weit überschreitenden Belastung (sowohl durch Geruchs-, Staub-, CO- und Lärmemissionen) verbunden. Der neue Fluchtweg führe einerseits über ein "antragstellerfremdes" Grundstück, andererseits unmittelbar an der hinteren Grundstücksgrenze der Liegenschaft der Beschwerdeführerin vorbei. Die Länge und Situierung dieses Fluchtweges widerspreche den gesetzlichen Vorgaben. Eine Vereinbarung zwischen Grundeigentümer und der Betreiberin zur Nutzung dieses Fluchtweges bestehe nicht. Die Sammelfläche für den Fluchtweg befinde sich im unmittelbaren Bereich des Gebäudes und sei dort nicht zulässig. Der Fluchtweg sei auch beleuchtet zu halten; durch die Beleuchtung entstünden unzulässige (Licht-)Immissionen, die das ortsübliche Ausmaß überschritten. Der Fluchtweg liege auch außerhalb der für den Betrieb des EKZ liegenden Flächenwidmung. Der Verlauf und die Führung desselben sei daher auch aus diesem Grund unzulässig. Anlagen, die für den sicheren Betrieb eines zu bewilligenden Objektes erforderlich seien, müssten sich im gleichen Widmungsgebiet befinden wie die zu bewilligende Anlage selbst.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln vom wurde die gewerbebehördliche Genehmigung für die beantragte Änderung der mit Bescheid vom erteilten gewerbebehördlichen Generalgenehmigung erteilt (Spruchpunkt I). Unter Spruchpunkt II wurde die baubehördliche Bewilligung für das unter Punkt I beschriebene Vorhaben erteilt. Als Bedingung wurde vorgeschrieben, dass der Fluchtweg über die Grundstücke Nr. 411 und 419, KG Tulln, grundbücherlich sichergestellt werden muss.
Gestützt wurde die Bewilligung auf § 23 Abs. 1 iVm § 14 Z. 1, 3 und 4 NÖ Bauordnung 1996. In der Begründung wurde zu den Einwendungen der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass zwar eine Vergrößerung der Anlieferung in der Karlsgasse vorgesehen sei, die Gesamtzahl der Liefervorgänge bleibe jedoch unverändert. Dies ergebe sich aus der verkehrstechnischen Projektsbeschreibung. Im Zuge der Verhandlung am sei vom lärmtechnischen Amtssachverständigen zu den Auswirkungen der eingereichten Veränderungen ausgeführt worden:
"Die beantragten Betriebslärmimmissionen der Lüftungs- und Haustechnikanlagen mit bis zu 46 dB zur Tagzeit liegen um ca. 1 dB über den ursprünglich genehmigten Werten. Die beantragten Immissionen dieser Anlagen zur Nachtzeit mit bis zu 29 dB liegen ca. 8 dB über den ursprünglich genehmigten Werten.
Im Zuge der Messung der Umgebungsgeräuschsituation im ursprünglichen Genehmigungsverfahren wurde von der Firma T festgestellt, dass der ruhigste Halbstundenbasispegel zur Tagzeit nicht unter 43 dB absinkt. Häufiger wurden in diesem Zeitraum Werte zwischen 45 und 46 dB festgestellt. Die Betriebslärmimmission bei gleichzeitigem Vollbetrieb aller haustechnischen Anlagen wird daher im Bereich des häufigsten Basispegels liegen und den ruhigsten festgestellten Basispegel um maximal 3 dB übersteigen. Es wird daher in den ruhigsten Phasen der Umgebung mit einer schwachen Wahrnehmbarkeit dieser Geräusche zu rechnen sein.
Während der Nachtzeit wurde der ruhigste Halbstundenbasispegel von der Firma T mit Werten im Bereich von 33 dB festgestellt. Die Betriebslärmimmissionen der haustechnischen Anlagen werden daher unterhalb dieses ruhigsten Basispegels liegen, weshalb mit einer max. schwachen Wahrnehmbarkeit zu rechnen sein wird.
