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VwGH vom 17.04.2013, 2012/12/0144

VwGH vom 17.04.2013, 2012/12/0144

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des T B in G, vertreten durch die Muhri Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT05-29739/2004-38 (44767), betreffend Versagung einer Jubiläumszuwendung nach § 260 Stmk. L-DBR, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht - ab dem als Amtsrat -

in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark, wo er - dies seit dem Jahr 1990 - im gehobenen Baudienst verwendet wird.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom wurde ihm gegenüber gemäß § 125 in Verbindung mit den §§ 21 und 24 Abs. 2 der Dienstpragmatik 1914 in der als Landesgesetz geltenden Fassung ein Verweis ausgesprochen. Dem war zu Grunde gelegen, dass er am um 19.25 Uhr auf der Südautobahn mit einem Alkoholisierungsgrad von 2,4 Promille ein Kraftfahrzeug gelenkt hatte und damit in einen Verkehrsunfall verwickelt gewesen war. Gegenüber der Dienstbehörde erklärte der Beschwerdeführer in der Folge, am 10. September und am , dass ihm dieser Vorfall, der zur "Abnahme der Fahrberechtigung" geführt habe, leid tue; er versicherte, in Hinkunft keinen Alkohol zu sich zu nehmen, wenn er mit einem Kraftfahrzeug unterwegs sei.

Mit Bescheid der Disziplinarkommission beim Amt der Stiermärkischen Landesregierung vom , insoweit bestätigt durch Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Amt der Stiermärkischen Landesregierung vom , wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 89 Abs. 1 Z 2 Stmk. L-DBR rechtskräftig die Disziplinarstrafe der Geldbuße in Höhe von EUR 500,-- verhängt. Der Beschwerdeführer, der am Vorabend erheblich Alkohol konsumiert hatte, hatte nämlich am , nach dem Dienstbeginn um 8.00 Uhr morgens, in Graz ein Kraftfahrzeug auf der Fahrt zu einer Dienstverrichtung außerhalb des Dienstortes trotz des aufgestellten Verkehrszeichens "Fahrverbot" und obwohl ein um 08.11 Uhr dieses Tages vorgenommener Alkomattest einen Blutalkoholwert von 0,68 Promille auswies, gelenkt. Die Disziplinaroberkommission hob in ihrer Begründung den erwähnten, mit Bescheid vom ausgesprochenen Verweis sowie den Umstand der mangelnden Schuldeinsicht des Beschwerdeführers hervor.

Nachdem der Beschwerdeführer am die Gewährung einer Jubiläumszuwendung nach § 260 Stmk. L-DBR aufgrund der (unbestrittenen) Vollendung einer Dienstzeit von 25 Jahren begehrt hatte, räumte ihm die belangte Behörde am Gehör dazu ein, dass - zusammengefasst - ihrer Ansicht nach im Hinblick auf die dargestellten Vorfälle die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Jubiläumszuwendung nicht erfüllt seien. Eine Störung des dienstlichen Treue- und Vertrauensverhältnisses, welche durch den Schuldspruch des erwähnten Disziplinarerkenntnisses sowie durch den Verweis erfolgt sei, schließe nach Ansicht der Dienstbehörde das Vorliegen treuer Dienste aus. Da die Dienstpflichtverletzungen "gegen Ende" des Zeitraumes von 25 Dienstjahren gesetzt worden seien, sei umso mehr davon auszugehen, dass die Voraussetzung der Erbringung treuer Dienste nicht erfüllt sei.

Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag vom auf Gewährung einer Jubiläumszuwendung gemäß § 260 Stmk. L-DBR ab.

