VwGH vom 25.04.2006, 2005/06/0377
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der HP in W, vertreten durch Dr. Ulrich O. Daghofer, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Albrechtgasse 3, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-12.10 W 31 - 05/85, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für die auf den näher angeführten Grundparzellen in der KG W. konsenslos errichtete Stahlkonstruktion mit der Aufschrift "M... 2000" ca. 1 m hinter der Straßenfront des Gebäudes M., M-Platz 7, situiert, und das konsenslos errichtete, mit einem Satteldach überdeckte Bauwerk auf der Terrasse über dem Mehrzwecksaal gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück. Dieser Bescheid wurde, da eine "Zustellung nicht möglich" gewesen sei, beim Postamt der mitbeteiligten Marktgemeinde hinterlegt. Als Beginn der Abholfrist sei der auf dem Rückschein vermerkt worden.
Die Beschwerdeführerin erhielt die Verständigung über die am erfolgte Hinterlegung der Postsendung.
Mit Schriftsatz vom übermittelte die Beschwerdeführerin eine ärztliche Bestätigung von Med.-Rat Dr. K.E. vom , aus der hervorging, dass die Beschwerdeführerin derzeit krank und bettlägerig sei. Auf dieser Bestätigung ist weiters vermerkt, dass die Beschwerdeführerin angegeben habe, sie sei seit den Weihnachtstagen krank. In dem Schriftsatz der Beschwerdeführerin wurde festgehalten, dass eine Berufung zu dem angeführten erstinstanzlichen Bescheid erfolgen werde.
Mit Schriftsatz vom , eingelangt bei der Marktgemeinde am , erhob die Beschwerdeführerin Berufung. In dieser Berufung wurde - nach den nicht bestrittenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid - angegeben, dass sie vom bis krank gewesen sei und deshalb der Ansicht sei, dass sie innerhalb offener Frist die gegenständliche Berufung erhoben habe.
Mit Bescheid vom wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde diese Berufung wegen Verspätung zurück.
In der dagegen erhobenen Vorstellung führte die Beschwerdeführerin aus, dass die Berufungsfrist nicht am geendet habe. Sie habe, da sie krank gewesen sei, die Sendung erst nach ihrer Genesung abholen können und dies sei frühestens am der Fall gewesen, weshalb die am zur Post gegebene Berufung rechtzeitig erfolgt sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung der Beschwerdeführerin ab.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, aus dem vorliegenden Gemeindeakt gehe hervor, dass die hinterlegte Sendung erstmals am Montag, dem , zur Abholung bereitgehalten worden sei. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist habe somit am Montag, dem , geendet. Die verfahrensgegenständliche Berufung sei aber erst am Freitag, dem , erhoben worden, sohin nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist.
Die Beschwerdeführerin meine nun, dass auf Grund ihrer Erkrankung (vom bis ) die Berufungsfrist nicht am geendet habe, da ihr erst nach ihrer Genesung, also frühestens am , die Abholung der Sendung möglich gewesen wäre. Es könne die Diskrepanz dahingestellt bleiben, dass nach der vorgelegten Bestätigung des Arztes die Beschwerdeführerin am bettlägerig gewesen sei, da die Beschwerdeführerin nicht in Abrede stelle, zum Zeitpunkt der Hinterlegung, nämlich am , nicht krank gewesen zu sein und auch der Rechtsvertreter habe in der Vorstellung keine Gründe genannt, die vermuten ließen, dass sich die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt nicht an der Abgabestelle aufgehalten hätte. Demzufolge träfen die Voraussetzungen gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz nicht zu, da in dieser Bestimmung davon ausgegangen werde, dass die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam werde, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden habe können. Die Beschwerdeführerin hätte aber bereits am die Sendung abholen können, zumal sie nach ihren eigenen Angaben und entsprechend der Bestätigung des Arztes in diesem Zeitpunkt nicht krank gewesen sei. Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist habe daher am zu laufen begonnen und habe am geendet. Daraus ergebe sich aber, dass die Beschwerdeführerin die Berufung (die am zur Post gegeben worden sei) tatsächlich verspätet erhoben habe.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass sie den Bescheid zwar in den ersten Tagen der Abholfrist nicht behoben habe, sie habe aber in der Folge auf Grund ihrer Krankheit keine Möglichkeit mehr gehabt habe, diesen Bescheid bis bei der Post abzuholen. Vor diesem Hintergrund sei klar, dass die Berufungsfrist nur mit der tatsächlichen Behebung des erstinstanzlichen Bescheides zu laufen beginnen habe können; alles andere würde massiv in die Rechte der Beschwerdeführerin eingreifen. Die Anwendung der Grundsätze des § 17 Abs. 1 Zustellgesetz auf den gegenständlichen Sachverhalt sei verfehlt. Die belangte Behörde hätte vielmehr die Berufung der Beschwerdeführerin "am " auf Grund des tatsächlichen Zugangs der Beschwerde nach dem jedenfalls als rechtzeitig zu werten gehabt. Wenn die belangte Behörde Zweifel an der Dauer der Bettlägerigkeit der Beschwerdeführerin gehabt habe, hätte sie die Beschwerdeführerin ergänzend einvernehmen müssen. Ihr Schreiben, das am mit einem Begleitschreiben bei der Behörde eingelangt sei, hätte als Wiedereinsetzungsantrag behandelt werden müssen und wäre zu dessen Verbesserung eine Frist zu setzen gewesen.
