VwGH vom 20.02.2019, Ra 2017/13/0032
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision des P in S, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg vom , Zl. 405- 13/110/1/6-2017, betreffend besondere Ortstaxe und Beitrag zum Tourismusförderungsfonds für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Gemeinde X), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der Gemeinde X dem Revisionswerber für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2015 die besondere Ortstaxe und den Beitrag zum Tourismusförderungsfonds für sein in X gelegenes Wohnhaus (Wohnnutzfläche ca. 77 m2) vor. Zur Begründung führte er aus, dass für das streitgegenständliche Objekt seit mehr als 20 Jahren die besondere Ortstaxe bezahlt werde und dem Einwand des Revisionswerbers, wonach das Anwesen einer rein landwirtschaftlichen Nutzung diene, weil dort seit 2015 zwei Esel gehalten würden, nicht gefolgt werden könne.
2 Gemäß § 48 ROG sei ein landwirtschaftlicher Betrieb nur gegeben, wenn eine Hofstelle (Wohn- und Wirtschaftsgebäude) vorhanden sei. Eine solche liege im Revisionsfall nicht vor, zumal sich auf dem Anwesen des Revisionswerbers nur ein "Wochenendhaus" und ein nachträglich genehmigter Holzlagerraum befänden. Von einem landwirtschaftlichen Betrieb könne dann gesprochen werden, wenn eine planvolle, grundsätzlich auf Erzielung von Einnahmen gerichtete, nachhaltige (zumindest nebenberufliche) landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werde (Hinweis auf ). Es werde davon ausgegangen, dass die Haltung von zwei Nutztieren (Esel) noch keine land- und forstwirtschaftliche Nutzung des Anwesens begründe, sondern es werde die Haltung der Nutztiere als reines "Hobby" betrieben. Das Wohnhaus stelle nach wie vor eine Ferienwohnung iSd § 3 Z 3 Salzburger Ortstaxengesetz 2012 dar.
3 Der Revisionswerber erhob mit Schriftsatz vom Beschwerde und brachte vor, das streitgegenständliche Anwesen werde schon im "franziszeischen Kataster", der auf Aufzeichnungen aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zurückgehe, als selbständiger land- und forstwirtschaftlicher Betrieb ausgewiesen. Für das Anwesen bestehe eine Betriebsnummer bei der Bezirksbauernkammer und der Revisionswerber sei bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern pflichtversichert. Entgegen der Darstellung im angefochtenen Bescheid verfüge das Anwesen nicht nur über eine Hofstelle, sondern auch über ein dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmetes Wirtschaftsgebäude. Allfällige davon abweichende Bezeichnungen in einem Kollaudierungsbescheid könnten diesem Umstand keinen Abbruch tun. Bei dem auf dem Anwesen befindlichen Objekt handle es sich nicht um eine Ferienwohnung iSd § 3 Salzburger Ortstaxengesetz, sondern um die Hofstelle eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes.
4 Der Bürgermeister der Gemeinde X wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Gestützt auf die zwischenzeitig eingeholte Stellungnahme eines Sachverständigen führte er aus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Objekt nicht um die Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes handle. Die Haltung von zwei Nutztieren schließe für das Wohngebäude den Charakter einer Ferienwohnung nicht aus, die Haltung der Nutztiere werde als reines "Hobby" betrieben.
5 Der Revisionswerber beantragte mit Schriftsatz vom die Vorlage der Beschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
7 Das Verwaltungsgericht stellte u.a. fest, dass das in X gelegene Wohnhaus (mit einer Wohnnutzfläche von ca. 77 m2) mit Kaufvertrag vom erworben worden sei, weder über einen Wasser- noch einen Stromanschluss verfüge, und vom Revisionswerber, der dort weder haupt- noch nebenwohnsitzlich gemeldet sei, im Zusammenhang mit der Betreuung seiner landwirtschaftlich genutzten Grundflächen und Wälder benützt werde. "Der (Revisionswerber) ist täglich dort, um seine Tiere zu versorgen. Fallweise wird das Gebäude auch von (seiner Ehefrau) und den Kindern aufgesucht."
