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VwGH vom 26.01.2006, 2005/06/0356

VwGH vom 26.01.2006, 2005/06/0356

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde 1. des Ing. A G und 2. der E O, beide in W, vertreten durch die Rechtsanwälte KEG Dr. Kasseroler & Partner in 6010 Innsbruck, Lieberstraße 3/I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve1-8-1/223-2, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. R GmbH in I, und 2. Marktgemeinde W, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund des Vorbringens in der Beschwerde, des angefochtenen Bescheides und der vorliegenden Verwaltungsakten geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Mit der bei der Baubehörde am eingelangten Eingabe vom kam die erstmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) um baubehördliche Genehmigung für den Umbau eines bestehenden Gebäudes und für den Neubau eines Wohnhauses auf einem Grundstück im Gemeindegebiet ein. Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer eines unmittelbar angrenzenden Grundstückes.

In der Bauverhandlung vom erhoben die Beschwerdeführer als Nachbarn Einwendungen gegen das Vorhaben dahingehend, dass auf Grund der Größe der geplanten Wohnanlage und des damit einhergehenden erhöhten Verkehrsaufkommens die Belastung (im Verhältnis zur aktuellen Situation) durch vermehrte Immissionen stark erhöht werde. Der Erstbeschwerdeführer wendete überdies ein, das umliegende Gebiet sei durch Einfamilienhäuser charakterisiert. Das Projekt, das im Gegensatz dazu jedoch 11 Wohnungen mit 20 Autoabstellplätzen umfassen solle, entspreche dem nicht.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom wurde der Bauwerberin die angestrebte Bewilligung mit verschiedenen Vorschreibungen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils als unbegründet abgewiesen und teils als unzulässig zurückgewiesen. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Bauplatz laut gültigem Flächenwidmungsplan als Wohngebiet gemäß § 38 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 (TROG 2001) gewidmet sei. Im Wohngebiet dürften grundsätzlich Wohngebäude errichtet werden, wobei ein Immissionsschutz nur hinsichtlich der im § 38 Abs. 1 lit. d TROG 2001 genannten Betriebe und Einrichtungen bestünde. Das projektierte Gebäude stelle ein reines Wohngebäude mit 11 Wohneinheiten und den geforderten Pflichteinstellplätzen dar. Die vom Erstbeschwerdeführer geforderte Beibehaltung eines bestimmten Bereichs - bzw. Gebietscharakters berühre nur rein öffentliche Interessen und keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung und führten darin unter anderem auch aus, die projektierte Anlage solle aus zwei, oberirdisch getrennten Baukörpern bestehen, welche sich nur mit einem Abstand von rund 2 m gegenüberstünden. Das verstoße gegen § 6 Abs. 5 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001). Die gehörige Belichtung sei nicht gewährleistet, auch nicht die Anforderung an den Brandschutz. Das Vorhaben stehe auch im krassen Gegensatz zu dem vorherrschenden Orts- und Straßenbild.

Nach Verfahrensergänzung (Einholung einer Stellungnahme der Tiroler Landesstelle für Brandverhütung vom , zu welcher Parteiengehör gewährt wurde) wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Berufungsbescheid vom die Berufung als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde teilte die Beurteilung der Behörde erster Instanz zu dem von den Beschwerdeführern angesprochenen Immissionsschutz und führte auch weiter mit näherer Begründung aus, dass das Vorhaben den Erfordernissen des Brandschutzes entspreche. Es treffe auch nicht zu, dass durch den (geringen) Abstand der beiden Baukörper zueinander den Erfordernissen einer ausreichenden Belüftung und Belichtung nicht Genüge getan werde (was unter Hinweis auf die technischen Bauvorschriften 1998 - TBV, LGBl. Nr. 89, näher dargelegt wurde). Zur Frage, ob das Vorhaben im Widerspruch zum Orts- und Straßenbild stehe, komme den Beschwerdeführern kein Mitspracherecht zu, weil es dabei ausschließlich um die Frage der Wahrung öffentlicher Interessen gehe.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zusammengefasst führte die belangte Behörde begründend aus, die Bestimmung des § 6 Abs. 5 TBO 2001 diene primär dem Schutz des Bauwerbers bzw. der Personen, welche sich künftig in der (zu errichtenden) Baulichkeit aufhalten würden, und dem öffentlichen Interesse, nicht jedoch dem Interesse des Nachbarn. Ob daher der Bestimmung des § 6 Abs. 5 TBO 2001 entsprochen worden sei, wäre bereits im Berufungsverfahren von der Berufungsbehörde nicht mehr näher zu prüfen gewesen; indem die Berufungsbehörde aber ausführlich dargelegt habe, aus welchen Gründen die Bebauung des Grundstückes mit zwei Gebäuden den Erfordernissen dieser Bestimmung entspreche, seien die Beschwerdeführer in keinen Rechten verletzt worden. Soweit das Berufungsvorbringen zur befürchteten Gefahr eines Großbrandes darüber hinaus aber auch als Einwendung der Nichteinhaltung der Bestimmungen über den Brandschutz qualifiziert werden könne, sei im Berufungsbescheid ausführlich und nachvollziehbar begründet worden, dass den brandschutztechnischen Anforderungen jedenfalls entsprochen worden sei. In der Vorstellung sei eine Nichteinhaltung der brandschutzrechtlichen Bestimmungen auch nicht mehr behauptet worden.