Die beantragten Lärmimmissionen des Traforaumes von ca. 14 dB in 10 m Entfernung werden bereits in dieser Entfernung selbst zur Nachtzeit praktisch nicht wahrnehmbar sein.
Die Betriebsweise der Anlieferungsbox und die örtliche Situierung dieses Anlieferungsbereiches werden praktisch nicht verändert, weshalb mit einer Veränderung der genehmigten Immissionssituation, ausgehend von diesem Bereich nicht zu rechnen ist.
Auf Grund der Tatsache, dass der Baustellenbereich nicht begehbar war und teilweise Absperrungen die Sicht behinderten, waren nicht alle Nachbarschaftsbereiche einsehbar. Es wird daher vom Amtssachverständigen grundsätzlich davon ausgegangen, dass von der Firma T die exponiertesten Nachbarschaftsbereiche (auch OG) berücksichtigt wurden. Im Zuge des Ortsaugenscheines konnte aber festgestellt werden, dass das Gebäude Hauptplatz 11 auch auf der Südseite über Fenster - auch im obersten (2. OG) - verfügt. Dieser Punkt wurde von der Firma T nicht als Nachbarschaftspunkt berücksichtigt. Auf Grund der örtlichen Situierung der Geräuschquellen kann nach Ansicht des ASV aber davon ausgegangen werden, dass in diesem Bereich keine höheren Immissionen als in den untersuchten Punkten auftreten werden.
Zum Einwand des rechtsfreundlichen Vertreters der (Beschwerdeführerin) hinsichtlich der Betriebslärmimmissionen der beiden Lüftungszentralen auf dem Dach der Anlage kann Folgendes festgestellt werden:
Die gegenständliche Liegenschaft wurde auf Grund der größeren Entfernung von der Firma T nicht als exponierter Nachbarschaftsbereich angesehen.
Bei Durchsicht der vorgesehenen Schallemissionen und der örtlichen Anordnung der Geräuschquellen der Lüftungs- und Heiztechnikanlagen kann aus Sicht des lärmtechnischen Amtssachverständigen festgestellt werden, dass in diesem Nachbarschaftsbereich jedenfalls mit geringeren Immissionen als am lautesten untersuchten Nachbarschaftspunkt zu rechnen sein wird."
Im angefochtenen Bescheid wird das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen vom wiedergegeben.
Dieses Gutachten hat folgenden Wortlaut:
"Bezugnehmend auf die Verhandlungsschrift vom und der Stellungnahme des lärmtechnischen Amtssachverständigen wird festgestellt, dass die Lärmimmissionen in der nächsten Nachbarschaft durch die auf dem Dach installierte Entlüftungsanlage geringfügig über dem Grundgeräuschpegel liegt und wird daher nur, wenn überhaupt, schwach wahrnehmbar sein. Eine gesundheitliche Gefährdung ist für die Anrainer nicht gegeben.
Die Beleuchtung ist bis 22 Uhr vorgesehen. Eine Belästigung kann durch die Beleuchtung nicht erkannt werden, da es zu keiner Blendung oder Spiegelung für die Anrainer kommt."
Die belangte Behörde ging davon aus, dass es durch die eingereichten Änderungen der Betriebsanlage zu keinen unzumutbaren Lärmbelästigungen der Nachbarn komme, da für die exponierteste Wohnnachbarschaft (dies sei nicht die Beschwerdeführerin) maximal mit einer schwachen Wahrnehmbarkeit der Betriebslärmimmissionen zu rechnen sei. Eine Erhöhung der Emissionen an Luftschadstoffen werde seitens des luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen ebenfalls ausgeschlossen.
Zum neu bewilligten Fluchtweg wurde festgehalten, dass dieser bereits grundbücherlich sichergestellt sei. Die Beleuchtung erfolge projektsgemäß durch Bollerleuchten, die in Abhängigkeit von Dämmerung und Geschäftszeiten (maximal 7 bis 22 Uhr) als Dauerlicht und sonst über Bewegungsmelder geschaltet seien. Eine unzumutbare Belästigung, insbesondere zur Nachtzeit sei auszuschließen. Gemäß § 77 Abs. 5 Z. 1 Gewerbeordnung müsse wohl der Standort selbst für ein Einkaufszentrum gewidmet sein, nicht jedoch die lediglich als Fluchtweg zur Verfügung gehaltenen angrenzenden Grundstücke.