8 In rechtlicher Würdigung des festgestellten Sachverhaltes führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasst aus, eine Ferienwohnung liege vor, wenn die zum Wohnen oder Schlafen zumindest minimal ausgestattete und benutzbare Räumlichkeit, ohne einem dauernden Wohnbedarf zu dienen, unabhängig von den demonstrativ aufgezählten Aufenthaltsgründen zumindest einmal zur Nächtigung während der Bemessungsperiode verwendet werde. Diese für eine Ferienwohnung erforderlichen Voraussetzungen träfen auf das gegenständliche Wohnhaus zu: Der Revisionswerber sei in Y ständig wohnhaft und gemeldet (Hauptwohnsitz). Das Objekt in X diene laut Darstellung des Revisionswerbers der täglichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung, wobei der Revisionswerber gelegentlich auch dort übernachte. Der belangten Behörde könne daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie vom Vorliegen einer Ferienwohnung ausgegangen sei. Dem Einwand des Revisionswerbers, wonach eine Ferienwohnung nicht gegeben sei, weil das Objekt nicht dem Aufenthalt an Wochenenden, während des Urlaubes oder der Ferien diene, sei zu entgegnen, dass die Aufzählung der Gründe der Aufenthalte in § 3 Z 3 Salzburger Ortstaxengesetz 2012 nur beispielhaft sei.
9 Eine Ferienwohnung liege dann nicht vor, wenn die Unterkunft im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes für bestimmte Aufenthalte angeboten werde. Das gegenständliche Objekt werde vom Revisionswerber und seinen Angehörigen benützt. Dass es auch anderen Personen zur Benützung angeboten worden sei, habe der Revisionswerber nicht behauptet. Die Ausnahmeregelung des § 3 Z 3 zweiter Satz Salzburger Ortstaxengesetz 2012 komme nicht zur Anwendung und "es erübrigt sich daher näher darauf einzugehen, ob der (Revisionswerber) überhaupt einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führt (vgl. )."
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten durch das Bundesfinanzgericht und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde erwogen hat:
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit der vorliegenden (außerordentlichen) Revision vor, gemäß § 3 Z 3 Salzburger Ortstaxengesetz 2012 sei eine Ferienwohnung eine Unterkunft, die nicht dem dauernden Wohnbedarf, sondern nur dem Aufenthalt an Wochenenden, während des Urlaubes oder der Ferien und dergleichen diene. Wenngleich die Aufzählung der Nutzungsmöglichkeiten, hinsichtlich derer das Vorhandensein einer Ferienwohnung unterstellt werde, nur beispielhaft erfolge, "ist davon auszugehen, dass für das Auslösen einer Abgabenpflicht nach dem Salzburger Ortstaxengesetz eine wesentliche Essentiale vorhanden sein muss, dass, so wie der Begriff der Ferienwohnung bereits in sich die Bezeichnung hat, zu Ferienzwecken benutzt wird".
14 Die Revision ist zulässig und begründet.
15 § 3 Z 3 des Salzburger Ortstaxengesetzes 2012 in der auf die Monate des Streitzeitraumes anzuwendenden Fassung lautet auszugsweise:
"§ 3
Im Sinn dieses Gesetzes gelten als:
(...)