Zur Frage, ob das Vorhaben im Widerspruch zur Besiedelungs- und Umgebungscharakteristik des Baubereiches stehe, komme den Beschwerdeführern kein Mitspracherecht zu.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie unter anderem die Gesetzwidrigkeit des dem Vorhaben zu Grunde liegenden Bebauungsplanes behaupteten.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom , B 566/05-14, die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung dieses Beschlusses heißt es unter anderem, das Beschwerdevorbringen berücksichtige nicht ausreichend, dass die Festlegung der Höchstbaudichte und der Bauhöhe im fraglichen Bebauungsplan dem örtlichen Raumordnungskonzept der mitbeteiligten Gemeinde entspreche, welches eine Verdichtung im Planungsbereich in Form von (Reihenhausanlagen und) kleineren Mehrfamilienhäusern anstrebe.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , SlgNr. 10317/A, uva.) ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren jedenfalls insoweit beschränkt, als ihm nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen.

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94 (Wiederverlautbarung), in der Fassung LGBl. Nr. 89/2003 anzuwenden.

§ 25 Abs. 3 und 4 TBO 2001 lautet (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;


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b)
der Bestimmungen über den Brandschutz;
c)
der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
d) der Abstandsbestimmungen des § 6."

(4) Die übrigen Nachbarn sind berechtigt, die Nichteinhaltung der im Abs. 3 lit. a und b genannten Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen."

Gemäß § 6 Abs. 5 TBO 2001 dürfen auf einem Bauplatz mehrere Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen errichtet werden, wenn die nach ihrem Verwendungszweck erforderliche Belüftung und Belichtung gewährleistet ist, den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen und das Orts- und Straßenbild nicht erheblich beeinträchtigt wird.

Wie die belangte Behörde zutreffend hervorgehoben hat, gewährt § 25 Abs. 3 TBO 2001 Nachbarn ein Mitspracherecht hinsichtlich der dort aufgelisteten bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften nicht schlechthin, sondern vielmehr nur insoweit, soweit diese auch ihrem Schutz dienen.

Ob im Sinne des § 6 Abs. 5 TBO 2001 eine gehörige Belüftung und Belichtung der projektgegenständlichen Gebäude gewährleistet ist, berührt keinen Aspekt, der dem Schutz des Nachbarn diente (vielmehr geht es dabei, wie die belangte Behörde richtig hervorgehoben hat, um öffentliche Interessen bzw. um die Interessen der künftigen Bewohner der projektgegenständlichen Gebäude).

Das in § 6 Abs. 5 TBO 2001 enthaltene Gebot, den Erfordernissen des Brandschutzes zu entsprechen, kann vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles auch nur insoweit als nachbarschützend angesehen werden, als es um die Gefahr geht, dass ein Brand die Liegenschaft des Nachbarn gefährden könnte. Jedenfalls hat die Berufungsbehörde näher begründet dargelegt, dass im Beschwerdefall den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen werde. Die belangte Behörde hat hierauf mit dem Bemerken verwiesen, dass im Übrigen Aspekte des Brandschutzes in der Vorstellung gar nicht mehr angesprochen worden seien. Weshalb die Ausführungen der Berufungsbehörde (bzw. der belangten Behörde), im Beschwerdefall werde den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen, unzutreffend sein sollten, zeigen die Beschwerdeführer nicht auf.

Es trifft auch die Auffassung der belangten Behörde (wie auch der Berufungsbehörde) zu, dass das in § 6 Abs. 5 TBO 2001 enthaltene Erfordernis, das Orts- und Straßenbild dürfe nicht erheblich beeinträchtigt werden, keine Bestimmung ist, die dem Schutz der Nachbarn dient, weshalb den Beschwerdeführern auch insoweit kein Mitspracherecht zukam.

Zusammenfassend zeigen die Beschwerdeführer nicht auf, dass sie durch den angefochtenen Bescheid in einem geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht verletzt worden wären.

Da sich dies bereits aus dem Vorbringen in der Beschwerde ergibt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen (ohne dass auf die Frage der allfälligen Präklusion von Einwendungen einzugehen gewesen wäre).

Wien, am