Die Baubewilligung habe auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens, der Gutachten der Amtssachverständigen und nach Wahrung sämtlicher Parteienrechte erteilt werden können. Es bestehe kein Widerspruch zu den im § 20 Abs. 1 Z. 1 bis 6 NÖ Bauordnung angeführten Bestimmungen. Die Prüfung nach der NÖ Bauordnung sei jedoch auf jene Bestimmungen eingeschränkt, deren Regelungsinhalt nicht durch das Betriebsanlagenrecht (GewO 1994) erfasst sei. Subjektiv-öffentliche Rechte nach § 6 Abs. 2 Z. 3 NÖ Bauordnung würden durch das Bauvorhaben nicht verletzt. Bei den Einwendungen der Beschwerdeführerin handle es sich um solche, die in keinem Zusammenhang mit einem verletzbaren Nachbarrecht im Sinne des § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung stünden; diese Einwendungen seien daher als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass der Fluchtweg des EKZ außerhalb des EKZ-Widmungsgebietes liege; dies sei unzulässig, da der Betrieb eines EKZ ohne dessen Fluchtweg nicht zulässig sei. Die Gebäudeanlage wäre so zu dimensionieren gewesen, dass der Fluchtweg auf den als EKZ gewidmeten Flächen situiert sei. Ein langfristiges, insbesondere unkündbares und unauflösbares Nutzungsrecht am Fluchtweg sei von der Antragstellerin nicht nachgewiesen worden. Insbesondere sei keine grundbücherliche Sicherstellung desselben erfolgt. Das gesamte Bauvorhaben widerspreche den Intentionen der Raumordnung. Fluchtwege seien entsprechend abzusichern, dies sowohl zum Schutz der Flüchtenden als auch zum Schutz der angrenzenden Liegenschaften und deren Bewohner. Die Geräuschpegelmessung sei an ungeeigneten Stellen erfolgt. Messungen wären insbesondere auch bezogen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin und zur Nachtzeit durchzuführen gewesen. Dabei hätte sich ergeben, dass es in der Nachtzeit im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführerin nahezu völlig still sei. Die im schalltechnischen Gutachten festgestellte Umgebungsgeräuschsituation treffe daher auf die Liegenschaft der Beschwerdeführerin nicht zu.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Ausgehend von § 20 Abs. 1 dritter Satz NÖ Bauordnung, wonach bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürften, die Prüfung der Baubehörde nach Z. 6 auf jene Bestimmungen eingeschränkt sei, deren Regelungsinhalt durch diese Genehmigung nicht erfasst sei, habe die Baubehörde zu überprüfen gehabt, ob das Bauvorhaben im Rahmen der im Flächenwidmungsplan für das betreffende Baugrundstück festgelegten Widmungsart zulässig sei. Es sei daher von der Baubehörde die Frage zu beurteilen, ob die für die festgelegte Widmungs- und Nutzungsart Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtungen geltenden Grenzen möglicher Emissionen eingehalten würden. Die gegenständlichen Änderungen stünden im Einklang mit dieser Flächenwidmung. Die Lärm- und Geruchsemissionen seien im Betriebsanlagenverfahren geprüft worden. Die nunmehr neu errichtete Lüftungsanlage auf dem Flachdach werde im südlichen Teil des Einkaufszentrums im Bereich der Franz Josef Straße errichtet. Die Lüftungszentrale sei in Luftlinie ca. 100 m von der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführerin entfernt. Der dem Grundstück der Beschwerdeführerin am nächsten gelegene Messpunkt MP 2 sei ca. 50 m von der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführerin entfernt. Nach den Immissionsberechnungen im Gutachten der T SV GmbH vom ergebe sich für den Immissionsmesspunkt MP 2 bei Tag ein prognostizierter Wert von 25,9 dB und bei Nacht ein prognostizierter Wert von 3,5 dB. Dies bedeute, wie auch dem Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen zu entnehmen sei, dass die Lärmbelastung bei Tag unter der ruhigsten gemessenen Umgebungsgeräuschsituation von 43 dB liege. Der