3. Ferienwohnung: eine Unterkunft, die nicht dem dauernden
Wohnbedarf, sondern nur dem Aufenthalt an Wochenenden, während des Urlaubes oder der Ferien udgl dient. Nicht darunter fallen Unterkünfte, die im Rahmen von gewerblichen Fremdenverkehrsbetrieben oder von sonst land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für solche Aufenthalte angeboten werden;"
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom , Ra 2018/13/0064, in dem er sich auch von der Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem Salzburger Ortstaxengesetz 2012 distanzierte, ausführlich mit dem Begriff der Ferienwohnung im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 3 Ortstaxengesetz 1992 und § 3 Z 3 Salzburger Ortstaxengesetz 2012 auseinandergesetzt und unter Hinweis auf den Ausschussbericht zur mit LGBl. Nr. 50/1996 erfolgten Novelle des Salzburger Ortstaxengesetzes 1992 u. a. ausgeführt (Rz 48):
"Ferienwohnungen sind nach diesem Bericht solche, die ‚einer Freizeitnutzung' dienen. Dies kommt auch im Gesetz zum Ausdruck, wenn es von einer Nutzung für den ‚Aufenthalt an Wochenenden, während des Urlaubes oder der Ferien udgl' spricht. Die Aufzählung ist beispielhaft, wobei den Beispielen aber die im Bericht erwähnte ‚Freizeitnutzung' gemeinsam ist und das Gesetz mit dem Ausdruck ‚udgl' die Vergleichbarkeit des Aufenthaltszwecks fordert, wenn er nicht zu den beispielsweise genannten gehört. Mit der Erwähnung ‚solcher Aufenthalte' im zweiten Satz des § 2 Abs. 3 Z 3 Ortstaxengesetz 1992 und des § 3 Z 3 Ortstaxengesetz 2012 wird darauf noch einmal Bezug genommen. In die gleiche Richtung deuten auch die Betonung des Charakters der gleichartig geregelten Kurtaxe als Fremdenverkehrsabgabe - im Unterschied zu einer Zweitwohnsitzabgabe - in der Regierungsvorlage zur Novelle LGBl. Nr. 107/2008 und die Erwähnungen von Aufenthalten mit ‚Erholungsgehalt' und ‚touristischem Charakter' in der Regierungsvorlage zum Ortstaxengesetz 2012. Letztere beziehen sich auf die allgemeine Ortstaxe, mit der die besondere Ortstaxe für Ferienwohnungen aber in einem inneren Zusammenhang steht (vgl. etwa VfSlg 19.106/2010 zum Tiroler Aufenthaltsabgabegesetz 2003)."
17 Das Verwaltungsgericht stellte - entgegen der Stellungnahme des von der Gemeinde beigezogenen Sachverständigen - eine landwirtschaftliche Nutzung der Liegenschaft des Revisionswerbers fest und beurteilte den Fall auf der Grundlage der Behauptungen des Revisionswerbers, wonach das auf dieser Liegenschaft befindliche Objekt "der täglichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung" diene. Unter Berufung auf das zum Salzburger Ortstaxengesetz 1992 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/17/0461, führte das Landesverwaltungsgericht sodann u.a. aus, es erübrige sich darauf einzugehen, ob der Revisionswerber überhaupt einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führe. Damit hat das Landesverwaltungsgericht die Rechtslage verkannt.
18 Wie bereits ausgeführt hat sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Erkenntnis vom , Ra 2018/13/0064, von der Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem Salzburger Ortstaxengesetz 2012 distanziert und ausgesprochen, dass Ferienwohnungen iSd § 3 Z 3 Salzburger Ortstaxengesetz 2012 nur solche sind, die "einer Freizeitnutzung" dienen. Demnach stellt etwa die Hofstelle eines echten Nebenerwerbslandwirts mit Stadtwohnung keine Ferienwohnung dar, wohingegen die Hofstelle einer ohne Gewinnchance betriebenen Land- und Forstwirtschaft als Ferienwohnung anzusehen ist, weil der Betrieb einer solchen Landwirtschaft als Liebhaberei und die tägliche Beschäftigung damit als Freizeitgestaltung zu werten ist. Bei Beurteilung der Frage, ob das revisionsgegenständliche Objekt als Hofstelle eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder als Ferienwohnung iSd § 3 Z 3 Salzburger Ortstaxengesetz 2012 anzusehen ist, kommt es daher - entgegen dem im angefochtenen Erkenntnis vertretenen Standpunkt - ganz entscheidend auf die Ausgestaltung der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung an.
19 Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass sich im Salzburger Ortstaxengesetz 2012 keine Rechtsgrundlage für die Annahme findet, einer "ganzjährigen Deckung des Wohnbedarfs" könne stets nur eine einzige Wohnung dienen (vgl. auch dazu ).
20 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
21 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017130032.L00 |
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