§ 17 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, sieht betreffend die Hinterlegung von Sendungen Folgendes vor:
"§ 17. (1) Kann die Sendung an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Schriftstück im Falle der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in den für die Abgabestelle bestimmten Briefkasten (Briefeinwurf, Hausbrieffach) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Die hinterlegte Sendung ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 oder die im § 21 Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."
Aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verfahren und in der Beschwerde geht hervor, dass sie von der Hinterlegung der Sendung am durch die an der Abgabestelle hinterlassene Verständigung darüber Kenntnis erlangt hat. Sie habe nach ihrem Vorbringen in der Beschwerde den hinterlegten Bescheid zwar in den ersten Tagen der Abholfrist nicht behoben, wegen ihrer Krankheit sei es ihr aber dann nicht mehr möglich gewesen, die hinterlegte Sendung in der Abholfrist tatsächlich abzuholen. Die belangte Behörde hat zutreffend angenommen, dass die verfahrensgegenständliche Hinterlegung im Hinblick auf die nicht bestrittene Anwesenheit der Beschwerdeführerin an der Abgabestelle im Zeitpunkt der Zustellung wirksam erfolgte. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz ermöglicht keine Auslegung dahin, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Betroffene durch eine während des Laufes der Abholfrist eintretende Krankheit an der nicht früher vorgenommenen Abholung innerhalb der Abholfrist gehindert ist, die wirksame Zustellung erst mit dem Ende der Krankheit angenommen wird. Gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz gelten hinterlegte Sendungen mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt, es sei denn, es ergibt sich, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte. Im vorliegenden Fall trifft es nun gerade nicht zu, dass die Beschwerdeführerin wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen hatte können.
Bei der verfahrensgegenständlichen Konstellation hätte es für die Beschwerdeführerin nur das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung gegeben, um den Folgen des Ablaufes der Berufungsfrist gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach der wirksamen Zustellung am entgegenzuwirken. Die Beschwerdeführerin führt selbst ins Treffen, dass ihr Schreiben vom einen Wiedereinsetzungsantrag darstelle, für den ihr eine Frist für die Verbesserung gesetzt hätte werden müssen.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist aber nicht dieser allfällige Wiedereinsetzungsantrag, sondern nur die Zurückweisung der Berufung wegen Verspätung. Es bestand für die Behörden auch keine Verpflichtung über die Berufung erst nach Entscheidung über diesen allfälligen Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden (vgl. die in Walter - Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 1198, in E. 244 und E. 245 angeführte hg. Judikatur).
Wenn die Beschwerdeführerin letztlich unsubstanziiert behauptet, dem Akt lasse sich nicht entnehmen, ob die Voraussetzung für eine Hinterlegung, nämlich die vergebliche Zustellung am Vortag, gegeben gewesen sei, ist ihr insbesondere entgegenzuhalten, dass sie unbestritten die Verständigung über die Hinterlegung, die im Rahmen des vergeblichen Zustellversuches erfolgte, an der Abgabestelle vorgefunden hat.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am