Wert von 3,5 dB in der Nacht liege deutlich unter dem von der Firma T festgelegten Halbstundenbasispegel von 33 dB in der Nacht. Die Betriebslärmemissionen der haustechnischen Anlagen würden daher sowohl am Tag als auch in der Nacht kaum wahrnehmbar sein. Diese Ausführungen gelten für den Emissionsmesspunkt MP 2, welcher - wie bereits erwähnt - weitere 50 m von der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführerin entfernt sei. Auf Grund der Aussage des lärmtechnischen Amtssachverständigen sei es auch für die belangte Behörde offenkundig, dass auf Grund der vorgesehenen Schallemissionen und der örtlichen Anordnung der Geräuschquellen der Lüftungs- und Haustechnikanlagen in diesem Nachbarschaftsbereich mit geringeren Lärmimmissionen zu rechnen sein werde als beim lautesten untersuchten Nachbarschaftspunkt. Auch ein Vergleich mit der Verordnung über die Bestimmung des äquivalenten Dauerschallpegels bei Baulandwidmungen, LGBl. 8000/4- 0, ergebe, dass die Emissionswerte für Kerngebiet mit 60 dB bei Tag und 50 dB bei Nacht angesetzt seien. Aus dem schalltechnischen Projekt der T SV GmbH ergebe sich, dass diese Werte bei weitem nicht erreicht würden. Daraus folge, dass das gegenständliche Bauprojekt im Sinne des § 48 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 mit der Widmung Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtungen im Einklang stehe und dass durch die beabsichtigte Änderung des gegenständlichen Projektes Menschen nicht örtlich unzumutbar belästigt würden. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin, die Geräuschpegelmessungen seien an ungeeigneten Stellen durchgeführt worden, träfen nicht zu. Im Übrigen sei die Beschwerdeführerin den der Baubewilligung zu Grunde gelegten schalltechnischen Gutachten und dem Gutachten des lärmtechnischen Amtssachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.
Der Fluchtweg über die Nachbargrundstücke Nr. 411 und 419, KG Tulln, sei durch eine grundbücherlich sichergestellte Dienstbarkeit abgesichert. Ein Fluchtweg müsse nicht auf dem Betriebsgrundstück selbst errichtet sein. Im beschwerdegegenständlichen Fall hätten eben die Eigentümer der genannten Grundstücke dem Bauwerber eine entsprechende Servitut eingeräumt. Die Ausstattung des Fluchtweges berühre kein Nachbarrecht nach § 6 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie trägt vor, dass der Fluchtweg aus dem Einkaufszentrum über einen Sammelplatz direkt an der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführerin vorbei führe und sich außerhalb der EKZ-Widmung befinde. Die Errichtung und der Betrieb eines Fluchtweges dienten der Sicherheit des zu errichtenden Gebäudes, der Benützung desselben, aber auch der angrenzenden Objekte. Schutzzweck der Bestimmung des § 6 NÖ Bauordnung 1996 sei es, den Nachbarn vor ortsunüblichen Eingriffen in die Benützung und die Sicherheit seiner Liegenschaft zu schützen. Fluchtwege dienten nicht nur der sicheren Benützung von zu errichtenden Gebäuden, sie dienten auch dem Schutz der Nachbarn, da im Katastrophenfall (Brand, Einsturzgefahr, usw.) der sichere Abgang von Gebäudebenützern gewährleistet sein müsse, da ansonsten Katastrophenbekämpfungsmaßnahmen nicht bzw. nicht in der erforderlichen Form gesetzt werden könnten. Insbesondere bei Brandereignissen könne dies zu einer Ausweitung des Brandes und damit zu einem Übergreifen auf Nachbargebäude führen. Fluchtwege seien daher zur Sicherheit der Nachbarn derart auszuführen, dass sie das schnelle, gefahrlose und ungehinderte Verlassen von Gebäuden durch Benutzer gewährleisteten. Sie seien dauerhaft herzustellen, ebenso sei die dauerhafte Benutzung rechtlich zu gewährleisten und es seien die Widmungsbestimmungen, die für das Gebäude, zu deren Sicherung die Fluchtwege dienten, zur Anwendung zu bringen.