Nach Darstellung des Verfahrensganges verneinte sie das Vorliegen "treuer Dienste". Diese Wortfolge korrespondiere mit der dem Bediensteten durch § 31 Stmk. L-DBR auferlegten Treuepflicht. Das Wort "Treue" finde sich auch in der Angelobungsformel in § 15 Stmk. L-DBR. Unter treuen Diensten sei die gewissenhafte Besorgung dienstlicher Aufgaben zu verstehen, dass der Beamte diese unter voller Hingabe und Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft wahrnehme und andere Interessen als die des Dienstes den dienstlichen Interessen unterordne, sowie dass er eine qualitative, einwandfreie und mengenmäßig entsprechende Leistung zu erbringen habe. Der Umfang der Treuepflicht sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblich unter Berücksichtigung der dienstlichen Position sowie dem jeweiligen Aufgaben- und Verantwortungsbereich zu bestimmen. Auf Grund der erwähnten Vorkommnisse sei, zumal diese "gegen Ende" des entscheidungswesentlichen Zeitraumes von 25 Jahren gesetzt worden seien, die Voraussetzung der Erbringung treuer Dienste nicht erfüllt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Jubiläumszuwendung nach § 260 Abs. 1 Stmk. L-DBR verletzt; er begehrt, den angefochtenen Bescheid im Sinne eines stattgebenden Feststellungsausspruches abzuändern oder ihn aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Gesetz über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark, LGBl. Nr. 29/2003 - Stmk. L-DBR, lautet, soweit im Beschwerdefall von Relevanz:

"§ 15

Angelobung

Die Bediensteten haben beim Dienstantritt durch Handschlag oder sollte das auf Grund einer körperlichen Behinderung nicht möglich sein, durch eine andere geeignete Form zu geloben, die Gesetze der Republik Österreich und des Landes Steiermark zu befolgen und alle mit seinem/ihrem Dienst verbundenen Pflichten treu und gewissenhaft zu erfüllen.

§ 31

Allgemeine Dienstpflichten

(1) Die Bediensteten sind verpflichtet, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aus Eigenem zu besorgen.

(2) Die Bediensteten haben in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

§ 32

Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

(1) Die Bediensteten haben ihre Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter/Vorgesetzte ist jeder Organwalter/jede Organwalterin, der/die mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Bediensteten/die Bedienstete betraut ist.

§ 33

Dienstpflichten des/der Vorgesetzten und des Dienststellenleiters/der Dienststellenleiterin

(1) Der/Die Vorgesetzte hat darauf zu achten, dass seine/ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihre dienstlichen Aufgaben gesetzmäßig und in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise erfüllen. Er/Sie hat seine/ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dabei anzuleiten, ihnen erforderlichenfalls Weisungen zu erteilen, aufgetretene Fehler und Missstände abzustellen und für die Einhaltung der Dienstzeit zu sorgen.

§ 115

Auswirkungen von Disziplinarstrafen

(1) Eine Dienstpflichtverletzung darf über eine Disziplinarstrafe hinaus zu keinen dienstrechtlichen Nachteilen führen.

(2) Hat der Beamte/die Beamtin innerhalb von drei Jahren nach Rechtskraft der Disziplinarverfügung oder des Disziplinarerkenntnisses keine Dienstpflichtverletzung begangen, so darf die erfolgte Bestrafung in einem weiteren Disziplinarverfahren nicht berücksichtigt werden.

§ 260

Jubiläumszuwendung

(1) Dem Beamten/Der Beamtin kann aus Anlass der Vollendung einer Dienstzeit von 25 und 40 Jahren für treue Dienste eine Jubiläumszuwendung gewährt werden.

…"

Zunächst ist festzuhalten, dass sowohl der eingangs erwähnte Bescheid vom als auch der Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Amt der Stiermärkischen Landesregierung vom auf Grund ihrer Rechtskraft bindende Wirkung entfalten. Schon damit ist für die Dienstbehörde im Rahmen des Verfahrens über die Jubiläumszuwendung die in zwei Fällen erfolgte Verletzung der Dienstpflichten durch den Beschwerdeführer - wie sie eingangs dargestellt wurde - bindend festgestellt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/12/0195, vom , Zl. 2006/12/0020, und zuletzt vom heutigen Tag, Zl. 2012/12/0065).

Der Beschwerdeführer verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Verfehlung vom um 19.25 Uhr abends, also "lange nach Dienstende" gesetzt worden und im darauf folgenden Verfahren das Parteiengehör beeinträchtigt worden sei. Mit diesem Vorbringen ist er jedoch auf die Rechtskraft des Bescheides vom und darauf zu verweisen, dass gemäß § 31 Abs. 2 des Stmk. L-DBR auch außerdienstliche Verfehlungen dem Vorliegen treuer Dienste entgegenstehen können.