Der Beschwerdeführerin seien die ihr gemäß § 6 NÖ Bauordnung zustehenden Rechte zu Unrecht abgesprochen worden. Die Nichtdurchführung der inhaltlichen Prüfung mit dem Verweis auf die im Gewerbebewilligungsverfahren durchzuführenden Prüfungen und Entscheidungen sei deshalb unrichtig, da gemäß Gewerbeordnung andere Prüfungskriterien und andere Nachbarrechte normiert seien und unterschiedliche Behörden entscheiden würden. Das bau- und gewerberechtliche Verfahren sei in erster Instanz von einer Behörde durchgeführt worden, die beigezogenen Amtssachverständigen hätten in ihren Ausführungen nicht zwischen den bau- und gewerberechtlich normierten Bestimmungen differenziert. Über die beantragten Genehmigungen sei in einem Bescheid unter Bezugnahme auf die eingeholten Amtssachverständigengutachten entschieden worden. Die Beschwerdeführerin habe das Recht, dass über ihre Einwendungen in einem einheitlichen Berufungsverfahren verhandelt und entschieden werde. Andernfalls hätte der Bewilligungswerber die Möglichkeit, im Berufungsverfahren, das getrennt geführt werde, in die Entscheidung der Berufungsbehörden einzugreifen, wie z. B. durch teilweise Rücknahme der Anträge. Diesfalls würde über Fragen des Brandschutzes, der Sicherheit, usw., die auch für die gegenständliche Bewilligung relevant seien, nicht mehr abgesprochen werden und der erstinstanzliche Bescheid würde im Bereich der baubehördlichen Genehmigung rechtskräftig werden, ohne dass die Berufungsinstanz hierüber abgesprochen hätte. Im Ergebnis würde der Beschwerdeführerin damit das Recht entzogen, dass über ihre Berufung gegen einen erstinstanzlichen Bescheid von einer Berufungsbehörde inhaltlich abgesprochen werde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Von folgender Rechtslage ist im Beschwerdefall auszugehen:
NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge BO):
"§ 6
Parteien, Nachbarn und Beteiligte
(1) Im Baubewilligungsverfahren und baupolizeilichem Verfahren nach § 32, § 33 Abs. 2, § 34 Abs. 2 und § 35 haben Parteistellung:
...
3. die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen und von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m (z.B. schmale Grundstücke, Verkehrsflächen, Gewässer, Grüngürtel) getrennt sind (Nachbarn), und
4. die Eigentümer eines ober- oder unterirdischen Bauwerks auf den Grundstücken nach Z. 2 und Z. 3, z.B. Superädifikat, Baurechtsobjekt, Keller, Kanalstrang (Nachbarn).
Nachbarn sind nur dann Parteien, wenn sie durch das Bauwerk und dessen Benützung in den in Abs. 2 erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechten berührt sind.
...
(2) Subjektiv-öffentliche Rechte werden begründet durch jene Bestimmungen dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, sowie der Durchführungsverordnungen zu diesen Gesetzen, die
1. die Standsicherheit, die Trockenheit und den Brandschutz der Bauwerke der Nachbarn (Abs. 1 Z. 4)
sowie
2. den Schutz vor Immissionen (§ 48), ausgenommen jene, die sich aus der Benützung eines Gebäudes zu Wohnzwecken oder einer Abstellanlage im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß (§ 63) ergeben,
gewährleisten und über
3. die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe, den Bauwich, die Abstände zwischen Bauwerken oder deren zulässige Höhe, soweit diese Bestimmungen der Erzielung einer ausreichenden Belichtung der Hauptfenster (§ 4 Z. 9) der zulässigen (bestehende bewilligte und zukünftig bewilligungsfähige) Gebäude der Nachbarn dienen.
...
§ 20
Vorprüfung
(1) Die Baubehörde hat bei Anträgen nach § 14 vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben
1. die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstückes, seine Erklärung zur Vorbehaltszone oder der Aufschließungszone,
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2. | der Bebauungsplan, | |||||||||
3. | eine Bausperre, | |||||||||
4. | die Unzulässigkeit der Erklärung des betroffenen Grundstückes im Bauland zum Bauplatz, | |||||||||
5. ein Bauverbot nach § 11 Abs. 5 dieses Gesetzes oder § 30 Abs. 6 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, | ||||||||||
6. bei Hochhäusern, sofern deren Raumverträglichkeit nicht bereits im Widmungsverfahren geprüft wurde, das Unterbleiben der Raumverträglichkeitsprüfung oder deren negatives Ergebnis, oder | ||||||||||
7. eine Bestimmung dieses Gesetzes, des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976, LGBl. 8000, der NÖ Aufzugsordnung, LGBl. 8220, des NÖ Kleingartengesetzes, LGBl. 8210, oder einer Durchführungsverordnung zu einem dieser Gesetze | ||||||||||
entgegen steht. | ||||||||||
... | ||||||||||
Bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, ist die Prüfung nach Z. 6 auf jene Bestimmungen eingeschränkt, deren Regelungsinhalt durch diese Genehmigung nicht erfasst ist. | ||||||||||
... | ||||||||||
§ 23 | ||||||||||
Baubewilligung |
(1) Die Baubehörde hat über einen Antrag auf Baubewilligung einen schriftlichen Bescheid zu erlassen.
Eine Baubewilligung ist zu erteilen, wenn kein Widerspruch zu den in §§ 20 Abs. 1 Z. 1 bis 7 angeführten Bestimmungen besteht.
Bei gewerblichen Betriebsanlagen gilt § 20 Abs. 1 letzter Satz sinngemäß. ...
...
§ 48
Immissionsschutz
(1) Emissionen, die von Bauwerken oder deren Benützung ausgehen, dürfen
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1. | das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährden; | |||||||||
2. | Menschen durch Lärm, Geruch, Staub, Abgase, Erschütterungen, Blendung oder Spiegelung nicht örtlich unzumutbar belästigen. |
(2) Ob Belästigungen örtlich zumutbar sind, ist nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zur NÖ Bauordnung 1996 ausgesprochen, dass den Baubehörden bei gewerblichen Betriebsanlagen eine "Restkompetenz" zukommt. Soweit der Regelungsinhalt einer Bestimmung der Bauordnung durch die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung erfasst ist, besteht keine gesetzliche Grundlage für die Baubehörde, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Bauvorhabens nach diesen Bestimmungen zu beurteilen. Soweit der Regelungsinhalt baurechtlicher Vorschriften durch die gewerberechtlichen Vorschriften in diesem Sinne hingegen nicht abgedeckt ist, hat die Baubehörde vor Erteilung der Baubewilligung eine entsprechende Prüfung vorzunehmen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/05/0181, m.w.N.).