Bei dem zum Vorfall vom nunmehr erstatteten Vorbringen, seine Anwesenheit an einer näher bezeichneten Baustelle sei zwingend erforderlich gewesen, weil sich Fassadenplatten zu lösen und herabzufallen drohten und darüber hinaus die bauausführende Firma konkursgefährdet gewesen sei, handelt es sich zudem um eine unzulässige Neuerung, die im Übrigen auch der Sache nach keine Rechtfertigung für eine (schon um 8.00 Uhr morgens vorliegende) Alkoholisierung während der Dienstzeit im festgestellten Ausmaß bilden könnte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der mit § 260 Abs. 1 Stmk. L-DBR vergleichbaren Bestimmung des § 20c Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung der 42. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 548/1984, stellt die Zuerkennung einer Jubiläumszuwendung eine Ermessensentscheidung dar (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 410/73, vom , Zl. 97/12/0402, sowie vom , Zl. 2010/12/0118). Die Jubiläumszuwendung aus Anlass der Vollendung der im Gesetz angeführten Dienstzeiten soll grundsätzlich gewährt werden, es sei denn, der Beamte hätte sich als einer Belohnung für treue Dienste unwürdig erwiesen, obwohl ihm Untreue nicht vorgeworfen werden kann (vgl. zum Ganzen auch das zitierte Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2012/12/0065, mwN).

Das Gesetz verlangt als Voraussetzung für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung neben der Vollendung bestimmter Dienstzeiten die Leistung "treuer Dienste". Die Leistung treuer Dienste gehört zu den allgemeinen Pflichten des Beamten (fallbezogen vor allem nach § 31 Abs. 1 Stmk. L-DBR). Bei der Untersuchung, ob der Beamte treue Dienste erbracht hat und ob er der Belohnung würdig ist, sind der gesamte in Betracht kommende Zeitraum und nicht nur Teile davon zu überprüfen und allenfalls gegeneinander abzuwägen (vgl. etwa die zitierten Erkenntnisse vom und sowie das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/12/0177).

Der Umfang der Treuepflicht ist maßgeblich unter Berücksichtigung der dienstlichen Position sowie des jeweiligen Aufgaben- und Verantwortungsbereiches zu bestimmen (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/12/0189, und vom , Zl. 2012/12/0105 mwN).

Hier hatte der Beschwerdeführer unbestritten Leitungsfunktionen im gehobenen Baudienst, welche mit auswärtigen Dienstverrichtungen unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges verbunden waren, zu erfüllen, sodass ihm auch insoweit - unabhängig davon, ob er (wozu Feststellungen fehlen) Vorgesetzter war oder nicht - jedenfalls Vorbildfunktion zukommt. Dessen ungeachtet ist der Beschwerdeführer zweimal gravierend - durch das Lenken eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand sowohl während der Dienstzeit als auch nach Beendigung des Dienstes - disziplinär in Erscheinung getreten. Sein trotz entgegenstehender Beteuerungen innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit einschlägig rückfälliges Verhalten zeigt bei der zutreffend angestellten Gesamtbetrachtung ein über geringfügige formale Fehlleistungen oder einzelne vernachlässigbare Fehlverhalten hinausgehendes ungünstiges Bild. Somit kann die Entscheidung der belangten Behörde, die darin einen Verlust des dienstlichen Vertrauensverhältnisses erblickte und deshalb das Vorliegen treuer Dienste ausschloss, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Diese Beurteilung begründet unter Berücksichtigung der gebotenen Gesamtbetrachtung des maßgeblichen Zeitraums von 25 Jahren auch keinen als unmittelbare Folge einer Dienstpflichtverletzung eintretenden, gemäß § 115 Abs. 1 Stmk. L-DBR unzulässigen dienstrechtlichen Nachteil. Unter einem "dienstrechtlichen Nachteil" im Sinne dieser Bestimmung kann nämlich keinesfalls eine in anderen gesetzlichen Bestimmungen ausdrücklich normierte Rechtsfolge gemeint sein (vgl. das zur gleichlautenden Vorschrift des § 90 Abs. 1 LDG 1984 in der Stammfassung ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/12/0071). Ebenso wenig kann § 115 Abs. 1 Stmk. L-DBR die erwähnte Bindungswirkung rechtskräftiger Bescheide oder Disziplinarerkenntnisse beseitigen (vgl. das zum gleichlautenden § 121 Abs. 1 BDG 1979 in der Stammfassung ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/12/0093).

Die Beschwerde war daher nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am