Gemäß § 48 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 ist die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall ist daher die Widmung Bauland-Kerngebiet-Handelseinrichtungen nach § 17
NÖ Raumordnungsgesetz 1976 maßgebend, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Flächenwidmung Bauland-Kerngebiet nach § 16 Abs. 1 Z. 2 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 den Nachbarn einen Immissionsschutz und damit ein subjektives Recht auf Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan gewährt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0162). Wesentlich ist aber auch, dass § 48 NÖ Bauordnung 1996 eingehalten wird. Das bedeutet, dass die Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen (§ 48 Abs. 1 Z. 1 BO) von der Baubehörde nicht zu prüfen ist, da diese bereits Prüfgegenstand der Gewerbebehörde im gewerberechtlichen Betriebsanlagenverfahren gemäß § 77 Abs. 1 iVm § 74 Abs. 2 Z. 1 GewO 1994 ist, allerdings die Prüfpflicht der Baubehörde hinsichtlich § 48 Abs. 1 Z. 2 iVm Abs. 2 leg. cit., ob eine örtliche unzumutbare Belästigung von Menschen durch Emissionen vorliegt, jedenfalls gegeben ist. Die örtliche Zumutbarkeit ist dabei nach § 48 Abs. 2 NÖ Bauordnung 1996 nach der für das Baugrundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungsart und der sich daraus ergebenden zulässigen Auswirkung des Bauwerks und dessen Benützung auf einen gesunden, normal empfindenden Menschen zu beurteilen. Eine derartige Prüfung hat die Gewerbebehörde nämlich nicht vorzunehmen. Diese hat vielmehr gemäß § 77 Abs. 2 GewO 1994 die Zumutbarkeit der Belästigungen auf Grund der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse zu prüfen. Das bedeutet, dass die Gewerbebehörde die bei den Nachbarn nach den - tatsächlichen - örtlichen Verhältnissen zu erwartenden Immissionen aus der zu genehmigenden Betriebsanlage anhand der - tatsächlich - bestehenden Immissionen jedweder Art, einschließlich jener bereits genehmigter Betriebsanlagen, zu beurteilen hat. Die Lösung der Frage, ob von einer Betriebsanlage ausgehende Emissionen unzumutbare Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 bewirken, hängt also nicht von der Widmung des Betriebsanlagenstandortes im Flächenwidmungsplan ab (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0041).
Die belangte Behörde hat diese Rechtslage berücksichtigt und auf Grund der Berufung der Beschwerdeführerin die Auswirkungen der von der mitbeteiligten Partei beantragten Änderungen der rechtskräftig erteilten Baubewilligung auf das Grundstück der Beschwerdeführerin nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens in rechtlich einwandfreier Weise beurteilt.
Die Beschwerdeführerin vermag schon aus folgenden Gründen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 NÖ Bauordnung 1996 haben im Baubewilligungsverfahren Parteistellung die Eigentümer der Grundstücke, die an das Baugrundstück angrenzen oder von diesem durch dazwischen liegende Grundflächen mit einer Gesamtbreite bis zu 14 m getrennt sind. Den Kreis der Nachbarn hat der NÖ Landesgesetzgeber in räumlicher Hinsicht mit einem 14 m nicht übersteigenden Abstand ihrer Grundstücke vom Baugrundstück umschrieben. Diese Fixierung auf 14 m ist wörtlich zu nehmen. Nachbarn, deren Grundstücke weiter als 14 m vom Baugrundstück entfernt liegen, haben keine Parteistellung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/05/0199).
Das Bauvorhaben der mitbeteiligten Partei ist zur Gänze auf dem Baugrundstück Nr. 401 errichtet. Die baulichen Änderungen des Bauvorhabens betreffen ausschließlich Maßnahmen am Bauvorhaben, die von der Baubewilligung vom erfasst waren. Bezüglich dieser Änderungen kommt daher der Beschwerdeführerin keine Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zu, weil ihr Grundstück vom Baugrundstück mehr als 14 m entfernt liegt.
Der an der Ostseite des bewilligten Bauwerkes der mitbeteiligten Bauwerberin bereits auf dem Nachbargrundstück befindliche Fluchtweg samt Sammelplatz ist nicht unmittelbarer Teil des bewilligten Bauwerkes und nur insoweit Gegenstand der Baubewilligung, als damit baurechtlich bewilligungspflichtige Maßnahmen im Sinne des § 14 NÖ Bauordnung 1996 vorgenommen werden.
§ 141 NÖ Bautechnikverordnung 1997 sieht vor, dass Bauwerke für größere Menschenansammlungen mindestens zwei voneinander unabhängige Ausgänge haben müssen (Abs. 1), unter bestimmten Voraussetzungen an zwei verschiedenen Gebäudefronten liegen müssen und von diesen Ausgängen die öffentliche Verkehrsfläche erreichbar sein muss (Abs. 2). Baurechtlich vorgeschrieben ist weiters, dass die Fluchtwege unmittelbar ins Freie führen müssen (Abs. 3).
Baurechtliche Anordnungen, die Fluchtwege für Gebäude der hier zu beurteilenden Art betreffen, beziehen sich demnach nur auf den Bereich bis zu den Ausgängen von diesen Bauwerken, sofern sie nicht über Höfe geführt werden.
Fluchtwege im Freien, die aus Sicherheitsgründen (insbesondere aus Gründen des Brandschutzes) über Grundstücke vorgeschrieben werden, die keine Baugrundstücke sind, sind Zugängen und Zufahrten über fremde Grundstücke zum Baugrundstück zuzurechnen, die, auch wenn sie eine rechtliche, wirtschaftliche und tatsächliche Einheit mit dem Baugrundstück bilden, hinsichtlich der Frage der Parteistellung von Nachbarn bezüglich des auf dem Baugrundstück zu errichtenden Baus irrelevant sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0175).
Dass Fluchtwege der hier zu beurteilenden Art im Bauland-Kerngebiet zulässig sind, kann nicht in Zweifel gezogen werden. Diese Fluchtwege dienen - wie oben dargelegt - auch nicht dem Schutz der Nachbarn, sondern allein der sicheren Benützung des bewilligten Gebäudes. Inwiefern von dem bewilligten Fluchtweg bei Brandereignissen Gefahren für das Nachbargebäude der Beschwerdeführerin ausgehen könnten, wird in der Beschwerde nicht näher dargelegt; diese Behauptung ist auch nicht nachvollziehbar, zumal der Fluchtweg als Gehweg ausgestaltet ist, auf dem sich - mit Ausnahme der vorgesehenen Beleuchtung - keine baulichen Anlagen befinden. Der im Verfahren vor den Baubehörden erhobene Einwand einer unzumutbaren (Licht-)Emission wurde von der belangten Behörde zutreffend als nicht gegen § 48 BO verstoßend erkannt und von der Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht mehr geltend gemacht.
Mit Verordnung der NÖ Landesregierung vom , LGBl. Nr. 1090/2-0, zuletzt geändert mit Verordnung vom , LGBl. Nr. 1090/2-13, wurden die Angelegenheiten der örtlichen Baupolizei bei gewerblichen Betriebsanlagen, die einer Genehmigung durch die Gewerbebehörde bedürfen, aus dem eigenen Wirkungsbereich auf die Bezirkshauptmannschaft Tulln zur Besorgung übertragen.
Zur Berufungsentscheidung gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid war daher die belangte Behörde zuständig. Das Konzept der NÖ Bauordnung 1996 ist u.a. von der Zielvorstellung getragen Doppelgleisigkeiten zwischen Bauverfahren und Gewerbeverfahren zu vermeiden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/05/0387, VwSlg. 16.246/A). Wegen der im AVG herrschenden Unbeschränktheit der Beweismittel (§ 46 AVG) ist es grundsätzlich nicht unzulässig im Baubewilligungsverfahren die in einem parallel geführten Verfahren (hier gewerbebehördlichen) Verfahren gewonnenen Ermittlungsergebnisse zu berücksichtigen, wobei allerdings die unterschiedlichen Aufgabenstellungen für die Baubehörde und die Gewerbebehörde zu berücksichtigen sind (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/0111). Unter diesem Gesichtspunkt bestehen auch keine Bedenken, wenn die baubehördliche und die gewerbebehördliche Verhandlung gemeinsam durchgeführt werden und für die in beiden Angelegenheiten zuständige Behörde erster Instanz im Bewilligungsbescheid sowohl die baubehördliche als auch die gewerbebehördliche Bewilligung erteilt werden. Der sich für das gewerbliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren und für das Baubewilligungsverfahren ergebende unterschiedliche Instanzenzug folgt aus den gesetzlichen Anordnungen der Gewerbeordnung und der Niederösterreichischen Bauordnung bzw. NÖ Gemeindeordnung (siehe § 2 BO; § 32 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung; § 359a Gewerbeordnung 1994).
Die behauptete Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin liegt daher nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am